Drachenwunder des hl. Philippus

Lippi, Filippino

1494 bis 1495

Italien; Florenz; Santa Maria Novella

Objekt

Bildrechte
Alternativtitel Deutsch:Philipp vertreibt den Drachen aus dem Tempel von Hierapolis; Die Vertreibung des Drachens durch den Hl. Philippus; Der hl. Philippus bezwingt den Drachen
Titel in Originalsprache:La cacciata del drago
Titel in Englisch:St Philip Driving the Dragon from the Temple of Hieropolis
Datierung: 1494 bis 1495
Anmerkungen zur Datierung:Beginn 1489 (Gewölbe mit den vier Patriarchen), Unterbrechung aufgrund des Auftrags für die Carafa-Kapelle in Rom, 1494/95 (Szenen aus dem Leben des hl. Philippus an der Ostwand), 1496/97 (Altarwand), Abschluss der Arbeiten 1502 (Szenen aus dem Leben des Johannes des Evangelisten)
Ursprungsregion:italienischer Raum
Lokalisierung:Italien; Florenz; Santa Maria Novella
Lokalisierung (Detail):Strozzi-Kapelle; Ostwand; mittleres Register Teil der malerischen Gesamtausstattung bestehend aus: die vier Patriarchen Adam, Noah, Abraham und Jakob (Gewölbe); Szenen aus dem Leben des hl. Philippus (Ostwand, die vom Eingang aus gesehen rechte Wand) mit der Vertreibung des Drachens durch den hl. Philippus (Wand) und Kreuzigung des hl. Philippus (Lünette); Szenen aus dem Leben Johannes des Evangelisten (Westwand) mit der Auferweckung der Drusiana durch Johannes den Evangelist (Wand) und Johannes der Evangelist im Ölkessel vor Kaiser Domitian (Lünette); Glasfenster mit Maria mit dem Kind und den hll. Philippus und Johannes dem Evangelist nach einem Entwurf Filippinos eingebettet in gemalte Scheinarchitektur (Altarwand)
Medium:Wandbild
Material:Fresko; Gold; Pastiglia
Bildträger:Wand
Ikonografische Bezeichnung:Drachenvertreibung durch Philippus (Apostel und Martyrer) aus dem Marstempel im Lande der Skythen
Iconclass:73F261 – story of the banishment of a dragon out of the temple of Mars
Signatur Wortlaut:LIPPI CHI PIN
Signatur/Datierung Position:im Mantelsaum des bewusstlosen jungen Mannes
Inschriften:

EX-H-TRI-D-M-VICT; oben am Altar (Marsheiligtum)

Inschriften/Signatur/Datierung weitere Ausführungen:

Weiters in der Strozzi-Kapelle: Datiert und signiert auf einem Gebäude in der Auferweckung der Drusiana.

Auftraggeber/Stifter:Filippo Strozzi (1428–1491) (Florentiner Bankier)
Provenienz:in situ
Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt:öffentlich

Zur Signatur im Mantelsaum,1 zu einer möglichen Deutung der Inschrift EX-H-TRI-D-M-Vict,2 zu den Signaturen und Inschriften in der Kapelle insgesamt.3

Verweise

  1. Borsook 1980, 123; Roettgen 1997, 460.↩︎

  2. Chrzanowska 2016, 16f.↩︎

  3. Borsook 1980, 123; Hoffmann 2009; Roettgen 1997, 406f.↩︎

Bildnis 1

Bildrechte
Lokalisierung im Objekt:zweite Figur von rechts
Ausführung Körper:Ganzfigur stehend
Ausführung Kopf:Dreiviertelporträt
Ikonografischer Kontext:dem Drachenwunder beiwohnend
Blick/Mimik:Blick nach links unten zum ohnmächtigen jungen Mann
Gesten:die Figur hat ihre rechte Hand vor der Brust erhoben (Daumen zur Brust, geöffnete Handfläche nach rechts), mit ihrer linken Hand umfasst und stützt sie den ohnmächtigen jungen Mann am Oberarm
Körperhaltung:leichter Kontrapost; annähernd bildparallel ausgerichtet; Kopf geneigt und etwas nach links gedreht
Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal:in einer Gruppe von Personen, die am rechten Bildrand dem in der Mitte stattfindenden Drachenwunder beiwohnen; überschnitten von der rechten Randfigur; überschnitten von dem niedergesunkenen ohnmächtigen jungen Mann, der von der Figur und insbesondere von der danebenstehenden Figur mit Turban gehalten bzw. gestützt wird; verortet in einem Grenzbereich des Bildes vor der rahmenden gemalten Scheinarchitektur
Zugeordnete Bildprotagonisten:dunkelhäutige Figur rechts, vorsichtig vorgeschlagen als Sklave Filippo Strozzis etwa von Giorgi; weitere Personen der Figurengruppe in diesem Bildbereich; korrespondierende Figurengruppe am gegenüberliegenden Rand des Bildes

Zur dunkelhäutige Figur als Sklave Filippo Strozzis.1

Verweise

  1. Giorgi 1998, 113.↩︎

Forschungsergebnis: Lippi, Filippino

Künstler des Bildnisses:Lippi, Filippino
Status:kontrovers diskutiert
Typ Autor/in Jahr Referenz Seite Anmerkungen
Erstzuschreibung Mengin 1932 Mengin 1932 – Le deux Lippi 185f -
Skeptisch/verneinend Baldini 1991 Berti, Baldini 1991 – Filippino Lippi 219 -
Bejahend Giorgi 1998 Giorgi 1998 – La Cappella Strozzi a Santa 113
Details
keine eindeutige Zustimmung, referiert Vorschlag neutral
Skeptisch/verneinend Schmid 2002 Schmid 2002 – Et pro remedio animae et 178
Details
indirekte Ablehnung

Mengin (1932) fällt die hier diskutierte Figur auf, da sie einfacher gekleidet ist als die umstehenden Personen und keine Kopfbedeckung trägt. Sie halte mit einer Hand den ohnmächtigen Jüngling und führe mit der anderen eine Geste des Mitleids aus; ihr Gesichtsausdruck zeige Schmerz. Weiters erwähnt der Autor, wie auch bei anderen von ihm vorgeschlagenen Selbstbildnissen des Malers (etwa in der Verkündigung), die üppige, unordentliche Haartracht und den kurzen, christusähnlichen Bart. Mengin nimmt an, dass Filippino, wie damals üblich, eingeladen worden war, sein Selbstbildnis im Freskenzyklus zu hinterlassen. Er vergleicht die Details des Gesichts der Figur mit dem Selbstbildnis Filippinos in der Brancacci-Kapelle, wobei er einräumt, dass dieser Vergleich schwierig sei, da eine Figur Bart trage und die Augen gesenkt habe, die andere bartlos sei und den Blick zum Betrachter richte. Dennoch stellt er fest, dass die hier diskutierte Figur die einzige in den Fresken der Strozzi-Kapelle sei, die mit dem Selbstbildnis Filippinos in der Brancacci-Kapelle in Einklang zu bringen wäre. Deshalb hält er es für möglich, dass der Maler sich hier im rechten Bildbereich des Drachenwunders einfügte. Aufgrund von physiognomischen Ähnlichkeiten zur hier diskutierten Figur schlägt Mengin noch weitere Selbstbildnisse Filippinos vor (etwa in der Verkündigung und in der Anbetung).1

Baldini (1991) bewertet den Vorschlag, in der hier diskutierten Figur ein Selbstbildnis Filippinos zu sehen, als etwas seltsam („un po’ strano“).2

Giorgi (1998) schreibt, dass in der rechten Randfigur möglicherweise der Sklave des Auftraggebers Filippo Strozzi porträtiert wurde und referiert wertungsfrei, dass in der hier diskutierten Figur von Mengin ein Selbstbildnis Filippinos vorgeschlagen wurde.3

Schmid (2002) zufolge ist in die Fresken Filippinos für die Strozzi-Kapelle kein einziges Porträt einer zeitgenössischen Person eingefügt.4

Verweise

  1. Mengin 1932, 185f.↩︎

  2. Baldini in Berti/Baldini 1991, 219.↩︎

  3. Giorgi 1998, 113.↩︎

  4. Schmid 2002, 178.↩︎

Wiederkehrende Physiognomie ohne Identifizierung

Mengins Beobachtung, dass Filippino die Gesichtszüge der hier diskutierten Figur in seinen Bildern immer wieder – u. a. für den hl. Johannes den Täufer – verwendete, ist zuzustimmen. Allerdings zeichnen keine dieser Figuren eindeutige Hinweise auf ein darin vorliegendes Selbstbildnis aus und auch die Forschung blieb allen Vorschlägen gegenüber skeptisch bzw. ignorierte diese völlig.

In Bezug auf die hier diskutierte Figur scheinen in Zusammenhang mit Mengins Vorschlag zwei Aspekte bemerkenswert: Zum einen befindet sich in unmittelbarer Nähe, am Mantelsaum des ohnmächtigen Jünglings, eine Signatur des Malers. Zum anderen ist die Figur eine von jenen, die sich vor die räumlich ambivalenten Randpfeiler gestellt haben, wo sich, so Grave „plötzlich das Verhältnis von Bild, fingierter, rahmender Architektur und dem realen Kapellenraum als ungewiss erweist.“1 Die Figur befindet sich somit an einer Bildschwelle, eine Verortung, die bei Selbstbildnissen immer wieder festgestellt werden kann. Dennoch reichen die Indizien nicht, um Mengins Einschätzung zu teilen.

Verweise

  1. Grave 2011, 230.↩︎

Literatur

Berti, Luciano/Baldini, Umberto: Filippino Lippi (Collana La specola), Florenz 1991.
Borsook, Eve: The Mural Painters of Tuscany. From Cimabue to Andrea del Sarto, Oxford 21980.
Chrzanowska, Agata Anna: Ghirlandaio, Ficino and Hermes Trismegistus. The Prisca Theologia in the Tornabuoni Frescoes, in: Laboratorio dell'ISPF, 13. Jg. 2016, H. 16, 1–27.
Giorgi, Silvia: La Cappella Strozzi a Santa Maria Novella, in: Paolucci, Antonio (Hg.): Cappelle del rinascimento a Firenze, Florenz 1998, 101–114.
Grave, Johannes: Grenzerkundungen zwischen Bild und Architektur. Filippino Lippis parergonale Ästhetik, in: Beyer, Andreas (Hg.): Das Auge der Architektur. Zur Frage der Bildlichkeit in der Baukunst (Eikones), Boston 2011, 221–250.
Hoffmann, Sabine: Lippi, Filippino, in: Allgemeines Künstlerlexikon Online, 2009, https://www.degruyter.com/database/AKL/entry/_00114540/html (16.03.2022).
Mengin, Urbain: Le deux Lippi (Les Maitres de l'art), Paris 1932.
Roettgen, Steffi: Wandmalerei der Frührenaissance in Italien. Band 2. Die Blütezeit 1470–1510, München 1997.
Schmid, J.: Et pro remedio animae et pro memoria. Bürgerliche repraesentatio in der Cappella Tornabuoni in S. Maria Novella (Italienische Forschungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz: I Mandorli, 2), München u. a. 2002.

Zitiervorschlag: