Marienkrönung

Lippi, Fra Filippo

1439 bis 1447

Italien; Florenz; Gallerie degli Uffizi

Objekt

Bildrechte
Alternativtitel Deutsch:Krönung Mariä; Krönung der Jungfrau Maria im Himmel; Marienkrönung mit Engeln und Heiligen
Titel in Originalsprache:Incoronazione di Maria Vergine; Annunciazione
Titel in Englisch:Sant’Ambrogio Coronation; Maringhi Coronation
Datierung: 1439 bis 1447
Ursprungsregion:italienischer Raum
Lokalisierung:Italien; Florenz; Gallerie degli Uffizi
Lokalisierung (Detail):Inventarnummer: 1890.8352
Medium:Altarbild
Material:Tempera
Bildträger:Holz
Maße: Höhe: 200 cm; Breite: 287 cm
Ikonografische Bezeichnung:Krönung Mariens
Iconclass:73E79(+5) – coronation of Mary in heaven (usually the Holy Trinity present) (+ donor(s), supplicant(s), whether or not with patron saint(s))
Signatur Wortlaut:FRATER FILIPPUS
Datierung Wortlaut:ohne
Signatur/Datierung Position:signiert an der Vorderkante der Plattform zentral unten um Bild
Inschriften:

IS PERFECIT OPUS; auf einem Spruchband, gehalten von einem Engel beim Porträt des Stifters (kniend, rechts unten im Bild)
JOB, MARTINUS, EUSTACHYS, TEMPISTEN; Inschriften bzw. Bezeichnungen der Figuren im zentralen vorderen Bereich in den jeweiligen Gewändern
AB HUIUS ECCLESIE PRIORE FRANCISCO MARINGHIO AN. MCCCCXLI FACTA, ET A MONIALIBUS ORNATA FUIT AN MDLXXXV; vermutlich ehemals Inschrift unklaren Anbringungszeitpunkts am verlorenen Rahmen

Auftraggeber/Stifter:Francesco Maringhi (gestorben 1441, Rektor, Prokurator und Leiter des Benediktinerkonvents Sant’Ambrogio); nach dem Tod Francesco Maringhis war dessen Neffe Domenico für die Betreuung des Auftrags zuständig
Provenienz:ehemals Hochaltar von Sant’Ambrogio, Florenz; 1810 gestohlen; in den Uffizien seit 1919; Originalrahmen nicht erhalten; nur eine Predellentafel erhalten (Bienenwunder des hl. Ambrosius, heute in der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin)
Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt:öffentlich

Zu Signatur und Inschriften: zur Signatur,1 zu den Inschriften auf den Gewändern2 und der vermutlichen Inschrift auf dem verlorenen Rahmen.3 Zur Auftragssituation mit dem Stifter Francesco Marghini4 und dessen Nachfolger5 und zur Provenienz.6

Verweise

  1. Ruda 1993, 15, 424f. Ruda zufolge galt die Signatur als verschollen und wurde bei der jüngsten Restaurierung freigelegt. Der Autor gibt die Signatur einmal mit „FRATER PHILIPPUS PINXIT“ und das zweite Mal mit „FRATER FILIPPUS“ wieder. Die Plattform mit der Inschrift ist in der Abbildung im online Katalog der Uffizien (eingesehen am 09.11.2022) zu sehen.↩︎

  2. Siehe etwa Marchini 1975, 202.↩︎

  3. Siehe dazu etwa Carmichael 1912; Marchini 1975, 202.↩︎

  4. Borsook 1981, 158f.↩︎

  5. Graul in Vasari 2011, 111 (Anm. 19).↩︎

  6. Genauere Angaben zur Provenienz bei Ruda 1993, 422 und im Online-Katalog der Staatlichen Museen zu Berlin (eingesehen am 27.10.2022).↩︎

Bildnis 1

Bildrechte
Lokalisierung im Objekt:zweite kniende Figur von links
Ausführung Körper:Kniestück
Ausführung Kopf:Dreiviertelporträt
Ikonografischer Kontext:Assistenzfigur
Blick/Mimik:Blick aus dem Bild, Lippen leicht geöffnet
Gesten:die Figur hat ihre linke Hand auf ihrem Knie abgelegt, darauf ruht ihr rechter Ellbogen; die recht Hand stützt den Kopf
Körperhaltung:kniend; Körperachse zum Geschehen in der Bildmitte hin ausgerichtet; Kopf etwas in Richtung Betrachter gedreht
Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal:positioniert an einer Bildschwelle hinter einer Plattform, welche die Bühne für die sakralen Figuren in der Mitte bildet; überschnitten vom Rand dieser Plattform; überschnitten von der Mönchsfigur davor; positioniert vor dem säulenartigen Abschluss einer Brüstung, der einen Blumenkranz trägt und aus dem Lilien hervorzuwachsen scheinen, deren Blüten sich im oberen Bildbereich befinden
Kleidung:Mönchsgewand: Habit eines Reformordens oder Karmeliterhabit
Sonstiges:Heiligenschein
Zugeordnete Bildprotagonisten:Figur unmittelbar davor, die ebenfalls kniet und ihre Aufmerksamkeit auf die Bildmitte gerichtet hat, vorgeschlagen als Stifter Maringhi von Schottmüller; möglicherweise als hl. Bernhard in Gestalt von Francesco Maringhi von Marchini; als Benediktinermönch von Mendelsohn; als hl. Benediktinermönch von Miller; als hl. Antonius d. Gr. von Ruda; Hiob rechts daneben, der zu den beiden Figuren blickt; symmetrisch zum Selbstbildnis positionierte kniende Figur auf der anderen Seite des Bildes, vorgeschlagen als Stifter Francesco Maringhi von Carmichael bzw. als dessen ebenfalls als Stifter fungierender Neffe Domenico von Marchini

Zu den verschiedenen Deutungen der Kleidung als Habit eines Reformordens1 und Karmeliterhabit.2 Zur Authentizität der Heiligenscheine.3 Zu Identifikationsvorschläge für weitere Figuren: zur knienden Figur als Stifter Maringhi,4 als hl. Bernhard in Gestalt von Francesco Maringhi,5 als Benediktinermönch,6 als hl. Benediktinermönch7 und als hl. Antonius d. Gr.;8 zur kniende Figur auf der anderen Seite als Stifter Francesco Maringhi9 oder Domenico von Marchini10

Verweise

  1. Ruda 1993, 141.↩︎

  2. Marchini 1975, 202. Borsook lehnt die Deutung als Karmeliterhabit ab, vgl. Borsook 1981, 169f.↩︎

  3. Ruda 1993, 353 (Anm. 11) schreibt, die Heiligenscheine der beiden Mönche links unten seien fast verblasst, aber noch eindeutig feststellbar und sie dürften original sein.↩︎

  4. Schottmüller 1907, 37.↩︎

  5. Marchini 1975, 9, 202.↩︎

  6. Mendelsohn 1909, 99.↩︎

  7. Miller 1983, 176f zitiert nach Ruda 1993, 353 (Anm. 11). Miller schlägt für die beiden Mönche links unten eine Identifizierung als hl. Benedikt und hl. Bernhard vor.↩︎

  8. Ruda 1993, 141.↩︎

  9. Carmichael 1912, 194; zu einer möglichen früheren Identifizierung siehe auch ibid., 199 (Anm. 19).↩︎

  10. Marchini 1975, 202.↩︎

Forschungsergebnis: Lippi, Fra Filippo

Künstler des Bildnisses:Lippi, Fra Filippo
Status:kontrovers diskutiert
Andere Identifikationsvorschläge:Benediktinermönch
Typ Autor/in Jahr Referenz Seite Anmerkungen
Erstzuschreibung Bocchi (hg. von Cinelli Calvoli 1677) 1655 Bocchi 1677 – Le bellezze delle citta di 351
Details
benennt keine konkrete Figur
Bejahend Richa 1755 Richa 1755 – Notizie istoriche delle chiese fiorentine 243
Details
benennt keine konkrete Figur
Bejahend Baldinucci (hg. von Piacenza 1768) 1768 Baldinucci 1768 – Notizie de' professori del disegno 556f, 564 (Anm. 2)
Details
benennt keine konkrete Figur
Erstzuschreibung Mengin 1932 Mengin 1932 – Le deux Lippi 13f
Details
benennt konkrete Figur
Bejahend Prinz 1966 Prinz 1966 – Vasaris Sammlung von Künstlerbildnissen 86 -
Bejahend Marchini 1975 Marchini 1975 – Filippo Lippi 10, 201f -
Bejahend Holsten 1978 Holsten (Hg.) 1978 – Das Bild des Künstlers 12 -
Bejahend Sleptzoff 1978 Sleptzoff 1978 – Men or Supermen 129f -
Skeptisch/verneinend Borsook 1981 Borsook 1981 – Cults and Imagery at Sant' 169f -
Skeptisch/verneinend Bonafoux 1985 Bonafoux 1985 – Der Maler im Selbstbildnis 11f -
Bejahend Ruda 1993 Ruda 1993 – Fra Filippo Lippi 141f, 424 -
Bejahend Schweikhart 1993 Schweikhart 1993 – Das Selbstbildnis im 15 15 -
Bejahend Marin 1995 Marin 1995 – Topic and Figures of Enunciation 209 -
Skeptisch/verneinend Holmes 1999 Holmes 1999 – Fra Filippo Lippi 273 (Anm. 181)
Details
nicht gänzlich ablehnend
Bejahend Horký 2003 Horký 2003 – Der Künstler ist im Bild 104f -
Bejahend Calabrese 2006 Calabrese 2006 – Die Geschichte des Selbstporträts 61 -
Bejahend Burg 2007 Burg 2007 – Die Signatur 381 -
Bejahend Rebel 2008 Rebel 2008 – Selbstporträts 28 -
Bejahend Rudd 2021 Rudd 2021 – Das Selbstporträt 14 -

Bocchi (1677) schreibt, Fra Filippo habe sein Selbstbildnis in einer knienden Figur auf der linken Seite der Marienkrönung eingefügt. Auf welche Figur konkret sich der Autor bezieht, bleibt unklar.1

Richa (1755) äußert sich in derselben Weise wie Bocchi.2

Baldinucci (1768) erwähnt ein Selbstbildnis Fra Filippos in der Marienkrönung zunächst im Zusammenhang mit der Erörterung der Frage nach dem Geburtsjahr des Malers. An späterer Stelle verweist er offenbar zustimmend auf Richas Vorschlag (s. o.), ebenfalls ohne sich weiter zu erklären.3

Mengin (1932) geht davon aus, dass bereits Richa das Selbstbildnis Fra Filippos in der Marienkrönung in der hier diskutierten Figur sah. Mengin vergleicht die Figur mit dem Selbstbildnis in der Pala Barbadori und der Porträtbüste im Epitaph in Spoleto (siehe die Vorbemerkung zum Künstler) und stellt überzeugende Ähnlichkeiten fest.4

Prinz (1966) sieht ein Selbstbildnis Fra Filippos in der hier diskutierten Figur und schreibt, dass der Maler sich so darstellte, wie er sich im Spiegel sah.5

Marchini (1975) sieht es als gesichert an, dass Fra Filippo sich in der hier diskutierten Figur porträtierte und hebt die Ähnlichkeit zur Pose des Selbstbildnisses in der Pala Barbadori hervor. Der Maler habe sich frech als Karmeliterheiliger eingeschmuggelt und beobachte die sakrale Szene nun aus der Nähe.6

Für Holsten (1978) steht Fra Filippos Selbstbildnis in der Marienkrönung in der Tradition von Orcagna und dessen Selbstbildnis im Relief Tod und Himmelfahrt Mariens in Orsanmichele.7 Fra Filippo stelle sich im Gegensatz zum früheren Meister aber deutlich selbstbewusster dar, was sich laut Holsten darin ausdrückt, dass Fra Filippo durch seinen Blick aus dem Bild „[b]ewußt die Andachtsbeziehung zwischen Betrachter und Gottesmutter“8 stört und sein Selbstbildnis dem des Stifters wie ein Pendant gegenüberstellt. Die Kühnheit des Selbstbildnisses würde dem „freiheitsstrebende[n] künstlerische[n] Selbstbewußtsein und soziale[n] Aufstieg“ des Künstlers entsprechen, der aus armen Verhältnissen stammte und zu einem der gefragtesten Vertreter seiner Zunft wurde.9

Sleptzoff (1978) stellt fest, dass die hier diskutierte Figur die Augenbraue leicht hebt, was eine charakteristische Gesichtsbewegung für jemanden sei, der sich im Spiegel betrachte. Die geöffneten Lippen sollen möglicherweise Aufmerksamkeit ausdrücken, die Haltung mit dem aufgestützten Kopf werde wenig später die typische Haltung des Melancholikers, der wiederum in engem Zusammenhang zum angenommenen Temperament der Künstler steht.10

Für Borsook (1981) stellt die Figur mit dem aufgestützten Kopf kein Selbstbildnis dar, weil die Kleidung nicht dem Habit der Karmeliten entspreche. Außerdem verwende Fra Filippo die auffällige Pose auch in anderen Bildern für Figuren, die jener in der Marienkrönung nicht übermäßig ähnelten – etwa für Petrus in Sieben Heilige oder für eine Figur in der Disputation in der Synagoge in Prato.11

Bonafoux (1985) schreibt, Fra Filippo habe sich in die Marienkrönung am Rand eingefügt, wie sich zuvor Buchmaler in der Randleiste von Handschriften dargestellt hätten und widersetze sich mit seinem Blick aus dem Bild der Anonymität. Aufgrund der Tatsache, dass sich Maler zur damaligen Zeit aber noch ohne ihrem Beruf entsprechende Attribute (Pinsel, Palette etc.) darzustellen pflegten, bleiben für Bonafoux Restzweifel bezüglich der Identität.12

Ruda (1993) bezeichnet es als wahrscheinlich, dass sich Fra Filippo in der hier diskutierten Figur porträtierte. Seiner Einschätzung nach hätte das Selbstbildnis aber von den Zeitgenossen nicht als solches erkannt werden können. Dem Autor fällt weiters auf, dass Hiob die Selbstbildnisfigur direkt anblickt. Möglicherweise, so Ruda, gehe diese Beziehung zur leidenden biblischen Figur auf einen Aufenthalt des Malers im Spital der Karmeliten im Jahr 1441 zurück. Für die Haltung der Figur verweist Ruda auf ein mögliches Vorbild im linken unteren Bereich von Andrea di Bonaiutos Fresko La Chiesa militante e trionfante in Santa Maria Novella.13 Im Vergleich dazu sei Fra Filippos jedoch deutlich fortgeschrittener, es handle sich hier um „at once the most expressively intimate and the most informally posed figure in Western art since antiquity.“14

Schweikhart (1993) hebt den kühnen Blick des Malers hervor, mit dem dieser in Kontakt zum Betrachter tritt. Der Blick aus dem Bild werde auch zunehmend zu einem Merkmal der Künstlerselbstbildnisse, das diese von Stifterbildnissen unterscheide.15

Marin (1995) schreibt, das auffälligere Stifterbildnis, das der Maler symmetrisch zu seinem Selbstbildnis platzierte, lenke von letzterem etwas ab. Die Haltung Fra Filippos deutet Marin als melancholisch bzw. gar als Ausdruck einer seltsamen Art von Acedia und mutmaßt über einen Zusammenhang mit einem möglichen Bruch des Malers mit dem Kloster.16

Holmes (1999) erwähnt das vorgeschlagene Selbstbildnis in der Marienkrönung im Zuge der Besprechung weiterer Selbstbildnisse Fra Filippos. Obwohl der intensive Blick aus dem Bild und das Aufstützen des Kinns in der Hand im frühen 16. Jahrhundert zu gängigen Merkmalen von Selbstbildnissen werden, wie die Autorin anmerkt, stuft sie dennoch die vorgeschlagenen Selbstbildnisse des Malers in Prato und Spoleto als plausibler ein.17

Horký (2003) betont, dass Fra Filippo die etwas unnatürlich wirkende Haltung seines Selbstbildnisses mit dem aufgestützten Kopf aufwändig konstruiert habe, weswegen sie sich als „Bedeutungsgeste“ lesen lasse. Im Sinne des „authorial self-fashioning“ stelle sich der Künstler als Melancholiker dar, der mithilfe seiner besonderen Fähigkeiten die Szene erdachte. In davon deutlich unterschiedener Rolle werde der Stifter auf der gegenüberliegenden Bildseite präsentiert, dessen Gebetshaltung auf den Zweck der Tafel als Vorsorge für das Seelenheil hinweise.18

Für Calabrese (2006) lässt sich Fra Filippos Aufstützen des Kopfes möglicherweise als Verbildlichung der rhetorischen Figur der Aposiopese interpretieren.19

Burg (2007) hebt hervor, dass Fra Filippos Selbstbildnis in der Marienkrönung eines der wenigen sei, die der von Taddeo di Bartolo begründeten Tradition folgen und sich in Form eines Kryptoporträts in ein Bild einfügen. Wie Taddeo di Bartolo stelle sich Fra Filippo auch mit Heiligenschein dar.20

Rebel (2008) beschreibt Fra Filippos Selbstbildnis in Assistenz als zwar etwas versteckt, jedoch in auffallender Haltung. Der Autor bezieht sich in der Deutung des Blicks direkt auf Holsten und entgegnet diesem, dass der Künstler nicht die Andacht des Betrachters stören wollte, sondern hier „die neue aufstrebende Geistigkeit des zunehmend selbstbewusster werdenden Renaissancekünstlers zum Ausdruck“21 bringt. Fra Filippo stelle sich also als schöpferisch inspirierter Maler dar, der vor seinem inneren Auge die himmlische Szene sieht.22

Rudd (2021) deutet den Blick Fra Filippos als arrogant und zugleich verträumt und liest das Selbstbildnis als Hinweis des Malers auf seine Fähigkeit, seine Vision des Himmelreichs dem Betrachter durch die Malkunst vor Augen führen zu können.23

Verweise

  1. Bocchi (hg. von Cinelli Calvoli 1677), 351.↩︎

  2. Richa 1755, 243.↩︎

  3. Baldinucci (hg. von Piacenza 1768), 556f, 564 (Anm. 2).↩︎

  4. Mengin 1932, 13f.↩︎

  5. Prinz 1966, 86.↩︎

  6. Marchini 1975, 10, 201f.↩︎

  7. Orcagna: Tod und Himmelfahrt Mariens, 1359, Marmorrelief, Teil des Tabernakels, Orsanmichele Florenz.↩︎

  8. Holsten 1978, 12.↩︎

  9. Ebd.↩︎

  10. Sleptzoff 1978, 129f.↩︎

  11. Borsook 1981, 169f.↩︎

  12. Bonafoux 1985, 11f.↩︎

  13. Andrea di Bonaiuto: La Chiesa militante e trionfante, 1365–1367, Fresko, Santa Maria Novella, Cappellone degli Sapagnoli.↩︎

  14. Ruda 1993, 141f, 424; hier 142.↩︎

  15. Schweikhart 1993, 15.↩︎

  16. Marin 1995, 209.↩︎

  17. Holmes 1999, 273 (Anm. 181).↩︎

  18. Horký 2003, 104f.↩︎

  19. Calabrese 2006, 61.↩︎

  20. Burg 2007, 381.↩︎

  21. Rebel 2008, 28.↩︎

  22. Ebd.↩︎

  23. Rudd 2021, 14.↩︎

Bildnis 2

Bildrechte
Lokalisierung im Objekt:erste kniende Figur von rechts
Ausführung Körper:Kniestück
Ausführung Kopf:im Profil
Ikonografischer Kontext:Assistenzfigur
Blick/Mimik:Blick leicht nach oben zur Bildmitte
Gesten:Hände vor der Brust zum Gebet gefaltet
Körperhaltung:kniend; Körperachse zum Geschehen in der Bildmitte hin ausgerichtet
Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal:positioniert an einer Bildschwelle hinter einer Plattform, welche die Bühne für die sakralen Figuren in der Mitte bildet; überschnitten vom Rand dieser Plattform; überschnitten vom stehenden Johannes dem Täufer davor, der seine Hand über der Figur ausstreckt; positioniert vor dem säulenartigen Abschluss einer Brüstung, der einen Blumenkranz trägt und aus dem Lilien hervorzuwachsen scheinen, deren Blüten sich im oberen Bildbereich befinden; über das Spruchband verbunden mit dem vor der Plattform befindlichen Engel
Attribute:Spruchband
Kleidung:in der Kleidung eines Weltgeistlichen, rotes Tuch um die Schultern
Zugeordnete Bildprotagonisten:stehende Figur unmittelbar rechts davor (Johannes der Täufer); Engel links der Figur, der ein Spruchband hält, das sich zwischen den beiden erstreckt; Blick der Figur wurde interpretiert als zur weiblichen, aus dem Bild blickenden Figur gerichtet, diese ehemals vorgeschlagen als Lucrezia Buti (Partnerin Fra Filippos) und die beiden Kinder daneben vorgeschlagen als die gemeinsamen Kinder Filippino und Alessandra etwa von Förster; tatsächlich handelt es sich um Theopista, die Ehefrau des ebenfalls dargestellten hl. Eustachius, und um deren Kinder; symmetrisch positionierte kniende Mönchsfiguren auf der anderen Seite des Bildes, davon hintere Figur mit Blick aus dem Bild vorgeschlagen als Selbstbildnis Fra Filippo Lippis von Mengin (siehe (Selbstbildnis 1) und vordere Figur mit Blick zur Bildmitte vorgeschlagen als Stifter Maringhi von Schottmüller; möglicherweise als hl. Bernhard in Gestalt von Francesco Maringhi vorgeschlagen von Marchini; als Benediktinermönch von Mendelsohn; als hl. Benediktinermönch von Miller; als hl. Antonius d. Gr. von Ruda

DieThese zur Kleidung eines Weltgeistlichen, steht im Widerspruch zur Ansicht, dass es sich bei der Figur um einen Karmeliter handelt.1
Zu Identifikationsvorschläge für weitere Figuren: zur weiblichen, aus dem Bild blickenden Figur, als Lucrezia Buti mit den Kindern Filippino und Alessandra2 bzw. als Theopista mit Kindern;3 zur kniienden Figur als Stifter Maringhi,4 als hl. Bernhard in Gestalt von Francesco Maringhi,5 als Benediktinermönch,6 als hl. Benediktinermönch7 und als hl. Antonius d. Gr.8

Verweise

  1. Carmichael 1912, 199. Der Autor widerspricht damit der nicht nachvollziehbaren früheren Ansicht, dass die Figur in den Habit der Karmeliten gekleidet sei, wie etwa Förster 1872, 64f schreibt.↩︎

  2. Förster 1872, 65.↩︎

  3. Ruda 1993, 141.↩︎

  4. Schottmüller 1907, 37.↩︎

  5. Marchini 1975, 9, 202.↩︎

  6. Mendelsohn 1909, 99.↩︎

  7. Miller 1983, 176f zitiert nach Ruda 1993, 353 (Anm. 11). Miller schlägt für die beiden Mönche links unten eine Identifizierung als hl. Benedikt und hl. Bernhard vor.↩︎

  8. Ruda 1993, 141.↩︎

Forschungsergebnis: Lippi, Fra Filippo

Künstler des Bildnisses:Lippi, Fra Filippo
Status:widerlegt
Status Anmerkungen:Der Vorschlag fand insbesondere bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts breite Zustimmung, kann jedoch seit Carmichaels Aufsatz von 1912 als widerlegt angesehen werden.
Andere Identifikationsvorschläge:Stifter Francesco Maringhi oder dessen Neffe Domenico
Typ Autor/in Jahr Referenz Seite Anmerkungen
Erstzuschreibung Vasari (hg. von Graul/Damm 2011) 1568 Vasari 2011 – Das Leben des Filippo Lippi 14
Details
indirekt durch Verwendung als Vorlage für das Vitenbildnis
Bejahend Cavalcaselle/Crowe 1864 Cavalcaselle, Crowe 1864 – A New History of Painting 327 -
Bejahend Förster 1872 Förster 1872 – Denkmale italienischer Malerei vom Verfall 64f -
Bejahend Cavalcaselle/Crowe 1892 Cavalcaselle, Crowe 1892 – Storia della pittura in Italia 156 -
Bejahend Woermann 1906 Woermann 1906 – Die italienische Bildnismalerei der Renaissance 37 -
Bejahend Mendelsohn 1909 Mendelsohn 1909 – Fra Filippo Lippi 99 -
Skeptisch/verneinend Anderson 1909 Anderson 1909 – The Romance of Fra Filppo 269f -
Bejahend Cavalcaselle/Crowe 1911 Cavalcaselle, Crowe 1911 – Umbria, Florence and Siena 152 -
Skeptisch/verneinend Carmichael 1912 Carmichael 1912 – Fra Lippo Lippi's Portrait 194, 199f -
Skeptisch/verneinend Braun 1914 Braun 1914 – Ein angebliches Selbstporträt Fra Filippo 179–186 -
Bejahend Benkard 1927 Benkard 1927 – Das Selbstbildnis vom 15 XIIf, 5f -
Bejahend Steinbart 1948 Steinbart 1948 – Masaccio 66 -
Bejahend Hartlaub 1958 Hartlaub 1958 – Das Selbstbildnerische in der Kunst 86 -
Skeptisch/verneinend Prinz 1966 Prinz 1966 – Vasaris Sammlung von Künstlerbildnissen 38, 85 -
Skeptisch/verneinend Sleptzoff 1978 Sleptzoff 1978 – Men or Supermen 129 -
Skeptisch/verneinend Gombrich 1985 Gombrich 1985 – Norm and Form 40 -
Skeptisch/verneinend Ruda 1993 Ruda 1993 – Fra Filippo Lippi 424 -

Für die Figur liegen Identifizierungsvorschläge als Stifter Francesco Maringhi1 bzw. als dessen ebenfalls als Stifter fungierender Neffe Domenico vor.2

Vasari erwähnt in der Vita Fra Filippo Lippis lediglich ein Selbstbildnis im Begräbnis des hl. Stephanus in Prato, das 1568 gedruckte Vitenbildnis basiert jedoch auf der hier diskutierten Figur aus der Marienkrönung, wie etwa Carmichael und Prinz ausführen (s. u.).3

Cavalcaselle und Crowe erwähnen in der italienischen Ausgabe ihrer Storia della pittura in Italia 1892 lediglich kurz, dass es sich bei der knienden Figur rechts in der Marienkrönung um ein Selbstbildnis des Malers handle. In den englischen Ausgaben A New History of Painting in Italy 1864 und A History of Painting in Italy 1912 argumentieren die Autoren etwas ausführlicher, das Selbstbildnis sei über die Inschrift „Is perfecit opus“ am Schriftband direkt vor der Figur, die überdies Tonsur trage, eindeutig zu identifizieren.4

Förster (1872) beschreibt die drei außerhalb der zentralen Plattform links und rechts am unteren Bildrand knienden Männer zunächst als Fremdkörper inmitten des himmlischen Personals. Der kniende Mann rechts sei im Habit der Karmeliten dargestellt und durch die Inschrift „Is perfecit opus“ als Vollbringer des Werks gekennzeichnet. Förster schreibt weiters, der das Schriftband haltende Engel wende sich bittend an den ganz rechts stehenden hl. Johannes den Täufer, dessen Geste sowohl „als abschlägige Antwort auf die Fürbitte des Engels, als Zeichen des Erstaunens“ über die mittels Inschrift überbrachte Botschaft interpretiert werden könne. In der jungen Frau mit den beiden Kindern links vor seinem Selbstbildnis hat Fra Filippo laut Förster seine Geliebte Lucrezia Buti und die gemeinsamen Kinder abgebildet. Obwohl es dem Autor selbst „seltsam und kaum begreiflich“ scheint, dass Fra Filippo diese Porträtgruppe in ein Hauptaltarbild einfügte, hält er an der Identifizierung fest.5

Woermann (1906) ist überzeugt davon, dass sich Fra Filippo in der hier diskutierten Figur dargestellt hat, habe er doch speziell mit der Inschrift auf dem Spruchband auf sich aufmerksam gemacht. Die Positionierung bewertet der Autor als bescheiden, das Gesicht als „hübsch“.6

Anderson (1909) lehnt den Vorschlag ab, in der hier diskutierten Figur ein Selbstbildnis Fra Filippos zu sehen, da weder das dargestellte Alter (Fra Filippo sei Anfang 30 gewesen, die Figur stelle einen Mann Mitte 60 dar) noch die Kleidung (Fra Filippo müsste den Habit der Karmeliten tragen, die Figur ist in einen schwarzen Habit gekleidet) passe. Der Autor geht davon aus, dass Einschätzungen von Fra Filippo als grob und ungebildet auf Deutungen der hier diskutierten Figur basieren. Obwohl er es für wenig wahrscheinlich hält, erwähnt Anderson doch die Möglichkeit, dass einer der Gehilfen Fra Filippos die hier diskutierte Figur erst nach dem Tod des Meisters in das Gemälde eingefügt haben könnte. Dieser könnte das authentische Bildnis des Grabmonuments zum Vorbild genommen, jedoch verabsäumt haben, auch all die dort zum Ausdruck gebrachten positiven Eigenschaften mit zu kopieren.7

Mendelsohn (1909) beschreibt das Gesicht der hier diskutierten Figur als gedunsen und grob, der Mund sei „sinnlich vorgeschoben“. Das Alter des Dargestellten schätzt die Autorin auf ca. 40 Jahre, was zu jenem Fra Filippos zum Entstehungszeitpunkt passe. Die Inschrift auf dem Spruchband und die Verortung im Vordergrund wertet die Autorin als Ausdruck von Selbstbewusstsein des Malers.8

Carmichael (1912) schreibt, Vasari habe die in der Marienkrönung rechts vorne kniende Figur als Vorlage für das Vitenbildnis Fra Filippos genommen, vermutlich Cinelli hätte diese Identifizierung erstmals in Worte gefasst und seither hätte kaum ein Kunsthistoriker widersprochen, obwohl die Zuschreibung nicht haltbar sei. Anschließend legt Carmichael ausführlich dar, weswegen in der Figur nicht der Maler, sondern der Stifter Francesco Maringhi zu sehen sei. Zunächst sei die Figur nicht wie ein Karmeliter, sondern wie ein Weltgeistlicher gekleidet, wobei auch die Tonsur kein sicherer Hinweis auf einen Mönch sei, da sie auch vom säkularen Klerus getragen wurde. Weiters empfindet Carmichael die Position im Bild als unpassend für ein Selbstbildnis, da dieses üblicherweise an untergeordneter Stelle eingebracht wurde. Auch die Inschrift auf dem Spruchband sei bislang falsch gedeutet worden, denn hätte der Maler damit auf sein Werk verweisen wollen, hätte er eher „is fecit hoc opus“ formuliert. Zu lesen sei jedoch „Is perfecit opus“, was als „this is the man who caused to be done the structure and whole foundation“ zu deuten sei.9 Und schließlich sei der Selbstbildnis-Vorschlag aus dem Grund abzulehnen, dass Fra Filippo zum Zeitpunkt des Entstehens der Tafel Mitte 30 war, hier aber ein alter Mann abgebildet sei. Das einzig authentische Bildnis Fra Filippos sei in dessen Grabmonument in Spoleto überliefert (siehe Vorbemerkung).10

Braun (1914) gibt an, seine Thesen bezüglich des Selbstbildnisses in der Marienkrönung zunächst in Unkenntnis der Ausführungen Carmichaels entwickelt, dann aber große Übereinstimmungen zwischen sich und dem früheren Autor festgestellt zu haben. Auch Braun ist der Ansicht, dass in der hier diskutierten Figur nicht der Maler, sondern der Stifter porträtiert ist und begründet dies mit drei Hauptargumenten. Wie Carmichael hält Braun erstens die Kleidung für unpassend, zweitens stellt die Haartracht für Braun nicht unbedingt eine Tonsur dar, sondern könnte auch eine Glatze meinen. Diese passe wiederum nicht zum Alter des Malers. Schließlich sei drittens mit der Inschrift am Spruchband eher „Er ließ anfertigen“ gemeint, was zu einem Stifterbildnis passe. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass es ursprünglich eine Signatur am Rahmen gab, die Fra Filippo bereits zur Genüge als Urheber auswies. Es habe daher keinen Anlass gegeben, auch noch ein Selbstbildnis einzufügen, viel wichtiger sei ein Bildnis des Stifters, das eben in der rechts unten knienden Figur zu erkennen sei. In Bezug auf den mitunter vorgebrachten Vorschlag, die kniende junge Frau mit den beiden Kindern könnte Lucrezia Buti darstellen, verweist Braun darauf, dass Buti erst 1435 geboren wurde, zum Entstehungszeitpunkt der Tafel also noch ein Kind war.11

Für Benkard (1927) ist die hier diskutierte Figur „das erste einwandfrei beglaubigte Selbstbildnis eines Malers“,12 das zwar durch bescheidenes Auftreten und Darstellung im Profil zunächst an ein Stifterbildnis denken lasse, durch die Inschrift aber eindeutig als Künstlerselbstbildnis identifiziert sei. Fra Filippo habe die Tafel „mit dem eigenen Bildnis signiert“13 und wage sich somit selbstbewusst aus der Anonymität. Gleichzeitig sei der bescheidene Auftritt als der eines Handwerkers zu interpretieren, der keinen Anspruch auf Zughörigkeit zu einer gesellschaftlich höherstehenden Klasse stellt. In Bezug auf das Alter der hier diskutierten Figur meint Benkard, es passe zu dem Fra Filippos, der zum Zeitpunkt der Ausführung Anfang 40 gewesen sei. Der Maler wirke in seinem Selbstbildnis etwas verdrossener als man aufgrund seines abenteuerlustigen Lebens annehmen würde. Schließlich äußert Benkard noch seine Verwunderung darüber, dass Vasari das Selbstbildnis zwar als Vorlage für das Vitenbildnis Fra Filippos verwendet, es in der Vita selbst aber nicht erwähnt.14

Steinbart (1948) zieht die hier diskutierte Figur als Vergleichsbeispiel zum Selbstbildnis Masaccios bei der Kathedra Petri heran und merkt an, Masaccio habe sich bereits so dargestellt, wie er sich bei der Arbeit seitlich im Spiegel betrachtet haben könnte. Fra Filippo hingegen wendet noch eine „altertümliche Tarnung des Ichs unter der Gestalt eines betenden Stifters“ an.15

Hartlaub (1958) bespricht Fra Filippos Selbstbildnis, das für ihn durch das Spruchband eindeutig belegt ist, im Rahmen einer Auseinandersetzung mit dem Selbstbildnerischen in der Kunst abseits eigentlicher Selbstbildnisse. Er geht davon aus, dass Fra Filippo tatsächlich so aussah, wie er sich in der Marienkrönung zeigte, da an der Figur zum einen keine Tendenz zu einer idealisierenden Darstellung zu erkennen sei und diese zum anderen gut zum Charakter des Malers passe. So kann Hartlaub weiter spekulieren, dass die Physiognomie Fra Filippos nicht nur das Aussehen des übrigen Personals im Bild beeinflusste, „sondern sogar der ganze Bildbau der gedrungenen, untersetzten Proportion und der rundlichen Schädelform des Malers“ entspricht.16

In seinem Aufsatz The Early Medici as Patrons of Art führt Gombrich (1966) aus, dass häufig der Auftraggeber als der Urheber von Kunstwerken angesehen wurde – ein Gedanke, der heute fremd erscheine und deshalb zu Fehleinschätzungen führen könne. Ein Beispiel, mit dem er seine These belegt, ist das Stifterbildnis in der Marienkrönung, das aufgrund der Inschrift auf dem Spruchband lange für ein Selbstbildnis gehalten wurde.17

Prinz (1966) zufolge dürfte der Schüler, den Vasari beauftragte, das Selbstbildnis Fra Filippos aus der Marienkrönung zu kopieren, die falsche Figur gewählt und das Bildnis des Stifters abgezeichnet haben. Diese Zeichnung diente dann als Vorlage für das Bildnis zur Vita Fra Filippos. Ob der Irrtum bei Vasari liegt oder schon vor ihm eine falsche Identifizierung im Umlauf war, lässt sich laut Prinz nicht mehr klären.18

Für Sleptzoff (1978) sprechen das Alter des Dargestellten und die Profilansicht gegen ein Selbstbildnis. In Bezug auf die Inschrift hält die Autorin fest, dass im Quattrocento durchaus der Stifter als der eigentliche Urheber eines Kunstwerks gesehen werden konnte.19

Ruda (1993) schreibt, die Figur sei seit Carmichael als Stifter Francesco Maringhi identifiziert, werde jedoch gelegentlich immer noch fälschlicherweise als Selbstbildnis Fra Filippos gehandelt.20

Verweise

  1. Carmichael 1912, 194; zu einer möglichen früheren Identifizierung siehe auch ibid., 199 (Anm. 19).↩︎

  2. Marchini 1975, 9, 202.↩︎

  3. Abbildung des Vitenbildnisses etwa in Vasari (hg. von Graul/Damm 2011), 14. Zahlreiche frühe Autoren folgen der Einschätzung Vasaris ohne eigene Interpretationen oder Erkenntnisse hinzuzufügen, darunter etwa Goldscheider 1936, 19 (Abb.); Marle 1928, 424; Schottmüller 1907, 36f; Milanesi in Vasari (hg. von Milanesi 1878), 615 (Anm. 2); Venturi 1911, 371. Weitere Angaben zu die Selbstbildnis-These befürwortenden Autoren finden sich bei Carmichael 1912, 194f und Braun 1914, 175, die ihrerseits der These als eine der ersten widersprachen (s. u.).↩︎

  4. Cavalcaselle/Crowe 1864, 327; Cavalcaselle/Crowe 1892, 156; Cavalcaselle/Crowe 1911, 152.↩︎

  5. Förster 1872, 64f.↩︎

  6. Woermann 1906, 37.↩︎

  7. Anderson 1909, 269f.↩︎

  8. Mendelsohn 1909, 99.↩︎

  9. Carmichael 1912, 194, 199f.↩︎

  10. Ebd., 199.↩︎

  11. Braun 1914, 179–186.↩︎

  12. Benkard 1927, XII.↩︎

  13. Ebd., XIII.↩︎

  14. Ebd., XIIf, 5f.↩︎

  15. Steinbart 1948, 66.↩︎

  16. Hartlaub 1958, 86.↩︎

  17. Gombrich 1985, 40 (Erstausgabe 1966).↩︎

  18. Prinz 1966, 38, 85.↩︎

  19. Sleptzoff 1978, 129.↩︎

  20. Ruda 1993, 424.↩︎

Bildnis 3

Bildrechte
Lokalisierung im Objekt:obere linke Bildhälfte; Figur nahe dem Thron neben einer Figur mit Krone
Ausführung Körper:Brustbild
Ausführung Kopf:Dreiviertelporträt
Ikonografischer Kontext:Assistenzfigur
Blick/Mimik:Blick nach links möglicherweise zur danebenstehenden, gekrönten Figur
Gesten:Hände nicht sichtbar
Körperhaltung:vermutlich aufrecht stehend, fast frontal zum Betrachter ausgerichtet, Kopf nach links gedreht
Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal:positioniert vor einer Mauer sehr nahe dem Thron Mariens, von diesem aber durch eine Brüstung getrennt; überschnitten von Engeln
Kleidung:Mönchsgewand
Sonstiges:Heiligenschein
Zugeordnete Bildprotagonisten:nebenstehende gekrönte Figur, mit der sich die Figur möglicherweise in Kommunikation befindet; kindliche Engels- oder Heiligenfigur unmittelbar davor, die ihren Kopf in die Hand gestützt hat; aufgrund des Mönchshabits mit den weiteren im Bild dargestellten Mönchsheiligen links unten (siehe auch Selbstbildnis 1)

Forschungsergebnis: Lippi, Fra Filippo

Künstler des Bildnisses:Lippi, Fra Filippo
Status:Einzelmeinung
Status Anmerkungen:Carmichael bringt den Vorschlag selbst als rein hypothetische Möglichkeit vor; der Vorschlag wurde in der Forschung nicht aufgegriffen. Dieser Eintrag ist daher fragmentarisch angelegt.
Typ Autor/in Jahr Referenz Seite Anmerkungen
Erstzuschreibung Carmichael 1912 Carmichael 1912 – Fra Lippo Lippi's Portrait 200 -

Carmichael (1912) legt in seinem Aufsatz ausführlich dar, weswegen das Selbstbildnis Fra Filippos in der Marienkrönung nicht wie bislang vielfach angenommen in der rechts vorne knieenden Figur mit rotem Tuch und Spruchband erkannt werden kann. Wenn er versucht gewesen wäre, ein Selbstbildnis in der Altartafel zu finden, so Carmichael im Konjunktiv, „it would have been in that handsome Carmelite saint, nearest the throne, in the upper row on the Gospel side.“1

Verweise

  1. Carmichael 1912, 200.↩︎

Ein klarer Favorit

Von den drei für die Marienkrönung vorliegenden Selbstbildnis-Vorschlägen könne zwei vernachlässigt werden: Die in der Forschung seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts vorgebrachten Argumente, in der Figur rechts (Selbstbildnis 2) der Stifter Francesco oder Domenico Maringhi zu sehen, überzeugen. Und Carmichael bringt die Mönchsfigur links oben (Selbstbildnis 3) als reines Gedankenexperiment ins Spiel. Demnach stellt sich lediglich die Frage, ob im Mönch mit aufgestütztem Kopf links unten (Selbstbildnis 1) tatsächlich ein Selbstbildnis Fra Filippos angenommen werden kann.

Ein Argument für ein Selbstbildnis in dieser Figur ist zunächst der Blick aus dem Bild, der vielfach zur Anwendung kam und sowohl der Betrachteransprache dient als auch Zeichen für die Selbstbetrachtung im Spiegel sein kann. Fra Filippo war Karmeliter – und auch die hier diskutierte Figur ist durch Tonsur und Habit, der mit dem der Karmeliten in Einklang zu bringen ist, als Mönch charakterisiert. Anders als bei der heute als Stifter geltenden Figur mit dem Spruchband auf der gegenüberliegenden Seite der Tafel spricht das Alter des Dargestellten nicht gegen ein Selbstbildnis, auch wenn es sich schwer beurteilen lässt und sich die Ausführung des Auftrags über fast zehn Jahre hinzog. Auch die Positionierung am unteren Bildrand in einem architektonisch als klar außerhalb des heiligsten Zirkels definierten Bereich scheint ein passender Ort für die Einfügung eines Selbstbildnisses zu sein. Mehrfach in der Forschung angesprochen und unterschiedlich beurteilt wurde die markante Haltung der Figur, die ihren in Dreiviertelansicht dargestellten Kopf auf ihre rechte Hand gestützt hat, die auf ihrer linken ruht, die wiederum auf dem aufgestellten Knie liegt. Diese Pose ist sowohl im Kontext von Fra Filippos Oeuvre als auch im größeren kunsthistorischen Zusammenhang interessant. Sie diente insbesondere in späterer Zeit dazu, Melancholie auszudrücken, ein Temperament, das mit Künstlern in Verbindung und dementsprechend auch in Selbstbildnissen zum Ausdruck gebracht wurde. Fra Filippo stellte mehrfach Figuren in ähnlicher Haltung dar, was AutorInnen zu teils gut begründeten, teils eher vernachlässigbaren Selbstbildnis-Vorschlägen inspirierte (siehe Pala Barbadori, Sieben Heilige und Disputation in der Synagoge). Der Gesichtsausdruck der hier diskutierten Figur wirkt jedoch eher kontemplativ als melancholisch und scheint den Betrachter aufzufordern, sich ebenfalls – bzw. vielleicht wie der ältere Mönch davor – gedanklich mit dem Dargestellten auseinanderzusetzen. Der Aspekt der Melancholie war daher womöglich von Fra Filippo nicht explizit in der Figur angelegt, sondern wurde erst retrospektiv aufgrund der im Zusammenhang mit dem Selbstbild der Künstler aufgekommenen Relevanz dieses Temperaments hineinprojiziert.

Die hier als Selbstbildnis diskutierte Figur trägt ebenso wie die Figur vor ihr einen heute verblassten Heiligenschein und ist damit anders als der gegenüber positionierte Stifter kein offensichtlicher Fremdkörper unter den vielen dargestellten Engeln und Heiligen. Auch wenn eine Selbstdarstellung als Heiliger nicht den Regelfall eines integrierten Selbstbildnisses im 15. Jahrhundert darstellt, gibt es dennoch in der Forschung akzeptierte Beispiele, beginnend etwa bei Taddeo di Bartolos Selbstbildnis in der Himmelfahrt Mariens. Interessant bleibt dennoch, dass der Stifter als er selbst auftritt, während der Maler in die Rolle eines Heiligen schlüpft, wodurch seine Identität dem zeitgenössischen Betrachter womöglich verborgen blieb.

Auch wenn sich letztlich nicht beweisen lässt, dass Fra Filippo sich selbst in dem so wach und lebendig aus dem Bild blickenden Mönchsheiligen porträtiert hat, so spricht die Indizien- und Forschungslage doch deutlich dafür.

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