Anbetung der Könige
Anonymer Mitarbeiter des Meisters des Bartholomäusaltars
Deutschland; Bonn; Rheinisches Landesmuseum
Inhaltsverzeichnis
Objekt
| Alternativtitel Deutsch: | Anbetung der Hl. drei Könige |
| Titel in Originalsprache: | Anbetung der Könige |
| Titel in Englisch: | Adoration of the Kings |
| Datierung: | um 1490 |
| Anmerkungen zur Datierung: | Die Angaben zur Datierung des Gemäldes variieren. |
| Ursprungsregion: | deutschsprachiger Raum |
| Lokalisierung: | Deutschland; Bonn; Rheinisches Landesmuseum |
| Lokalisierung (Detail): | Inventarnummer: 2003–416 |
| Medium: | Tafelbild |
| Bildträger: | Holz (Eiche) |
| Maße: | Höhe: 65,5 cm; Breite: 46,6 cm |
| Ikonografische Bezeichnung: | Drei Könige (Anbetung und Zyklus der Magier) |
| Iconclass: | 73B57 – adoration of the kings: the Wise Men present their gifts to the Christ-child (gold, frankincense and myrrh) |
| Signatur Wortlaut: | ohne |
| Datierung Wortlaut: | ohne |
| Auftraggeber/Stifter: | unbekannt |
| Provenienz: | nach 1883 vom Fürstlich Hohenzollernschen Museum, Sigmaringen angeblich aus Kölner Besitz erworben; 1928–34 Sammlung Othmar Strauß; Sammlung Neuerburg, Köln; vererbt an Mechtild Pankofer, Berg (Oberbayern); 2003 Ankauf aus Privatbesitz für die Sammlung des Rheinischen Landesmuseums Bonn, heute LVR-Landesmuseum Bonn, vermittelt durch das Kunsthaus Lempertz, gefördert durch die Kulturstiftung der Länder in Berlin |
| Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt: | unbekannt |
Die Angaben zur Datierung des Gemäldes variieren.1 Der Ränder der Tafel (oberer und unterer) sind geringfügig beschnitten.2 Zur frühen Provenienz3 und zum Ankauf für die Sammlung des Rheinischen Landesmuseums Bonn.4
Verweise
Zur Datierung um 1490 mit weiterführenden Überlegungen und Bezugnahmen zum Forschungsstand vgl. Schmidt 2014, 14–20, bes. 20. Zu einer abweichenden Datierung von um 1500 vgl. Krischel 2001, 478. Zur dendrochronologischen Untersuchung des Gemäldes, die das Jahr 1487 als frühestes Entstehungsjahr feststellte, vgl. Liebetrau 2014.↩︎
Schmidt 2014, 9.↩︎
Andree u. a. 1961, 81.↩︎
Schmidt 2014, 9.↩︎
Bildnis 1
| Lokalisierung im Objekt: | zweite Figur von rechts |
| Ausführung Körper: | Halbfigur stehend |
| Ausführung Kopf: | Dreiviertelporträt |
| Ikonografischer Kontext: | Assistenzfigur in der Szene der Anbetung; evtl. Freundschafts- oder Werkstattbild; evtl. in der Rolle eines Dieners der Könige |
| Blick/Mimik: | direkter Blick aus dem Bild |
| Gesten: | erhobene rechte Hand (Grußgeste); linke Hand hält ein Zepter |
| Körperhaltung: | aufrecht; Kopf nach rechts vorne geneigt |
| Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal: | im linken hinteren Bereich der Anbetungsszene; von einem Mann dahinter an der Schulter berührt; vor einem fensterartigen Durchblick in der Stallarchitektur |
| Attribute: | Zepter; Kleidungsstück |
| Kleidung: | dunkle Kopfbedeckung mit roter Bordüre |
| Zugeordnete Bildprotagonisten: | Mann links neben der Figur, evtl. ein Werkstatt- oder Familienmitglied |
Forschungsergebnis: Anonymer Mitarbeiter des Meisters des Bartholomäusaltars
| Künstler des Bildnisses: | Anonymer Mitarbeiter des Meisters des Bartholomäusaltars |
| Status: | kontrovers diskutiert |
| Status Anmerkungen: | Das Prädikat „kontrovers diskutiert“ ergibt sich aus der Beobachtung, dass einige ForscherInnen der Identifizierung der Selbstdarstellung reserviert gegenüberstehen, ohne sie aber direkt abzulehnen. Bei großzügiger Betrachtung müsste man das Selbstporträt als „weitgehend anerkannt“ einstufen. |
| Typ | Autor/in | Jahr | Referenz | Seite | Anmerkungen |
|---|---|---|---|---|---|
| Erstzuschreibung | Hanfstaengl | 1953 | Hanfstaengl 1953 – Die Restaurierung des Bartholomäus-Altars | 3–5 | - |
| Bejahend | Andree, Aust et al | 1961 | Andree, Aust et al. 1961 – Die Anbetung der Heiligen Drei | 81 |
Detailswertneutrale Bezugnahme zur Selbstdarstellung
|
| Skeptisch/verneinend | Pieper | 1961 | Pieper 1961 – Der Meister des Bartholomäusaltares | 23 | - |
| Bejahend | Wallrath | 1965 | Wallrath 1965 – Bildnis eines Unbekannten vom Meister | 394 |
Detailswertneutrale Bezugnahme zur Selbstdarstellung
|
| Bejahend | Stange | 1967 | Stange 1967 – Köln, Niederrhein | 80 | - |
| Bejahend | Urban | 1999 | Urban 1999 – Der Meister des heiligen Bartholomäus | 113, 115f, 119, o. S. (Abb. 21f) | - |
| Skeptisch/verneinend | Krischel | 2001 | Krischel 2001 – Meister des Bartholomäus-Altars | 478 | - |
| Bejahend | Schmidt | 2014 | Schmidt 2014 – Die Anbetung der Heiligen Drei | 11f, 16, 20f | - |
Sowohl in der Hochzeit zu Kana als auch in der Anbetung der Könige aus dem Umkreis des Meisters des Bartholomäusaltars wendet sich jeweils ein junger Mann als einziger von der dargestellten Handlung ab und blickt zur BetrachterIn. Diese beiden Protagonisten identifizierte Hanfstaengl (1953) als Selbstporträts des Meisters des Bartholomäusaltars, dem die Gemälde zu diesem Zeitpunkt noch zugewiesen waren. Die jeweils auffällige kompositorische Verankerung und die große physiognomische Ähnlichkeit der beiden Figuren weisen dem Autor zufolge auf Selbstdarstellungen hin. Hanfstaengl schätzt beide Figuren als etwa 25-jährige Männer ein, was zu einer Entstehungszeit der Tafeln um 1475 passe. Von den Porträts ableitend schließt er auf einen melancholisch-empfindsamen und intelligent-energischen Meister. Darüber hinaus macht der Autor auf einen weiteren Mann in der Anbetung der Könige aufmerksam, der seine Hand auf die Schulter des von ihm als wahrscheinliches Selbstbildnis erachteten Mannes legt – was auf ein Naheverhältnis der beiden Figuren hinweise. Es könne sich somit um ein Familien- oder ein Werkstattbild handeln.1
Pieper (1961) bezieht sich auf Hanfstaengls These zu den Selbstdarstellungen des Meisters. Der Autor bestätigt den Porträtcharakter der einander ähnelnden Figuren, gibt aber einschränkend zu bedenken, dass der Identifizierung nur bedingt zugestimmt werden kann, da Selbstbildnisse zu dieser Zeit nicht üblich gewesen wären: „Mit Reserve nur wird man gleichwohl auf eine Selbstdarstellung schließen dürfen, da sich solche in dieser Zeit nur selten glaubhaft machen lassen.“2
Andree, Aust et al. (1961) nehmen ebenfalls auf die Ausführungen von Hanfstaengl Bezug und geben weiters an, dass das vertrauliche Zusammenspiel des Porträts mit seinem Begleiter auf einen Stich Martin Schongauers zurückgehe.3
Wallrath (1965) nimmt die Thesen von Hanfstaengl und Pieper auf und vergleicht die thematisierten Selbstdarstellungen in der Hochzeit zu Kana und der Anbetung der Könige mit einem autonomen Bildnis eines Unbekannten.4
Stange (1967) notiert ohne weitere Erklärungen, dass es sich bei der Figur neben dem dunkelhäutigen König vielleicht um eine Selbstdarstellung handle.5
Urban (1999) stellt die beiden Bildnisse des Meisters vom Bartholomäusaltar in der Anbetung und in der Hochzeit zu Kana in einem Vergleich gegenüber und geht ebenfalls davon aus, dass es sich in beiden Fällen um Selbstdarstellungen handelt. Darfür sprechen der Autorin zufolge vor allem die großen Ähnlichkeiten zwischen den Figuren.6 Besonderes Augenmerk legt sie weiterführend auf die Analyse der Anbetung der Könige. Dabei bettet die Autorin das Bildnis am Rand, das sich durch Gruß- und Redegestus an die BetrachterIn wendet und von einem Begleiter vertraulich gehalten wird, in eine Entwicklungsgeschichte ein. Einerseits sei das Figurenpaar mit Selbstbildnis von einer Grafik des Meisters I. A. M. von Zwolle inspiriert – insbesondere von einer darin enthaltenen Grußgeste,7 andererseits folge es einem Stich Martin Schongauers nach,8 in dem sich eine vergleichbare Figurenkonstellation am rechten Rand befindet. Im Vergleich mit der Komposition Schongauers werde deutlich, dass der Meister des Bartholomäusaltars die ursprünglich geschlossene Figurengruppe am Bildrand aufgebrochen habe: Das mutmaßliche Selbstbildnis wende sich der BetrachterIn zu, während der Blick der Begleitfigur weiter Richtung Anbetungsszene und damit zum zentralen Bildgeschehen leite. Grüßt der Meister aus dem Bild, so die Autorin weiter, so habe er es eventuell gar für Freunde oder Familie gemalt.9
Krischel (2001) ordnet das Gemälde dem Spätwerk des Malers bzw. seiner Werkstatt zu und bestätigt den Porträtcharakter der Figur am linken Rand. Da sich das Stifterpaar im Hintergrund befindet, stehe eine Deutung der Figur an, so der Autor. Weiterführend beruft er sich auf Hanfstaengls Erstidentifikation des Bildnisses und argumentiert, dass – sofern die These einer Künstlerdarstellung zutreffend sei – nicht der Meister selbst, sondern vielmehr ein Werkstattmitarbeiter dargestellt sein könnte.10
Schmid (2014) geht detailliert auf die Figur im Gefolge der Könige ein und beschreibt deren Blick aus dem Bild, die vertraute Geste der Figur hinter ihr, das Attribut des Zepters und des Mantels (vermutlich trägt der Mann den Mantel des jüngsten Königs) sowie die erhobene Hand, die er als sprechende Geste interpretiert. In Kombination mit dem direkten Blick schaffe das zeitgenössisch gekleidete Porträt eine Verbindung von Bild- und BetrachterInnenraum. Auf Basis dieser Argumente sei es sehr wahrscheinlich, dass es sich bei der Figur um ein Selbstporträt handelt.11 Weiterführend verweist der Autor auf Übereinstimmungen der Tafel mit jener der Hochzeit zu Kana, die sich u. a. auch zwischen dem Mundschenk im Hochzeitsfest und dem Selbstporträt in der Anbetung zeigen.12 Zwar könne die Frage nach der Autorenschaft der Anbetung der Könige nicht geklärt werden, so Schmidt, aber man könne davon ausgehen, dass die Tafel von einem Werkstattmitglied des Meisters des Bartholomäusaltars geschaffen wurde.13 Das Bild, das in dekorativer Weise entsprechend der Strömung der devotia moderna ein Zeugnis gelebter Frömmigkeit ist, werde mit dem Selbstbildnis des Malers zugleich „ein in ein neues Zeitalter vorausweisendes Dokument bewussten künstlerischen Stolzes.“14
Verweise
Hanfstaengl 1953, 3–5.↩︎
Pieper 1961, 23.↩︎
Andree u. a. 1961, 81. Vgl. Martin Schongauer, Die Anbetung der Könige, 2. Hälfte 15. Jahrhundert, Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle, Kupferstichkabinett.↩︎
Anonym, Bildnis eines Mannes mit Akelei, um 1495, Köln, Wallraf-Richartz-Museum. Vgl. weiterführend den Einleitungstext zum Maler.↩︎
Stange 1967, 80.↩︎
Urban 1999, 113.↩︎
Zu einer Gegenüberstellung der beiden Bildnispaare vgl. ebd., o. S. (Abb. 21f).↩︎
Martin Schongauer, Die Anbetung der Könige, 2. Hälfte 15. Jahrhundert, Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle, Kupferstichkabinett.↩︎
Urban 1999, 115f, 119.↩︎
Krischel 2001, 478.↩︎
Schmidt 2014, 11f.↩︎
Ebd., 16.↩︎
Ebd., 20.↩︎
Ebd., 21.↩︎
Im Gefolge der Könige
Einen wesentlichen Beitrag zur Erforschung des Gemäldes Anbetung der Könige lieferte das LVR-LandesMuseum Bonn, das das Gemälde im Jahr 2003 ankaufte, was mit einer fundierten Untersuchung und Analyse der Tafel einherging. Die Ergebnisse wurden 2014 publiziert.1
Bereits 1953 identifizierte Hanfstaengl das Selbstporträt am rechten Bildrand der Tafel in Abgleich mit einem weiteren in der Hochzeit zu Kana von vermutlich demselben Maler. Zwar ging Hanfstaengl dabei noch davon aus, dass es sich bei dem Künstler um den Meister des Bartholomäusaltars selbst handelt und nicht – wie zwischenzeitlich festgestellt – um einen Maler aus dessen Umkreis, doch mindert diese Zuschreibungsverschiebung nicht die Plausibilität seiner Deutung der Figur als Selbstdarstellung. Seinen Ausführungen, die die wesentlichen Kennzeichen des Bildnisses (Blick aus dem Bild, Verankerung am Bildrand, Zusammenspiel mit einer weiteren Figur als mögliches Werkstatt- oder Familienbild) auf den Punkt bringen, ist wenig hinzuzufügen. Als zusätzliches Argument für die Selbstdarstellung kann noch die dunkle Kopfbedeckung angeführt werden, die in ähnlicher Form auch bei seinem Begleiter zu sehen ist und ebenso beim Künstlerbild in der Hochzeit zu Kana. Dunkle Kappen gelten häufig als Merkmale von Selbstdarstellungen; ein Beispiel hierfür bietet der Melbourne-Altar, in dem drei Künstlerbildnisse nicht zuletzt aufgrund ihrer dunklen Kopfbedeckungen identifiziert wurden. Prinzipiell ordnet sich das Selbstbildnis des anonymen Meisters allerdings in eine Vielzahl von Künstlerbildern ein, die im Gefolge der Heiligen Könige ausgeführt sind, sich am Bildrand befinden und eventuell als Werkstattbilder einzustufen sind. Solche treten sowohl im Norden als auch im Süden auf. Ein nordisches Beispiel liefert etwa der Monforte-Altar mit dem Selbstbildnis mit blauer Kappe am rechten Rand, ein südliches etwa Pietro Perugino.
Verweise
LVR-LandesMuseum Bonn 2014. Aus der Literatur zur Anbetung der Könige vgl. zudem u. a. Andree u. a. 1961; Hanfstaengl 1953; Krischel 2001; Schmidt 2014; Stange 1967, 80; Urban 1999, 99–119.↩︎
Literatur
Zitiervorschlag:
Krabichler, Elisabeth: Anbetung der Könige (Katalogeintrag), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/katalogeintrag/anonymer-mitarbeiter-des-meisters-des-bartholomausaltars-anbetung-der-konige-um-1490-bonn-rheinisches-landesmuseum/ (05.12.2025).