Auffindung und Prüfung des Kreuzes
Francesca, Piero della
Italien; Arezzo; Basilica di San Francesco
Inhaltsverzeichnis
Objekt
Bildrechte
| Detailtitel: | Auffindung und Prüfung des Kreuzes (Teil von: Kreuzzyklus) |
| Alternativtitel Deutsch: | Auffindung und Prüfung des wahren Kreuzes; Auffindung und das Wunder des Heiligen Kreuzes |
| Titel in Originalsprache: | Il ritrovamento delle tre croci e la verifica della vera croce; Scoperta e prova della Croce |
| Titel in Englisch: | The Discovery and Proof of the Cross |
| Datierung: | 1454 bis 1458 |
| Ursprungsregion: | italienischer Raum |
| Lokalisierung: | Italien; Arezzo; Basilica di San Francesco |
| Lokalisierung (Detail): | Hauptchorkapelle; linke Wand; oberes Bildfeld |
| Medium: | Wandbild |
| Material: | Fresko |
| Bildträger: | Wand |
| Ikonografische Bezeichnung: | Kreuzauffindung durch die hl. Helena und Prüfung des wahren Kreuzes |
| Ikonografie Anmerkungen: | zwei Szenen der Kreuzlegende sind in einem Bildfeld vereint, links die Auffindung des Kreuzes, rechts die Prüfung des Kreuzes |
| Iconclass: | 11D41162 – the three crosses are dug up near the temple of Venus |
| Signatur Wortlaut: | ohne |
| Datierung Wortlaut: | ohne |
| Auftraggeber/Stifter: | Francesco Bacci (Angehöriger einer Gewürzhändlerfamilie) |
| Provenienz: | in situ |
Bildnis 1
Bildrechte
| Lokalisierung im Objekt: | Figur zwischen der hl. Helena links und einem Kreuz rechts |
| Ausführung Körper: | Ganzfigur stehend |
| Ausführung Kopf: | Dreiviertelporträt |
| Ikonografischer Kontext: | Figur in der Gestalt eines Höflings oder Beamten, eventuell auch in der des Judas, vorgeschlagen von Paolucci, folglich in die Handlung einbezogen |
| Blick/Mimik: | Blick zur hl. Helena |
| Gesten: | führt seine Rechte mit gespreizten Fingern vor seinen Körper; legt seine Linke an den Oberschenkel |
| Körperhaltung: | steht breitbeinig frontal zur BetrachterIn; der Oberkörper ist leicht zum Kreuz nach rechts gedreht; der Kopf dreht sich leicht nach links |
| Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal: | Die Figur befindet sich am hinteren Rand der Bildbühne. Die Figur ist an mehreren Seiten geringfügig überschnitten: links unten von der Heiligen und einem Hofnarren, rechts vom grün gewandeten, mit einem Kreuz beschäftigten Arbeiter und einer stark beschnittenen Rückenfigur im Vordergrund. Kompositorisch befindet sie sich zwischen der Gruppe der Kaiserin und ihrem Gefolge links und der Gruppe der mit der Ausgrabung der Kreuze beschäftigten Arbeiter rechts. Die Balken des Kreuzes und das Profil der hl. Helena bilden einen Rahmen um die Figur, der sie vom Hintergrund abzugrenzen scheint. Dieser Effekt wird durch die helle, sich aus dem Hintergrund absetzende Färbung zwischen Kopf und Kreuzbalken verstärkt. |
| Kleidung: | elegante, lange Kleidung und eine flache rote Kopfbedeckung |
| Zugeordnete Bildprotagonisten: | steht in Bezug zur hl. Helena; gehört zur Gruppe der Höflinge aus ihrem Gefolge |
Forschungsergebnis: Francesca, Piero della
| Künstler des Bildnisses: | Francesca, Piero della |
| Status: | kontrovers diskutiert |
| Status Anmerkungen: | Zuweisung vereinzelt anerkannt, von vielen ForscherInnen ignoriert. (Die Beschaffung und Analyse der Literatur zum vorgeschlagenen Selbstbildnis ist derzeit noch nicht abgeschlossen, der Eintrag wird weiterhin ergänzt.) |
| Typ | Autor/in | Jahr | Referenz | Seite | Anmerkungen |
|---|---|---|---|---|---|
| Erstzuschreibung | Bertelli | 1992 | Bertelli 1992 – Piero della Francesca | 24 | - |
| Bejahend | Benolli | 1994 | Benolli 1994 – Die Porträts des Piero Della | 54f | - |
| Bejahend | Fornasari | 2008 | Fornasari 2008 – Il racconto della Historia Salutis | 144 | - |
| Skeptisch/verneinend | Angelini | 2014 | Angelini 2014 – Piero della Francesca | 202 | - |
1992 identifiziert Bertelli die weiß gekleidete Figur als zweites Selbstporträt des Künstlers. Das erste erkennt er in der Figur des aufblickenden Mannes auf der Misericordia-Tafel, wobei er keine Quellen nennt. Sie beruht zunächst auf der offensichtlichen Ähnlichkeit zu der Figur des aufblickenden Betenden auf der Misericordia-Tafel in Sansepolcro. Bertelli unterschlägt dabei den offensichtlichen Wechsel der Haarfarbe von dunkel zu blond, der dieses Selbstporträt zusammen mit demjenigen in der Folter des Judas dem Selbstporträt-Typ „jugendlicher Mann mit blonden Locken“ zuordnen lässt.1 Mit dem Hinweis auf die Augenfältchen relativiert Bertelli das jugendliche Erscheinungsbild des dargestellten Beamten („nicht älter als 40“), will aber daraus keine konkreten Rückschlüsse auf das genaue Alter des Künstlers zulassen.2 Ikonografische oder bildimmanente Argumente liefert der Autor bis auf den Hinweis auf die große Sorgfalt bei der Ausführung nicht. Die Rolle der Figur als kaiserlicher Beamter findet er „interessant“, ohne näher darauf einzugehen. Ein weiteres Indiz für seine These sei die große Sorgfalt, mit der die Figur gemalt worden ist. Bertelli sieht Piero hier in der Rolle eines kaiserlichen Beamten, der die Grabungsarbeiten leitet.3
1994 reiht Benolli die Figur des Beamten in der Auffindung des Kreuzes unter die traditionellen Selbstporträts, die in der Auferstehung, auf der Misericordia-Tafel und in der Begegnung der Königin von Saba mit König Salomo vermutet werden. Sie nennt dabei keine Quellen.4
2008 sieht Fornasari in der Figur des weiß gekleideten Beamten den Juden Judas und erwähnt die Möglichkeit eines Selbstporträts: „L'episodio di sinistra si svolge nell'angolo estremo con la regina che, [...] è circondata dalle sue dame e affiancata da Giuda l'Ebreo, elegantemente vestito. Il volto è forse un secondo autoritratto di Piero.“5
2014 analysiert Angelini die Figur des weißgekleideten Mannes näher und deutet sie als den Juden Judas, der hier nach seiner Konvertierung zum Christentum als künftiger Bischof dargestellt sei: „Giuda, orami convertito al cristianesimo e futuro vescovo, che [...] indica all'impertrice il sito che nasconde la Croce […]“.6 Auf eine Identifizierung als Selbstporträt geht er nicht ein.
Verweise
Die Identifizierungen mit blonden Figuren bei Veyer und Bertelli als Selbstporträts kann in Zusammenhang mit der Identifizierung des Porträts eines blonden Knaben in Besançon mit dem verschollen geglaubten Jugendbildnis Pieros gesehen werden. (Vgl. Vorbemerkung Kreuzzyklus).↩︎
Bertelli 1992, 25.↩︎
Ebd., 24f.↩︎
Benolli 1994, 54f.↩︎
Fornasari 2008, 144.↩︎
Angelini 2014, 202.↩︎
Ein auffallender Herr
Bertellis Erstidentifizierung des kaiserlichen Beamten der Auffindung des Kreuzes als Selbstbildnis ist argumentativ kaum untermauert. Er geht von einer Ähnlichkeit zum Selbstporträt auf der Misericordia-Tafel aus, ignoriert dabei aber den offensichtlichen Wechsel der Haarfarbe von dunkel zu blond. Dabei bietet die Figur durchaus Auffälligkeiten, die als Indizien für ein Selbstbildnis gedeutet werden können: Sie ist in leuchtendes Weiß gekleidet und trägt eine auffallend rote Kopfbedeckung. Zudem bildet das Kreuz einen Rahmen, der die Figur vom Bildhintergrund abhebt. Die Rolle des kaiserlichen Beamten im Gefolge der Kaiserin Helena verleiht ihr einen hohen gesellschaftlichen Rang, den auch ein Künstler für sich beanspruchen könnte. Bei der Interpretation der Figur als Jude hingegen ergeben sich aufgrund des damals allgemein gegenwärtigen Antisemitismus argumentative Schwierigkeiten, wenn sie als Selbstporträt des Künstlers gedeutet werden soll. Die Zuweisung der Figur als Selbstbildnis des Künstlers bleibt trotz einiger Indizien reine Spekulation.
Literatur
Zitiervorschlag:
Rupfle, Harald: Auffindung und Prüfung des Kreuzes (Katalogeintrag), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/katalogeintrag/francesca-piero-della-auffindung-und-prufung-des-kreuzes-teil-von-kreuzzyklus-1454-bis-1458-arezzo-basilica-di-san-francesco/ (05.12.2025).