Inhaltsverzeichnis
Objekt
Bildrechte
| Detailtitel: | Lünette von: Verkündigung von Spermento |
| Titel in Originalsprache: | Pietà (Lunetta dell’Annunciazione di Spermento) |
| Titel in Englisch: | Pieta (Annunciation of Spermento) |
| Datierung: | um 1455 bis 1456 |
| Ursprungsregion: | italienischer Raum |
| Lokalisierung: | Italien; Camerino; Musei Civici, Pinacoteca |
| Lokalisierung (Detail): | Inventarnummer: 14 |
| Medium: | Altarbild; Lünette |
| Material: | Tempera |
| Bildträger: | Holz |
| Maße Anmerkungen: | Gesamttafel: 220 x 166 cm, bemalte Oberfläche: 198 x 152 cm; |
| Ikonografische Bezeichnung: | Pietà |
| Iconclass: | 57B21 – ‘Pietas’; ‘Pietà’ (Ripa) |
| Signatur Wortlaut: | ohne |
| Datierung Wortlaut: | ohne |
| Inschriften: | AVE [MARIA] GRA[TIA] PLE[NA]; in Goldlettern auf der Verkündigungstafel zwischen Engel und Maria |
| Auftraggeber/Stifter: | verschiedene Thesen zur Identifizierung der Dargestellten: Giulio Cesare da Varano, geb. 1430 (Herzog von Camerino) mit Gattin Giovanna da Malatesta oder Tochter Camilla; Piergentile da Varano, geb. 1400 (Herzog von Camerino, 1424–1433) mit Gattin Elisabetta Malatesta (postmortal); Rodolfo IV. und seine Mutter Elisabetta Malatesta Varano |
| Provenienz: | Piegusciano di Camerino, Convento della Santissima Annunziata di Spermento |
| Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt: | öffentlich |
Die Angaben zur Datierung1 und zu den Maßen variieren, Rahmen und Flügelbilder sind verloren.2 Auch für den Stifter liegen verschiedene Thesen vor.3
Verweise
Die Angaben zur Datierung variieren und reichen bis in die 1480er Jahre, vgl. u. a. Horký 2003, 100 (Anm. 491); Kunz 1996, 141 (Anm. 63), 146.↩︎
Maße nach Di Lorenzo 2002b, 309. Die Angaben zur Größe variieren, vgl. u. a. Chastel 1993, 142, der Maße von 220 x 168 cm angibt.↩︎
Zu den Stifterfiguren, die sich auf der Verkündigungstafel im linken Bildbereich befinden, weiterführend vgl. u. a. Di Lorenzo 2002a, 194; Di Lorenzo 2002b, 311. Zur Geschichte und Provenienz des Altars im Detail vgl. Di Lorenzo 2002a, bes. 194–197; Di Lorenzo 2002b, 311.↩︎
Bildnis 1
Bildrechte
| Lokalisierung im Objekt: | Figur im linken Bildbereich hinter Christus |
| Ausführung Körper: | Kopfbild |
| Ausführung Kopf: | Dreiviertelporträt |
| Ikonografischer Kontext: | Zeuge der Beweinung Christi, evtl. in der Rolle des hl. Nikodemus |
| Blick/Mimik: | direkter Blick aus dem Bild |
| Gesten: | rechte Hand mit gestreckten Fingern erhoben; linke Hand nicht sichtbar |
| Körperhaltung: | Körper nicht sichtbar |
| Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal: | Figur in hinterster Bildebene, in einem Sichtkanal zwischen Christus in Richtung des Leidenswerkzeuges „Essigschwamm“ verankert; weitgehend (mit Ausnahme des Gesichts) vom vorgelagerten Engel, Christus und dem Architekturfragment des Sarkophags überschnitten; durch die BetrachterInnenansprache, durch den direkten Blick sowie die zeitgenössische dunkle Kappe vom Rest des Figurenpersonals, das über Nimben als Heilige gekennzeichnet ist, isoliert |
| Kleidung: | dunkle Kappe |
Forschungsergebnis: Antonio, Giovanni Angelo d’
| Künstler des Bildnisses: | Antonio, Giovanni Angelo d’ |
| Status: | kontrovers diskutiert |
| Status Anmerkungen: | Das Selbstbildnis in der Pietà in Camerino wurde früher dem Maler Girolamo di Giovanni zugeschrieben, heute wird Giovanni Angelo d’Antonio als ausführender Meister angenommen. Die Forschungsmeinungen zum vermutlichen Selbstporträt konzentrieren sich unabhängig von dessen Identifizierung auf die betreffende Bildfigur und sind als solche im Folgenden zusammengefasst. Das Prädikat „kontrovers diskutiert“ ergibt sich aus den verschiedenen Zuweisungen des Gemäldes – das Bildnis selbst ist weitgehend als Künstlerdarstellung anerkannt. |
| Andere Identifikationsvorschläge: | Girolamo di Giovanni |
| Typ | Autor/in | Jahr | Referenz | Seite | Anmerkungen |
|---|---|---|---|---|---|
| Erstzuschreibung | Servanzi Collio | 1879 | Servanzi Collio 1879 – Antica pittura in tavola nella | 132 | - |
| Bejahend | van Marle | 1934 | Marle 1934 – The Renaissance Painters of Central | 25 | - |
| Bejahend | Vitalini Sacconi | 1968 | Vitalini Sacconi 1968 – Pittura marchigiana | 194f, bes. 195 | - |
| Bejahend | Paolucci | 1970 | Paolucci 1970 – Per Girolamo di Giovanni da | 31 | - |
| Bejahend | Boccanera | 1983 | Museo Civico (Hg.) 1983 – La pinacoteca e il museo | 18 | - |
| Bejahend | Georgel | 1987 | Georgel 1987 – Artisans, savants | 125 (Abb. 156) | - |
| Bejahend | Chastel | 1993 | Chastel 1993 – La pala d'altare nel Rinascimento | 142 | - |
| Bejahend | Kunz | 1996 | Kunz 1996 – Der Maler Gerolamo di Giovanni | 144, 146 | - |
| Bejahend | Minardi | 1998 | Minardi 1998 – Sotto il segno di Piero | 22, 36 (Anm. 48) | - |
| Bejahend | Di Lorenzo | 2002 | Di Lorenzo 2002 – Maestro dell'Annunciazione de Spermento | 192, 197 | - |
| Bejahend | Di Lorenzo | 2002 | Di Lorenzo 2002 – Maestro dell'Annunciazione di Spermento Giovanni | 299, 311, 319 | - |
| Bejahend | Horký | 2003 | Horký 2003 – Der Künstler ist im Bild | 101f, 100 (Anm. 491–494) | - |
| Bejahend | Schmidt | 2008 | Schmidt 2008 – Painters in Late Medieval | 58f, 59 (Anm. 21) | - |
| Bejahend | Gigante | 2010 | Gigante 2010 – Autoportraits en marge | 101, 261 | - |
| Bejahend | Elisei | 2013/2014 | Elisei 2013/2014 – L'annunciazione di Spermento | [34f] | - |
Servanzi Collio (1879) weist erstmals auf das Bildnis einer Figur hin, die nicht auf Christus, sondern auf die BetrachterIn blickt und meint, es könnte sich um ein Selbstporträt handeln: „[U]n ritratto [...] forse il pittore“.1
Van Marle (1934) deutet die Figur in einer Abhandlung zu Gerolamo di Giovanni wegen ihrer Erscheinung (Kopfbedeckung und direkter Blick) als zeitgenössisches Porträt, möglicherweise als Selbstbildnis: „[I]t makes us think of the possibility that it is a self-portrait“.2
Vitalini Sacconi (1968) führt das Selbstporträt ohne weitere Ausführungen in einem Beitrag zur Verkündigung in einer Werkzusammenschau von Girolamo di Giovanni an.3 Die Formulierung lässt keinen Zweifel an der Selbstdarstellung: „Da notare l'autoritratto del pittore […]“4
Für Paolucci (1970) handelt es sich beim Selbstporträt um eines der schönsten des italienischen Quattrocento.5
Die von Giacomo Boccanera verfasste Publikation des Museo Civico in Camerino (1983), in der sich nach Horký auf Seite 18 ein Hinweis auf die ausdrucksstarke Selbstdarstellung befinden soll, konnte nicht eingesehen werden.6
Georgel (1987) führt das Selbstporträt in Camerino als Illustration zu seinen Ausführungen zu integrierten Selbstporträts an, die in sakrale Szenen eingefügt sind.7
Chastel (1993) lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass es sich beim Bildnis mit Kappe und unruhigem, auf die BetrachterIn ausgerichteten Blick um eine Selbstdarstellung handelt. Die Verankerung im Bildraum stelle eine „singolare innovazione“ dar.8
Kunz (1996) bezeichnet die Selbstdarstellung als „einzigartig in der Malerei der Marken“9 des 15. Jahrhunderts. Sie bereichere das Gemälde, das durch seine gestalterischen, malerischen und lichtdramaturgischen Qualitäten sowie durch den mittels Grisaillemalerei thematisierten Paragone mit der Bildhauerei zu einem Hauptwerk der südlichen Marken der Renaissance wird.10
Minardi (1998) weist auf das Bildnis hin und führt im Anmerkungsapparat irrtümlich an, dass es vermutlich von Feliciangeli erstmals erkannt wurde: „Credo sia stato il Feliciangeli, [Sulle opere di Girolamo… 1910], p. 6, il primo a riconoscere in questo volto particolarmente caratterizzato che ammicca allo spettatore l'autoritratto di Girolamo.“11
Di Lorenzo (2002) beschreibt das Selbstporträt entsprechend seiner Erscheinung (Kleidung, Haartracht, Blick)12 und leitet von der Entstehungszeit der Tafel und dem Selbstporträt biografische Daten des Malers ab. Das Bildnis zeige einen Mann im Alter von ca. 35 bis 38 Jahren, der folglich zwischen 1417 und 1420 geboren sein müsse. Er habe zudem, wie der Autor nach Analysen gesellschaftlicher Beziehungen im Detail ausführt, in einem Naheverhältnis zu Piero de Medici bzw. Giovanni de Medici gestanden, die derselben Generation angehörten.13
In einem weiteren Beitrag im selben Jahr wiederholt Di Lorenzo seine Einschätzung mit geringfügigen Abweichungen: Das Bildnis zeige einen 35- bis 40-jährigen Mann, wonach der Maler zwischen 1415 und 1420 geboren sein müsse und vom Autor folglich mit Giovanni Angelo d’Antonio identifiziert wird.14 Der Künstler nehme die Rolle des hl. Nikodemus ein. Dies sei, wie di Lorenzo betont, eine übliche Rolle für Künstlerselbstdarstellungen im 15. und 16. Jahrhundert in Szenen der Beweinung des Leibes Christi.15 In einem Beitrag zur Thronenden Madonna mit Kind und zwei Engeln16 des Malers vergleicht der Autor das Selbstporträt in der Pietà mit einem Farbtopf mit Pinsel am linken Rand des Madonnenbildes, der ähnliche Aussagen transportiere. Der Autor bringt das selbstreferenzielle Zeichen mit dem Selbstporträt Cola Petrucciolis in Verbindung, in dem dieser sein Bildnis mit Malerwerkzeugen vereint. Er zieht zudem eine Parallele zu Cosimo Rossellis Kryptonym in der Sixtinischen Kapelle, wo im Bildfeld der Übergabe der Gesetzestafeln ein Farbtopf mit Pinsel am vordersten Bildrand als Verweis auf die Tätigkeit des Malers dargestellt ist.17
Horký (2003) analysiert das Selbstporträt in Camerino im Kontext der dargestellten Pietà. Die Darstellung ziele auf compassio ab, indem sie die BetrachterInnen zur Anteilnahme und Nachahmung der Frömmigkeit (imitatio pietatis) einlädt. Das Künstlerbildnis verstärke diese Wirkung: Der Maler, dessen Porträt mit schwarzer Kopfbedeckung das einzige profane Bildnis in der Lünette darstelt, richtet sich mit eindringlichem Blick, angedeutetem Redegestus, hochgezogenen Brauen und einem flehenden Ausdruck, der Schmerz und Betroffenheit vermittelt, direkt an die BetrachterInnen. Er stehe in der Funktion eines „leidenschaftlichen Predigers.“ 18 Die Autorin unterstützt die gängige Auffassung, dass es sich um ein Selbstporträt handelt, und argumentiert, dass die Darstellung der Stifter Giulio Cesare da Varano und seiner Frau Giovanna, die betend am linken Rand der Haupttafel der Verkündigung erscheinen, die Identifizierung des Künstlerbildnisses stütze.19
Schmidt (2008) widmet sich dem Gemälde Thronenden Madonna mit Kind und zwei Engeln des Malers Giovanni Angelo d'Antonio und dem darin angewandten autoreferenziellen System. Zwar hinterließ der Maler weder eine Signatur noch ein Selbstporträt in dem Bild, stattdessen schuf er verschleierte Hinweise auf seine vormalige Anwesenheit. Hierzu zählen ein Gedicht mit Fürsprache auf einem cartellino, die Geste der Madonna, die auf die BetrachterIn (und damit auf den Maler als ersten Betrachter) weist, und ein Topf mit Farbe und Pinsel im linken Bildbereich. Im Anmerkungsapparat weist der Autor auch auf das Selbstporträt in Camerino hin.20
Gigante (2010) hat keine Zweifel an der Selbstdarstellung. So blicke der Maler aus dem Hintergrund der Lünette mit gefalteten Händen auf die BetrachterIn, während die Auftraggeber, ebenfalls betend, im Vordergrund der Haupttafel im Profil zu sehen sind.21 Laut Gigante ist es charakteristisch, dass in Gemälden, in denen sowohl StifterInnen als auch der Künstler porträtiert sind, ausschließlich der Maler den direkten Blickkontakt zur BetrachterIn sucht, um so seinen besonderen Status zu unterstreichen.22
Elisei (2013/2014) wertet die Selbstdarstellung von Giovanni Angelo d'Antonio als Manifest eines Künstlers, der eng mit den Herren von Camerino verbunden war und dessen soziale Stellung auf einem Vertrauensverhältnis zum Auftraggeber basierte, was der Autor durch verschiedene Dokumente untermauert. Giovanni Angelo verkörpere den typischen Renaissancekünstler: diplomatisch geschickt, in den gesellschaftlichen Eliten seiner Zeit verankert und intellektuell reflektiert – Eigenschaften, wodurch er sich vom mittelalterlichen Handwerker (artifex) emanzipierte. Sein Selbstbewusstsein zeige sich darin, dass er sich in der Pietà in der Rolle des Nikodemus darstelle. Durch die Präsenz seines Porträts vermittle er kollektives Leiden, bezeuge zugleich die Handlung und hebe darüber hinaus seine Fähigkeit hervor, das unsichtbare Geheimnis des Göttlichen sichtbar zu machen.23 Elisei resümiert: „Il suo autoritratto, non a caso di dimensione paragonabile a quello dei personaggi sacri e posizionato strategicamente vicino al Christus passus, è uno dei migliori manifesti della presa di coscienza del valore intellettuale dell'artista nel XV secolo.”24
Verweise
Servanzi Collio 1879, 132.↩︎
Marle 1934, 25.↩︎
Vitalini Sacconi 1968, 194f, bes. 195.↩︎
Ebd., 195.↩︎
Paolucci 1970, 31.↩︎
Vgl. Horký 2003, 100 (Anm. 491f, 494); Museo Civico 1983, 18. Ein gleichlautender Hinweis findet sich auch bei Elisei 2013/2014, [33].↩︎
Georgel 1987, 125 (Abb. 156).↩︎
Chastel 1993, 142.↩︎
Kunz 1996, 144.↩︎
Ebd., 146.↩︎
Minardi 1998, 22, 36 (Anm. 48).↩︎
Di Lorenzo 2002a, 192.↩︎
Ebd., 197.↩︎
Di Lorenzo 2002b, 299.↩︎
Ebd., 311.↩︎
Giovanni Angelo d’Antonio da Bologna, Thronende Madonna mit Kind und zwei Engeln, um 1455–60, Urbino, Galleria Nazionale delle Marche.↩︎
Di Lorenzo 2002b, 319.↩︎
Horký 2003, 101.↩︎
Ebd., 100f, zu weiterführenden Literaturhinweisen zum Selbstbildnis bes. 100 (Anm. 491–494).↩︎
Schmidt 2008, 58f, 59 (Anm. 21).↩︎
Gigante 2010, 101.↩︎
Ebd., 261.↩︎
Elisei 2013/2014, [34f].↩︎
Ebd., [35].↩︎
Der Maler als Nikodemus: Eine seltene Selbstinszenierungsstrategie in der Lünette
Der Gesamtaltar, bestehend aus der Verkündigung und der Lünette mit der Pietà, vereint Elemente der paduanischen und toskanischen Malerei, integriert flämische Einflüsse und zählt nach Kunz zu den Hauptwerken der Renaissancemalerei der südlichen Marken.1
Giovanni Angelo d‘Antonio, der zunächst in Florenz tätig war, stand unter dem Einfluss von Francesco d’Antonio und Filippo Lippi, später von Domenico Veneziano, Carlo Crivelli und auch Piero della Francesca (z. B. Geißelung). Seine Werke zeigen zudem starke Anknüpfungspunkte an die Kunst Paduas, erkennbar in der perspektivischen Gestaltung und den monochromen Fassadenverzierungen, die an Nicolò Pizzolo und Andrea Mantegna (z. B. Ovetari-Kapelle) erinnern. Die Grisaillen, die auch in Werken wie der Paele-Madonna von Jan van Eyck zu finden sind, lassen zusätzlich an flämische Malerei denken. Flämischer Einfluss zeigt sich auch in der Farbgestaltung, wie beispielsweise im Gewand Marias in der Verkündigung, das durch übereinanderliegende Farbschichten und strahlende Farben charakterisiert ist. Die dargestellten Tonnengewölbe knüpfen an die Architektur christlicher Basiliken an, ähnlich wie in Masaccios Trinitätsfresko.2
Viele der angesprochenen Vorbilder des Malers integrierten mutmaßliche Selbstdarstellungen in ihre Werke, die in der Forschung teils große Zustimmung finden (vgl. u. a. Filippo Lippi, Piero della Francesca, Andrea Mantegna, Jan van Eyck). Der Schluss liegt daher nahe, dass sich auch d’Antonio in dieser Hinsicht orientierte. Seine Selbstdarstellung vereint einige der gängigen Darstellungsmethoden (Blick aus dem Bild, inhaltliche Differenzierung, kompositorische Rücknahme), wie sie in unterschiedlicher Form in der Kunst seiner Zeit ausgeführt wurden, weshalb sie – trotz fehlender Verifizierungsmöglichkeit – mit hoher Wahrscheinlichkeit als solche angenommen werden kann.
Wie di Lorenzo 2002 ausführt, nimmt der Maler im Gemälde die Rolle des hl. Nikodemus ein, was nach Auffassung des Autors eine gängige Darstellungsform der Zeit darstellt.3 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass Nikodemusdarstellungen im 15. Jahrhundert überwiegend von Bildhauern ausgeführt wurden, da diese dem Heiligen thematisch näher standen – Nikodemus soll das Urbild des Volto Santo in Lucca geschnitzt haben.4 Darüber hinaus konnten bislang keine als Malerbildnisse interpretierten Rollenporträts als Nikodemus verifiziert werden (vgl. etwa Beweinung Christi von van der Goes, Beweinung Christi von Petrus Christus, Grablegung von Rogier van der Weyden).
Das vermutliche Selbstporträt des Giovanni Angelo d‘Antonio ist somit nicht nur ein herausragendes Bildnis in den Marken, wie es Chastel5 oder Kunz6 betonen, vielmehr ist es aufgrund der Rolle des Heiligen eine Ausnahmeerscheinung unter den integrierten Selbstdarstellungen in der Malerei des 15. Jahrhunderts insgesamt.
Verweise
Kunz 1996, 146. Zu umfassenden Beiträgen zum Altarbild mit Lünette vgl. u. a. Chastel 1993, 142–145; Di Lorenzo 2002a; Di Lorenzo 2002b, 309–319; Kunz 1996, 137–147, bes. 144–146. Zur Malerei des 15. Jahrhunderts in Camerino bzw. in den Marken umfassend vgl. Marchi/Mastrocola 2013.↩︎
Zur stilistischen Einordnung des Malers vgl. u. a. Chastel 1993, 142; Di Lorenzo 2002b, 299f, 313, 319; Kunz 1996, 137–139.↩︎
Di Lorenzo 2002b, 311.↩︎
Zum hl. Nikodemus als Schöpfer des Volto Santo vgl. Schäfer; zum hl. Nikodemus als Identifikationsfigur für den Künstler vgl. u. a. Webster 2013, 13–46; zu den ikonografischen Kontanten vgl. Hartwagner 2015.↩︎
Chastel 1993, 142.↩︎
Kunz 1996, 144.↩︎
Literatur
Zitiervorschlag:
Krabichler, Elisabeth: Pietà (Katalogeintrag), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/katalogeintrag/antonio-giovanni-angelo-d-pieta-um-1455-bis-1456-camerino-musei-civici-pinacoteca/ (05.12.2025).