Gottvater

Eyck, Jan van

um 1425 bis 1432

Belgien; Gent; Sint-Bavo-Kathedrale

Objekt

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Bildrechte
Detailtitel:Gottvater (Teil von: Genter Altar)
Alternativtitel Deutsch:Der allmächtige Gott; Der Dreieinige Gott; Christus; Pantokrator
Titel in Originalsprache:God; Alchmachtige God
Titel in Englisch:God; God almighty; God the Father
Datierung: um 1425 bis 1432
Ursprungsregion:altniederländischer Raum
Lokalisierung:Belgien; Gent; Sint-Bavo-Kathedrale
Medium:Altarbild; Tafelbild
Material:Öl; Gold
Bildträger:Holz (Eiche)
Maße: Höhe: 212,22 cm; Breite: 83,1 cm
Maße Anmerkungen:Gesamtaltar geöffnet ca. 375 x 520 cm (geschlossen ca. 375 x 260 cm); bestehend aus 24 gerahmten Gemälden, darunter die Tafel zu den Gerechten Rittern (unteres Register, Außenflügel, Festtagsseite) und die Tafel zu Gottvater (oberes Register, zentrale Tafel, Festtagsseite), die in der Datenbank Metapictor relevant werden; Hauptthema des Flügelaltars: Die Anbetung des Lammes (unteres Register, zentrale Tafel, Festtagsseite)
Ikonografische Bezeichnung:Gottvater
Ikonografie Anmerkungen:Die zentrale Gottesgestalt steht in Zusammenhang mit den beiden großen Figuren links und rechts, der Gottesmutter und Johannes dem Täufer. In der Zusammenschau entspricht die Gruppe einer Deësis, die van Eyck jedoch abwandelte: Maria erscheint als thronende Königin, Johannes der Täufer ist mit einem Buch anstelle des Lamms dargestellt, die zentrale Figur mit ihren Attributen (Tiara, Zepter, Krone) kann auf weltliche und göttliche Macht anspielen; sie wird als Gottvater, Pantokrator, Dreifaltigkeit und Christus interpretiert.
Iconclass:11C – God the Father
Signatur Wortlaut:P[IC]TOR HUBERTUS EEYCK. MAIOR QUE NEMO REPERTUS. INCEPIT. PONDUS. Q[UE] JOHANNES ARTE SECUNDUS. [FRATER] PERFECIT. JUDOCI VIJD PRECE FRETUS. VERSU SEXTA MAI. VOS COLLOCAT ACTA TUERI
Datierung Wortlaut:1432
Signatur/Datierung Position:bezeichnet (signiert), datiert: Widmungsaufschrift am Rahmen des geschlossenen Retabels
Inschriften:

REX REGUM [ET] DOMINUS DOMINANTIUM; als Perlenstickerei auf den Bordüren der Kleidung; König der Könige und Herr der Herren
HIC E[ST] DEVS POTE[N]TISSIM[US] PP DIVINA[M] MAIESTATE[M] + SV[MMUS] O[MN]I[V]M OPTI[MUS] PP DVLCEDII[NI]S BO[N]ITATE[M] / REMVNERATOR LIBERALISSIMVS PROPTER INMEN / SAM LARGITATEM; auf den drei Bögen hinter dem Haupt Gottes; Dies ist Gott der Allmächtige, mächtig durch seine göttliche Majestät, der Allerhöchste, der Beste durch seine liebreiche Güte, der Allerhöchste Belohner durch seine grenzenlose Freigiebigkeit.
SABAWT; als Perlenstickerei auf der Stola; Heere, Heerscharen
IHESUS XPS; auf dem Ehrentuch des Throns; Jesus Christus
VITA . SINE . MORTE . IN . CAPITE .VVENT[VS] . S[I]N[E] . SENECTVTE . IN . FRONTE . / GAVDIV[M] S[I]N[E] MERORE . A . DEXTRIS . SECVRITAS . S[I]N[E] . TI[MOR]E . A . SINIST[RI]S .; auf dem Absatz hinter der Krone zu Füßen Gottes; Leben ohne Tod strahlt von seinem Haupte aus. Glanz ohne Alter auf seinem Antlitz. Freude ohne Trübung auf seiner Rechten. Sorglose Sicherheit auf seiner Linken.

Auftraggeber/Stifter:Joos Vijd (Bürger, Politiker aus Gent) und Gemahlin Elisabeth Borluut
Provenienz:ursprünglich Teil der Ausstattung der ersten südlichen Chorkapelle der Sint-Bavo-Kirche (ursprünglich Sint-Jans) in Gent; heute befindet sich der Altar nach einer bewegten Geschichte (u. a. sichere Verwahrung während des niederländischen Bildersturms, Verschleppung nach Paris unter Napoleon, Verschleppung im Zweiten Weltkrieg u. a. in das Salzbergwerk bei Altaussee), diversen Verlusten und Restaurierungen seit 1920 wieder in der Sint-Bavo-Kirche
Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt:öffentlich

Zu detaillierten Angaben zum Altar,1 zur Signatur P[IC]TOR HUBERTUS […],2 zum Auftraggeber3 und zur Provenienz.4

Verweise

  1. Dhanens 1980, 374–381.↩︎

  2. „Der Maler Hubert Eyck, der größte, der sich je fand, hat dieses Werk begonnen, und sein Bruder Johannes, in der Kunst der Zweite, hat die schwere Aufgabe vollendet, der Bitte des Joos Vyd folgend. Mit diesem Gedicht gestattet er euch, am 6. Mai das Vollbrachte anzuschauen.“ Jahreszahl 1432 nachfolgend in einem Chronogramm versteckt. Zum Text vgl. Meckelnborg 2014, 113, zur Übersetzung vgl. 119.↩︎

  3. De Vos 2002, 36.↩︎

  4. Zur Geschichte und zu Restaurierungen des Altars vgl. u. a. Dhanens 1980, 379f; Fransen/Stroo 2020; Kemperdick 2014a; Kemperdick 2014b; Kemperdick/Rößler 2014; Rößler 2014; Stehr/Dubois 2014.↩︎

Bildnis 1

Bildrechte
Lokalisierung im Objekt:Spiegelung im linken, runden, roten Edelstein in der Krone zu Füßen von Gottvater
Ausführung Körper:Kopfbild
Ausführung Kopf:Dreiviertelporträt
Blick/Mimik:Blick nicht erkennbar
Gesten:Hände nicht sichtbar
Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal:Spiegelung

Forschungsergebnis: Eyck, Jan van

Künstler des Bildnisses:Eyck, Jan van
Status:kontrovers diskutiert
Status Anmerkungen:Die Spiegelung und ihre Deutung als mögliches Selbstporträt werden in der Forschung nur selten thematisiert. Das Prädikat „kontrovers diskutiert“ wird angewandt, obwohl nur bejahende Stellungnahmen zu dieser These vorliegen. Das mutmaßliche Selbstbildnis als „weitgehend anerkannt“ zu bezeichnen, wie es die wenigen Stellungnahmen, die allesamt befürwortend sind, implizieren, ergäbe ein stark verzerrtes Bild der Sachlage.
Typ Autor/in Jahr Referenz Seite Anmerkungen
Erstzuschreibung Koerner 1993 Koerner 1993 – The Moment of Self-Portraiture 108
Details
mögliche Erstzuschreibung
Bejahend Alpers 1998 Alpers 1998 – Kunst als Beschreibung 302–304, bes. 304 -
Bejahend Uspenskij 2001 Uspenskij 2001 – La pala d'altare di Jan 73–83, bes. 73–75, 73 (Anm. 54), 82f, 83 (Anm. 83) -
Bejahend Gigante 2010 Gigante 2010 – Autoportraits en marge 100 -

Koerner (1993), der Albrecht Dürers christomorphes Selbstbildnis im Pelzrock analysiert, erkennt eine Analogie zu Jan van Eyck, der seinen Salvator Mundi nach dem Vorbild byzantinischer Ikonen gestaltete. Van Eyck habe zudem mehrere Selbstporträts geschaffen, um seine Urheberschaft auf seinen Werken zu bestätigen. Als Beispiele nennt Koerner das autonome Porträt Mann mit rotem Turban in London, die Reflektionen von van Eycks Abbild in der Paele-Madonna und im Genter Altar. Auch die Figur mit rotem Turban im Mittelgrund der Rolin-Madonna könnte als Selbstporträt interpretiert werden.1

Alpers (1998) verweist auf die Spiegelung im Juwel der Krone von Gottvater im Genter Altar und ordnet diese, ohne ausführlich darauf einzugehen, in eine Reihe mit weiteren gespiegelten Selbstbildnissen van Eycks im Arnolfini-Doppelbildnis und in der Paele-Madonna ein.2

Uspenskij (2001) fokussiert auf Spiegelungen im Werk Jan van Eycks und anderer, vornehmlich niederländischer Maler und unterteilt diese in zwei Kategorien: Spiegelungen, die die Bildoberfläche um eine externe Realität erweitern, und solche, die im Bild dargestellte Elemente reflektieren. Erstere dienen unter anderem dazu, eine externe BetrachterIn im Bild zu verankern und würden von Jan van Eyck genutzt, um sein eigenes Bildnis im Gemälde anzuführen.3 So spiegle sich der Maler beispielsweise in einem Edelstein auf der Krone von Gottvater im Genter Altar. Zur These einer möglichen Selbstdarstellung verweist der Autor auf einen mündlichen Hinweis von Alpers und präzisiert, dass eine menschliche Figur dargestellt sei, die als Abbild des Malers interpretiert werden könne. Dies erscheint dem Autor vor dem Hintergrund von van Eycks Oeuvre plausibel – ein vergleichbares System habe der Maler auch im Arnolfini-Doppelbildnis und in der Paele-Madonna angewandt.4 Durch die Integration von Figuren, die zur umgebenden Realität des Bildes gehören, verbinde sich Himmlisches mit Irdischem. Dabei können auch Gegenstände diese Funktion übernehmen, wie es etwa bei Robert Campin, Rogier van der Weyden, Hans Memling und später Albrecht Dürer zu beobachten sei. Im Fall von van Eyck scheine zudem die strukturelle Beziehung zwischen dem Künstler und der dargestellten Realität hervorgehoben.5 Das gespiegelte Künstlerbild – die Einführung des Ich-Autors – sei aber trotz des großen Einflusses von van Eycks Spiegelungen auf nachfolgende Maler nicht übernommen worden. Als Ausnahme nennt Uspenskij das gespiegelte Künstlerbild auf dem Schild des Heiligen Michael des Meisters von Zafra.6

Gigante (2010) führt die Reflexion eines Gesichtes in der Krone zu Füßen von Gottvater im Genter Altar als mögliche Darstellung des Malers an. Diese Form der Spiegelung stelle eine Neuerung dar, die van Eyck dreimal – im Genter Altar, im Arnolfini-Bildnis und in der Paele-Madonna – umgesetzt habe und die später den Meister von Zafra beeinflussen sollte.7

Verweise

  1. Koerner 1993, 108. Zu van Eycks Gemälde Mann mit rotem Turban und Salvator Mundi vgl. den Einleitungstext zu Jan van Eyck. Die Literatur zum Genter Altar wurde nicht zur Gänze gesichtet. Es könnten folglich bereits vor Koerner Überlegungen zur Spiegelung hinsichtlich einer möglichen Selbstdarstellung angestellt worden sein.↩︎

  2. Alpers 1998, 302–304, bes. 304.↩︎

  3. Vgl. Uspenskij 2001, 73–83.↩︎

  4. Ebd., 73, 73 (Anm. 54).↩︎

  5. Ebd., 74f.↩︎

  6. Ebd., 82f, 83 (Anm. 83).↩︎

  7. Gigante 2010, 100.↩︎

Eine Spiegelung in der Krone Gottes

Jan van Eycks Spiegelungen in der Paele-Madonna und im Arnolfini-Doppelbildnis sind in der kunstwissenschaftlichen Forschung hinlänglich auf ihren selbstreferenziellen Gehalt und ihr Potenzial als Selbstdarstellungen untersucht worden. Die Spiegelung in der Krone von Gottvater im Genter Altar hingegen hat bislang kaum Aufmerksamkeit erfahren. Im Gegensatz zu den beiden erstgenannten Spiegelungen fehlen hier auch Argumente, die die These einer Selbstdarstellung stützen könnten. Der einzige Ansatzpunkt, in dem Edelstein ein Selbstporträt zu vermuten, ergibt sich aus der Zusammenschau mit den anderen Spiegelungen und der Überlegung, der Maler könnte ein konsistentes System verfolgt haben, das er bereits im Genter Altar erprobt habe.

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die anderen vorgeschlagenen Selbstdarstellungen van Eycks nicht allein durch ihre Funktion als Spiegelungen definiert sind, sondern dass sie jeweils ein individuelles, hochkomplexes bildtheoretisches Potenzial aufweisen. So wurde die Spiegelung in der Paele-Madonna etwa als eine bildimmanente Theorie interpretiert, die auf die Antike verweist, während die Spiegelung im Arnolfini-Doppelporträt in engem Zusammenhang mit einer aufschlussreichen Inschrift steht. Im Fall der Spiegelung im Genter Altar hingegen fehlt es an spezifischen Argumenten, die über die allgemeine bildreferenzielle Aussage einer Spiegelung hinausgehen und die These einer Selbstdarstellung untermauern könnten.

Literatur

Alpers, Svetlana: Kunst als Beschreibung. Holländische Malerei des 17. Jahrhunderts, Köln (2. Aufl.) 1998.
De Vos, Dirk: Flämische Meister. Jan van Eyck, Rogier van der Weyden, Hans Memling, Köln 2002.
Dhanens, Elisabeth: Hubert und Jan Van Eyck, Antwerpen 1980.
Fransen, Bart/Stroo, Cyriel (Hg.): The Ghent Altarpiece. Research and Conservation of the Exterior, Brüssel 2020.
Gigante, Elisabetta: Autoportraits en marge. Images de l'auteur dans la peinture de la Renaissance (Thèse de Doctorat, École des Hautes Études en Sciences Sociales), Paris 2010.
Kemperdick, Stephan (Hg.): Der Genter Altar der Brüder van Eyck. Geschichte und Würdigung (Ausstellungskatalog Gemäldegalerie der Staatlichen Museen – Preußischer Kulturbesitz, Berlin, 4.9.2014–29.3.2015), Petersberg 2014.
Kemperdick, Stephan/Rößler, Johannes: Der Genter Altar in Berlin 1820–1920. Geschichte einer Wiederentdeckung, in: Kemperdick, Stephan (Hg.): Der Genter Altar der Brüder van Eyck. Geschichte und Würdigung (Ausstellungskatalog, Berlin, 4.9.2014–29.3.2015), Petersberg 2014, 70–99.
Kemperdick, Stephan: Die Geschichte des Genter Altars, in: Kemperdick, Stephan (Hg.): Der Genter Altar der Brüder van Eyck. Geschichte und Würdigung (Ausstellungskatalog, Berlin, 4.9.2014–29.3.2015), Petersberg 2014, 8–69.
Koerner, Joseph Leo: The Moment of Self-Portraiture in German Renaissance Art, Chicago 1993.
Meckelnborg, Christina: Die Inschrift des Genter Altars. Eine philologische Betrachtung, in: Kemperdick, Stephan (Hg.): Der Genter Altar der Brüder van Eyck. Geschichte und Würdigung (Ausstellungskatalog, Berlin, 4.9.2014–29.3.2015), Petersberg 2014, 113–121.
Rößler, Johannes: Zwischen den Fronten. Der Genter Altar im Ersten Weltkrieg und im Friedensvertrag von Versailles, in: Kemperdick, Stephan (Hg.): Der Genter Altar der Brüder van Eyck. Geschichte und Würdigung (Ausstellungskatalog, Berlin, 4.9.2014–29.3.2015), Petersberg 2014, 100–111.
Stehr, Ute/Dubois, Hélène: Über die Spaltung und die Restaurierungsgeschichte der sechs Flügel des Genter Altars in Berlin, in: Kemperdick, Stephan (Hg.): Der Genter Altar der Brüder van Eyck. Geschichte und Würdigung (Ausstellungskatalog, Berlin, 4.9.2014–29.3.2015), Petersberg 2014, 122–137.
Uspenskij, Boris: La pala d'altare di Jan van Eyck a Gand: La composizione dell'opera. La prospettiva divina e la prospettiva umana, Milano 2001.

Zitiervorschlag: