Marter des hl. Erasmus
Bouts d. Ä., Dieric
Belgien; Löwen; Sint-Pieterskerk, Museum M. Leuven
Inhaltsverzeichnis
Objekt
Bildrechte
| Detailtitel: | Marter des hl. Erasmus (Mitteltafel von: Erasmusaltar) |
| Alternativtitel Deutsch: | Martyrium des hl. Erasmus |
| Titel in Originalsprache: | De Marteling van de H. Erasmus |
| Titel in Englisch: | The Martyrdom of Saint Erasmus |
| Datierung: | vor 1460 |
| Anmerkungen zur Datierung: | die Angaben zur Datierung variieren; nicht zwischen 1464 und 1468 |
| Ursprungsregion: | altniederländischer Raum |
| Lokalisierung: | Belgien; Löwen; Sint-Pieterskerk, Museum M. Leuven |
| Lokalisierung (Detail): | Inventarnummer: S/57/B; Altar bestehend aus: Marter des Erasmus (Mitteltafel), Hl. Hieronymus (linker Flügel), Hl. Bernhard (rechter Flügel) |
| Medium: | Altarbild; Tafelbild |
| Bildträger: | Holz (Eiche) |
| Maße: | Höhe: 81,8 cm; Breite: 80,6 cm |
| Maße Anmerkungen: | Mitteltafel: 81,8 x 80,6 cm; Maße der Flügel: jeweils 81,8 x 34,2 cm |
| Ikonografische Bezeichnung: | Erasmus (Elmo) von Formio (Martyrium) |
| Iconclass: | 11H(ERASMUS)61(+5) – St. Erasmus lies naked on a block; his bowels are wound on to a windlass (+ donor(s), supplicant(s), whether or not with patron saint(s)) |
| Signatur Wortlaut: | ohne |
| Datierung Wortlaut: | ohne |
| Auftraggeber/Stifter: | vermutlich Gheert de Smet, Magister Artium an der Lateinschule der Sint-Pieterkerk, Schulleiter; der Auftrag steht in Zusammenhang mit der Bruderschaft zum Heiligen Sakrament, Löwen |
| Provenienz: | vermutlich bestimmt für die Erasmuskapelle der Sint-Pieterskerk in Löwen (erste Chorkranzkapelle links); 1535 erwähnt in den Aufzeichnungen der Bruderschaft des Heiligen Sakraments in Löwen |
| Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt: | unbekannt |
Die Angaben zur Datierung variieren, Comblen-Sonkes will sie etwa in die 1450er legen,1 Blum in die Zeit nach 1468.2 Wesentlich hierbei ist, dass die Tafel mit Sicherheit nicht zwischen 1464 und 1468 gemalt wurde, da dies durch eine Exklusivitätsklausel im Vertrag zum Abendmahl-Altar (zwischen Dieric Bouts und der Bruderschaft des Heiligen Sakraments, Löwen) ausgeschlossen war.3
Als Stifter wird Gheert de Smet vermutet.4 Davon abweichend wird teils als Erasmus van Baussele, Vorsteher der Bruderschaft des Heiligen Sakraments in Löwen, als Verantwortlicher angegeben.5 Vermutlich war das Gemälde für die Bruderschaft (für die Erasmuskapelle in der Sint-Pieterskerk) bestimmt.6
Bildnis 1
Bildrechte
| Lokalisierung im Objekt: | Bildnis in der hintersten Figurenebene, der zweite Mann der herrschaftlichen Gruppe hinter der Marterszene |
| Ausführung Körper: | Ganzfigur stehend |
| Ausführung Kopf: | Dreiviertelporträt |
| Ikonografischer Kontext: | Assistenzfigur am Rande der Marterszene |
| Blick/Mimik: | verinnerlichter Blick nach rechts |
| Gesten: | Hände nicht sichtbar |
| Körperhaltung: | aufrecht; leichte Kontrapoststellung; leicht nach rechts gedreht |
| Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal: | Figur in der hintersten Figurenebene; von den vorgelagerten Männern teils überschnitten; einzige bezeugende Assistenzfigur ohne Kopfbedeckung und in vergleichsweise schlichter, zeitgenössischer Kleidung; Auffälligkeit innerhalb der Gruppe der Männer hinter der Marterszene durch die monochrome und helle Farbe der Oberbekleidung |
| Kleidung: | Kettenhemd unter dem schlichten Rock |
| Zugeordnete Bildprotagonisten: | alle Figuren der Gruppe hinter der Marter, insbesondere der ebenfalls zeitgenössisch gekleidete Mann links |
Forschungsergebnis: Bouts d. Ä., Dieric
| Künstler des Bildnisses: | Bouts d. Ä., Dieric |
| Status: | kontrovers diskutiert |
| Andere Identifikationsvorschläge: | Selbstbildnis von Dieric Bouts d. J.; Bildnis des mutmaßlichen Stifters Gheert de Smet |
| Typ | Autor/in | Jahr | Referenz | Seite | Anmerkungen |
|---|---|---|---|---|---|
| Erstzuschreibung | Wauters | 1912 | Wauters 1912 – Thiery Bouts le Jeune | 66 |
DetailsWauters thematisiert das Bildnis erstmals als Selbstdarstellung. Allerdings schreibt er das Gemälde Dieric Bouts d. J. zu.
|
| Skeptisch/verneinend | Blum | 1969 | Blum 1969 – Early Netherlandish Triptychs | 75 | - |
| Erstzuschreibung | de Vos | 2002 | De Vos 2002 – Flämische Meister | 116 |
DetailsIn der gesichteten Literatur zu Dieric Bouts konnte kein Hinweis auf eine Selbstdarstellung des Malers Dieric Bouts d. Ä. vor de Vos gefunden werden. Aus der Formulierung dieses Autors lässt sich ableiten, dass es sich um eine Erstthematisierung der These handeln könnte, obwohl die relativ junge Datierung der Forschungsmeinung gegen diese Annahme spricht.
|
| Erstzuschreibung | de Vos | 2002 | De Vos 2002 – The Flemish Primitives | 113–116 | - |
| Skeptisch/verneinend | Martens | 2006 | Martens 2006 – The portraits | 124 | - |
| Skeptisch/verneinend | Périer-D’Ieteren | 2006 | Périer-D'Ieteren 2006 – Catalogue | 262 | - |
| Skeptisch/verneinend | Gigante | 2010 | Gigante 2010 – Autoportraits en marge | 118 | - |
1912 will Waters, der den Erasmus-Altar Dieric Bouts d. J. zuschreibt, in der Figur in der hintersten Ebene ein Selbstporträt des Künstlers erkennen. Das Bildnis repräsentiere vielleicht den Maler des Bildes, so der Autor, der als 22- oder 23-jähriger dargestellt sei.1
Blum (1969) will die Figur als den mutmaßlichen Stifter Gheert de Smet identifizieren.2
Auf Basis physiognomischer Ähnlichkeiten mit dem von Lampsonius3 publizierten Porträtstich des Malers spricht sich de Vos (2002) für ein Selbstbildnis von Dieric Bouts in der Assistenzfigur ohne Kopfbedeckung im Erasmusaltar aus. Das Bildnis, so der Autor, repräsentiere vielleicht einen Gefolgsmann des Kaisers, dessen Rolle der Maler einnahm.4
Martens publiziert 2006 im Katalog zum Gesamtwerk von Dieric Bouts Überlegungen zu den thematisierten integrierten Selbstbildnissen des Malers (im Abendmahl-Altar, in der Marter des hl. Erasmus, im Gerechtigkeitsbild) und dem autonomen Künstlerporträt bei Lampsonius. Dabei stellt er in den Raum, dass die Möglichkeit einer Selbstdarstellung als Stifter in einem Altarstück plausibel wäre. Einschränkend gibt er aber zu bedenken, dass sich alle angesprochenen Gesichter voneinander unterscheiden. Gerade im Falle der Porträts im Erasmusbild und in der Feuerprobe sei die Ähnlichkeit zur Grafik bei Lampsonius nicht überzeugend.5
Im Katalogbeitrag zum Erasmusaltar in derselben Publikation widmet sich auch Périer-D’Ieteren (2006) der Figur und deutet sie als Stifterporträt. Hinweise auf die Möglichkeit einer Selbstdarstellung finden sich bei der Autorin keine.6
Gigante (2010) stellt in ihren Ausführungen zu integrierten Selbstdarstellungen die für Bouts in Frage kommenden Fallbeispiele summarisch vor (Abendmahl-Altar, Marter des hl. Erasmus, Feuerprobe) und resümiert, dass sich die Porträts deutlich unterscheiden. Ohne eine direkte Wertung vorzunehmen, signalisiert die Autorin eine Ablehnung der Selbstporträtthesen.7
Verweise
Wauters 1912, 66.↩︎
Blum 1969, 75.↩︎
Zu Hinweisen zum Porträt in der Publikation von Lampsonius vgl. den Einleitungstext zu Dieric Bouts.↩︎
De Vos 2002a, 116, gleichlautend in De Vos 2002b, 113–116.↩︎
Martens 2006, 124, zu Abbildungen der diskutierten Bildnisse vgl. 125.↩︎
Périer-D'Ieteren 2006, 262.↩︎
Gigante 2010, 118.↩︎
Ein Maler im Kettenhemd?
Der Erasmusaltar zählt zu den Hauptwerken von Dieric Bouts d. Ä.und steht wie der Altar mit dem Abendmahl-Altar in Zusammenhang mit der Bruderschaft des Heiligen Sakraments und der Sint-Pieterskerk in Löwen.1 Meist wird in der Forschung der Erhaltungszustand des Altars kommentiert.2 Es ist davon auszugehen, dass das Bild im Bereich des mutmaßlichen Selbstporträts nicht mehr den Originalzustand aufweist, was einer objektiven Beurteilung im Wege steht.3
Dieser Befund und das Fehlen einer argumentativ hinterlegten Forschungsdiskussion rechtfertigen es, von einer weiterführenden Beschäftigung abzusehen. (Die bisher eingebrachten Thesen kreisen nur um vorhandene oder nicht vorhandene Ähnlichkeiten mit dem von Lampsonius publizierten Porträt des Malers.4) Ein Selbstporträtcharakter des Bildnisses kann weder bestätigt noch negiert werden. Ein Detail am Rande: Handelte es sich tatsächlich um eine frühe Selbstinszenierung des Malers, so hätte er sich in der sehr versteckten Form eines Rollenporträts eingebracht – wie sonst ließe sich das für einen Maler unpassende Kleidungsstück eines Kettenhemdes erklären?
Verweise
Zum Altar umfassend vgl. u. a. Blum 1969, 71–76; Comblen-Sonkes 1996, 85–117, 180f; De Vos 2002a, 109–116; De Vos 2002b, 109–116; Deneffe/Smeyers 1998; Périer-D'Ieteren 2006, 258–266; Schöne 1938, 84–86; Smeyers 1975, 211–216; Smeyers 1998.↩︎
Neben negativer Befunde durch Comblen-Sonkes herrschen dabei aber relativierende Aussagen vor. Vgl. Comblen-Sonkes 1996, 107, gleichlautend 180. Zu Aufzeichnungen zum Zustand und zur Behandlung vgl. Comblen-Sonkes 1996, 102–104.↩︎
Zu starken Übermalungen der Bildfläche vgl. u. a. Buijsen 2021; Kruse 1994, 211.↩︎
Vgl. den Einleitungstext zu Dieric Bouts.↩︎
Literatur
Zitiervorschlag:
Krabichler, Elisabeth: Marter des hl. Erasmus (Katalogeintrag), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/katalogeintrag/bouts-d-a-dieric-marter-des-hl-erasmus-vor-1460-lowen-sint-pieterskerk-museum-m-leuven/ (05.12.2025).