Die Anbetung des heiligen Holzes und die Begegnung von Saba und Salomon
Francesca, Piero della
Italien; Arezzo; Basilica di San Francesco
Inhaltsverzeichnis
Objekt
Bildrechte
| Detailtitel: | Die Anbetung des heiligen Holzes und die Begegnung der Königin von Saba mit König Salomon (Teil von: Kreuzzyklus) |
| Alternativtitel Deutsch: | Anbetung des Kreuzbalkens und Empfang der Königin von Saba durch Salomo |
| Titel in Originalsprache: | L’adorazione del ponte e la visita della Regina di Saba a Salomone |
| Titel in Englisch: | Procession of the Queen of Sheba and Meeting between the Queen of Sheba and King Solomon; The Queen of Sheba Adoring the Holy Wood and the Queen of Sheba received by Solomon; The Adoration of the Wood of the Cross by the Queen of Sheba and Salomon greets the Queen |
| Datierung: | 1454 bis 1458 |
| Ursprungsregion: | italienischer Raum |
| Lokalisierung: | Italien; Arezzo; Basilica di San Francesco |
| Lokalisierung (Detail): | Hauptchorkapelle; rechte Wand; oberes Bildfeld |
| Medium: | Wandbild |
| Material: | Fresko |
| Bildträger: | Wand |
| Ikonografische Bezeichnung: | Besuch der Königin von Saba bei Salomo (Anbetung des Kreuzbalkens) und Empfang der Königin von Saba durch Salomo |
| Ikonografie Anmerkungen: | zwei Szenen der Kreuzlegende sind simultan in einem Bildfeld vereint; Ikonografie folgt der Legenda Aurea |
| Iconclass: | 71I33(+0) – Solomon and the queen of Sheba |
| Signatur Wortlaut: | ohne |
| Datierung Wortlaut: | ohne |
| Auftraggeber/Stifter: | Francesco Bacci (Angehöriger einer Gewürzhändlerfamilie) |
| Provenienz: | in situ |
| Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt: | öffentlich |
Bildnis 1
Bildrechte
| Lokalisierung im Objekt: | die zweite der gut sichtbaren Figuren am linken Rand der rechten Szene |
| Ausführung Körper: | Ganzfigur stehend |
| Ausführung Kopf: | Dreiviertelporträt |
| Ikonografischer Kontext: | Figur in Gestalt eines Höflings aus dem Gefolge König Salomons |
| Blick/Mimik: | direkter Blick aus dem Bild in Richtung BetrachterIn |
| Gesten: | Hände nicht sichtbar |
| Körperhaltung: | aufrecht stehend |
| Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal: | einzige Figur, welche die BetrachterIn anblickt; stark überschnitten von den beiden Figuren rechts und links; die Figur selbst überschneidet eine nur fragmentarisch sichtbare Figur links |
| Kleidung: | Kleidung eines Höflings, schwarzes Berretto |
| Zugeordnete Bildprotagonisten: | im Verbund mit anderen Mitgliedern des Hofstaats Königs Salomons; Figur rechts ein Mann mit Turban und grün-rotem Mantel im verlorenen Profil; Figur links ein Mann im Profil in roter Robe, vorgeschlagen als Mitglied der Familie Bacci von Del Vita |
Forschungsergebnis: Francesca, Piero della
| Künstler des Bildnisses: | Francesca, Piero della |
| Status: | kontrovers diskutiert |
| Status Anmerkungen: | Die Beschaffung und Analyse der Literatur zum vorgeschlagenen Selbstbildnis ist derzeit noch nicht abgeschlossen, der Eintrag wird weiterhin ergänzt. |
| Typ | Autor/in | Jahr | Referenz | Seite | Anmerkungen |
|---|---|---|---|---|---|
| Erstzuschreibung | Del Vita | 1920 | Del Vita 1920 – Il volto di Pier della | 111 | - |
| Skeptisch/verneinend | Longhi | 1927 | Longhi 2012 – Piero della Francesca | 162f | - |
| Bejahend | Prinz | 1966 | Prinz 1966 – Vasaris Sammlung von Künstlerbildnissen | 79 | - |
| Bejahend | Gilbert | 1968 | Gilbert 1968 – Change in Piero della Francesca | 89 | - |
| Skeptisch/verneinend | Paolucci | 1989 | Paolucci 1989 – Le Opere | 134 | - |
| Bejahend | Battisti | 1992 | Battisti 1992 – Piero della Francesca | 526 | - |
| Bejahend | Trenti | 1992 | Trenti 1992 – Indiscrezioni su Piero | 26 | - |
1920 identifiziert Del Vita den Mann aus dem Gefolge König Salomons, der seinen Blick aus dem Bild richtet, als Selbstbildnis Pieros. Er argumentiert mit den Ähnlichkeiten zu den traditionell als Selbstbildnissen ausgewiesenen Porträts in der Auferstehung und auf der Misericordia-Tafel.1
1927 widerspricht Longhi den Thesen Del Vitas vehement, explizit auch der Identifizierung des Selbstporträts: „Tale supposizione, sorta su referti di formazione affatto muncipale e del resto di tradizione non troppo antica, è stata anche più indebitamente ampliata da chi, ha preteso ravviasare in questi devoti tutti i membri della famiglia Franceschi spingendosi poi a revedere i tratti dell pittore anche in uno degli astanti del ricevimento di Salomone negli affreschi di Arezzo e nell'Ercole della Collezione Gardner.“2
1966 übernimmt Prinz die Identifizierung des Selbstporträts von Del Vita: „In den Fresken von S. Francesco in Arezzo hat sich Piero in dem dritten aus dem Bild blickenden Kopf, links neben Salomon, der die Königin von Saba empfängt, dargestellt.“ Er sieht keine Ähnlichkeit zum Vignetten-Bild bei Vasari. Er nimmt an, dass dieses nach dem Knabenbildnis in Besançon geschaffen wurde.3
1968 erwähnt auch Gilbert das Selbstporträt, „the one frescoed head at Arezzo proposed as a selfportrait by Del Vita and accepted by Prinz, the frontal counselor in the Sheba.”4
1989 vermutet Paolucci in nicht näher definierten Figuren aus dem Gefolge König Salomons Porträts der Stifterfamilie Bacci: „In alcuni personaggi del seguito di Salomone sono probabilmente riconoscibili membri contemporanei della famiglia Bacci."5
1992 zählt Battisti die Figur des Herausblickenden zu den vier vermuteten Selbstporträts im Werk Pieros.6 Er liefert keine Argumente, sondern impliziert mit den jeweiligen Abbildungen Ähnlichkeiten.
Trenti übernimmt 1992 die Identifizierung Del Vitas. Ein Indiz für die Ähnlichkeiten zwischen der Darstellung in Arezzo und denen in Sansepolcro findet er in einer Schwellung am Hals. So sieht er auch an der Figur aus dem Gefolge des Königs eine „tumefazione al collo visibile subito al di sopra dell'alto colletto.“7
Der intensive Blick – der Blick des Künstlers?
Del Vitas Hauptindiz für die Identifizierung des Mannes im Gefolge der Königin von Saba mit Piero ist dessen Kopfbedeckung, „un berretto tondo di panno, il tipico beretto degli artisti d’allora“. Daneben sieht er auch Gesichtszüge, die in anderen Selbstporträt auftauchen, vor allem den charakteristischen runden Augenbrauenbogen „le sopracciglia folte e formanti un caratteristico arco molto rotondo“.1 Er vergleicht dieses Porträt mit jenem, das auf der Misericordia-Tafel vermutet wird. Beide zeigen für Del Vita ein längliches, hageres Gesicht. Die beiden unterschiedlichen Typen seiner vermuteten Selbstporträts – das rundliche und das längliche Gesicht – erklärt er mit der Alterung des Künstlers. Später scheint auch Trenti an der Ähnlichkeit mit den traditionellen Porträts festzuhalten. Er argumentiert mit der Schwellung am Hals, die sich an allen vermuteten Selbstporträts mehr oder weniger ausgeprägt wiederfindet. 2 Ein Identifikationsmerkmal fehlt allerdings bei der Darstellung des Mannes im Gefolge König Salmons: Seine Haare sind unter dem besagten Berretto verborgen.
Unter den markanten Zügen des Gesichts erwähnt Del Vita auch den intensiven Blick, „lo sguardo fisso e penetrante“, jedoch ohne dessen Vermittlerfunktion zu thematisieren.3 Nachdem es die einzige Figur auf diesem Bild, wenn nicht im ganzen Zyklus ist, welche die BetrachterIn direkt anblickt, darf man vermuten, dass gerade dieser kommunizierende Blick spätere Forscher ebenfalls dazu veranlasste, in dieser Figur ein Selbstporträt zu erkennen. Auch der ikonografische Kontext würde ein Indiz für die bewusste Inszenierung eines Selbstporträts liefern: Indem sich der Künstler nämlich in die Schar der aristokratischen Würdenträger des Hofes einreiht, unterstreicht er seinen gesellschaftlichen Rang. Die anderen Figuren im Gefolge, insbesondere der Mann in rotem Talar und pelzverbrämter Haube, werden zudem als Porträts der Stifterfamilie Bacci interpretiert.4 Dies ergäbe eine Kombination von Auftraggeber und Künstler, wie wir sie beispielsweise auch auf der Anbetung der Könige von Gentile da Fabriano finden.
All diese Hinweise liefern aber keinen schlüssigen Beweis für die Authentizität des Selbstporträts. Wie auf der Misericordia-Tafel oder in der Geißelung kann es sich bei den porträthaften Figuren um Gesichtstypen handeln, welche die Figurengruppe abwechslungsreicher gestalten sollen. Es sind mehrere Altersgruppen vertreten: ein älterer honoriger Herr am linken Bildrand, der Herausblickende mittleren Alters, ein junger Mann (die bartlose Figur rechts mit auffallendem Hut und bunter Gewandung kann als jugendlicher Modegeck gelesen werden). Gleichzeitig werden in den drei Figuren auch drei Arten der Porträtdarstellung gezeigt: Profil, Dreiviertelansicht und das von Piero geschätzte verlorene Profil.5
Literatur
Zitiervorschlag:
Rupfle, Harald: Die Anbetung des heiligen Holzes und die Begegnung von Saba und Salomon (Katalogeintrag), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/katalogeintrag/francesca-piero-della-die-anbetung-des-heiligen-holzes-und-die-begegnung-der-konigin-von-saba-mit-konig-salomon-1454-bis-1458-arezzo-basilica-di-san-francesco/ (05.12.2025).