Anbetung der Könige

Herlin, Friedrich

1459

Deutschland; Nördlingen; Stadtmuseum

Objekt

Bildrechte
Detailtitel:Anbetung der Könige (Flügel eines unbekannten Altars; Pendant zum Flügel mit der Beschneidung Christi (1459)))
Titel in Originalsprache:Anbetung der Könige
Titel in Englisch:Adoration of the Kings
Datierung: 1459
Ursprungsregion:deutschsprachiger Raum
Lokalisierung:Deutschland; Nördlingen; Stadtmuseum
Medium:Altarflügel; Tafelbild
Bildträger:Holz
Maße: Höhe: 67,1 cm; Breite: 55,5 cm
Ikonografische Bezeichnung:Drei Könige (Anbetung und Zyklus der Magier)
Iconclass:73B57 – adoration of the kings: the Wise Men present their gifts to the Christ-child (gold, frankincense and myrrh)
Signatur Wortlaut:ohne
Datierung Wortlaut:ohne
Auftraggeber/Stifter:unbekannt
Provenienz:1805 Auffindung beider Altarflügel durch Johannes Müller (Maler, Heimatforscher, städtischer Mitarbeiter) im Kreuzgang der St. Salvatorkirche; nach Höchstätt transportiert; 1874 Erwerb des rechten Flügels durch die Stadt Nördlingen aus dem Nachlass von Dr. Martin Böhm (ansässiger Gerichtsarzt) und Präsentation in drei Teilen aufgespaltet im Museum: Anbetung der Könige, Hl. Ottilie, Teil einer Verkündigungsszene; (der linke Flügel, zersägt in zwei Teile, befindet sich im Bayerischen Nationalmuseum München: Thronende Muttergottes mit Kind, Beschneidung, Teil einer Verkündigungsszene)
Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt:unbekannt

Zur Provenienz.1

Verweise

  1. Stadtmuseum Nördlingen.↩︎

Bildnis 1

Bildrechte
Lokalisierung im Objekt:zentrale Figur hinten
Ausführung Körper:Ganzfigur stehend
Ausführung Kopf:Dreiviertelporträt
Ikonografischer Kontext:Figur des Königs Caspar in der Szene der Anbetung der Könige
Blick/Mimik:kommunizierender Blick nach rechts in Richtung König Melchior
Gesten:rechte Hand hält die Kopfbedeckung, die linke Hand den geschlossenen Gabenpokal
Körperhaltung:Körper nahezu parallel zur Bildebene, leicht nach rechts gebeugt; Kopf nach rechts gedreht
Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal:nahezu zentral im Bildfeld, vom älteren König sowie in einem kleinen Bereich von der Gottesmutter überschnitten; im Bereich des Kopfes zur Gänze vom Goldgrund, im Bereich des Körpers weitgehend vom Landschaftsgrund und von Architekturelementen hinterfangen; die abgenommene Kopfbedeckung ist in einen Freiraum zwischen ältestem König und Gottesmutter eingepasst; in Kommunikation (Blickkontakt) mit dem dritten König am rechten Bildrand
Attribute:Gabenpokal
Kleidung:Kleidung in aufwändigem Brokatstoff und mit kostbarem Pelzkragen; dem Gewand eines Magiers entsprechend
Zugeordnete Bildprotagonisten:alle im Bild angeführten Personen: Muttergottes mit Kind; König Balthasar, vorgeschlagen als 2. Selbstbildnis; König Melchior

zur Provenienz1

Verweise

  1. Stadtmuseum Nördlingen.↩︎

Forschungsergebnis: Herlin, Friedrich

Künstler des Bildnisses:Herlin, Friedrich
Status:weitgehend anerkannt
Status Anmerkungen:Das Prädikat „weitgehend anerkannt“ ist auf wenige Forschungsmeinungen zurückzuführen. Dabei fand die Mehrheit der ForscherInnen, die sich nicht zu einer möglichen Selbstdarstellung äußern, keine Berücksichtigung.
Typ Autor/in Jahr Referenz Seite Anmerkungen
Bejahend Kugler/Nebel 2000 Kugler, Nebel 2000 – Friedrich Herlin 25 -
Erstzuschreibung Krüger 2004 Krüger 2004 – Friedrich Herlin 26, 181f, 186 -
Bejahend Schaller 2021 Schaller 12/2021 – Hans Fries 44–47, 67 -

Krüger (2004, zugleich Dissertation zu Herlins Gesamtwerk 1996) weist auf die Auffälligkeit des mittleren Königs hin, der sich, ausgeführt als relativ junger, bartloser Mann mit halblangen Haaren, deutlich von der üblichen Ikonografie von Herlins Königsdarstellungen abhebt. Krüger verbindet den Magier mit dem verifizierten Selbstbildnis des Malers im Familienaltar,1 indem er starke Ähnlichkeiten der beiden Bildnisse feststellt. Resümierend stellt der Autor fest, dass Herlin damit bereits zu Beginn seiner Laufbahn, in seinem frühesten erhaltenen Werk eine versteckte Selbstdarstellung eingebracht habe. Dies zeuge von ungewöhnlichem Selbstvertrauen des Malers.2

Kugler/Nebel (2000) verweisen auf Krügers Argumentation.3

Schaller (2021) stellt im Zusammenhang ihrer Forschungen zu multiplen Selbstdarstellungen nordischer Maler in Altarbildern ein dreifaches Selbstporträt Friedrich Herlins in zwei zusammengehörenden Flügeln fest – eines davon in Kombination mit Herlins Gattin Margarethe. Herlin habe sich nach dem Vorbild von Mehrfachporträts u. a. von Bartholomäus Zeitblom im Hochaltar von Blaubeuren,4 Stefan Lochner im Altar der Stadtpatrone5 und Rogier van der Weyden im Columba-Altar6 in der Anbetung der Könige sowohl in der Gestalt des mittleren Königs Caspar als auch des ältesten Königs Melchior dargestellt. Die beiden Bildnisse entsprechen einander in ihren physiognomischen Anlagen, so Schaller, und seien mit einem späteren Selbstbildnis im Hochaltar in Nördlingen in der Rolle des Propheten Jesaia7 sowie dem Stifterbildnis des Malers in seinem Familienaltar, ebenfalls in Nördlingen, vergleichbar. Den beiden Selbstbildnissen in der Anbetung der Könige sei zudem eine weitere Selbstdarstellung in mittlerem Alter in der Beschneidung Christi des korrespondierenden Altarflügels zuzuordnen.8 Dieses System kategorisiert Schaller als „zeitgebundene[s] Porträt in verschiedenen Altersstufen“.9

Verweise

  1. Vgl. den Einleitungstext zu Friedrich Herlin.↩︎

  2. Krüger 2004, 26, 181f, 186.↩︎

  3. Kugler/Nebel 2000, 25.↩︎

  4. Vgl. den Einleitungstext zu Bartholomäus Zeitblom.↩︎

  5. Vgl. den Einleitungstext zu Stefan Lochner.↩︎

  6. Schaller 2021, 67.↩︎

  7. Vgl. den Einleitungstext zu Friedrich Herlin.↩︎

  8. Schaller 2021, 44–47.↩︎

  9. Ebd., 138f.↩︎

Bildnis 2

Bildrechte
Lokalisierung im Objekt:zentrale Figur vorne
Ausführung Körper:Ganzfigur kniend
Ausführung Kopf:Dreiviertelporträt
Ikonografischer Kontext:Figur des Königs Balthasar in der Szene der Anbetung der Könige
Blick/Mimik:kommunizierender Blick in Richtung links zum Jesuskind
Gesten:rechte Hand hält den geöffneten Gabenpokal, die linke Hand hält den Deckel des Gabenpokals
Körperhaltung:leicht nach vorne gebeugt kniend; Kopf und Oberkörper dem Kind zugewandt
Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal:nahezu zentral im Gemälde, vor der Gottesmutter und dem Kind kniend; einzige nicht überschnittene Figur im Bild (mit Ausnahme der eigenen, am Boden liegenden Kopfbedeckung)
Attribute:Gabenpokal
Kleidung:der Kleidung eines Königs entsprechend
Zugeordnete Bildprotagonisten:alle im Bild angeführten Personen: Muttergottes mit Kind; König Caspar, vorgeschlagen als Selbstbildnis; König Melchior

Forschungsergebnis: Herlin, Friedrich

Künstler des Bildnisses:Herlin, Friedrich
Status:Einzelmeinung
Typ Autor/in Jahr Referenz Seite Anmerkungen
Erstzuschreibung Schaller 2021 Schaller 12/2021 – Hans Fries 44–47, 67, 138f -

Schaller (2021) stellt im Zusammenhang ihrer Forschungen zu multiplen Selbstdarstellungen nordischer Maler in Altarbilder ein dreifaches Selbstporträt Friedrich Herlins in zwei zusammengehörenden Flügeln fest – eines davon in Kombination mit Herlins Gattin Margarethe. Herlin habe sich nach dem Vorbild von Mehrfachporträts u. a. von Bartholomäus Zeitblom im Hochaltar von Blaubeuren,1 Stefan Lochner im Altar der Stadtpatrone2und Rogier van der Weyden im Columba-Altar3 in der Anbetung der Könige sowohl in der Gestalt des mittleren Königs Caspar als auch des ältesten Königs Melchior dargestellt. Die beiden Bildnisse entsprechen einander in ihren physiognomischen Anlagen, so Schaller, und seien mit einem späteren Selbstbildnis im Hochaltar in Nördlingen in der Rolle des Propheten Jesaia4 sowie dem Stifterbildnis des Malers in seinem Familienaltar, ebenfalls in Nördlingen, vergleichbar. Den beiden Selbstbildnissen in der Anbetung der Könige sei zudem eine weitere Selbstdarstellung in mittlerem Alter in der Beschneidung Christi des korrespondierenden Altarflügels zuzuordnen.5 Dieses System kategorisiert Schaller als „zeitgebundene[s] Porträt in verschiedenen Altersstufen“.6

Verweise

  1. Vgl. den Einleitungstext zu Bartholomäus Zeitblom.↩︎

  2. Vgl. den Einführungstext zu Stefan Lochner.↩︎

  3. Schaller 2021, 67.↩︎

  4. Vgl. den Einleitungstext zu Friedrich Herlin.↩︎

  5. Schaller 2021, 44–47.↩︎

  6. Ebd., 138f.↩︎

Selbstinszenierung als Auftakt einer glänzenden Karriere? I

Krüger weist auf die herausragende Darstellung des mittleren Königs im Werk von Herlin hin, was sich im direkten Abgleich mit weiteren Anbetungsszenen des Malers bestätigen lässt.1 Diese Ausnahmestellung sowie die ebenfalls vorhandene Ähnlichkeit dieses Königs, der als Selbstporträt thematisiert ist, mit dem verifizierten Stifterbild des Malers2 führen zu dem vorsichtigen Schluss, dass die Möglichkeit einer Selbstdarstellung in Form eines Rollenporträts als König Capar in der Anbetung gegeben ist. Die von Schaller zudem thematisierte Ähnlichkeit des ältesten Königs erscheint hingegen angesichts der typisierten Malweise Herlins wenig aussagekräftig. Zudem lieferte eine kritische Prüfung aller von der Autorin vorgeschlagenen Mehrfachselbstporträts keine eindeutig verifizierbaren Argumente für die Befürwortung ihres vorgeschlagenen Systems der „zeitgebundenen [Selbst]Porträts in verschiedenen Altersstufen“.3 Die Festschreibung des Königs Balthasar als zweites Selbstporträt des Malers in der Anbetung kann folglich nicht bestätigt werden.

Verweise

  1. Zu weiteren Königsdarstellungen Herlins, in denen der zweite König jeweils mit Vollbart dargestellt ist vgl. Friedrich Herlin, Anbetung der Könige, rechte Hälfte, um 1460/61, Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle; Friedrich Herlin, Anbetung der Könige (Altarflügel St. Gallen), 1461/62, St. Gallen, Kunstmuseum; Anbetung der Könige (Hochaltar St. Georg), 1462, Nördlingen, Stadtmuseum; Anbetung der Könige (Hochaltar St. Jakobskirche), 1466, Rothenburg ob der Tauber, St. Jakob; Abbildungen in: Krüger 2004, 215, 219, 233.↩︎

  2. Vgl. Einführungstext zu Friedrich Herlin.↩︎

  3. Schaller 2021, 138f.↩︎

Literatur

Krüger, Ralf: Friedrich Herlin. Maler und Altarbauunternehmer (Jahrbuch des Vereins Alt-Rothenburg e. V.), Rothenburg ob der Tauber 2004.
Kugler, Andrea/Nebel, Monika: Friedrich Herlin. Eine spätgotische Bilderwelt, Nördlingen 2000.
Schaller, Catherine 2021: Hans Fries. Identität und Augsburger Quellen. (Manuskript) 12/2021.
Stadtmuseum Nördlingen: Zwei Altarflügel von 1459, https://www.stadtmuseum-noerdlingen.de/de/zwei-altarfluegel-von-1459 (28.01.2023).

Zitiervorschlag: