Auferweckung des Lazarus

Bossche, Aert van den

1491 bis 1495

Australien; Melbourne; National Gallery of Victoria

Objekt

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Bildrechte
Detailtitel:Auferweckung des Lazarus (rechter Seitenflügel von: Triptychon der Wunder Christi)
Alternativtitel Deutsch:Erweckung des Lazarus
Titel in Originalsprache:Opwekking van Lazarus
Titel in Englisch:Raising of Lazarus
Datierung: 1491 bis 1495
Ursprungsregion:altniederländischer Raum
Lokalisierung:Australien; Melbourne; National Gallery of Victoria
Lokalisierung (Detail):Inventarnummer: 1247/3; 16th & 17th Century Gallery, NGV International
Medium:Altarflügel; Tafelbild
Material:Öl
Bildträger:Holz (Eiche)
Maße: Höhe: 111,3 cm; Breite: 36 cm
Maße Anmerkungen:Mitteltafel: 113,9 x 83,4 cm; Seitenflügel: links 113,2 x 37,2 cm, rechts 111,3 x 36 cm; Gesamtmaße gerahmt: 184 x 122,4 cm
Ikonografische Bezeichnung:Lazarus von Bethanien
Iconclass:73C523 – the raising of Lazarus ('Lazarus, come out')
Signatur Wortlaut:ohne
Datierung Wortlaut:ohne
Inschriften/Signatur/Datierung weitere Ausführungen:

Pseudoschrift am Grabstein

Auftraggeber/Stifter:vermutlich Duc Adolphe de Clèves (Neffe und Schwiegersohn von Philipp dem Guten), vorgeschlagen von Friedländer; evtl. Philippe de Clèves mit Françoise de Luxembourg (Duc de Clèves, Comte de la Marcke Seigneur de Ravenstein), diskutiert von Hudson
Provenienz:evtl. Bestimmung Peterskirche Brüssel; 1866 dokumentiert von Waagen in der Sammlung von F. J. Gsell, Wien; Verkauf 1872 als eine Arbeit Memlings; 1922 bei Lady Leyland; 1922 Erwerb der Nationalgalerie Melbourne samt neuer Rahmung (von Francis Draper, London) von der Nationalgalerie London; 2012/13 Reinigung und Restaurierung
Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt:unbekannt

Zum möglichen Auftraggeber1 und zur Provenienz.2

Verweise

  1. Vgl. u. a. Friedländer 1926, 106; Hudson 2013, 4–14.↩︎

  2. Zur frühen Provenienz vgl. u. a. Hoff 1995, 108; zur Provenienz ab 1922 vgl. National Gallery of Victoria o. J.↩︎

Bildnis 1

Bildrechte
Lokalisierung im Objekt:erste Figur von rechts
Ausführung Körper:Halbfigur stehend
Ausführung Kopf:Dreiviertelporträt
Ikonografischer Kontext:Assistenzfigur hinter der Szene der Erweckung des Lazarus
Blick/Mimik:Blick nach links
Gesten:Hände nicht sichtbar
Körperhaltung:aufrecht; Kopf nach links ausgerichtet
Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal:Porträt am äußerst rechten Bildrand und am rechten Rand des geöffneten Altarensembles, vom Bildrand und der vorgelagerten Figur stark überschnitten; Kopf weitgehend sichtbar; Teil einer isokephalen Reihe, die sich mit Unterbrechungen über die gesamte Bildbreite erstreckt; Paarbildung mit einer weiteren, vermutlich zeitgenössischen Figur links; vom sakralen Geschehen über die Verankerung und den verinnerlichten Gesichtsausdruck differenziert; keine weitere Figur in vertikaler Ausrichtung oberhalb des Mannes
Kleidung:dunkle Kleidung mit auffälligem, im Bild singulären Pelzkragen, dunkle Kappe
Sonstiges:undefinierbare braune (?) Fläche oberhalb des Kopfes
Zugeordnete Bildprotagonisten:Figuren der hintersten Ebene; besonders der Mann unmittelbar links der Figur

Forschungsergebnis: Bossche, Aert van den

Künstler des Bildnisses:Bossche, Aert van den
Status:weitgehend anerkannt
Status Anmerkungen:Der Status „anerkannt“ ergibt sich aus wenigen Forschungsmeinungen. Im Großteil der Beiträge zum Gemälde ist die Figur nicht besprochen.
Typ Autor/in Jahr Referenz Seite Anmerkungen
Erstzuschreibung Martens 1998 Martens 1998 – Portrait explicite et portrait implicite 32–37 -
Bejahend Carlier 2007 Carlier 2007 – Œuvres de jeunesse du Maître 92 -
Bejahend Hudson 2013 Hudson 2013 – Paradise for Ever 4, 6 (Abb. 9) -

Martens (1998) identifiziert die Figur nach Ausschluss anderer möglicher Zuordnungen (etwa als Stifter) als Selbstporträt. Neben allgemeinen Kennzeichen von (Selbst)Porträtfiguren (u. a. ausgeprägte Individualisierung der Gesichtszüge) und der Verortung in Distanz zur sakralen Szene, die der Selbstporträttradition entspricht, betont er die Auffälligkeit der Figur, die gegeben ist, da man sie zur Gänze sieht (sie hebt sich von allen anderen Zeugen des Geschehens ab). Als überzeugendstes Argumente für seine Identifizierung führt er die formale Übereinstimmung der schwarzen Kopfbedeckung mit jener zweier weiterer möglicher Selbstporträtfiguren im Altarverband an. Dabei handelt es sich um den ebenfalls von ihm besprochenen Mann im Hintergrund der Hochzeit von Kana und das von Pèrier-D’Ieterens identifizierte Künstlerporträt in der Wundersamen Brotvermehrung. Die kaum zufällige Koexistenz der ähnlichen Figuren lässt Martens zum Schluss kommen, dass es sich dabei um drei als integrierte Selbstporträts ausgeführte bildliche Signaturen der ausführenden Meister des Altars handelt:1 „Trois artistes se sont donc partagé la réalisation de l’intérieur du triptyche, chacun prenant en charge l’un des panneaux. N’est-il pas tentant, dans ces conditions, de considérer que chacun de ces trois maîtres a ,signé’ sa contribution par un autoportrait? La coïncidence existant entre la présence d’un portrait implice avec calotte noire sur les trois panneaux du triptyche […] peut difficilement être fortuite.“2

Carlier (2007) bestätigt alle drei Selbstdarstellungen im Melbourne-Altar und stellt Übereinstimmungen der Kleidung dieser Bildnisse und der eines von ihr als Selbstdarstellung identifizierten Porträts des Meisters der Legende der hl. Magdalena im linken Bereich der Tafel zu Opfergaben und Verehrung der Reliquien des hl. Rumold3 fest.4

Hudson (2013) bezieht sich auf die Forschungsergebnisse von Martens und vermerkt wertneutral, dass dieser in beiden Seitenflügeln des Melbourne-Altars Selbstdarstellungen identifiziert. Die Bildunterschriften, die seinen Ausführungen beigefügt sind, implizieren Aufgeschlossenheit gegenüber den Identifikationen.5

Verweise

  1. Martens 1998, 32–37, bes. 34–37.↩︎

  2. Ebd., 35.↩︎

  3. Meister der Legende der hl. Magdalena, Opfergaben und Verehrung der Reliquien des hl. Rumold, um 1510, Mechelen, Sint-Romboutskathedraal. Abbildung: ©KIK-IRPA, Brussels. Das Gemälde ist Teil eines Zyklus von 25 erhaltenen Tafeln zum Leben des hl. Rumold. Vgl. weiterführend Textbeitrag zum Meister der Legende der hl. Magdalena.↩︎

  4. Carlier 2007, 92.↩︎

  5. Hudson 2013, 4, 6 (Abb. 9, Bildunterschrift „possible self-portrait“).↩︎

Melbourne-Altar III – eine Randfigur

Die Figur am rechten Bildrand des rechten Seitenflügels, die dritte mutmaßliche Selbstdarstellung im Melbourne-Altar, repräsentiert wie die Bildnisse im Zentralblatt und auf dem linken Flügel einen der ausführenden Meister des Gemeinschaftswerks: den Meister der Legende der hl. Barbara, identifiziert als Aert van den Bossche. Wie bereits ausführlich verdeutlicht, stehen die Selbstporträts über ihre Bekleidung in Zusammenhang. In der Zusammenschau verschiedener Selbstporträtmechanismen nimmt die Figur eine in den Niederlanden häufig zu findende Randposition ein, die der von Müller Hofstede entwickelten Vorstellung eines Künstlerselbstbildnisses im Humilitasgestus1 entspricht.

Trotz der überzeugenden Identifikation der Selbstdarstellung von Martens, der in seiner Argumentation auf die Koexistenz der Bildnisse der Hauptmeister im Altar fokussiert,2 ist auf die großen physiognomischen Abweichungen zu verweisen, die in der Zusammenschau mit weiteren vorgeschlagenen Selbstdarstellungen des Meisters im Gastmahl des Hiob und in Augustin opfert einem Idol der Manichäer deutlich werden.

Verweise

  1. Müller Hofstede 1998.↩︎

  2. Martens 1998, 32–37.↩︎

Literatur

Carlier, Aurore: Œuvres de jeunesse du Maître de la Légende de sainte Madeleine: nouvelles attributions, in: Gombert, Florence/Martens, Didier (Hg.): Le Maître au feuillage brodé. Démarches d’artistes et méthodes d’attribution d’oeuvres à un peintre anonyme des anciens Pays-Bas du XVe siècle (Tagungsband, Lille, 23.–24.06.2005), Lille 2007, 87–98.
Friedländer, Max J.: Hugo van der Goes (Die altniederländische Malerei, 4), Berlin u. a. 1926.
Hoff, Ursula (Hg.): European Paintings Before 1800 in the National Gallery of Victoria, Melbourne (4. Aufl.) 1995.
Hudson, Hugh: Paradise for Ever. More on the Patronage and Iconography of the „Triptych with the Miracles of Christ“ in the National Gallery of Victoria, in: Oud-Holland, 126. Jg. 2013, H. 1, 1–16.
Martens, D.: Portrait explicite et portrait implicite à la fin du Moyen Age. L'exemple du Maître de la Légende de sainte Catherine (Alias Piérot de le Pasture?), in: Jaarboek Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen 1998, 9–67.
Müller Hofstede, Justus: Der Künstler im Humilitas-Gestus. Altniederländische Selbstporträts und ihre Signifikanz im Bildkontext. Jan van Eyck – Dieric Bouts – Hans Memling – Joos van Cleve, in: Schweikhart, Gunter (Hg.): Autobiographie und Selbstportrait in der Renaissance (Atlas. Bonner Beiträge zur Renaissanceforschung, 2), Köln 1998, 39–68.
National Gallery of Victoria: Triptych with the Miracles of Christ. (1491–1495). Master of the Legend of St Catherine (Workshop of), o. J., www.ngv.vic.gov.au/explore/collection/work/3736/ (09.07.2021).

Zitiervorschlag: