Inhaltsverzeichnis
Objekt
Bildrechte
| Detailtitel: | Versuchungen Christi (Teil von: Christuszyklus) |
| Alternativtitel Deutsch: | Die Versuchung Christi und der alttestamentarische Opferdienst; Jüdische Opferszenen und Versuchungen Christi; Das Reinigungsopfer des Aussätzigen |
| Titel in Originalsprache: | Tentazioni di Cristo |
| Titel in Englisch: | Temptations of Christ |
| Datierung: | 1481 bis 1482 |
| Ursprungsregion: | italienischer Raum |
| Lokalisierung: | Vatikan; Vatikanstadt; Cappella Sistina |
| Lokalisierung (Detail): | Sixtinische Kapelle; fünftes Bild an der Südwand (Teil der malerischen Gesamtausstattung des 15. Jahrhunderts bestehend aus Deckenfresko den Sternenhimmel darstellend von Pietro Matteo d’Amelia (nicht erhalten); Papstbildnisse im Fenstergaden; ursprünglich 16 Wandbilder je von der Altarwand (Westen) bis zur Ostwand: im Norden Christuszyklus, im Süden Moseszyklus, davon jeweils die Bilder an der Ost- und Westwand nicht erhalten) |
| Medium: | Wandbild |
| Material: | Fresko; Gold |
| Bildträger: | Wand |
| Ikonografische Bezeichnung: | Versuchungen Jesu; alttestamentarisches Opfer |
| Iconclass: | 73C22 – Christ, sometimes accompanied by guardian angel(s), tempted by Satan, who usually appears in human form |
| Signatur Wortlaut: | ohne |
| Datierung Wortlaut: | ohne |
| Inschriften: | TEMPTATIO IESV CHRISTI LATORIS EVANGELICAE LEGIS; Titulus in der architektonischen Rahmung oberhalb des Bildfeldes; Versuchung Christi, Träger des evangelischen Gesetzes |
| Auftraggeber/Stifter: | Francesco della Rovere (Papst Sixtus IV.) |
| Provenienz: | in situ |
| Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt: | teilöffentlich |
Bildnis 1
Bildrechte
| Lokalisierung im Objekt: | dritte Figur von rechts |
| Ausführung Körper: | Schulterstück |
| Ausführung Kopf: | Dreiviertelporträt |
| Ikonografischer Kontext: | evtl. Doppelbildnis Botticellis und dessen Schüler Filippino Lippis |
| Blick/Mimik: | Blick mit unklarem Ziel nach links oben gerichtet |
| Gesten: | Hände nicht sichtbar |
| Körperhaltung: | stehend, Körper leicht aus der Parallele zur Bildoberfläche in Richtung Betrachter gedreht; Kopfachse annähernd über der Körperachse |
| Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal: | überschnitten von umgebenden Figuren, ohne Interaktion |
| Kleidung: | schwarze Kleidung, schwarze Kopfbedeckung |
| Zugeordnete Bildprotagonisten: | in einer Gruppe zeitgenössischer Beobachter; Figur mit (Feldherren-)Stab davor identifiziert als Girolamo Riario; Figur mit Hut rechts vorgeschlagen als Filippino Lippi oder als Selbstbildnis |
Forschungsergebnis: Botticelli, Sandro
| Künstler des Bildnisses: | Botticelli, Sandro |
| Status: | kontrovers diskutiert |
| Andere Identifikationsvorschläge: | Filippino Lippi |
| Typ | Autor/in | Jahr | Referenz | Seite | Anmerkungen |
|---|---|---|---|---|---|
| Erstzuschreibung | Ulmann | 1893 | Ulmann 1893 – Sandro Botticelli | 97 | - |
| Bejahend | Gebhart | 1907 | Gebhart 1907 – Sandro Botticelli | 177 | - |
Ulmann identifiziert Botticelli in den Versuchungen Christi aufgrund des Vergleichs mit dem ebenfalls von ihm vorgeschlagenen Selbstbildnis in der Del-Lama-Anbetung und sieht ihn in dem jungen Mann rechts, der „träumerisch ins Weite“ schaut.1 Der Mann rechts daneben, am äußersten Bildrand, ist für Ulmann Botticellis Schüler Filippino Lippi. Ulmann geht davon aus, dass Filippino seinem Meister nach Rom folgte2 und dort u. a. die Landschaft in den Versuchungen malte. Ob Filippino auch an den Figuren beteiligt war, will Ulmann nicht entscheiden, er scheint jedenfalls nicht von einem Selbstbildnis Filippinos in den Versuchungen auszugehen.3
Gebhart formuliert so, dass nicht vollkommen eindeutig ist, in welcher Figur er Botticelli und in welcher er Filippino sieht: „A droite, deux portraits s’y reconnaissent sans peine: le Botticelli de l’Adoration médicéenne des Mages et le Filippino Lippi de la chapelle Brancacci, dans l’entrevue des saints Pierre et Paul avec le proconsul.“4 Gebharts Publikation zu Botticelli ist aber Ulmann verpflichtet, sodass vermutlich in dessen Sinne interpretiert werden kann.
Andere Autoren sehen in dieser Figur ein Bildnis Filippino Lippis (siehe Selbstbildnis 2 in diesem Katalogeintrag).
Bildnis 2
Bildrechte
| Lokalisierung im Objekt: | erste Figur von rechts |
| Ausführung Körper: | Brustbild |
| Ausführung Kopf: | Dreiviertelporträt |
| Ikonografischer Kontext: | evtl. Doppelbildnis Botticellis mit seinem Schüler Filippino Lippi |
| Blick/Mimik: | direkter Blick aus dem Bild |
| Gesten: | Hände nicht sichtbar |
| Körperhaltung: | stehend, Körper leicht aus der Parallele zur Bildoberfläche in Richtung Betrachter gedreht; Kopfachse annähernd über der Körperachse |
| Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal: | Randfigur, überschnitten von Bildrand, Marmorbank und Figur davor; Figur tritt über den direkten, selbstbewussten und fokussierten Blick aus dem Bild in Interaktion mit dem Betrachter |
| Kleidung: | blaue, mantelartige Bekleidung, heller Hut mit Feder |
| Zugeordnete Bildprotagonisten: | in einer Gruppe zeitgenössischer Beobachter; Figur mit Stab davor identifiziert als Girolamo Riario; Figur mit schwarzer Kopfbedeckung links daneben vorgeschlagen als Filippino Lippi oder Selbstbildnis Botticellis |
Forschungsergebnis: Botticelli, Sandro
| Künstler des Bildnisses: | Botticelli, Sandro |
| Status: | kontrovers diskutiert |
| Andere Identifikationsvorschläge: | Filippino Lippi |
| Typ | Autor/in | Jahr | Referenz | Seite | Anmerkungen |
|---|---|---|---|---|---|
| Erstzuschreibung | Meller | 1961 | Meller 1961 – La cappella Brancacci | 282f | - |
| Bejahend | Rohlmann | 1999 | Rohlmann 1999 – Kontinuität und Künstlerwettstreit | 187 | - |
| Bejahend | Schmid | 2002 | Schmid 2002 – Et pro remedio animae et | 116f | - |
| Skeptisch/verneinend | Pfeiffer | 2007 | Pfeiffer 2007 – Die Sixtinische Kapelle neu entdeckt | 55 (Anm. 111) | - |
| Bejahend | Dombrowski | 2013 | Dombrowski 2013 – Imagination und Invention | 74 (Anm. 10) | - |
Meller setzte sich 1961 in einem Aufsatz ausführlich mit den Porträts in der Florentiner Brancacci-Kapelle auseinander und sieht u. a. Doppelbildnisse von Filippino Lippi mit seinem Lehrer Botticelli. Im Rahmen seiner Beschreibung der beiden Figuren am rechten Rand der Kreuzigung Petri (Filippino ist laut Meller der herausblickende Mann; Botticelli jener im Profil, der bereits für den Porträtstich in Vasaris Viten verwendet wurde) erwähnt er, das Paar am rechten Rand der Versuchungen Christi sei vergleichbar. Bei der Figur mit dem üppigen Haar handle es sich um Filippino, bei jener mit der Feder am Hut und dem zum Betrachter gerichteten Blick um Botticelli – was bis jetzt noch niemand in Betracht gezogen habe: „un autoritratto finora non considerato“1.2
Rohlmann (1999) stimmt Meller in seinem Aufsatz zu Kontinuität und Künstlerwettstreit in der Sixtinischen Kapelle mit leichtem Vorbehalt („wohl“) zu und beschreibt das mögliche Selbstbildnis als „modische Gestalt“.3
Ganz kurz erwähnt das Selbstbildnis auch Schmid (2002), der es als gesichert präsentiert, den Blick aus dem Bild als wichtiges Indiz wertet und wieder Filippino an der Seite Botticellis vermutet.4
Pfeiffer (2007) wiegt die beiden möglichen Selbstbildnisse Botticellis in den Versuchungen ganz rechts und in der Rotte Korah in der zweiten Person von rechts gegeneinander ab und stimmt „[n]och eher“ jenem in den Versuchungen zu.5
Dombrowski (2013) erkennt Ähnlichkeiten im Gesichtstypus zwischen der Figur am rechten Rand in den Versuchungen und jener in der Del-Lama-Anbetung. Das Gesicht wirke zwar „etwas femininer“ und die Figur erscheine etwas jünger als Botticelli zur Zeit der Ausmalung der Sixtinischen Kapelle war, der „kecke und zugleich skeptische Blick“ aus dem Bild erinnere aber an die Del-Lama-Anbetung.6
Andere Autoren sehen in dieser Figur ein Bildnis Filippino Lippis (siehe Selbstbildnis 1 in diesem Katalogeintrag).
Bildnis 3
Bildrechte
| Lokalisierung im Objekt: | erste Figur von links |
| Ausführung Körper: | Ganzfigur stehend |
| Ausführung Kopf: | im Profil |
| Ikonografischer Kontext: | evtl. Doppelbildnis mit Botticellis Schüler Filippino Lippi |
| Blick/Mimik: | Blick starr gerade aus |
| Gesten: | rechte Hand umfasst Dolch; linke Hand in kommunikativer Gebärde zum sitzenden Gegenüber ausgestreckt |
| Körperhaltung: | Körper und rechter Fuß annähernd bildparallel ausgerichtet, linker Fuß zeigt in Richtung Bildinneres |
| Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal: | Interaktion über die linke Hand mit dem vor ihm auf einer Bank sitzenden jungen Mann, der wiederum seine rechte Hand auf die Brust des Selbstbildnisses legt und dem der dritte Mann der Gruppe die Hände auf die Schultern gelegt hat; Randfigur, teilweise vom Bildrand überschnitten, linker Arm teilweise überschnitten vom Arm der gegenüber befindlichen Figur |
| Attribute: | Dolch |
| Zugeordnete Bildprotagonisten: | in einer Dreiergruppe zeitgenössischer Figuren, die in ein Gespräch vertieft scheinen; zweite Figur von links (mit roter Kopfbedeckung) vorgeschlagen als Filippino Lippi |
Forschungsergebnis: Botticelli, Sandro
| Künstler des Bildnisses: | Botticelli, Sandro |
| Status: | Einzelmeinung |
| Status Anmerkungen: | Der Vorschlag fußt auf einem unsicheren physiognomischen Vergleich und wurde kaum aufgegriffen. |
| Andere Identifikationsvorschläge: | Francesco Salviati (Erzbischof von Pisa), Francesco de’ Pazzi und Jacopo Bracciolini (?); junge Höflinge |
| Typ | Autor/in | Jahr | Referenz | Seite | Anmerkungen |
|---|---|---|---|---|---|
| Skeptisch/verneinend | Bo/Mandel | 1967 | Bo, Mandel 1967 – L'opera completa del Botticelli | 84, 93f | - |
| Bejahend | Marchand | 2004 | Marchand 2004 – Gebärden in der Florentiner Malerei | 308f (Anm. 378) | - |
| Bejahend | Geffroy (zitiert nach Bo/Mandel) | o. J. | Bo, Mandel 1967 – L'opera completa del Botticelli | o. S. |
Details„Geffroy“ ist die einzige Angabe, die Bo/Mandel machen. Die Literaturstelle konnte bislang nicht gefunden werden.
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| Erstzuschreibung | Gebhardt (zitiert nach Bo/Mandel) | o. J. | Bo, Mandel 1967 – L'opera completa del Botticelli | o. S. |
Details„Gebhardt“ ist die einzige Angabe, die Bo/Mandel machen. Die Literaturstelle konnte bislang nicht gefunden werden.
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Pfeiffer bringt die drei Männer in Zusammenhang mit der Pazzi-Verschwörung und nennt die Namen Francesco Salviati (Erzbischof von Pisa), Francesco de’ Pazzi und Jacopo Bracciolini, ohne sie direkt den Personen zuzuordnen.1 Marchand sieht in den Männern junge Höflinge.2
Bo und Mandel (1967) erwähnen ein weiteres mögliches Selbstbildnis Botticellis in den Versuchungen Christi: „Altro autoritratto si è voluto scorgere nell’altro affresco sistino, delle Prove di Cristo, e precisamente nella prima figura antistante, a sinistra; ma l’identificazione, avanzata dal Gebhardt, e accolta da qualche studioso, fra cui il Geffroy, non ebbe seguito.“3 Bislang konnte diese Identifizierung aufgrund unvollständiger Literaturhinweise nicht zurückverfolgt werden. Émile Gebhart jedenfalls sieht ein mögliches Selbstbildnis im rechten und nicht im linken Bildbereich (s. o.). Dass Bo und Mandel lediglich irrtümlich „sinistra“ statt „destra“ geschrieben haben könnten, ist unwahrscheinlich, verdeutlicht doch eine nummerierte Grafik mit Beschreibung, welche Person sie meinen.4 Interessanterweise ist auch hier von einem möglichen Doppelbildnis Botticellis mit seinem Schüler die Rede, denn in der rechts neben der Randfigur stehenden Person mit roter Kopfbedeckung könnte laut Bo und Mandel vielleicht Filippino gesehen werden.5
In einer Fußnote schreibt Marchand (2004): „Botticellis Selbstportrait erscheint am linken Seitenrand der Versuchungen Christi“ 6. Er verweist dazu einerseits auf den Botticelli-Katalog von Pons und andererseits auf Steinmanns Monografie zur Sixtinischen Kapelle.7 Pons referiert auf der zitierten Seite die Identifizierung von Botticelli mit der rechten Randfigur und jener direkt rechts daneben als Filippino Lippi als die gängigsten Vorschläge, wertet selbst aber nicht.8 Bei Steinmann ist am angegebenen Ort jedoch ausschließlich die Rede von einem Selbstbildnis Botticellis nahe dem rechten Bildrand in der Vernichtung der Rotte Korah. Die Figurengruppe in den Versuchungen links beschreibt Steinmann ebenfalls, er charakterisiert den Mann am linken Bildrand mit dem Dolch als „fast brutal“ aussehend und sieht im Dargestellten – zwei Männer versuchen den Mann mit dem Dolch zurückzuhalten – eine mögliche Anspielung auf eine historische Episode.9
Drei plus drei ist vielleicht eins bis zwei
Für die Versuchungen Christi liegen, wie aus dem Forschungsstand deutlich wurde, gleich drei Vorschläge für Selbstbildnisse Botticellis vor – diskutiert werden die linke und die rechte Randfigur sowie der junge Mann, der direkt neben der rechten Randfigur steht. Dass in diesem Fresko insgesamt sehr viele Porträts von zeitgenössischen Personen zu finden sind, schreiben verschiedene Autoren, wobei sie mit Identifizierungsvorschlägen unterschiedlich großzügig sind.1
Die linke Randfigur ist Teil einer Dreiergruppe junger Männer, die – durch Blicke und Gesten verdeutlicht – miteinander debattieren. Ob allein aufgrund der Intensität der Kommunikation und des Dolches, den die Randfigur in der Hand hält, darauf geschlossen werden kann, dass hier ein Mordkomplott, möglicherweise gar die Pazzi-Verschwörung, dargestellt ist, sei dahingestellt.2 Dass hier aber etwas emotional verhandelt wird und möglicherweise auf eine historische Episode angespielt werden soll, wie Steinmann annahm (s. o.), scheint plausibel.3 Marchand beschreibt die jungen Männer in der linken Bildhälfte treffend als „junge Höflinge“, einige davon, wohl aber nicht die hier interessierenden drei, tragen mit Eicheln im Gewand den Verweis auf die della Rovere bzw. speziell auf Sixtus IV.4 Dass Botticelli sich in diese Gesellschaft integriert, sich also als Höfling mit Naheverhältnis zum Papst dargestellt haben sollte, ist bei gleichzeitiger Abwesenheit plausibler Pro-Argumente kaum nachvollziehbar. Wie üblich kann auch der physiognomische Vergleich im Falle Botticellis wenig beitragen – die Figur ließe sich mit Botticellis (möglichem) Bildnis in der Brancacci-Kapelle vereinbaren (wenngleich etwa die Nase sich unterscheidet), scheint mit dem möglichen Selbstbildnis Botticellis in der Del-Lama-Anbetung aber wenig gemein zu haben.
Bereits mit dem ersten Vorschlag (Ulmann 1893, s. o.), in einem der jungen Männer am rechten Bildrand Botticelli zu sehen, ist die Annahme eines Doppelporträts mit Filippino Lippi verknüpft. Keine/r der konsultierten AutorInnen vermutet ein Selbstbildnis Filippinos; allerdings dürfte auch ein Bildnis nur dann plausibel sein, wenn der Schüler Botticellis auch tatsächlich an den Wandfresken der Sixtinischen Kapelle beteiligt war. Hierüber gehen die Meinungen auseinander.5 Unabhängig davon ist bereits der Umstand, dass beide Köpfe jeweils als Botticelli oder als Filippino vorgeschlagen werden konnten, ein Indikator für den Grad der Unsicherheit. Steinmann ist etwa der Ansicht, mit den jungen Männern im rechten Bildbereich seien Höflinge gemeint, Botticelli zeige sich hier aber weniger der Porträtähnlichkeit und mehr seinem „phantastischen Schönheitsideal“6 verpflichtet.7 Für Botticelli als äußerst rechte Figur hat sich die jüngere Forschung in erster Linie aufgrund des Blickes aus dem Bilde sowie aufgrund der Ähnlichkeit von Blick und Kopfhaltung mit jenen des möglichen Selbstbildnisses des Malers in der Del-Lama-Anbetung ausgesprochen. Diese Ähnlichkeit ist durchaus gegeben, auch wenn Dombrowskis (2013, s. o.) Beobachtung, dass die Gesichtszüge des möglichen Botticelli in den Versuchungen feiner, weniger grobschlächtig sind, zuzustimmen ist. Ob bzw. inwiefern der unterschiedlichen Kleidung der beiden Figuren (schlicht in Schwarz mit einfacher schwarzer Kopfbedeckung bei der linken Figur, modisch und mit Feder am Hut bei der Randfigur) Bedeutung beizumessen ist, kann hier nicht beurteilt werden. Auch aus dem Altersunterschied zwischen den beiden Malern – Botticelli war zum Zeitpunkt des päpstlichen Auftrags ca. Mitte 30, Filippino Mitte 20 – lässt sich nichts Eindeutiges ableiten.
Meller, der als erster die von Ulmann vorgeschlagene Identifizierung umkehrt, ohne allerdings auf den älteren Autor zu verweisen, nähert sich dem Doppelbildnis gewissermaßen aus der Zukunft. Er bespricht ein mögliches Doppelbildnis derselben zwei Maler in der Brancacci-Kapelle. Die Ähnlichkeiten liegen auf der Hand: Beide Male befindet sich das Paar am Rande einer heiligen Szene, beide Male schaut der sich selbst porträtierende Maler aus dem Bild, während die Aufmerksamkeit des porträtierten auf etwas anderes gerichtet ist. Dennoch sind diese Ähnlichkeiten zu gering, um daraus schließen zu können, dass Filippino sich das Schema seines Meisters aneignete und unter geänderten Vorzeichen wiederholte. Auch Meller sieht andere Vorbilder in der Brancacci-Kapelle.
Insgesamt kann ein Selbstbildnis Botticellis in der linken Randfigur also als sehr unwahrscheinlich bezeichnet werden. Die Frage, ob der Maler sich rechts im Bild zeigt, trägt weiterhin ein großes Fragezeichen; die Tendenz der Forschung in Richtung rechter Randfigur kann aber vorsichtig befürwortet werden.
Verweise
Etwa Marchand 2004, 303 (sieht wie andere auch den Grund für die große Porträtzahl im gegenüber dem Fresko stehenden Papstthron); Marle 1931, 109; Pastor 1925, 16; Pfisterer 2013, 37; Roettgen 1997, 96f (nüchterne Zusammenfassung); Steinmann 1901, 468.↩︎
Diese Möglichkeit erwägt Pfeiffer 2007, 38.↩︎
Steinmann 1901, 469.↩︎
Marchand 2004, 303f.↩︎
Siehe oben (Forschungsstand zu Selbstbildnis 1).↩︎
Steinmann 1901, 484.↩︎
Ebd.; Steinmann 1903, 45.↩︎
Literatur
Zitiervorschlag:
Gstir, Verena: Versuchungen Christi (Katalogeintrag), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/katalogeintrag/botticelli-sandro-versuchungen-christi-1481-bis-1482-vatikanstadt-cappella-sistina/ (05.12.2025).