Vernichtung der Rotte Korah
Botticelli, Sandro
Vatikan; Vatikanstadt; Cappella Sistina
Inhaltsverzeichnis
Objekt
Bildrechte
| Detailtitel: | Vernichtung der Rotte Korah (Teil von: Moseszyklus (Sixtinische Kapelle)) |
| Alternativtitel Deutsch: | Aufruhr gegen das Gesetz Mosis (Conturbatio); Bestrafung von Korach, Datan und Abiram |
| Titel in Originalsprache: | Punizione dei ribelli |
| Titel in Englisch: | Punishment of the Sons of Korah; Punishment of the Rebels |
| Datierung: | 1481 bis 1482 |
| Ursprungsregion: | italienischer Raum |
| Lokalisierung: | Vatikan; Vatikanstadt; Cappella Sistina |
| Lokalisierung (Detail): | Sixtinische Kapelle; fünftes Bild an der Südwand (Teil der malerischen Gesamtausstattung des 15. Jahrhundertsbestehend aus: Deckenfresko den Sternenhimmel darstellend von Pietro Matteo d’Amelia (nicht erhalten); Papstbildnisse im Fenstergaden; ursprünglich 16 Wandbilder je von der Altarwand (Westen) bis zur Ostwand: im Norden Christuszyklus, im Süden Moseszyklus, davon jeweils die Bilder an der Ost- und Westwand nicht erhalten) |
| Medium: | Wandbild |
| Material: | Fresko; Gold |
| Bildträger: | Wand |
| Ikonografische Bezeichnung: | Moses: Rotte Korah (Kore, Dathan, Abiron); Aaron: Aaron bringt nach Aufruhr und Bestrafung der Rotte Korah ein Rauchopfer dar |
| Iconclass: | 71E317 – rebellion of Korah (Core), Dathan and Abiram, and their punishment (Numbers 16) |
| Signatur Wortlaut: | ohne |
| Datierung Wortlaut: | ohne |
| Inschriften: | CONTURBATIO MOISI LEGIS SCRIPTAE LATORIS; Titulus in der architektonischen Rahmung oberhalb des Bildfeldes; Bedrängung Mosis, Träger des geschriebenen Gesetzes |
| Auftraggeber/Stifter: | Francesco della Rovere (Papst Sixtus IV.) |
| Provenienz: | in situ |
| Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt: | teilöffentlich |
Zur Lokalisierung im Detail,1 zur Ikonografie,2 zu den Inschriften.3
Verweise
Vgl. etwa schematische Darstellung in Roettgen 1997, 100.↩︎
Zur Ikonografie mit Verweis auf ältere Literatur siehe Noll 2019, 26–28; Schlosser 2015 (LCI-Eintrag zu „Moses“); zum Rauchopfer vgl. Dienst 2015.↩︎
Roettgen 1997, 457; zur Formulierung „Und keiner nimmt sich eigenmächtig diese Würde, sondern er wird von Gott gerufen, so wie Aaron“ vgl. Roettgen 1997, 457, nach Brief an die Hebräer 5,4.↩︎
Bildnis 1
Bildrechte
| Lokalisierung im Objekt: | zweite Figur von rechts |
| Ausführung Körper: | Schulterstück |
| Ausführung Kopf: | Frontalansicht |
| Blick/Mimik: | kommunizierender Blick in Richtung der ersten Figur von rechts |
| Gesten: | Hände nicht sichtbar |
| Körperhaltung: | stehend, Körper leicht aus der Parallele zur Bildoberfläche gedreht, Kopf leicht nach links geneigt und zur ersten Figur von rechts gedreht (Körperachse entspricht nicht Kopfachse) |
| Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal: | Figur befindet sich zwischen zwei Figuren im Profil und ist Teil einer zum Bildinneren ansteigenden Reihe von Köpfen; die so entstehende Linie wird auch in der linken Bildhälfte von zwei zeitgenössisch gekleideten Figuren gespiegelt; Figur blickt aufmerksam zur äußerst rechten Figur, die im Profil dargestellt ist und ihrerseits nach links blickt (genaue Blickrichtung schwer zu bestimmen); direkt vor ihnen ist die Szene der versuchten Steinigung des Moses dargestellt; die beiden Figuren am Bildrand bekommen mehr Raum als die übrigen zeitgenössischen Figuren, indem ein größerer Teil ihres monochrom bläulich gekleideten Oberkörpers sichtbar bleibt |
| Kleidung: | blaue Kopfbedeckung, einfaches Gewand in derselben Farbe |
| Zugeordnete Bildprotagonisten: | Figur im Profil rechts: Rodrigo Borgia (der spätere Papst Alexander VI.) oder Julius Pomponius Laetus; Figur im Profil mit roter Kopfbedeckung links: Alessandro Farnese (der spätere Papst Paul III.) oder Raffaele Riario |
Die Figur ist Teil der Gruppe zeitgenössischer Zuschauer: Die Figur im Profil ganz rechts wurde vorgeschlagen als Rodrigo Borgia (der spätere Papst Alexander VI.)1 oder Julius Pomponius Laetus;2 die Figur im Profil mit roter Kopfbedeckung links des hier diskutierten Selbstbildnisses wird laut Pons3 häufig mit Alessandro Farnese (der spätere Papst Paul III.) identifiziert bzw. vorgeschlagen als Raffaele Riario von Schmarsow.4
Verweise
Gebhart 1907, 178; Schmarsow 1886, 224; Ulmann 1893, 98.↩︎
Pons 1989, 65 gibt die Identifizierung als Julius Pomponius Laetus als die häufigste an, darüber hinaus sei die Figur von Schmarsow (keine genaue Quellenangabe, wahrscheinlich Schmarsow 1923) vorgeschlagen worden als Kardinal Giorgio Costa und von Gamba (keine genaue Quellenangabe, wahrscheinlich Gamba 1936) als Chierigati.↩︎
Pons 1989, 65 nennt die Identifizierung als Alessandro Farnese (den sie fälschlicherweise als späteren Papst Paul II. bezeichnet) ohne Angaben von Quellen als die gängigste.↩︎
Schmarsow 1923 zitiert nach Pons 1989, 65.↩︎
Forschungsergebnis: Botticelli, Sandro
| Künstler des Bildnisses: | Botticelli, Sandro |
| Status: | kontrovers diskutiert |
| Typ | Autor/in | Jahr | Referenz | Seite | Anmerkungen |
|---|---|---|---|---|---|
| Erstzuschreibung | Steinmann | 1897 | Steinmann 1897 – Botticelli | 3 | - |
| Bejahend | Steinmann | 1901 | Steinmann 1901 – Die Sixtinische Kapelle | 505–509 | - |
| Skeptisch/verneinend | Horne | 1908 | Horne 1908 – Alessandro Filipepi commonly Called Sandro | 100 | - |
| Skeptisch/verneinend | Bode | 1921 | Bode 1921 – Sandro Botticelli | 104 | - |
| Bejahend | Pastor | 1925 | Pastor 1925 – Die Fresken der Sixtinischen Kapelle | 19 | - |
| Skeptisch/verneinend | Yashiro | 1925 | Yashiro 1925 – Sandro Botticelli and the Florentine | 167 | - |
| Skeptisch/verneinend | Benkard | 1927 | Benkard 1927 – Das Selbstbildnis vom 15 | 9f | - |
| Skeptisch/verneinend | van Marle | 1931 | Marle 1931 – The Renaissance Painters of Florence | 118 | - |
| Bejahend | Gamba | 1936 | Gamba 1936 – Botticelli | genaue Stelle unbekannt | - |
| Skeptisch/verneinend | Bo/Mandel | 1967 | Bo, Mandel 1967 – L'opera completa del Botticelli | 94 | - |
| Bejahend | Sleptzoff | 1978 | Sleptzoff 1978 – Men or Supermen | 131 (Anm. 116) | - |
| Skeptisch/verneinend | Roettgen | 1997 | Roettgen 1997 – Wandmalerei der Frührenaissance in Italien | 96 | - |
| Skeptisch/verneinend | Pfeiffer | 2007 | Pfeiffer 2007 – Die Sixtinische Kapelle neu entdeckt | 55 (Anm. 111) | - |
| Skeptisch/verneinend | Dombrowski | 2013 | Dombrowski 2013 – Imagination und Invention | 74 (Anm. 10) | - |
Steinmann setzte sich um die Wende zum 20. Jahrhundert in großen Monografien sowohl mit Botticelli1 (1897) als auch mit der Sixtinischen Kapelle2 (1901) auseinander. Gleich zu Beginn der Botticelli-Monografie verweist er darauf, dass das Profilbildnis Botticellis aus der Hand Filippino Lippis in der Brancacci-Kapelle zwar das am besten belegte sei, aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes aber „heute fast abstoßend wirkt und die dringende Frage nach einem anderen Bild erweckt, das Botticellis Gestalt und Antlitz treuer und lebendiger bewahrt hat“.3 Für ihn könnte dies das Selbstbildnis in der Rotte Korah sein, welches „überdies am meisten dem Bilde [entspricht], das von ihm die Phantasie in uns geschaffen hat“.4 Das Gesicht liefere „hochwillkommene Aufschlüsse über den Charakter eines Mannes“, 5 über dessen Leben so wenig bekannt sei. Die Figuren rund um das von ihm vorgeschlagene Selbstbildnis sind für Steinmann nicht mehr identifizierbare Porträts von reich gekleideten Kirchenfürsten,6 während der Maler selbst „in einfachem schwarzen Malerkittel und schwarzem Barett“7 erscheine.
In der Sixtina-Monografie betont Steinmann, das Selbstbildnis entspreche der Persönlichkeit Botticellis, wie Vasari sie beschrieb.8 Hier erwähnt er als Argumente für eine Identifizierung der Figur als Botticelli die Tatsache, dass auch die übrigen Künstler in der Kapelle ihre Signatur in Form eines Selbstbildnisses angebracht hätten und dass die Form der Nase der Figur in der Rotte Korah mit jener des Profilbildnisses in der Brancacci-Kapelle übereinstimme. Die Blickrichtung erkennt er richtig als „scharf zur Seite am Beschauer vorbei“.9
Gänzlich ablehnend äußert sich Horne (1908) zum Vorschlag Steinmanns. Er sieht teils ebenfalls Porträts in den zeitgenössischen Figuren am rechten Bildrand, konstatiert aber: „I much doubt whether the head, the last but one on the right, which Dr. Steinmann has reproduced in his little book on Botticelli, is a portrait at all; certainly, it cannot be regarded as a portrait of the painter.“10
Bode (1921) stimmt der von Steinmann vorgeschlagenen inhaltlichen Deutung des Freskos zu, zeigt sich aber in Bezug auf ein mögliches Selbstbildnis sehr skeptisch. Die diskutierte Figur befinde sich in Gesellschaft von päpstlichen Beamten und werde zwar „jetzt gewöhnlich als Selbstporträt des Künstlers angesprochen“11, sehe aber weder dem Profilbildnis in der Brancacci-Kapelle noch dem von Bode ebenfalls abgelehnten Selbstbildnis in der Del-Lama-Anbetung ähnlich.12
Pastor (1925) sieht in der Rotte Korah die Auseinandersetzung von Papst Sixtus IV. mit Andreas Jamometić (Erzbischof von Kraina) thematisiert.13 Botticelli habe sich hier „in die Ecke rechts hingestellt als Teilnehmer an dem Triumphe seines hohen Gönners bei der Überwindung des durch Zamometič drohenden Schismas“14. Obwohl Pastor die Figur nicht konkret benennt, dürfte er wohl die von Steinmann vorgeschlagene Figur meinen.
Auf die Gefahren der Projektion weist Yashiro (1925) hin, der Steinmann vorwirft, er habe das Selbstbildnis hauptsächlich vorgeschlagen, weil es seinem aus den Werken des Malers imaginierten Bild Botticellis entsprochen habe. Dieses Vorgehen bezeichnet Yashiro als „injurious to historical reconstruction“.15
Für Benkard (1927) spricht lediglich die (von ihm nicht näher charakterisierte) Blickrichtung der diskutierten Figur für ein mögliches Selbstbildnis Botticellis. Abgesehen davon befindet er die Beweislage als ungenügend, da weder eine Ähnlichkeit mit dem Profilbildnis in der Brancacci-Kapelle noch eine mit dem vorgeschlagenen Selbstbildnis in der Del-Lama-Anbetung feststellbar sei.16
Dass die fragliche Figur und jene rechts neben ihr Porträts sind, steht für van Marle (1931) außer Zweifel, den Künstler will er in dem Mann „who looks more or less in the direction of the spectator“ jedoch nicht erkennen.17
Einen knappen Überblick über die Identifizierungsvorschläge für verschiedene Personen in der Bestrafung der Rotte Korah liefern Bo und Mandel (1967), sie selbst ordnen den Status des Selbstbildnisses als ungesichert ein.18
Sleptzoff (1978) schreibt zwar zunächst nur, das Selbstbildnis in der Rotte Korah werde vermutet, äußert sich dann aber zustimmend. Sie sieht Ähnlichkeiten zum möglichen Selbstporträt in der Del-Lama-Anbetung und erklärt die Unterschiede mit der dazwischen vergangenen Zeitspanne (ca. sechs bis sieben Jahre) sowie mit den verschiedenen Techniken (Fresko versus Tempera) und Formaten der Bildfelder. Außerdem stimme das Bild, das Botticelli hier von sich zeige, mit seinem Begriff von Schönheit überein.19
In ihrem Überblick über die Bildnisse in den Fresken des Quattrocento in der Sixtinischen Kapelle merkt Roettgen (1997) an, dass in den drei Bildern Botticellis „kein einziges Porträt zweifelsfrei identifiziert werden“20 konnte, dementsprechend weist sie auch Steinmanns hier diskutierten Vorschlag als nicht überzeugend zurück.21
Auch Pfeiffer (2007) folgt Steinmanns Vorschlag nicht, bringt stattdessen aber einen eigenen vor.22
Dombrowski (2013) schreibt, Steinmanns Identifikationsversuch sei „[v]ernachlässigenswert“23.
Verweise
Steinmann 1897; Steinmann 1903.↩︎
Steinmann 1901.↩︎
Steinmann 1897, 3.↩︎
Ebd.↩︎
Ebd.↩︎
Ebd.↩︎
Ebd., 61; durch die Restaurierungen kam hier allerdings bei Kleidung und Kopfbedeckung ein Blau zum Vorschein.↩︎
Steinmann 1901, 509.↩︎
Ebd., 506.↩︎
Horne 1908, 100.↩︎
Bode 1921, 104.↩︎
Ebd.↩︎
Pastor 1925, 18f; der unmittelbare Zusammenhang mit dieser Auseinandersetzung wird inzwischen angezweifelt, siehe dazu etwa Pfisterer 2013, 31; zur früheren Meinung siehe auch Steinmann 1901, 263.↩︎
Pastor 1925, 19.↩︎
Yashiro 1925, 167.↩︎
Benkard 1927, 9f.↩︎
Marle 1931, 118.↩︎
Bo/Mandel 1967, 94.↩︎
Sleptzoff 1978, 131.↩︎
Roettgen 1997, 96.↩︎
Ebd.↩︎
Pfeiffer 2007, 55 (Anm. 111).↩︎
Dombrowski 2013, 74 (Anm. 10).↩︎
Bildnis 2
Bildrechte
| Lokalisierung im Objekt: | erste Figur von links in der hinteren Reihe bzw. erste zeitgenössische Figur von links, direkt hinter/oberhalb von Moses |
| Ausführung Körper: | Ganzfigur stehend |
| Ausführung Kopf: | im Profil |
| Blick/Mimik: | blickt geradeaus Richtung Bildmitte |
| Gesten: | Hände nicht sichtbar |
| Körperhaltung: | stehend, Körper und Kopf nach rechts ausgerichtet |
| Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal: | überschnitten von den vor der Figur befindlichen biblischen Figuren (Moses und die zwei geretteten Söhne Korahs auf einer Wolke) sowie von den Treppen zum Eingang des Gebäudes links; besondere Betonung der Figurenkontur durch die monochrom dunkel gekleidete Figur dahinter |
| Kleidung: | schwarze Kopfbedeckung; braunes, sehr voluminöses, kuttenartiges Gewand |
| Zugeordnete Bildprotagonisten: | Es ist eines von zwei zeitgenössischen Assistenzfiguren in der linken Bildhälfte, die rechte Person blickt aus dem Bild und wird identifiziert als „vielleicht“ Giorgio Costa von Lissabon, „mit ziemlicher Gewißheit“ als Pomponius Laetus, als Johannes Castellanus (Sakristan der Sixtinischen Kapelle) bzw. jedenfalls als ein Augustinereremit. |
Forschungsergebnis: Botticelli, Sandro
| Künstler des Bildnisses: | Botticelli, Sandro |
| Status: | Einzelmeinung |
| Status Anmerkungen: | Der erstidentifizierende Autor (Pfeiffer 2007) bringt selbst noch einen alternativen Identifizierungsvorschlag, aber keine überzeugenden Argumente für ein Selbstbildnis vor. |
| Andere Identifikationsvorschläge: | Kardinal Raffaele Sansoni Riario; Alessandro Farnese (der spätere Papst Paul III.), s. u. |
| Typ | Autor/in | Jahr | Referenz | Seite | Anmerkungen |
|---|---|---|---|---|---|
| Erstzuschreibung | Pfeiffer | 2007 | Steinmann 1897 – Botticelli | 55 (Anm. 111 und 112) | - |
Das Bildnis wird vorgeschlagen als Kardinal Raffaele Sansoni Riario1 bzw. als Alessandro Farnese (der spätere Papst Paul III.).2
Pfeiffer (2007) kennt den Vorschlag Steinmanns, in der zweiten Figur von rechts in der Bestrafung der Rotte Korah ein Selbstbildnis zu sehen, lehnt diesen jedoch ab und bringt einen eigenen vor: Ihm zufolge sieht die im Profil wiedergegebene Figur links im Bild dem möglichen Selbstbildnis Botticellis in der Del-Lama-Anbetung ähnlich.3 Für ihn stellt diese Identifikation allerdings nur eine Möglichkeit dar, denn er macht für die beiden Figuren, die hier nebeneinander stehen, jeweils zwei Vorschläge. Zum einen könnte die ältere Figur – die aufgrund der schwarzen Kleidung nach Pfeiffer ein Augustintereremit sein muss – Pseudo-Hugo von St. Viktor sein, dann könnte wiederum die jüngere Figur im Profil einen „Raynerus“ meinen, dem ersterer ein Werk widmete, das Pfeiffer mehrfach zur Interpretation der Fresken heranzieht. Zum anderen, so Pfeiffer, könnte sich aber auch Botticelli selbst mit dem damaligen Sakristan der Sixtinischen Kapelle, Johannes Castellanus – ebenfalls ein Augustinereremit –, dargestellt haben.4
Der Vorschlag Pfeiffers scheint seither nicht weiter diskutiert worden zu sein, für die von ihm ins Spiel gebrachte Figur existieren aber verschiedene Identifizierungsvorschläge: Schmarsow5 und Ulmann6 sehen in ihr etwa Kardinal Raffaele Sansoni Riario, Steinmann7 plädiert für Alessandro Farnese (den späteren Papst Paul III.) und Lightbown sieht in den beiden beisammenstehenden Figuren namenlose „Mitglieder des päpstlichen Hofes“8.
Zwei zweifelhafte Vorschläge
Der Vorschlag, in der zweiten Figur von rechts in der Rotte Korah ein Selbstbildnis Botticellis zu sehen, war von Beginn an problematisch. Bereits in der Passage, in der Steinmann die Erstidentifizierung vornimmt, ist herauszulesen, dass hier auch der Wunsch, ein ansprechendes Gesicht für Botticelli zu finden, Vater des Gedankens war (s. o.). In der Figur kann durchaus ein Zeitgenosse porträtiert sein, denn sie befindet sich in einer Gruppe von Figuren, die wie häufig in den Wandfresken der Sixtinischen Kapelle das biblische Geschehen umstehen, ohne Anteil daran zu nehmen und dabei durch ihre moderne Bekleidung klar als einer anderen Realitätsebene angehörig gekennzeichnet sind. Zahlreiche Porträts in der Rotte Korah vermuteten bereits Cavalcaselle und Crowe.1
Die Verortung der Figur in der Nähe des Bildrandes und auch die subtile Weise, in der die beiden Randfiguren mittels ihrer blauen Bekleidung hervorgehoben werden, wären nicht unpassend für ein Selbstbildnis. Einen entscheidenden Hinweis auf die Glaubwürdigkeit von Steinmanns Vorschlag würde die Identifizierung der Figur ganz am rechten Bildrand liefern, denn der Blick der hier als Selbstporträt diskutierten Figur geht eindeutig fragend-kommunizierend in deren Richtung. Sollte es sich tatsächlich wie vorgeschlagen2 um ein Porträt Rodrigo Borgias (damals bereits einflussreicher katholischer Würdenträger und späterer Papst Alexander VI.) handeln, so erscheint es mehr als fraglich, ob an dessen Seite der geeignete Platz für ein Malerselbstbildnis wäre.3
Für das von Pfeiffer ins Spiel gebrachte mögliche Selbstbildnis in der Profilfigur in der linken Bildhälfte spricht noch weniger; selbst der Autor bringt gleichzeitig einen weiteren alternativen Identifizierungsvorschlag.
Literatur
Zitiervorschlag:
Gstir, Verena: Vernichtung der Rotte Korah (Katalogeintrag), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/katalogeintrag/botticelli-sandro-vernichtung-der-rotte-korah-1481-bis-1482-vatikanstadt-cappella-sistina/ (05.12.2025).