Enthauptung Johannes des Täufers
Frueauf d. J., Rueland
Österreich; Klosterneuburg; Stiftsmuseum
Inhaltsverzeichnis
Objekt
Bildrechte
| Detailtitel: | Enthauptung Johannes des Täufers (Teil von: Johannes/Passionsaltar) |
| Titel in Originalsprache: | Enthauptung Johannes des Täufers |
| Titel in Englisch: | St. John and Passion Altarpiece; Beheading of John the Baptist |
| Datierung: | vor 1500 |
| Anmerkungen zur Datierung: | 1498/99; ausgeführt in der online Datenbank des Imareal |
| Ursprungsregion: | deutschsprachiger Raum |
| Lokalisierung: | Österreich; Klosterneuburg; Stiftsmuseum |
| Lokalisierung (Detail): | Inventarnummer: GM 76; Teil von insgesamt vier Tafeln zur Johannesvita (Predigt des Täufers, Taufe Christi, Gefangennahme des Täufers, Enthauptung des Täufers), die ursprünglich die Innenseiten des Flügelaltars bildeten. |
| Medium: | Altarflügel; Tafelbild |
| Material: | Tempera |
| Bildträger: | Holz (Fichte) |
| Maße: | Höhe: 74 cm; Breite: 43 cm |
| Ikonografische Bezeichnung: | Johannes der Täufer (Baptista), der Vorläufer (Prodromos): Enthauptung; Gastmahl des Herodes |
| Iconclass: | 73C1333 – the beheading of John the Baptist; with 73C1337 – the head of John the Baptist brought to or lying on the banqueting table |
| Signatur Wortlaut: | ohne |
| Datierung Wortlaut: | ohne |
| Auftraggeber/Stifter: | vermutlich im Auftrag des Augustiner-Chorherrenstifts Klosterneuburg |
| Provenienz: | Seit 1821 in den Klosterneuburger Stiftssammlungen dokumentiert. Zum ursprünglichen Aufstellungsort fehlt eine gesicherte Quellenlage, weiterführende Hinweise hierzu fasst Blauensteiner zusammen. |
| Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt: | unbekannt |
Bildnis 1
| Lokalisierung im Objekt: | Figur im Mittelgrund, auf der Treppe rechts |
| Ausführung Körper: | Ganzfigur stehend |
| Ausführung Kopf: | Dreiviertelporträt |
| Ikonografischer Kontext: | Assistenzporträt ohne zuordenbare Ikonografie |
| Blick/Mimik: | direkter Blick aus dem Bild |
| Gesten: | hinweisende Geste mit der rechten Hand; linke Hand in entspannter Haltung |
| Körperhaltung: | aufrecht, rechte Seite der Figur leicht nach hinten gedreht |
| Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal: | hinweisende Figur im Mittelgrund; durch Dimensionierung und Nähe zur vorderen Handlung dieser anteilig, zugleich durch die Kleidung von dieser differenziert, die zum einen monochrom schwarz ist, zum anderen weit und fallend und damit nicht mit den figurbetonenden Kostümen der beiden Schergen in Einklang zu bringen ist; mehrfach überschnitten von den beiden Schergen und einem Gegenstand mit einem braunen Griff, der keiner Figur eindeutig zuschreibbar ist (ein Malerstab?), folglich nur partiell sichtbar; der abgetrennte Kopf des Johannes scheint wie in den Freiraum zwischen Figur und Architektur eingepasst; am rechten Rand nahe der Mauer des Hauptraums der Komposition; über die Kleidung in Zusammenhang mit zwei weiteren schwarz gekleideten Figuren: die erste ist Teil einer Synchronhandlung (Herrscherpaar Herodes und Herodias am Tisch) in einem abgetrennten Raumkompartiment am linken Bildrand oben (Selbstbildnis 2), die zweite verlässt als Rückenfigur eine Ebene weiter hinten den mehrfach gestaffelten Raum; zudem besteht eine auffällige physiognomische Ähnlichkeit zu einer weiteren Figur in der Tafel der Gefangennahme des Johannes sowie eine evtl. Bezugnahme zu einem Apostel in der Szene von Christus am Ölberg (beide Szenen sind Teil desselben Altarzyklus) |
| Attribute: | evtl. ein unbestimmbarer Gegenstand mit braunem Griff (Malerstock ?) |
| Kleidung: | schwarze Kleidung am ganzen Körper, von drei Knöpfen samt Verschlussvorrichtungen akzentuiert; ohne Kopfbedeckung |
| Zugeordnete Bildprotagonisten: | Scherge links der Figur, auf derselben Treppe stehend; Protagonisten der vordersten Bildszene (Scherge, Johannes der Täufer, Salome); zwei weitere schwarz gekleidete Figuren |
Forschungsergebnis: Frueauf d. J., Rueland
| Künstler des Bildnisses: | Frueauf d. J., Rueland |
| Status: | kontrovers diskutiert |
| Status Anmerkungen: | Der Hinweis auf die Selbstdarstellung Rueland Frueaufs stammt von Lukas Madersbacher, der das Bildnis in persönlichen Gesprächen mit der Autorin mehrfach zur Sprache bringt, erstmals 2018. In der gesichteten Literatur konnte kein Hinweis auf das mögliche Selbstporträt gefunden werden. Das Prädikat „kontrovers diskutiert“ ergibt sich aus einigen wenigen Forschungsmeinungen. |
| Andere Identifikationsvorschläge: | ein Knecht |
| Typ | Autor/in | Jahr | Referenz | Seite | Anmerkungen |
|---|---|---|---|---|---|
| Skeptisch/verneinend | Pertschy | 2017 | Pertschy 2017 – Gemäldetechnologische Studien zum Oeuvre | 62 | - |
| Skeptisch/verneinend | Blauensteiner | 2017 | Blauensteiner 2017 – Kat. 12/1–8 | 170–172 | - |
| Erstzuschreibung | Madersbacher | 2018 | Madersbacher 27.9.2017 – Mögliche Selbstdarstellungen von Rueland Frueauf | o. S. |
Detailsmündlicher Hinweis
|
| Skeptisch/verneinend | Blauensteiner | 2018 | Blauensteiner 15.1.2018 – Rueland Frueauf d | - |
Detailspersönliches Mail von Hr. Blauensteiner an Fr. Krabichler am 15.1.2018
|
| Bejahend | Krabichler | 2024 | Krabichler 2024 – Vor aller Augen | 217–220 | - |
Pertschy (2017) interpretiert die Figur als Knecht, der keiner Figurengruppen zuzuordnen ist.1
Lukas Madersbacher weist wiederholt (erstmals 2018) auf die gestisch aufgeladene Figur in der Enthauptung des Johannes hin, die von ihrer Position auf der Treppe aus eine hintergründige und doch ostentative mediatorische Rolle einnimmt. Eine Deutung als Selbstporträt dränge sich auf.2
Im Katalogteil von Blauensteiner zum Johannes/Passionsaltar im Ausstellungskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere (2017) ist die schwarz gekleidete Figur nicht thematisiert.3 Im persönlichen Austausch hat Herr Blauensteiner seine Ausführungen ergänzt; er weist darauf hin, dass bereits Rueland d. Ä. mehrfach Kombinationen von Blick aus dem Bild und Zeigegestus als Instrument angewandt hat, um die Aufmerksamkeit der BetrachterInnen zu gewinnen und deren Blicke zu lenken. Das könnte auf eine mögliche Beeinflussung durch spätmittelalterliche Oster- und Passionsspiele zurückzuführen sein. Blauensteiner hält die These, dass es sich bei der Figur um ein Selbstporträt handelt, für fraglich, räumt aber ein, dass die Möglichkeit nicht mit absoluter Sicherheit auszuschließen ist.4
Krabichler (2024) bestätigt das Selbstbildnis in Abstimmung mit der Selbstinszenierung in der Szene der Gefangennahme des Johannes. Die durch den direkten Blickkontakt in den BetrachterInnenraum vermittelnde und durch die Geste auf den Bildinhalt aufmerksam machende Figur steht in farblichem Zusammenhang mit zwei weiteren Figuren im synchronen Erzählstrang des Bildes – einem Mann im Bereich des Gastmahls und einer Rückenfigur am oberen Bildrand, die den Bildraum nach hinten hin symbolisch öffnet. Im Zusammenspiel von Blickachsen und Bewegungsrichtungen ergibt sich eine Gesamterschließung des Gemäldes durch die Figuren und mehrfache Überschreitungen von Bildschwellen. Die erzählerische Funktion von Malerei ist dadurch in den Figuren personifiziert, einen weiteren Hinweis auf das Medium Malerei bietet ein geheimnisvoller Gegenstand vor dem Selbstporträt, der evtl. als ein am Gürtel getragener Malerstock interpretiert werden kann. Handelt es sich beim vorderen Bildnis um ein Selbstporträt Ruelands d. J., das ihn als Mediator sichtbar werden lässt, so sind die beiden hinteren, schwarz gekleideten Protagonisten als kryptomorphe Anspielungen auf den Maler und über ihn auf die Malerei lesbar.5
Verweise
Pertschy 2017, 62.↩︎
Ich danke Lukas Madersbacher, der in mehreren persönlichen Gesprächen (erstmals 2018) auf das mögliche Selbstporträt hinwies. Madersbacher 2017.↩︎
Blauensteiner 2017, 170–172.↩︎
Ich danke Björn Blauensteiner für seine per Mail übermittelten Informationen. Vgl. Blauensteiner 2018 und weiterführend Blauensteiner 2017, 170–172.↩︎
Krabichler 2024, 217–220.↩︎
Ein schwarzer Faden
Die These, dass es sich bei der Vordergrundfigur um ein Selbstbildnis des Malers und bei den beiden weiteren, schwarz gekleideten Protagonisten im Mittel- und Hintergrund um kryptomorphe Bildnisse handelt, basiert auf der ostentativ mediatorischen Rolle der Figur im Vordergrund, auf einem Vergleich mit einer physiognomisch ähnlichen, über eine Signatur verifizierten Selbstdarstellung in der Gefangennahme des Täufers im selben Altar sowie dem offensichtlichen internen Zusammenhalt der drei in schwarz gekleideten Figuren,1 die allesamt keine ikonografischen Funktionen im Gemälde wahrnehmen.2
Literatur
Zitiervorschlag:
Krabichler, Elisabeth: Enthauptung Johannes des Täufers (Katalogeintrag), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/katalogeintrag/frueauf-d-j-rueland-enthauptung-johannes-des-taufers-vor-1500-klosterneuburg-stiftsmuseum/ (05.12.2025).