Jesus im Haus von Simon
Bouts, Albrecht
Belgien; Brüssel; Musées royaux des Beaux-Arts de Belgique
Inhaltsverzeichnis
Objekt
Bildrechte
| Alternativtitel Deutsch: | Jesus im Haus des Pharisäers Simon; Gastmahl im Haus von Simon |
| Titel in Originalsprache: | Jezus in het huis van de farizeeër Simon; Maaltijd in het huis van Simon de Farizeeër |
| Titel in Englisch: | Meal in the House of Simon the Pharisee; Christ in the House of Simon the Pharisee |
| Datierung: | um 1490 |
| Ursprungsregion: | altniederländischer Raum |
| Lokalisierung: | Belgien; Brüssel; Musées royaux des Beaux-Arts de Belgique |
| Lokalisierung (Detail): | Inventarnummer: 2580 |
| Medium: | Tafelbild |
| Bildträger: | Holz (Eiche) |
| Maße: | Höhe: 40,8 cm; Breite: 61,7 cm |
| Maße Anmerkungen: | 40,8 x 61,7 x 0,9 cm; bemalte Oberfläche 38,5 x 59,6 cm; Rahmen nicht original |
| Ikonografische Bezeichnung: | Begegnung Jesu mit der Sünderin |
| Iconclass: | 73C7262 0150 – meal at the house of Simon the Pharisee (Luke 7:36-50) |
| Signatur Wortlaut: | ohne |
| Datierung Wortlaut: | ohne |
| Auftraggeber/Stifter: | unbekannt |
| Provenienz: | Dubois/Slachmuylders schlagen die Region um Löwen als ursprünglichen Bestimmungsort des Bildes vor und meinen, es könnte im Schloss von Heverlee gehangen haben; 1873/74 Kauf aus der Brüsseler Sammlung von Engelbert d‘Arenberg |
| Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt: | unbekannt |
Bildnis 1
Bildrechte
| Lokalisierung im Objekt: | erste Figur links |
| Ausführung Körper: | Ganzfigur stehend |
| Ausführung Kopf: | Dreiviertelporträt |
| Ikonografischer Kontext: | Assistenzfigur in der Szene von Jesus im Haus von Simon |
| Blick/Mimik: | Blick nach rechts |
| Gesten: | hält mit der rechten Hand einen Dolch, die linke ist in die Hüfte gestützt |
| Körperhaltung: | aufrecht; leichter Kontrapost; Hände auf Hüfthöhe geführt, teils an Hüfte abgestützt, Ellenbogen nach außen gerichtet (Triumphellenbogen) |
| Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal: | Figur steht anteilslos am linken Rand der Szene; Spitze des roten Fußes mit dem gleichfarbigen Zipfel des Umhangs der Sünderin am rechten Bildrand an vorderster Bildebene parallelisiert; Figur im Vergleich mit den sitzenden zu klein dargestellt |
| Attribute: | Dolch |
| Kleidung: | farbenfrohe und reich geschmückte Kleidung (zweifarbige Hose, die in spitzen Schuhen endet, Goldbesätze und ‑fransen auf dem Jackett) |
Bei der Kleidung handelt es sich nach Dubois/Slachmuylders um ein Phantasiegewand, das vermutlich keine Entsprechung in der Mode der Zeit hatte, aber schon von Dieric Bouts d. Ä. als Gewand historischer Figuren gemalt wurde.1 An anderer Stelle ist von zeitgenössischer Kleidung die Rede, die eine Datierung der Arbeit in die Jahre um 1490 (auf jeden Fall vor 1500) rechtfertige.2
Forschungsergebnis: Bouts, Albrecht
| Künstler des Bildnisses: | Bouts, Albrecht |
| Status: | kontrovers diskutiert |
| Status Anmerkungen: | Die von Hulin de Loo vorgebrachte These zum mutmaßlichen Selbstporträt in Jesus im Haus von Simon findet in der aktuellen Forschung keine Zustimmung. |
| Typ | Autor/in | Jahr | Referenz | Seite | Anmerkungen |
|---|---|---|---|---|---|
| Erstzuschreibung | Hulin de Loo | 1902 | Hulin de Loo (Hg.) 1902 – Exposition de Tableaux Flamands | XXII | - |
| Skeptisch/verneinend | Smeyers | 1971 | Smeyers 1971 – Nota´s door | 204 | - |
| Skeptisch/verneinend | Smeyers | 1998 | Smeyers 1998 – Jezus in het huis van | 440 | - |
| Skeptisch/verneinend | Dubois/Slachmuylders | 2001 | Dubois, Slachmuylders 2001 – Albrecht Bouts | 170–173, bes. 173 | - |
| Skeptisch/verneinend | Henderiks | 2011 | Henderiks 2011 – Albrecht Bouts 1451/55–1549 | 74 | - |
1902 stellte Hulin de Loo einen Überblick verschiedener möglicher Porträts und Selbstporträts des Malers vor, darunter das Bildnis am linken Rand der Szene Jesus im Haus des Simon. Das Gemälde ist als gespiegelte Kopie einer gleichnamigen Arbeit des Vaters Dieric Bouts d. Ä. ausgeführt und zeige als Variante das Selbstporträt anstelle eines Stifters.1 Aufgrund der jugendlichen Ausstrahlung dieser Figur und der Ausführung des Gemäldes, die auf mangelnde Erfahrung verweise, reihte de Loo das Gemälde als Frühwerk ins Oeuvre Albrechts ein.2
1971 und 1998 weist Smeyers Hulin de Loos Vorschlag ohne Begründung als unwahrscheinlich zurück3.
Dubois/Slachmuylders (2001) beschäftigen sich eingehend mit der Figur am Bildrand. Zwar stellen die AutorInnen einschränkend fest, dass der Mann weder devotionales Verhalten zeige, noch von einem Namenspatron anempfohlen werde und dass zudem keine Hinweise wie Inschriften oder Wappen die Identität belegen könnten, dennoch sei die Figur aufgrund der zeitgenössischen Kleidung und der Bezugnahme zur Bildsprache des Vaters als Stifter anzuerkennen.4 Bezüglich der These, dass es sich um eine Selbstdarstellung Albrechts handeln könnte, verweisen die AutorInnen auf die Ablehnung derselben durch Smeyers. Ergänzend vermerken sie, dass keinerlei Ähnlichkeit zum vermutlichen Selbstbildnis als Stifter am rechten Flügel des Altars zur Himmelfahrt Mariens gegeben ist.5
2011 weist Henderiks die Möglichkeit einer Selbstdarstellung in Jesus im Haus des Simon auf Basis eines physiognomischen Vergleichs mit dem Stifterbild von Albrecht Bouts in der Himmelfahrt Mariens zurück.6 Die Autorin nennt mehrere Überlegungen zur Entstehung des Porträts: Es könnte sich um ein Übungsbild gehandelt haben, in dem eventuell eine aus anderen Kompositionen entlehnte Figur gezeigt ist; der Mann am Bildrand könnte eine selbständig erarbeitete Fantasiefigur sein. Auch merkt Henderiks an, dass die Gestik der Figur für eine Stifterdarstellung wenig passen erscheine.7
Verweise
Vgl. Dieric Bouts, Christus im Haus des Pharisäers Simon, 1460, Berlin, Stattliche Museen, Gemäldegalerie.↩︎
Hulin de Loo 1902, 22.↩︎
Smeyers 1971, 204; Smeyers 1998, 440.↩︎
Dubois/Slachmuylders 2001, 170–173.↩︎
Ebd., 173. Zu Hinweisen zum Stifterbild Albrecht Bouts in der Himmelfahrt Mariens vgl. den Einleitungstext zu Albrecht Bouts.↩︎
Henderiks 2011, 74.↩︎
Ebd., 78.↩︎
Erbe angetreten
Die von Hulin de Loo 1902 aufgestellte These zum mutmaßlichen Selbstporträt Albrecht Bouts, die vorrangig von der Beobachtung abgeleitet wurde, dass Albrecht ein Gemälde seines Vaters zum gleichen Thema gespiegelt kopierte und anstelle einer knienden Stifterfigur eine stehende Stifterfigur/seine Selbstdarstellung einfügte,1 findet in der aktuellen Forschungslandschaft keine Zustimmung. Beim Gemälde handelt sich um eine gleich dimensionierte Kopie; gemäldetechnologische Untersuchungen brachten Erkenntnisse zur Unterzeichnung (zu Umrisslinien, die sich speziell im Bereich des stehenden Stifters abzeichnen). Diese Ergebnisse berücksichtigend, liegt der Schluss nahe, dass Albrecht eine Zeichnung in Originalgröße aus der Werkstatt zum Kopieren verwendete.2
In der Forschung herrscht weitgehend Konsens darüber, dass es sich bei dem jungen Mann um eine Stifterfigur handelt (was sich durch die Analogie mit dem Vorbild rechtfertigt), auch wenn er keinerlei devotio ausstrahlt. Einige Merkmale (die Differenzierung zu den biblischen Figuren durch die Kleidung; die Isolation vom Geschehen durch emotionale Anteilslosigkeit; der in triumphierender Geste in die Hüfte gestützte Arm3) würden Überlegungen in Richtung eines Selbstbildnisses rechtfertigen, wäre diese Möglichkeit nicht durch die prinzipielle Unvereinbarkeit mit der über das Stifterbild in der Himmelfahrt Mariens4 überlieferten Physiognomie ausgeschlossen. Zudem wird über weiterführende Vergleiche deutlich, dass es sich auch bei dem Mann um eine Interpretation einer Arbeit des Vaters handelt, denn die Figur ist in Pose und Kleidung im Werk Dieric Bouts d. Ä. präfiguriert.5 Dem entgegenzuhalten ist eine Überlegung Henderiks, die u. a. vorschlägt, die Figur könnte eine der eigenen Inspiration entsprungene Fantasiefigur sein.6 Die deutlichen Bezugnahmen auf den Vater weisen jedenfalls darauf hin, dass sich Albrecht in dessen Nachfolge stellte – eine kryptomorphe Inszenierung ist das Bildnis damit allemal, ein Selbstporträt in Assistenz im herkömmlichen Sinne hingegen kaum.
Verweise
Hulin de Loo 1902, 22. Zum Gemälde von Dieric Bouts vgl. Dieric Bouts, Christus im Haus des Pharisäers Simon, 1460, Berlin, Staatliche Museen, Gemäldegalerie.↩︎
Zu gemäldetechnischen Befunden und Überlegungen hinsichtlich des Kopierverfahrens vgl. u. a. Dubois/Slachmuylders 2001, bes. 168. 170f, 173f; Henderiks 2011, 74–77; Smeyers 1971, 204.↩︎
Die Pose mit in die Hüfte gestütztem Arm wurde zeitgleich in Italien angewandt, um Führungsansprüche auszudrücken; vergleichsweise etwas zu sehen beim Selbstporträt Domenico Ghirlandaios in der Vertreibung des Joachim aus dem Tempel. Zur Ikonografie des sogenannten „Triumphellenbogens“ vgl. Merseburger 2016, 122–128.↩︎
Zu Hinweisen zum Stifterbild von Albrecht Bouts in der Maria Himmelfahrt vgl. Einleitungstext zu Albrecht Bouts.↩︎
Zur Vergleichbarkeit der Pose des Mannes mit einer Figur im linken unteren Eck der Szene der Enthauptung des Unschuldigen (Gerechtigkeit Kaiser Otto III.) der Bout’schen Gerechtigkeitsbilder bzw. der Kleidung (besonders der goldenen Dekorelemente) mit der einer historischen Figur auf einem Seitenflügel mit dem Sujet der Mannatafel des Abendmahl-Altars vgl. Dubois/Slachmuylders 2001, 171.↩︎
Henderiks 2011, 78.↩︎
Literatur
Zitiervorschlag:
Krabichler, Elisabeth: Jesus im Haus von Simon (Katalogeintrag), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/katalogeintrag/bouts-albrecht-jesus-im-haus-von-simon-um-1490-brussel-musee-royaux-des-beaux-arts-de-belgique/ (05.12.2025).