Anbetung der Könige

Bonfigli, Benedetto

1466

Italien; Perugia; Galleria Nazionale dell‘Umbria

Objekt

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Bildrechte
Detailtitel:Anbetung der Könige (Teil eines Polyptychons mit weiteren drei Tafeln zu: Taufe Christi im Jordan, Kreuzigung Christi, Einnahme von Perugia)
Titel in Originalsprache:Adorazione dei Magi
Titel in Englisch:Adoration of the Kings
Datierung: 1466
Ursprungsregion:italienischer Raum
Lokalisierung:Italien; Perugia; Galleria Nazionale dell‘Umbria
Medium:Tafelbild; Polyptychon
Material:Öl; Gold
Bildträger:Holz
Maße: Höhe: 187 cm; Breite: 168 cm
Ikonografische Bezeichnung:Drei Könige (Anbetung und Zyklus der Magier)
Iconclass:73B57 – adoration of the kings: the Wise Men present their gifts to the Christ-child (gold, frankincense and myrrh)
Signatur Wortlaut:ohne
Datierung Wortlaut:ohne
Inschriften:

ECCE ANGNVS DEI; an einer Banderole in der Hand von Johannes dem Täufer; hier ist das Lamm Gottes

Auftraggeber/Stifter:Niccolò di Gaspare di Lello (Kaufmann in Perugia)
Provenienz:ursprünglich in S. Domenico in Perugia; heute in der Nationalgalerie in Perugia
Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt:öffentlich

Zum Auftraggeber1 und zur detaillierten Provenienz.2

Verweise

  1. Mancini 1998, 59.↩︎

  2. Mancini 1992, 115f.↩︎

Bildnis 1

Bildrechte
Lokalisierung im Objekt:Figur im rechten Bereich, links neben zwei Pferdeköpfen
Ausführung Körper:Kopfbild
Ausführung Kopf:Frontalansicht
Ikonografischer Kontext:Assistenzfigur nahe der Anbetung der Könige
Blick/Mimik:verinnerlichter Blick nach vorne
Gesten:Hände nicht sichtbar
Körperhaltung:Körper nicht sichtbar
Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal:Figur innerhalb eines horror vacui an Figuren, hervorgehoben durch die frontale Ausführung, den Blick nach vorne, eine auffällige Kopfbedeckung und die weitgehende Sichtbarkeit des Kopfes; Körper großteils verdeckt, Kopf hingegen nur marginal überschnitten
Kleidung:auffällige Kopfbedeckung
Zugeordnete Bildprotagonisten:alle Protagonisten in dem Bereich

Forschungsergebnis: Bonfigli, Benedetto

Künstler des Bildnisses:Bonfigli, Benedetto
Status:kontrovers diskutiert
Typ Autor/in Jahr Referenz Seite Anmerkungen
Skeptisch/verneinend Mancini 1992 Mancini 1992 – Benedetto Bonfigli 117 -
Erstzuschreibung Garibaldi 1996 Garibaldi 1996 – Benedetto Bonfigli e la Galleria 21 -

„È Lui?“ Mit dieser Frage weist Garibaldi (1996) auf die Figur im Hintergrund mit verinnerlichtem Blick hin und stellt die These auf, dass es sich dabei um einen Hinweis auf den Maler handeln könnte. Wenig später, so die Autorin weiter, habe Perugino die Idee aufgenommen und sich in der Anbetung der Könige in Perugia selbst porträtiert.1

Wenige Jahre vorher hat sich Mancini (1992) auf einen Eintrag im Kirchenbuch von S. Domenico aus dem Jahr 1548 berufen, durch den Baglioni die These in die Forschung einführte, dass sich unter den Dargestellten Familienmitglieder des Malers befinden sollen. So sei in der Gottesmutter mit dem Kind eine Schwester und ein Neffe des Malers verbildlicht, im jüngsten König ein Bruder. Auf ein mögliches Selbstporträt ging der Autor dabei nicht ein, allerdings kommt ein Hinweis auf ein mögliches Stifterbildnis einer Ablehnung der Selbstporträtthese gleich. Mancini schreibt nämlich, dass es sich bei der älteren Figur mit rotem Umhang links vom hl. Caspar um den Auftraggeber di Gaspare handeln könnte, und dass dies die einzig mögliche Identifikation eines Bildnisses in der Tafel sei.2

Verweise

  1. Garibaldi 1996, 21.↩︎

  2. Mancini 1992, 117.↩︎

Die Familie des Malers oder Gentiles Erbe?

Garibaldi stellt zu Recht die Frage, ob es sich bei dem Mann hinter den Königen, der nach vorne ausgerichtet ist, um ein Selbstporträt des Malers Benedetto Bonfigli handeln könnte.1 Neben den von der Autorin bereits thematisierten Auffälligkeiten (Blick, frontale Ausführung) sind weitere Merkmale der Figur hervorzuheben, die den üblichen Kriterien von Selbstdarstellungen entsprechen. Hierzu zählen etwa die auffällige Präsenz des Protagonisten im horror vacui der Figuren und die spezielle Kopfbedeckung. Zudem ist ins Feld zu führen, dass Bonfiglis Tafel Bezugnahmen zu jener von Gentile da Fabriano zum gleichen Thema aufweist. Diese Übereinstimmungen betreffen u. a. die Figurengestaltung und damit auch das mutmaßliche Selbstbildnis. Wie bei da Fabriano steht auch bei Bonfigli ein frontal ausgerichtetes Porträt inmitten einer Menschenmenge hinter den Heiligen. Zwar handelt es sich dabei um eine im 15. Jahrhundert unübliche Darstellung, dennoch ist der Selbstporträtthese im Fall von Gentile trotz kontrovers geführter Forschungsdiskussion zuzustimmen. Nach da Fabriano sollte sich in der Entwicklung des integrierten Selbstbildnisses im 15. Jahrhundert herauskristallisieren, dass vielfigurige Szenen wie etwa das Sujet Anbetung der Könige vermehrt dazu genutzt wurden, Selbstdarstellungen einzubringen. Mit seinem Bildnis Anfang der 1420er Jahre schuf da Fabriano einen Prototyp, der weit über seine Region hinaus rezipiert wurde und der auch noch deutlich nach Bonfigli, etwa bei Perugino in veränderter Form (mit einem Bildnis am Bildrand), Anwendung fand. Aus Bonfiglis Nähe zu da Fabriano und der Auffälligkeit seines Bildnisses ließe sich folglich eine Befürwortung der Selbstporträtthese rechtfertigen.

Allerdings ist einem Eintrag aus dem Kirchenbuch von S. Domenico aus dem Jahr 1548 zu entnehmen, dass in dieser Zeit davon ausgegangen wurde, dass der Maler einen Teil seiner Verwandtschaft als Modelle für die Figuren seiner Königsanbetung verwendet habe. So seien in der hl. Maria, dem Kind und einem König die Züge einer Schwester, eines Neffen und eines Bruders des Malers aufgenommen.2 Diese Identifizierungen sind nicht zu verifizieren, aber man würde doch erwarten, dass dieser detaillierten Beschreibung ein Hinweis auf eine Selbstdarstellung beigefügt worden wäre, sollte eine solche im Bild zu sehen sein. Bildquelle und dieser schriftliche Hinweis stehen somit in Widerspruch zueinander und erlauben es nicht, die These zur Selbstdarstellung des Malers anzuerkennen.

Verweise

  1. Garibaldi 1996, 21. Aus der Literatur zur Anbetung der Könige von Benedetto Bonfigli vgl. u. a. Bombe 1909, 101f; Cavalcaselle/Crowe 1902, 130; Garibaldi 1996, 18–21; Mancini 1992, 115–119; Mancini 1998, 59; Marle 1933, 103f; Vasari (hg. von Milanesi 1878), 506.↩︎

  2. Vgl. Mancini 1992, 117. Diese These ist u. a. auch bei Morelli 1683, 61f wiedergegeben.↩︎

Literatur

Bombe, Walter: Die Tafelbilder, Gonfaloni und Fresken des Benedetto Bonfigli, in: Repertorium für Kunstwissenschaft, 32. Jg. 1909, 97–114, 231–246.
Cavalcaselle, Giovanni Battista/Crowe, Joseph Archer: Storia della Pittura in Italia. Dal secolo II al secolo XVI. 9. Domenico di Bartolo e la scuola senese del secolo XV. Ottaviano Nelli. Gentile da Fabriano, alunno ed altri pittori della scuola umbra. Benedetto Bonfigli e Fiorenzo di Lorenzo. – Pietro Perugino, Florenz 1902.
Garibaldi, Vittoria: Benedetto Bonfigli e la Galleria Nazionale dell'Umbria, in: Garibaldi, Vittoria (Hg.): Un pittore e la sua città. Benedetto Bonfigli e Perugia (Ausstellungskatalog, Perugia, 8.12.1996–4.3.1997), Mailand 1996, 13–22.
Mancini, Francesco Federico: Benedetto Bonfigli. Opera completa, Mailand 1992.
Mancini, Francesco Federico: La formazione di Benedetto Bonfigli (e alcune considerazioni sulla pittura tardogotica a Perugia), in: Cianini Pierotti, Maria Luisa (Hg.): Benedetto Bonfigli e il suo tempo (Tagungsband, Perugia, 21.–22.2.1997), Perugia 1998, 59–76.
Marle, Raimond van: The Renaissance Painters of Umbria (The Development of the Italian Schools of Painting, 14), Den Haag 1933.
Morelli, Giovanni Francesco: Brevi notizie delle pitture e sculture che adornano l'augusta città di Perugia., Perugia 1683.
Vasari, Giorgio: Le vite de' più eccellenti pittori, scultori ed architettori. Tomo III (Le opere di Giorgio Vasari, 3), hg. von Gaetano Milanesi, Florenz 1878.

Zitiervorschlag: