Die Beerdigung der hl. Fina

Ghirlandaio, Domenico

1477 bis 1478

Italien; San Gimignano; Collegiata Santa Maria Assunta

Objekt

1 / 2
Bildrechte
Alternativtitel Deutsch:Begräbnis der hl. Fina; Exequien der hl. Fina
Titel in Originalsprache:Funerale di S. Fina; Exequie di S. Fina
Titel in Englisch:Obsequies of St Fina
Datierung: 1477 bis 1478
Ursprungsregion:italienischer Raum
Lokalisierung:Italien; San Gimignano; Collegiata Santa Maria Assunta
Lokalisierung (Detail):Kapelle der hl. Fina; linke Kapellenwand, Teil der malerischen Gesamtausstattung bestehend aus: Gewölbe mit Tondi der Evangelisten Lukas, Markus, Johannes, Matthäus, Christusmonogram; Lünetten seitlich der Rundfenster: die hl. Kirchenväter Gimignanus, Augustinus, Gregor d. Gr., Hieronymus, Ambrosius, Nikolaus von Bari; Zwickel: die Propheten Habakkuk, Jeremias, Jesajas, Michael, Hesekiel, Daniel; Seitenwände: Die Verkündigung des Todes der hl. Fina, Die Beerdigung der hl. Fina (Gesamtausstattung unter Beteiligung der Werkstatt)
Medium:Wandbild
Material:Fresko; Secco
Bildträger:Wand
Ikonografische Bezeichnung:Die hl. Fina
Iconclass:43A49 – public funeral
Signatur Wortlaut:ohne
Datierung Wortlaut:ohne
Auftraggeber/Stifter:San Gimignano
Provenienz:in situ
Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt:öffentlich

Zur Kapellenausstattung.1

Verweise

  1. Roettgen 1997, 48.↩︎

Bildnis 1

Bildrechte
Lokalisierung im Objekt:zweite Figur von links, in der letzten Figurenebene hinter dem sakralen Personal
Ausführung Körper:Kopfbild stehend
Ausführung Kopf:Dreiviertelporträt
Ikonografischer Kontext:Assistenzporträt, evtl. Werkstattbild im Bildfeld der Beerdigung der hl. Fina
Blick/Mimik:direkter Blick aus dem Bild
Gesten:Hände nicht sichtbar
Körperhaltung:Körper nicht sichtbar
Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal:scheinbare „Rahmung“ der Figur von den Männern zur Linken und Rechten (während sich die äußerst linke Figur dem Bildnis zuwendet, nimmt die andere deren Bewegungsrichtung auf und blickt Richtung zentrales Geschehen); Doppelporträt bzw. Dreiergruppe am linken Bildrand; Positionierung außerhalb der Apsis-Architektur in der Zone der kompositorischen Öffnung des Bildraums nach hinten in Richtung Stadt; Bildnis durch auffällige Unterbrechung der Reihe hervorgehoben (womit sich die Abgrenzung der vermeintlichen Dreiergruppe ergibt)
Kleidung:ohne Auffälligkeiten; die rote Kappe, die allgemein als Attribut von Malern interpretiert werden könnte, kommt im Bild zu häufig vor, um als besonderes Merkmal gelten zu können
Zugeordnete Bildprotagonisten:Figur links neben dem möglichen Selbstporträt vorgeschlagen als Davide Ghirlandaio von Cavalcaselle/Crowe; weitere Figur in dieser Ebene (rechts neben dem Bildnis, hinter dem Bischof), vorgeschlagen als Sebastiano Mainardi von Cavalcaselle/Crowe

Zu Vorschlägen zur Identifizierung von Davide Ghirlandaio1 und Sebastiano Mainardi.2

Verweise

  1. Cavalcaselle/Crowe 1896, 213.↩︎

  2. Ebd. Marchand lehnt die Identifizierung von Mainardi ab, vgl. Marchand 1998, 114.↩︎

Forschungsergebnis: Ghirlandaio, Domenico

Künstler des Bildnisses:Ghirlandaio, Domenico
Status:kontrovers diskutiert
Typ Autor/in Jahr Referenz Seite Anmerkungen
Erstzuschreibung Cavalcaselle/Crowe 1896 Cavalcaselle, Crowe 1896 – Storia della pittura in Italia 213 -
Bejahend Steinmann 1897 Steinmann 1897 – Ghirlandajo 8 -
Skeptisch/verneinend Benkard 1927 Benkard 1927 – Das Selbstbildnis vom 15 8 -
Skeptisch/verneinend Roettgen 1997 Roettgen 1997 – Wandmalerei der Frührenaissance in Italien 46 -
Bejahend Marchand 1998 Marchand 1998 – The Representation of Citizens 107–114, bes. 113f -
Bejahend Roesler 1999 Roesler 1999 – Selbstbildnis und Künstlerbild 19, 35, 41–43, 68 -
Skeptisch/verneinend Cadogan 2000 Cadogan 2000 – Domenico Ghirlandaio 207 -
Skeptisch/verneinend Schmid 2002 Schmid 2002 – Et pro remedio animae et 114 -

Beide, teils mit Vorbehalt vorgeschlagenen Selbstbildnisse – die Figur im linken Bereich und das Bildnis in der Mitte – werden in der Forschung wenig reflektiert.

Die zweite Figur von links wurde von Cavalcaselle/Crowe (1896) in Anlehnung an Vasaris Identifikation von Ghirlandaios Selbstbildnis und den Porträts seiner Werkstattmitglieder in der Vertreibung von Joachim aus dem Tempel in der Tornabuoni-Kapelle als ein Selbstbildnis im Verband der Werkstatt abgeleitet. In Domenicos Begleitung wollen die Autoren Davide Ghirlandaio (links des mutmaßlichen Selbstporträts) und Sebastiano Mainardi (hinter dem Bischof) erkennen.1

Bereits 1897 stimmte Steinmann der Theorie des Meisters zwischen Gehilfen zu.2

Roettgen (1997) beruft sich ebenfalls auf Cavalcaselle/Crowe, widerlegt die These der Ähnlichkeit jedoch als kaum beweisfähige Vermutung. Sie stellt fest, dass Ähnlichkeiten zum Vergleichsporträt in der Sassetti-Kapelle, wenn überhaupt, dann nur in einer anderen Figurengruppe in der Mitte zu finden wären. Angesprochen ist damit der in Blau gekleidete junge Mann, der seinen Blick auf die Füße der Toten und die an der Stelle thematisierte Wundertätigkeit der Heiligen richtet.3 Der von Roettgen auf diese Figur gelegte Fokus dürfte in der Forschung bislang ohne Nachklang geblieben sein.

Eine Darstellung Mainardis wird von Marchand (1998) mit dem Hinweis auf das jugendliche Alter des Malers (geb. 1466) zur Entstehungszeit des Freskos zurückgewiesen. Jedoch lassen auch für diesen Autor die weiteren Entwicklungen Ghirlandaios darauf schließen, dass es sich bei der Figur am Bildrand um einen wichtigen Assistenten handeln könnte. Jedenfalls unterstützt Marchand die Identifikation des Selbstbildnisses und betont zudem Übereinstimmungen (die Position nahe am Bildrand, der direkte Blick) mit der späteren Darstellung in der Vertreibung des Joachim in Santa Maria Novella. Daraus resultierend verortet Marchand die Figur als festaiuolo, als einen bereits in Dramen und Bildern des Trecento etablierten, anonymen Ankündiger. Diese Funktion unterstütze die mediatorische Rolle des Malers zwischen Szene und BetrachterIn und passe zu seiner sozialen Position.4

Auch Roesler (1999) bestätigt das Werkstattbild und folglich die Anwesenheit eines Gehilfen neben dem Selbstbildnis des Meisters. Sie vergleicht das Doppelbildnis am Bildrand mit einem weiteren Selbstporträt Ghirlandaios samt Mitarbeiter in der Sassetti-Kapelle in der Erweckung eines Knaben und resümiert, dass Ghirlandaio bereits in seinem mutmaßlich ersten Selbstporträt in San Gimignano den direkten Blick als Merkmal all seiner Selbstdarstellungen etabliert habe.5 Zudem verweist Roesler auf die mögliche Vorbildfunktion einer entsprechenden Figur aus dem Reliefprogram des Fina-Altars, der zeitgleich in der Kapelle von Benedetto da Maiano gefertigt wurde.6

Cadogan (2000) schließt die Identifizierung trotz eines Hinweises auf Übereinstimmungen mit späteren Wandgemälden (u. a. Porträtauffassung) aus.7

Die Inszenierung des direkten Blicks einzig bei dieser Figur sowie Ähnlichkeiten in der Gesichtsform zu späteren Vergleichsbildern konstatiert auch Schmid (2002). Dennoch bleibt der Autor in der Zustimmung der Selbstporträtthese vage.8

Verweise

  1. Cavalcaselle/Crowe 1896, 213.↩︎

  2. Steinmann 1897, 8.↩︎

  3. Roettgen 1997, 46.↩︎

  4. Marchand 1998, 107–114, bes. 113f.↩︎

  5. Die Autorin impliziert damit, dass die Selbstbildnisforschung in Bezug auf Ghirlandaio abgeschlossen wäre. Neben den von ihr angegebenen Selbstdarstellungen (in der Fina-Kapelle, der Sassetti-Kapelle, der Tornabuoni-Kapelle und der Innocenti-Tafel werden in der vorliegenden Studie allerdings weitere mögliche Selbstbildnisse, durchaus auch ohne direkte Blickführung, diskutiert. Vgl. Roesler 1999, 19, 35, 68.↩︎

  6. Ebd., 41–43. Benedetto da Maiano, Fina-Altar, nach 1880/81, San Gimignano, Collegiata.↩︎

  7. Cadogan 2000, 207. Benkards Formulierung, dernach die Forschung „gemeint“ hat, ein Selbstporträt zu erkennen, kann ebenfalls als Ablehnung gewertet werden, vgl. Benkard 1927, 8.↩︎

  8. Schmid 2002, 114.↩︎

Bildnis 2

Bildrechte
Lokalisierung im Objekt:Teil der rechten Figurengruppe, darin dritte Figur von links
Ausführung Körper:Halbfigur stehend
Ausführung Kopf:Dreiviertelporträt
Ikonografischer Kontext:Assistenzporträt, evtl. Werkstattbild im Bildfeld der Beerdigung der hl. Fina
Blick/Mimik:Blick auf die Beine der Heiligen
Gesten:argumentierende Gebärde
Körperhaltung:aufrecht, Schulterblick
Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal:alle drei Figuren sind kommunikativ über Berührungen und Blickachsen miteinander verbunden: die erste Figur blickt auf die Heilige, die zweite direkt auf das eventuelle Künstlerselbstbildnis; an einer innerbildlichen Schwelle zwischen sakraler Handlung und Apsis-Architektur (von der Apsis-Architektur hinterfangen); mit zwei Begleitfiguren am äußersten Rand der rechten Figurengruppe; Unterbrechung der isokephalen Reihe rechts des vorgeschlagenen Selbstporträts über die Zäsur zum Rest der Gruppe mittels eines schwarzen Banners
Kleidung:der großflächig einsichtige, dunkelblaue Umhang samt hellblauem Unterkleid sticht aus der Figurengesamtschau farblich hervor, er korrespondiert nur mit der Kleidung der zentralen Trauernden; die rote Kappe, die allgemein als Attribut von Malern interpretiert werden könnte, kommt im Bild zu häufig vor, um als besonderes Merkmal gelten zu können
Zugeordnete Bildprotagonisten:zwei Figuren links neben dem Porträt, beide Figuren nicht identifiziert

Forschungsergebnis: Ghirlandaio, Domenico

Künstler des Bildnisses:Ghirlandaio, Domenico
Status:Einzelmeinung
Typ Autor/in Jahr Referenz Seite Anmerkungen
Erstzuschreibung Roettgen 1997 Roettgen 1997 – Wandmalerei der Frührenaissance in Italien 46 -

Zur detaillierten Auflistung der Forschungsmeinungen sowie Roettgens Beitrag1 vgl. die Einträge beim Forschungsstand zum ersten Bildnis.

Verweise

  1. Roettgen 1997, 46.↩︎

Früh übt sich

Ghirlandaios Fresko Die Beerdigung der hl. Fina befindet sich im Ensemble der ersten Gesamt-Kapellenausstattung des Malers, die in bemerkenswert gutem Zustand erhalten ist. Das Frühwerk kündigt bereits seinen späteren Erzählstil, seine kompositionelle Herangehensweise sowie seine Figurengestaltung (komplexe expressive Bewegung, Mimik, Gestik) an.1 Formal stellt sich Ghirlandaio in die Tradition römischer Architekturauffassung, ebenso übernimmt er Vorstufen perspektivisch-malerischer Architekturwiedergaben aus der bestehenden florentinischen Malerei, etwa von Fra Angelico oder Benozzo Gozzoli.2

Die als Stadtpatronin verehrte Fina fand ihre Grablege in der von Giuliano da Maiano von 1468 bis 1472 erbauten Kapelle in der Kollegiatskirche.3 Es handelt sich um eine lokale Heilige, weshalb sich die Darstellungen ihrer Person auf San Gimignano begrenzen.4 In Ermangelung verwertbarer Vorbilder5 bzw. einer in der kunsthistorischen Literatur hinterlegten Ikonografie basieren Ghirlandaios Fresken auf der Vita des Mädchens.6 In zwei korrespondierenden Bildfeldern – Die Verkündigung des Todes und Die Beerdigung der hl. Fina – subsumiert der Maler die Legende mittels zahlreicher überlieferter Details.7 Im Fresko der Exequien widmet sich die zentrale Szene der sakralen historie. Nach Koch verkörpert der Körper der Heiligen die Eucharistie und evoziert die Anwesenheit Christi.8 Symmetrisch beidseitig angeordnete Assistenzfiguren repräsentieren in vorderster Bildebene die geistige Welt, in der hinteren Ebene das Volk bzw. die Auftraggeber. Ebenfalls zu beiden Seiten sind Landschaftsausblicke gegeben, passend zu den geistigen Würdenträgern sind etwa sakrale Gebäude gemalt. Wie Rohlmann betont, spiegelt sich die Funktion der Kapelle in deren malerischen Ausstattung.9 Im Fresko sind Innenraum/Kapelle und Außenraum/Stadt verbunden. Über mehrere Ebenen der Verortung nimmt Ghirlandaio Identifikation mit dem Ort und Aktualisierung vor.10

Gemeinsam mit dem jungen Mann am äußerst linken Bildrand weist die erste als Selbstporträt vorgeschlagene Figur einen Doppelporträtcharakter auf; im Zusammenspiel mit der etwas abgerückt stehenden dritten Figur schließt dies auch die Möglichkeit eines Werkstattbildes ein. Ein Blick auf Ghirlandaios generellen Umgang mit Assistenzporträts, die er nutzte, um direkt und indirekt kommunizierende Gruppen verschiedener sozialer Schichten bzw. persönlicher Zusammengehörigkeiten aufzuzeigen, bestärkt diese Theorie.11 Die Figuren sind sowohl über die Figurenebene (Mittelgrund) als auch über die seitliche Ausrichtung mit den Patriziern auf der rechten Seite parallelisiert. Wie die elitären Herren sind auch die beiden Figuren direkt unterhalb von Geschlechtertürmen aufgeführt, was ihnen im Bedeutungszusammenhang einen herausgehobenen Stellenwert einräumt. Dass sich die beiden zudem auf der Seite der Kleriker befinden, mag eine weitere Deutungsperspektive offenhalten. Direkt an der Bildschwelle gearbeitet, von der architektonischen Einfassung des Freskos überschnitten, befindet sich die Figurengruppe an einer Schwelle zum BetrachterInnenraum. Marchand exzerpiert Entwicklungstendenzen und Strategien im Gebrauch von Assistenzporträts und vergleicht Ghirlandaios Arbeit im Speziellen mit Benozzo Gozzolis Freskenzyklus zum hl. Augustinus in der nahe gelegenen Kirche Sant‘Agostino.12 Wie bereits Venturi feststellte, lassen Übereinstimmungen der Werke einen direkten Einfluss vermuten.13 In Gozzolis Abreise des hl. Augustinus nach Mailand (1464/65) findet sich ein vorgeschlagenes, in Position und Haltung ähnliches Selbstbildnis unter den Assistenzporträts.14 Die Thematisierung einer entsprechenden vorbildhaften Figur im Reliefprogramm der Kapelle durch Roesler (s. o.) lässt die Theorie einer möglichen Tradition von Selbstporträts gerade in Bestattungsszenen plausibel erscheinen. Bezugnahmen zu weiteren Arbeiten mit hypothetischen Selbstdarstellungen innerhalb dieser Ikonografie stützen die These (vgl. Fra Filippo Lippis Begräbnis des hl Stephanus in Prato15 oder seinen Marientod in Spoleto).

Die zweite als Selbstdarstellung diskutierte Figur steht auch in Zusammenhang mit weiteren Porträts. Der rechte der beiden über Berührung verbundenen jungen Männer blickt das vorgeschlagene Selbstporträt an. Die Gruppe als solche ist innerhalb der rechts angegebenen Protagonisten isoliert: Nach vorne hin steht sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Heiligen und deren Wundertätigkeit, nach rechts ist sie über die Unterbrechung der hintersten isokephalen Reihe von den restlichen Menschen abgesondert, zudem trennt sie ein Stab von den Messdienern. Die Figur ist formal durch die Farbgebung der Kleidung hervorgehoben, deren blaue Tönung sie mit der an der Bahre sitzenden Trauernden verbindet – evtl. ein Hinweis auf emotionale oder spirituelle Anteilnahme. Das Porträt auf der Seite der kommunalen Repräsentationsfiguren mag eine Bezugnahme zur Auftragssituation bzw. einen Verweis auf merkantile Aspekte der Werkstatt implizieren. Als ausschlagkräftigstes Indiz für eine Befürwortung als Selbstbildnis ist die Gebärde zu nennen, die auffällig nahe dem Hauptgeschehen zu sehen ist. Der junge Mann greift mit den Fingern seiner rechten Hand die seiner linken, was einem Abzählen von Argumenten (im vorliegenden Fall von Wundertätigkeiten) bzw. einer finalen Argumentation von Beweisen am Ende eines kreativen Akts gleichkommt.16 Diese Geste, von Leonardo da Vinci grundlegend erklärt,17 kam in verschiedensten Ausführungen zum Einsatz, nicht zuletzt etwa bei Fra Angelico.18

Wie Koch feststellt, gibt die Analyse von Ghirlandaios narrativer Struktur gerade des selbständig entwickelten Freskos Die Beerdigung der hl. Fina Hinweise auf die Genese seiner Wandmalerei.19 Ebenso kann auf den Beginn einer Traditionslinie von Selbstdarstellungen im eigenen Oeuvre geschlossen werden.20 Selbst wenn die Bildnisse im Bildfeld der hl. Fina keine eindeutig verifizierbaren Selbstporträts sind, so liegt der Schluss nahe, dass Ghirlandaio hier eine Basis schuf und es sich im einen oder anderen Fall zumindest um ein Kryptoporträt handelt – wenn nicht der Maler selbst, so könnte doch ein Sinnbild dargestellt sein.

Verweise

  1. Cadogan 2000, 48–55.↩︎

  2. Roettgen 1997, 43.↩︎

  3. Ebd., 40f.↩︎

  4. Vgl. u. a. Cadogan 2000, 204; Koch 1998, 145; Nygren 2015, 240f.↩︎

  5. Kecks 2000, 191–193. Zu Vorgängerausstattungen vgl. u. a. Kecks 2000, 192; Roettgen 1997, 45.↩︎

  6. Zu Dokumentation und Heiligenvita vgl. u. a. Böse 2008, 118–123; Cadogan 2000, 204. Eine detaillierte Bildanalyse stellt Koch bereit, vgl. Koch 1998, bes. 145.↩︎

  7. Zur Heiligenvita vgl. u. a. Cadogan 2000, 204.↩︎

  8. Koch 1998, 161–164.↩︎

  9. Ebd., 157; Rohlmann 2003, 191f, 198.↩︎

  10. Zur gesellschaftspolitischen Ebene der Darstellung vgl. u. a. Kecks 2000, 22; Marchand 2012, 102.↩︎

  11. Zu Ghirlandaios Einsatz von Assistenzporträts vgl. Schmid 2002. Zu Übereinstimmungen mit späteren Kapellenausstattungen vgl. Marchand 1998, 119–123; Roesler 1999, 19, 41f, 68.↩︎

  12. Marchand 1998, 108; Marle 1931, 18.↩︎

  13. Marchand 1998, 114; Venturi 1967, 716–718, 721.↩︎

  14. Zur Identifizierung des möglichen Selbstporträts vgl. Cavalcaselle/Crowe 1898, 46f; zu Übereinstimmungen vgl. Marchand 1998, 116.↩︎

  15. Vgl. u. a. Kecks 2000, 271. Als allgemeines ikonografisches Vorbild gilt Giottos Tod und Auferstehung des hl. Franziskus (um 1325) aus der Bardi-Kapelle in S. Croce.↩︎

  16. Zur Geste und zur narrativen Verknüpfung der Figurengruppe vgl. Cavalcaselle/Crowe 1896, 208f; Marchand 1998, 111; Marzik 2000, 519–521; Rosenauer 1969, 82.↩︎

  17. Da Vinci (hg. von Ludwig 1882), 377.↩︎

  18. Besonders markant kommt die Gebärde etwa in nachfolgender Arbeit vor: Fra Angelico, Der hl. Stephanus als Prediger (aus den Szenen aus den Leben der hl. Laurentius und Stephanus), 1447–49, Vatikan, Palazzi Pontifici, Nikolaus-Kapelle. Vgl. Marzik 2000, 519.↩︎

  19. Koch 1998.↩︎

  20. Vgl. u. a. Cavalcaselle/Crowe 1896, 213; Roesler 1999, 68.↩︎

Literatur

Benkard, Ernst: Das Selbstbildnis vom 15. bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts, Berlin 1927.
Böse, Kristin: Gemalte Heiligkeit. Bilderzählungen neuer Heiliger in der italienischen Kunst des 14. und 15. Jahrhunderts (Studien zur internationalen Architektur- und Kunstgeschichte, 61), Petersberg 2008.
Cadogan, Jean K.: Domenico Ghirlandaio. Artist and Artisan, New Haven 2000.
Cavalcaselle, Giovanni Battista/Crowe, Joseph Archer: Storia della pittura in Italia. Dal secolo II al secolo XVI. 7. Pittori Fiorentini del secolo XV e del principo del seguente, Florenz 1896.
Cavalcaselle, Giovanni Battista/Crowe, Joseph Archer: Storia della pittura in Italia. Dal secolo II al secolo XVI. 8. Benozzo Gozzoli e suoi discepoli, Florenz 1898.
Da Vinci, Leonardo: Das Buch von der Malerei nach dem Codex Vaticanus (Urbinas) 1270. I. Band (Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance, 15), hg. von Heinrich Ludwig, Wien 1882.
Kecks, Ronald G.: Domenico Ghirlandaio und die Malerei der Florentiner Renaissance (Italienische Forschungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz, 4. F., 2), München 2000.
Koch, Linda A.: The Portrayal of Female Sainthood in Renaissance San Gimignano: Ghirlandaio's Frescoes of Santa Fina's Legend, in: Artibus et Historiae, 19. Jg. 1998, H. 38, 143–170.
Marchand, Eckart: His Masters Voice: Painted Inscriptions in the Works of Domenico Ghirlandaio, in: Artibus et Historiae, 33. Jg. 2012, H. 66, 99–120.
Marchand, Eckart: The Representation of Citizens in Religious Fresco Cycles in Tuscany, in: Marchand, Eckart (Hg.): With and Without the Medici. Studies in Tuscan Art and Patronage. 1434–1530, Aldershot, Brookfield 1998, 107–128.
Marle, Raimond van: The Renaissance Painters of Florence in the 15th Century. The Third Generation. Part II (The Development of the Italian Schools of Painting, 13), Den Haag 1931.
Marzik, Iris: Von Gesten und ihrer Bedeutung, in: Prinz, Wolfram (Hg.): Die Storia oder die Kunst des Erzählens in der italienischen Malerei und Plastik des späten Mittelalters und der Frührenaissance 1260–1460. Textband, Mainz 2000, 500–550.
Nygren, Olga Alice: Fina (Seraphina) von San Gimignano, in: Braunfels, Wolfgang (Hg.): Ikonographie der Heiligen. Crescentianus von Tunis bis Innocentia (Lexikon der christlichen Ikonographie, 6), Freiburg im Breisgau 2015, 240–241.
Roesler, Antoinette: Selbstbildnis und Künstlerbild in der italienischen Renaissance (Dissertation, Freie Universität Berlin), Berlin 1999.
Roettgen, Steffi: Wandmalerei der Frührenaissance in Italien. Band 2. Die Blütezeit 1470–1510, München 1997.
Rohlmann, Michael: Bildernetzwerk. Die Verflechtung von Familienschicksal und Heilsgeschichte in Ghirlandaios Sassetti-Kapelle, in: Rohlmann, Michael (Hg.): Domenico Ghirlandaio. Künstlerische Konstruktion von Identität im Florenz der Renaissance, Weimar 2003, 165–244.
Rosenauer, Artur: Zum Stil der frühen Werke Domenico Ghirlandajos, in: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, 22. Jg. 1969, H. 1, 59–85.
Schmid, J.: Et pro remedio animae et pro memoria. Bürgerliche repraesentatio in der Cappella Tornabuoni in S. Maria Novella (Italienische Forschungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz: I Mandorli, 2), München u. a. 2002.
Steinmann, Ernst: Ghirlandajo (Künstler-Monographien, 25), Bielefeld u. a. 1897.
Venturi, Adolfo (1911): La pittura del Quattrocento. 1 (Storia dell'arte italiana, 7), Nendels 1967.

Zitiervorschlag: