Die Versuchung des hl. Antonius (Schwarze Messe)

Bosch, Hieronymus

um 1500 bis 1510

Portugal; Lissabon; Museu Nacional de Arte Antiga

Objekt

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Bildrechte
Detailtitel:Versuchung des hl. Antonius (Mitteltafel von: Altar zu den Versuchungen des hl. Antonius)
Titel in Originalsprache:De Verzoeking van Sint Antonius
Titel in Englisch:The Temptation of Saint Antony
Datierung: um 1500 bis 1510
Ursprungsregion:altniederländischer Raum
Lokalisierung:Portugal; Lissabon; Museu Nacional de Arte Antiga
Lokalisierung (Detail):Inventarnummer: 1498
Medium:Altarbild; Tafelbild
Material:Öl
Bildträger:Holz (Eiche)
Maße: Höhe: 145,1 cm; Breite: 132,8 cm
Maße Anmerkungen:Maße gesamt: Mitteltafel 145,1 x 132,8 cm, linker Flügel 144,8 x 66,5 cm, rechter Flügel 144,8 x 66,7 cm
Ikonografische Bezeichnung:Antonius Abbas (der Große), Stern der Wüste, Vater der Mönche; Versuchungen des hl. Antonius
Iconclass:11H(ANTONY ABBOT)35 – temptations of St. Antony Abbot
Signatur Wortlaut:Jheronimus bosch
Datierung Wortlaut:ohne
Signatur/Datierung Position:signiert: links unten
Auftraggeber/Stifter:vermutlich Hippolyte de Berthoz (Beamter am burgundischen Hof)
Provenienz:vermutlich von der Witwe des Hippolyte de Berthoz an Charles de Berthoz vererbt; 1505 an Herzog Philipp den Schönen verkauft; weitergeschenkt an Kaiser Maximilian von Österreich; laut Testament von Maximilians Enkel Georg von Österreich (1613) vermacht an Erzherzog Albert von Österreich; seit 1872 im Museu Nacional de Arte Antiga, Lissabon
Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt:unbekannt

Bildnis 1

Bildrechte
Lokalisierung im Objekt:Figur in der zentralen Szene, rechts gegenüber dem Heiligen
Ausführung Körper:Kopf und Bein
Ausführung Kopf:im Profil
Ikonografischer Kontext:Figur im Umkreis des Heiligen
Blick/Mimik:Blick nach links (zum Heiligen); Sprachgestus
Gesten:Hände nicht sichtbar
Körperhaltung:auf einem Unterschenkel sitzend, das zweite Bein ausgestreckt
Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal:Figur auf der Mauer eines abgegrenzten Areals, an dessen Rändern sich der Heilige und sonstige Figuren befinden, die als dämonische Wesen zu erkennen sind bzw. die schwarzmagische Handlungen zelebrieren; in der Vertikalachse vor Christus, der hinter dem Bereich in einer Nische (einem Art Kapellenraum) neben einem Kruzifix angeführt ist; auf dem Knie der Figur balanciert ein metallenes Gefäß; eine fragmentarisch ausgeführte Figur (ohne Körper), die in dieser Form zur Gänze zu sehen ist; der ausgestreckte Fuß sowie die parallelisierte Hand der Nonne dahinter zeichnen sich deutlich vor dem Hintergrund ab; der Heilige, die Nonne und das Bildnis bilden zusammen ein Dreieck
Attribute:Messingbecher
Kleidung:dunkler Chaperon
Sonstiges:Figur ohne Körper
Zugeordnete Bildprotagonisten:die Nonne dahinter und der Heilige gegenüber

Forschungsergebnis: Bosch, Hieronymus

Künstler des Bildnisses:Bosch, Hieronymus
Status:kontrovers diskutiert
Typ Autor/in Jahr Referenz Seite Anmerkungen
Erstzuschreibung Brion 1938 Brion 1938 – Bosch 48–52
Details
vorsichtig formulierte Hypothese
Skeptisch/verneinend Mosmans 1947 Mosmans 1947 – Jheronimus Antoniszoon van Aken 41 -
Bejahend Bosman 1962 Bosman 1962 – Hieronymus Bosch 14, 87b -
Skeptisch/verneinend Buzzati/Cinotti 1968 Buzzati, Cinotti 1968 – L'opera completa di Bosch 106 -
Bejahend Orienti/Solier 1979 Orienti, Solier 1979 – Hieronymus Bosch 114 -
Skeptisch/verneinend Van Dijck 2001 Dijck 1.9.–11.11.2001 – Hieronymus van Aken 15f -
Skeptisch/verneinend Legner 2009 Legner 2009 – Der Artifex 482, 484 -

Brion (1938) betrachtet den außergewöhnlichen Kopffüßler als eine zentrale Hauptfigur der Antonius-Tafel und bemerkt, dass das Wesen den Meister des höllischen Spiels zu verkörpern scheint. Ähnlich wie der Kopf des Baummenschen im Garten der Lüste drücke der Kopffüßler schmerzliche Ironie und sarkastische Bitterkeit aus. Ein weiterführender Vergleich mit der Zeichnung im Codex von Arras führt Brion schließlich zu einer vorsichtig formulierten Vermutung: Es könne sich in beiden Fällen um Selbstporträts handeln, die sich aus dem umgebenden Geschehen herausheben. Das mutmaßliche Porträt des Malers als körperloses Wesen gegenüber dem Heiligen verdeutliche die Bildfindung als einen Prozess genialer Verschiebung, Zerlegung, Fragmentierung und Rekonstruktion von Formen. Bosch stelle eine absurde Transplantation dar und lenke den Fokus damit auf das geistige Potential (auf das Gehirn) – herzlos, so Brion, sei nicht nur die Figur, sondern auch die religiöse Szenerie.1

Mosmans (1947) lehnt die Identifizierung des Kopffüßlers im Antonius-Altar als Selbstdarstellung ab, da dieser keine überzeugenden Übereinstimmungen mit den Bildnissen in der Anbetung der Könige und in der Dornenkrönung im Escorial aufweist, die der Autor als Bildnisse von Bosch anerkennt. Zudem mache die Gestaltung der Figur ein Selbstporträt inakzeptabel.2

Bosman (1962) bezeichnet den Kopffüßler, in Anlehnung an Brion, als vermutliche Selbstdarstellung.3

Buzzati und Cinotti (1968) führen lediglich an, dass Brion das Bildnis für eine Selbstdarstellung hält, wobei die Formulierung eine abweisende Haltung gegenüber dieser These impliziert.4

Nach Orienti und Solier (1979) könnte es sich beim körperlosen Mann neben Antonius durchaus um ein teuflisches Porträt von Bosch handeln.5

Van Dijck (2001) befasst sich in seinen Ausführungen zur Biografie von Hieronymus Bosch und der Suche nach Selbstdarstellungen im Sinne einer Rekonstruktion der Vita bzw. Identität des Malers auch mit Fragen zur Glaubhaftigkeit porträthafter Darstellungen und geht dabei auf vorgeschlagene Selbstporträts des Künstlers ein. Nach einer Auflistung der in der Forschung diskutierten Beispiele (einschließlich des hier vorgestellten), die er allesamt als unglaubwürdig einstuft, resümiert er unter Bezugnahme auf Mosmans, dass allenfalls die Bildnisse in der Dornenkrönung Christi im Escorial und in den Hl. drei Königen als mögliche Selbstbildnisse interpretiert werden könnten.6

Legner (2009) weist auf die Schwierigkeiten bei der Identifizierung von Selbstporträts hin und schätzt entsprechende Versuche bei Bosch als „spekulativ“ ein. Der Autor zählt folgende in der Forschungsliteratur vorgeschlagene Selbstdarstellungen unter Nennung der entsprechenden Autoren auf: Figuren in der Wiener Kreuztragung, in der Londoner Dornenkrönung, im Triptychon zu den Versuchungen des hl. Antonius in Lissabon, im Heuwagentriptychon sowie im Garten der Lüste, beide in Madrid. Dabei reflektiert Legner über mögliche psychologische Verbindungen der Bildfiguren zu Bosch, die in den dargestellten Figuren zum Ausdruck kommen könnten. Legner unterstützt dabei vorrangig Herbert von Einems Interpretation des Wanderers auf den Außenflügeln des Heuwagentriptychons, der als christlicher Pilger zwischen Engel, Tod und Teufel dargestellt wird, in einem Spannungsfeld zwischen Anrufungen an den Herrn, Endlichkeit und der Aufrechnung der Sünden.7

Verweise

  1. Brion 1938, 48–52 Zur Grafik in Arras sowie zu den Bildnissen in der Anbetung der Könige, der spanischen und der englischen Dornenkrönungen sowie im Heuwagentriptychon in den vorliegenden Ausführungen vgl. den Einleitungstext zum Maler.↩︎

  2. Mosmans 1947, 41.↩︎

  3. Bosman 1962, 14, 87.↩︎

  4. Buzzati/Cinotti 1968, 106.↩︎

  5. Orienti/Solier 1979, 114.↩︎

  6. Dijck 2001, 15f.↩︎

  7. Legner 2009, 482, 484.↩︎

Ein körperloses Wesen

Der Forschungsstand zu den Thesen einer möglichen Selbstdarstellung des Malers in der Gestalt des körperlosen Mannes nahe dem Heiligen zeigt deutlich, dass kein tragfähiges Argument vorliegt. Daher wird die Annahme einer Selbstdarstellung verworfen. Auch im Vergleich mit den zeitgenössischen Entwicklungen und zahlreichen Vergleichsbeispielen aus der vorliegenden Datenbank erscheint es undenkbar, dass es sich bei der fragmentierten Figur um ein Bildnis von Bosch handelt. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass der Maler diese auffällige Figur gezielt einsetzte, um die zentrale Szene, die ihre Fortführung im hinteren Bildbereich mit Christus findet, besonders zu betonen.

Literatur

Bosman, Anthony: Hieronymus Bosch, London 1962.
Brion, Marcel: Bosch (Editions d’histoire et d’art, 8), Paris 1938.
Buzzati, Dino/Cinotti, Mia: L'opera completa di Bosch (Classici dell'arte, 2), Mailand 1968.
Dijck, G. C. M. van: Hieronymus van Aken / Hieronymus Bosch: His Life and ‚Portraits‘, in: Koldeweij, Jos/Vermet, Bernard/van Kooij, Barbera (Hg.): Hieronymus Bosch. New Insights Into His Life and Work (Ausstellungskatalog, Rotterdam, 1.9.–11.11.2001), London 1.9.–11.11.2001, 9–16.
Legner, Anton: Der Artifex. Künstler im Mittelalter und ihre Selbstdarstellung, Köln 2009.
Mosmans, Jan: Jheronimus Antoniszoon van Aken, alias Hieronymus Bosch, s-Hertogenbosch 1947.
Orienti, Sandra/Solier, René de: Hieronymus Bosch, New York 1979.