Inhaltsverzeichnis
Objekt
Bildrechte
| Detailtitel: | Auferweckung des Lazarus (Teil von: Triptychon zur Auferweckung des Lazarus) |
| Titel in Originalsprache: | Résurrection de Lazare |
| Titel in Englisch: | The Raising of Lazarus |
| Datierung: | 1461 |
| Ursprungsregion: | altniederländischer Raum; altfranzösischer Raum |
| Lokalisierung: | Italien; Florenz; Gallerie degli Uffizi |
| Lokalisierung (Detail): | ausgestellt im Saal Filippo und Filippino Lippi; Gesamttriptychon bestehend aus: Erweckung des Lazarus (Mitteltafel), Martha wirft Jesus den Tod ihres Bruders vor (linker Innenflügel); Magdalenas Fußsalbung Christi bei einem Gastmahl (rechter Innenflügel); Bischof Francesco Coppini mit zwei Begleitern in Anbetung der Madonna mit Kind (Außenflügel) |
| Medium: | Altarbild; Tafelbild |
| Material: | Öl; Gold |
| Bildträger: | Holz (Eiche) |
| Maße: | Höhe: 156,5 cm; Breite: 108,6 cm |
| Maße Anmerkungen: | Mitteltafel 156,5 x 108,6 x 1,5 cm; linker Flügel 161,5 x 54,4 x 0,4 cm; rechter Flügel 161,6 x, 54,5 x 0,4 cm; Eichenrahmen zur Mitteltafel 175 x 132,7 cm |
| Ikonografische Bezeichnung: | Lazarus von Bethanien; Auferweckung des Lazarus |
| Iconclass: | 73C523 – the raising of Lazarus ('Lazarus, come out') |
| Signatur Wortlaut: | Nicolaus Frumenti |
| Datierung Wortlaut: | XX kl. Junii M CCCC LXVI |
| Signatur/Datierung Position: | signiert, datiert: auf den unteren Rahmenleisten des geschlossenen Altars, rückseitig auf den Seitenflügeln |
| Inschriften: | Nicolaus Frumenti absolvit hoc opus XX kl. Junii M CCCC LXVI; auf den unteren Rahmenleisten des geschlossenen Altars, rückseitig auf den Seitenflügeln |
| Auftraggeber/Stifter: | Francesco Coppini (Bischof, päpstlicher Legat) |
| Provenienz: | Geschenk von Francesco Coppini an Cosimos den Älteren; Weitergabe an das Kloster Bosco ai Frati in Mugello; im Bestand der Uffizien seit 1841 |
| Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt: | unbekannt |
Die Datierung entspricht dem 21.5.1461;1 bei der Inschrift handelt es sich um Passagen aus dem Johannesevangelium (Joh. 11,21; Joh. 11,25)2 – zu einerAbbildung der Inschrift.3 Zu den Maßen,4 zum Stifter5 und zur Provenienz.6
Verweise
Parenti 2017, 21.↩︎
Zu den Inschriften vgl. ebd., 11.↩︎
Grayson 1976, 352.↩︎
Dori/Dori 2017, 81.↩︎
Zur Identität des Stifters vgl. Grayson 1976.↩︎
Es handelt sich um den seltenen Fall eines nordischen Altars, der schon vor dem Portinari-Altar von Hugo van der Goes in Florenz zu sehen war. Zur Provenienz vgl. Bagemihl 2001, 179–181; Grayson 1976, bes. 350; Rohlmann 1994, 49–52. Zur Inspiration des Triptychons für die italienische Kunst vgl. u. a. Bagemihl 2001, bes. 182–185; Nuttall 1996, 17f; zum flämisch-italienischen Kulturtransfer allgemein vgl. u. a. Nuttall 2004; Rohlmann 1994, 15–26.↩︎
Bildnis 1
Bildrechte
| Lokalisierung im Objekt: | erste Figur von links |
| Ausführung Körper: | Schulterstück |
| Ausführung Kopf: | Dreiviertelporträt |
| Ikonografischer Kontext: | Assistenzfigur am Rand der Szene zur Auferweckung des Lazarus |
| Blick/Mimik: | direkter Blick aus dem Bild |
| Gesten: | Hände nicht sichtbar |
| Körperhaltung: | aufrecht (Körper kaum sichtbar); nach rechts ausgerichtet |
| Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal: | Bildnis in der hintersten Figurenebene am äußerst linken Bildrand; weitgehend von der Bildfläche vorgelagerten architektonischen Altarelementen sowie der vorderen Figur überschnitten; Kopf trotz äußerster Heranführung an die nächste Figur nahezu zur Gänze einsichtig (als würden die Haare des vorderen Mannes die Umrisslinie des Kopfes umschmeicheln); von links beleuchtet, was durch die hellere Farbgebung der Haare (durch einen evtl. angedeuteten Schatten) im rechten Bereich des Kopfes einen Abstand von diesem zum ornamentalen Bildgrund evoziert; Teil einer Dreiergruppe am linken Bildrand, die eine Parallelisierung im entsprechenden rechten Bereich erfährt |
| Kleidung: | schwarze Kappe; schlichte schwarze Kleidung |
| Zugeordnete Bildprotagonisten: | Assistenzfiguren in der hintersten Bildebene: dritte Figur von links, zweite Figur von rechts |
Forschungsergebnis: Froment, Nicolas
| Künstler des Bildnisses: | Froment, Nicolas |
| Status: | weitgehend anerkannt |
| Typ | Autor/in | Jahr | Referenz | Seite | Anmerkungen |
|---|---|---|---|---|---|
| Erstzuschreibung | Neumeyer | 1964 | Neumeyer 1964 – Der Blick aus dem Bilde | 48 | - |
| Bejahend | Sterling | 1974–80 | Sterling 1974–1980 – Le Maître de la Vue | 13 (Anm. 7) | - |
| Bejahend | Sterling | 1981 | Sterling 1981 – Nicolas Froment | 328 | - |
| Bejahend | Poldi | 2017 | Poldi 2017 – Drawing Alla Prima | 105 | - |
| Bejahend | Thiébaut | 2017 | Thiébaut 2017 – Nicolas Froment | 39 | - |
Neumeyer (1964), der feststellt, dass im Norden Künstler in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts begannen, sich selbst mit Blick aus dem Bild zu inszenieren, führt Nicolas Froments Auferweckung des Lazarus als frühes Beispiel an: „[D]as empfindsame Antlitz eines Mannes aus der hintersten Reihe links [blickt] uns an. Gesichtszüge und Kleidung heben ihn von den übrigen Teilnehmern als einen weniger robusten, geistigeren Typus ab. In ihm den Künstler zu vermuten, liegt nahe.“ Neumeyer vergleicht das Bildnis mit einem mittlerweile zerstörten mutmaßlichen Selbstbildnis in Bernt Notkes Gregorsmesse.1
Sterling (1974–80), der Froment mit dem Meister der hl Gudula gleichsetzt, analysiert das Triptychon zur Auferweckung des Lazarus als ein frühes Werk des Malers, was sich in mangelnden Fähigkeiten von Raumerfassung und Illusionismus und in einem begrenzten Figurenrepertoire zeige. Das Selbstporträt auf der Mitteltafel, das der Autor ohne Angaben von Quellen thematisiert, zeige den Maler im Alter von 25 bis höchstens 30 Jahren und bestätige die Jugend des Meisters.2
1981 wiederholt Sterling seine Einschätzung vom Alter des Dargestellten und formuliert vorsichtiger, dass es sich bei dem bescheiden im linken Eck platzierten Mann, der als einziger der Dargestellten zeitgenössische Kleidung trage, um eine Selbstdarstellung handeln könne.3
Poldi (2017), die die Erweckung des Lazarus nach maltechnischen Kriterien untersucht, hebt u. a. das Selbstporträt am linken Bildrand hervor, das bis an den Hinterkopf der Figur daneben herangeführt wurde. Dies zeige – neben der Vielfalt der verschiedenen Formulierung anderer Köpfe und auch Hände – Froments Bestreben, Naturalismus und Expressivität, perspektivische Erfassung und Lesbarkeit der Komposition zu erzielen.4
Thiébaut (2017), der den Werdegang Froments durchleuchtet, deutet die Selbstdarstellung des Malers als Indiz dafür, dass dieser den Altar schon in jungen Jahren ausführte.5
Ein Altfranzose vor flämischem Hintergrund
Nicolas Froment stammt aus der niederländisch-picardischen Grenzregion und wurde vermutlich dort ausgebildet. Sein nordfranzösischer Stil steht in Zusammenhang mit flämischem Realismus, der Maler ist verwurzelt in der Tradition Rogier van der Weydens und beeinflusst von u. a. Jan van Eyck oder Dieric Bouts.1 Vor diesem Hintergrund liegt der Schluss nahe, die mögliche Selbstdarstellung im einzigen signierten und datierten Werk des Malers mit flämischen Beispielen von Selbstinszenierungen zu vergleichen.
Der Wille des Künstlers zum Realismus, besonders in der Charakterisierung von Figuren, der schon früh erkannt wurde,2 wird als wesentliches Kriterium der Malerei Froments thematisiert.3 Das solchermaßen porträtmäßig wiedergegebene Bildnis am linken Rand entspricht in seiner Einbettung in der figurenreichen Komposition, seiner Verankerung am Szenenrand, seiner Isolation vom Geschehen in der hintersten Bildebene, seiner trotz der großflächigen Überschneidungen gegebenen Präsenz und dem direkten Blick in den BetrachterInnenraum einem gängigen System von Selbstdarstellungen. Wie Müller Hofstede feststellt, dominierte bei den Altniederländern die Auffassung, Selbstdarstellungen als Marginalien bzw. in abgewerteten Positionen am Rand zu verankern.4 Ein Indiz, das impliziert, dass der Maler großen Wert auf die Ausführung der Assistenzfiguren im hinteren Bildbereich legte, verstärkt diese These: Entsprechend der von Poldi durchgeführten Analysen des Malstils Froments scheint es wahrscheinlich, dass die zweite Figur von rechts (der Mann mit der schwarzen Kappe, der zwischen den vorderen Männern aus dem Bild blickt) am Ende direkt (ohne Unterzeichnung) hinzugefügt wurde. Dieses Bildnis entstand in der letzten Arbeitsphase, in der der Maler Details an Köpfen und Händen der Figuren korrigierte.5 Angesichts der symmetrischen Komposition geschah dies wohl, um einen Ausgleich mit der Dreiergruppierung am linken Bildrand zu erwirken und folglich, um in gewissem Sinn von der Selbstdarstellung abzulenken.
Hatte van der Weyden mit seiner verlorenen Selbstdarstellung im mittlerweile verbrannten und über Tapisseriekopien (um 1450) überlieferten Zyklus von Gerechtigkeitsbildern für das Brüsseler Rathaus (1439–41)6 deutlich vor Froment einen (weitgehend anerkannten) Prototypen geschaffen, so finden sich mögliche Selbstdarstellungen nach Froment in großer Zahl und vielfältigen Varianten bei den in der Region tätigen Malern, vgl. u. a. Dieric Bouts, Gerard David oder Hugo van der Goes. Das System war folglich bekannt, es ist kaum möglich, dass es einem synthesebegabten Maler, der sich in der Region bewegte, verborgen geblieben sein könnte.7
Verweise
Zu stilistischen Analysen Froments und zu Einflüssen und Vorbildern vgl. u. a. Borchert u. a. 2002, 251; Thiébaut 2017, bes. 35, 39.↩︎
Vgl. u. a. Chamson 1931, 51; Lafenestre 1904, 43.↩︎
Vgl. u. a. Poldi 2017, bes. 105.↩︎
Zu altniederländischen Selbstporträts als Randfiguren im Humilitas Gestus vgl. Müller Hofstede 1998.↩︎
Poldi 2017, 105.↩︎
Vgl. Rogier van der Weyden.↩︎
Der Maler reiste in der Entstehungszeit des Altars zwischen Flandern, den Niederlanden und dem Nordosten von Frankreich, vgl. u. a. Parenti 2017, 21. Es bleibt schwierig, die genauen Umstände des Auftrags zu rekonstruieren, besonders da sich sowohl Auftraggeber als auch Maler im dicht besiedelten Norden schnell von einem Ort zum anderen bewegen konnten, vgl. u. a. Thiébaut 2017, 37.↩︎
Literatur
Zitiervorschlag:
Krabichler, Elisabeth: Auferweckung des Lazarus (Katalogeintrag), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/katalogeintrag/froment-nicolas-auferweckung-des-lazarus-1461-florenz-gallerie-degli-uffizi/ (05.12.2025).