Beweinung Christi
Christus, Petrus
Belgien; Brüssel; Musées royaux des Beaux-Arts de Belgique
Inhaltsverzeichnis
Objekt
Bildrechte
| Titel in Originalsprache: | Bewening van Christus; De bewening; Lamentation de Christ |
| Titel in Englisch: | Lamentation of Christ |
| Datierung: | um 1455 bis 1460 |
| Ursprungsregion: | altniederländischer Raum |
| Lokalisierung: | Belgien; Brüssel; Musées royaux des Beaux-Arts de Belgique |
| Lokalisierung (Detail): | Inventarnummer: 564 |
| Medium: | Altarbild |
| Material: | Öl |
| Bildträger: | Holz (Eiche) |
| Maße: | Höhe: 100,5 cm; Breite: 192 cm |
| Maße Anmerkungen: | bemalte Fläche 97 x 188,3 cm; kein originaler Rahmen |
| Ikonografische Bezeichnung: | Beweinung Christi |
| Iconclass: | 73D721 – lamentation over the dead Christ by his relatives and friends (Christ usually without crown of thorns) |
| Signatur Wortlaut: | PXF |
| Datierung Wortlaut: | ohne |
| Signatur/Datierung Position: | signiert: auf dem Band des roten Turbans der weiblichen Figur am rechten Bildrand |
| Provenienz: | Abtei Tongerloo (?); erworben aus der Sammlung A. Lucq 1844 |
| Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt: | öffentlich |
Bildnis 1
Bildrechte
| Lokalisierung im Objekt: | dritte Figur von rechts |
| Ausführung Körper: | Ganzfigur kniend |
| Ausführung Kopf: | Dreiviertelporträt |
| Ikonografischer Kontext: | Nikodemus; Diener von Joseph von Arimathäa |
| Blick/Mimik: | verinnerlichter Blick nach vorne und unten, wahrscheinlich zu den Marterwerkzeugen |
| Gesten: | stützt den Oberkörper des toten Christus, Hände sind verborgen |
| Körperhaltung: | leicht nach vorne gebeugt; das rechte Knie wahrscheinlich vollständig gebeugt, das linke Bein nur angewinkelt |
| Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal: | Figur befindet sich auf der vorderen Bildbühne; sie schließt die Figurengruppe um Christus und Maria gegen rechts ab und bildet mit ihnen einen kompositorischen Bogen; Christus überschneidet mit seinem Oberkörper die Unterarme der Figur; sie selbst überschneidet mit ihrem Rücken den Gewandsaum der Figur rechts oberhalb von ihr; mit ihrem Knie überschneidet sie leicht den Oberarm des toten Christus; sie trägt als einzige männliche Figur eine Kopfbedeckung |
| Kleidung: | Figur ist in ein leuchtend rotes Gewand gekleidet |
| Zugeordnete Bildprotagonisten: | bildet mit den um Christus stehenden Figuren eine Gruppe; bildet mit den beiden Figuren rechts hinter ihm eine Dreiergruppe; diese beiden Figuren vorgeschlagen als Anselmus Adornes und seine Frau von Martens; die männliche Figur vorgeschlagen als hl. Nikodemus von Schabacker |
Forschungsergebnis: Christus, Petrus
| Künstler des Bildnisses: | Christus, Petrus |
| Status: | Einzelmeinung |
| Typ | Autor/in | Jahr | Referenz | Seite | Anmerkungen |
|---|---|---|---|---|---|
| Erstzuschreibung | Upton | 1990 | Upton 1990 – Petrus Christus | 33f (Anm. 29) | - |
1990 identifiziert Upton die Figur des heiligen Nikodemus als ein mögliches integriertes Selbstporträt des Künstlers. Er argumentiert mit Ähnlichkeiten zur Figur des Heiligen Eligius, welche er gleichfalls als Selbstbildnis interpretiert: „It is possible that Christus was himself a goldsmith and that the figure of Saint Eloy (who reappears in the Brussels Lamentation as Nicodemus) is a self-portrait in the guise of a saintly patron.”1 Er liefert darüber hinaus keine weiteren Argumente.
Verweise
Upton 1990, 33f (Anm. 29).↩︎
Nikodemus als Folie für ein Selbstporträt
Die Identifizierung der Figur des Nikodemus als Selbstporträt erfolgt bei Upton über eine postulierte Ähnlichkeit zum vermuteten Selbstporträt in der Figur des hl. Eligius. Zwar sind stilistische Parallelen zwischen den beiden Werken vorhanden, gerade bei der Behandlung der Köpfe hingegen zeigen sich markante Differenzen.1 Auch die etwas maskenhafte Ausführung der beiden Gesichter lässt einen solchen Schluss nur mit Einschränkungen zu, wenn ihnen überhaupt Porträtcharakter attestiert werden kann.2 Abgesehen von den dunkelbrauen Augen und den etwas buschigeren Augenbrauen finden sich Ähnlichkeiten vor allem in der Kleidung: Beide Heilige tragen ein hellrotes Gewand und eine dunkelrote Kappe.3 Da wir kein authentisches Porträt des Künstlers besitzen, sind sämtliche Ähnlichkeitsbezüge spekulativ.
Die Figur des Nikodemus als Projektionsfläche für ein Selbstporträt hingegen wäre in der westlichen Kunst durchaus zu finden. Nach Kruse kennt eine alte Tradition Nikodemus auch als Maler eines Christusbildes, daher war diese Figur als Identifikation für einen Künstler geeignet. Eine weitere Version der Legende überliefert, dass er ein authentisches Bildnis in Form eines Kruzifixes geschnitzt haben soll. Der Bildhauer Niccolo dell’Arca stellte sich beispielsweise 1463 in einer Beweinungsgruppe in Bologna als Nikodemus dar.4 In der niederländischen Malerei vermutet man auch ein Selbstbildnis des Hugo van der Goes im Nikodemus der Wiener Beweinung. Falls es sich bei der Figur des Nikodemus in der Brüsseler Beweinung wirklich um ein Selbstbildnis von Petrus Christus handeln sollte, würde es den Künstler als innovativen Geist und Vorläufer van der Goes zeigen und seiner Reputation als Epigone und Nachahmer entgegenlaufen.
Verweise
Richter 1974, 46.↩︎
Kruse vergleicht die Heiligendarstellungen bei Christus gar mit „Gliederpuppen“, Kruse 1994b, 195.↩︎
Richter 1974, 41.↩︎
Kruse 1994a, 235. Das berühmteste Beispiel für ein Selbstporträt in Gestalt des Nikodemus ist wohl dasjenige von Michelangelo in der Florentiner Pietà Bandini. Michelangelo Buonarroti, Pietà Bandini, 1545–55, Florenz, Museo dell’Opera del Duomo.↩︎
Literatur
Zitiervorschlag:
Rupfle, Harald: Beweinung Christi (Katalogeintrag), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/katalogeintrag/christus-petrus-beweinung-christi-um-1455-bis-1460-brussel-musees-royaux-des-beaux-arts-de-belgique/ (05.12.2025).