Einsetzung des hl. Abendmahls

Gent, Joos van

1473 bis 1474

Italien; Urbino; Galleria Nazionale delle Marche

Objekt

Bildrechte
Alternativtitel Deutsch:Die Kommunion der Apostel; Gemeinschaft der Apostel
Titel in Originalsprache:Comunione degli apostoli
Titel in Englisch:Community of the Apostels; The Institution of the Eucharist; Last Supper
Datierung: 1473 bis 1474
Ursprungsregion:italienischer Raum
Lokalisierung:Italien; Urbino; Galleria Nazionale delle Marche
Lokalisierung (Detail):Inventarnummer: AKG267756; dem Altarbild ist eine Predella aus der Hand von Paolo Uccello zugeordnet
Medium:Altarbild; Tafelbild
Material:Öl
Bildträger:Holz
Maße: Höhe: 311 cm; Breite: 355 cm
Ikonografische Bezeichnung:Kommunion der Apostel
Iconclass:73D27(+0) – Christ addressing his disciples after the Last Supper (John 14-16) (+ variant)
Signatur Wortlaut:ohne
Datierung Wortlaut:ohne
Auftraggeber/Stifter:Confraternita del Corpus Domini von Urbino (unter finanzieller Beteiligung von Federigo da Montefeltro, Herzog von Urbino)
Provenienz:bis 1708 in der Chiesa del Corpus Domini, Urbino; 1731/32 Überführung nach Sant’Agata; in Dokumenten der Kirche 1740 ohne Erwähnung der Predella vermerkt; 1866/67 in der Galleria Nazionale delle Marche, Urbino
Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt:öffentlich

Bei der Predella von Paolo Uccello handelt es sich um Paolo Uccello, Predella zum Wunder der Hostie, 1467/68, Urbino; Galleria Nazionale delle Marche.1
Vgl. weiterführend: zu italienischen und französischen Fallbeispielen der selten dargestellten Ikonografie der Apostelkommunion,2 zu den Auftragsumständen,3 zur Provenienz.4

Verweise

  1. Zum Gemälde sowie dem Altarensemble vgl. u. a. Aronberg Lavin 1967; Bernardini 2022; Bottacin 2015; Castelfranchi Vegas 1994, 145f; Lauts 2001; Marchi 2015; Montevecchi 1992; Pächt (hg. von Rosenauer 1994), 145–148; Schmarsow 1923, 7–22; Whele 1943.↩︎

  2. Eeckhout 1994, 404.↩︎

  3. Zu den Auftragsumständen vgl. u. a. Bernardini 2022, 184; Eeckhout 1994, 404.↩︎

  4. Bernardini 2022, 184.↩︎

Bildnis 1

Bildrechte
Lokalisierung im Objekt:eine der beiden Figuren hinter dem Herzog; am rechten Bildrand
Ausführung Körper:Körper nicht sichtbar
Ikonografischer Kontext:Zeugen am Rand der Versammlung der Apostel
Zugeordnete Bildprotagonisten:vierte Figur von rechts hinter den Aposteln, identifiziert als Herzog Federigo da Montefeltro

Forschungsergebnis: Gent, Joos van

Künstler des Bildnisses:Gent, Joos van
Status:Einzelmeinung
Status Anmerkungen:Es gibt zwei Forschungsmeinungen zu Porträts und Selbstporträts in der Apostelkommunion von Joos van Gent – aus beiden geht aber nicht eindeutig hervor, welche Figur bzw. welche Figuren gemeint sind. Diese Thesen wurden, soweit ersichtlich, kaum von der Forschung aufgegriffen, was eine kurze und fragmentarische Bearbeitung des Bildnisses rechtfertigt.
Typ Autor/in Jahr Referenz Seite Anmerkungen
Erstzuschreibung Waagen 1847 Waagen 1847 – Nachträge zur Kenntniss der altniederländischen 179 -
Skeptisch/verneinend Crowe/Cavalcaselle 1857 Crowe, Cavalcaselle 1857 – The Early Flemish Painters 150 -
Bejahend Châtelet 2001 Châtelet 2001 – Jean Prévost 196 -

Waagen (1847) will seine Zuweisung des Bouts’schen Abendmahl-Altars an Joos van Gent u. a. über physiognomische Vergleiche von Porträts belegen. So handle es sich beim Wirt in diesem Bild nach Waagen um eine wahrscheinliche Selbstdarstellung von Joos van Gent. Zudem sei ein weiteres Selbstporträt von van Gent in einem ähnlichen Bildnis in Urbino vorhanden, das der Autor aber nicht näher bestimmt.1

Diese unbestimmte Identifizierung übernehmen etwa Crowe und Cavalcaselle (1857), die sich skeptisch zeigen: „[O]ne of them supposed to be the portrait of the painter“.2

Châtelet (2001) identifiziert die Männerfigur mit blauer Kopfbedeckung im rechten Bildbereich des Monforte-Altars, die auch als Selbstdarstellung von Hugo van der Goes vorgeschlagen ist, als Porträt von Joos van Wassenhove (Joos van Gent). Der Autor vermutet weiters, van der Goes könnte das Porträt aus Dankbarkeit eingebracht haben, da van Wassenhove maßgeblich zu seiner Aufnahme in die Lukasgilde beigetragen hatte. Die Anwesenheit von Joos auf der Tafel impliziere eine (zumindest theoretische) Beteiligung des älteren Malers am Auftrag. Zur Identifizierung des Porträts verweist Châtelet auf ein nicht weiter definiertes Bildnis in der Einsetzung des Abendmahls in Urbino, was einer verdeckten Thematisierung einer Selbstdarstellung gleichkommt:
„Or, le même visage réapparaît dans une oeuvre très differente: le panneau des collections royales anglaises représentant Federigo da Montefeltre ecoutant un leçon d'un humaniste, où on le distingue derrière le duc et son fils. Si l'on retrouve à Urbino le même personnage qu'en Flandre auprès de Hugo van der Goes, il ne peut s'agir que de Giusto da Ganto, Juste de Gand, qui serait donc bien identique avec Joss van Wassenhove.“3

Verweise

  1. Waagen 1847, 179. Den Ausführungen Waagens ist nicht zu entnehmen, von welcher Figur er spricht. Es ist anzunehmen, dass er einen der beiden Männer rechts des Porträts von Federigo da Montefeltro meint. Der Herzog ist in der vierten Figur von rechts hinter den Aposteln im Profil gezeigt.↩︎

  2. Crowe/Cavalcaselle 1857, 150.↩︎

  3. Châtelet 2001, 196. Den Ausführungen Châtelets kann man entnehmen, dass er das nach rechts blickende Bildnis hinter dem Herzog thematisieren dürfte.↩︎

Indizien ohne Beweislage

Am rechten Rand des monumentalen Altarbildes Einsetzung des Abendmahls von Joos van Gent befinden sich mehrere Porträts: ein Bildnis von Federigo de Montefeltro, das einem Stifterbild gleich in die Tafel eingearbeitet ist, und zumindest drei weitere Männer in seinem Gefolge. In einer Nische dahinter sind zudem mit großer Wahrscheinlichkeit ein posthumes Porträt von Battista Sforza, der 1472 verstorbenen Gattin Federigos, sowie ein Bildnis des einzigen Sohnes des Herzogs, Guidobaldo, angeführt. Vor dem Duca gestikuliert ein orientalisch gekleideter, die byzantinische Kirche symbolisierender Mann.1

Obwohl die Figuren zwischen Herzog und Bildrand übliche Mechanismen von Selbstdarstellungen bedienen, ergibt sich aus der Forschungslage keine Notwendigkeit der Weiterbearbeitung. Festzustellen ist allerdings, dass alle drei auf Grund ihrer Verankerung potenziell als Selbstinszenierungen in Frage kämen: Der äußerst rechte, stark be‑ und überschnittene Mann, der auf die BetrachterIn ausgerichtet ist, erfüllt die Kriterien von devotio und besticht durch seinen direkten Blick. Der zweite von rechts könnte durch seine auffällige Gestik als ein Selbstporträt gekennzeichnet sein. Es scheint, als zähle der Mann seine Finger, was einen Hinweis auf den Lohn des Malers implizieren könnte. Da dieser aber das decorum stört, indem er dieselbe Kopfbedeckung wie der Herzog trägt, scheidet eine Selbstdarstellung aus. Vielmehr sollte es sich um einen dem Herzog nahestehenden Höfling handeln. Auch der dritte, der nach rechts blickende Mann, könnte als devotionales Selbstbildnis gedeutet werden. Seine Kappe unterscheidet sich von denen der beiden vorderen und könnte eine rote Malerhaube darstellen.

Freilich sind all diese Überlegungen aus Mangel an verifizierenden Belegen rein fiktiv.

Verweise

  1. Zu den Porträts auf der Tafel vgl. u. a. Aronberg Lavin 1967, 1; Friedländer 1968, 44; Snyder/Silver 2005, 161. Eine ältere Identifizierung des Orientalen als Caterino Zeno, Botschafter des Sultans von Persien, wurde zwischenzeitlich zurückgewiesen, vgl. u. a. Eeckhout 1994, 404.↩︎

Literatur

Aronberg Lavin, Marilyn: The Altar of Corpus Domini in Urbino: Paolo Uccello. Joos Van Ghent, Piero della Francesca, in: The Art Bulletin, 49. Jg. 1967, H. 1, 1–24.
Bernardini, Andrea: Paolo Uccello. Miracolo dell'ostia profanata. Giusto di Gand. Comunione degli apostoli, in: Angelini, Alessandro/Fattorini, Gabriele (Hg.): Federico da Montefeltro e Francesco di Giorgio. Urbino, crocevia delle arti (Ausstellungskatalog, Urbino, 23.6.–10.2022), Venedig 2022, 184–187.
Bottacin, Francesca: Non fece el dovere et da noi fu interamente pagato Giusto di Gand e la Comunione del duca d'Urbino: forse Santi perfezionò? in: Marchi, Alessandro (Hg.): Lo studiolo del Duca. Il ritorno degli uomini illustri alla corte di Urbino (Ausstellungskatalog, Urbino, 12.3.–4.6.2015), Mailand 2015, 71–76.
Castelfranchi Vegas, Liana: Italien und Flandern. Die Geburt der Renaissance, Stuttgart u. a. (2. Aufl.) 1994.
Châtelet, Albert: Jean Prévost. Le Maître de Moulins (Monographies Gallimard), Paris 2001.
Crowe, Joseph Archer/Cavalcaselle, Giovanni Battista: The Early Flemish Painters: Notices of Their Lives and Works, London 1857.
Eeckhout, Paul: La deuxième géneration. Juste de Gand, in: Patoul, Brigitte de (Hg.): Les primitifs flamands et leurs temps, Löwen 1994, 403–413.
Friedländer, Max J.: Dieric Bouts and Joos van Gent (Early Netherlandish painting, 3), Leiden u. a. 1968.
Lauts, Jan: Die ‚Apostelkommunion‘ des Justus van Gent, in: Lauts, Jan/Herzner-Kmentt, Irmlind Luise (Hg.): Federico da Montefeltro. Herzog von Urbino. Kriegsherr, Friedensfürst und Förderer der Künste, München u. a. 2001, 375–378.
Marchi, Alessandro: Giusto di Gand. La Comunione degli Apostoli, in: Marchi, Alessandro (Hg.): Lo studiolo del Duca. Il ritorno degli uomini illustri alla corte di Urbino (Ausstellungskatalog, Urbino, 12.3.–4.6.2015), Mailand 2015, 124–126.
Montevecchi, Benedetta: Giusto di Gand. Communione degli apostoli, in: Dal Poggetto, Paolo (Hg.): Piero e Urbino, Piero e le corti rinascimentali (Ausstellungskatalog, Urbino, 24.7.–31.10.1992), Venedig 1992, 343–345.
Pächt, Otto: Altniederländische Malerei. Von Rogier van der Weyden bis Gerard David, hg. von Monika Rosenauer, München 1994.
Schmarsow, August: Sandro del Botticello, Dresden 1923.
Snyder, James/Silver, Larry: Northern Renaissance Art. Painting, Sculpture, the Graphic Arts from 1350 to 1575, Upper Saddle River, NJ (2. Aufl.) 2005.
Waagen, Gustav Friedrich: Nachträge zur Kenntniss der altniederländischen Malerschulen des 15ten und 16ten Jahrhunderts. Justus von Gent, in: Kunstblatt, 28. Jg. 1847, 178f, 185–187.
Whele, Harry B.: A Painting by Joos van Gent, in: The Metropolitan Museum of Art Bulletin. New Series, 2. Jg. 1943, H. 4.

Zitiervorschlag: