Inhaltsverzeichnis
Objekt
Bildrechte
| Alternativtitel Deutsch: | Fest der Sebastiansgilde |
| Titel in Originalsprache: | Schuttersfeest |
| Titel in Englisch: | Festival of the Archers |
| Datierung: | 1493 |
| Ursprungsregion: | altniederländischer Raum |
| Lokalisierung: | Belgien; Antwerpen; Koninklijk Museum voor Schone Kunsten |
| Lokalisierung (Detail): | Inventarnummer: 529 |
| Medium: | Tafelbild |
| Material: | Öl |
| Bildträger: | Holz |
| Maße: | Höhe: 176 cm; Breite: 140 (141) cm |
| Maße Anmerkungen: | inklusive Rahmung 199 x 163 x 9,5 cm |
| Ikonografische Bezeichnung: | Schützenfest; Hortus conclusus; Garten (Liebesgarten) |
| Iconclass: | 47E252 – celebration of holidays ~ corporative organization, guild |
| Signatur Wortlaut: | ohne |
| Datierung Wortlaut: | MCCCCXCIII |
| Signatur/Datierung Position: | datiert: Teil der Inschrift des ehemaligen Rahmens |
| Inschriften: | Sanctus Sebastianus; auf dem Gebäude im rechten Mittelgrund |
| Auftraggeber/Stifter: | Gilde der Antwerpener Armbrustschützen |
| Provenienz: | Gilde van de Oude Voetboog; 1810 dem Museum Ecole Centrale des Department von Deux-Nèthes übergeben; im Bestand des Königlichen Museums für Schöne Künste, Antwerpen |
| Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt: | unbekannt |
Zur Inschrift,1 zum Stifter2 und zur Provenienz.3
Verweise
Inschrift u. a. abgedruckt bei: Friedländer 1917, 139. Die Inschrift wurde von Daniele Paperbrochus erstmals publiziert (Daniele Papebrochius, S. J. Annales Antverpienses ab urbe condita ad annum m. dccc. collecti ex ipsius civitatis monumentis publicis privatisque latinae ac patriae linguae […], hg. von Frans H. Mertens und Ernest Buschmann, 4 Bände, Antwerpen 1845; zitiert nach Goddard 1984, 52). Das Schützenfest ist das früheste datierbare Gemälde des Meisters, vgl. Goddard 1984, 52.↩︎
Goddard 1984, 13.↩︎
Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen o. J.↩︎
Bildnis 1
Bildrechte
| Lokalisierung im Objekt: | Figur hinter dem Zaun im Vordergrund, leicht aus der Mitte nach rechts gerückt |
| Ausführung Körper: | Ganzfigur sitzend |
| Ausführung Kopf: | Dreiviertelporträt |
| Ikonografischer Kontext: | Der Meister von Frankfurt befindet sich in Begleitung einer unbekannten Frau inmitten des Gemäldes, das als Liebesallegorie ebenso wie als eine Bezugnahme zu einem historischen Ereignis gedeutet wird. Das Paar bleibt vom restlichen Geschehen isoliert. In der männlichen Figur verschmelzen verschiedene Interpretationslinien (s. u.). |
| Blick/Mimik: | direkter Blick aus dem Bild |
| Gesten: | hält Schlägel in den Händen (wohl Zubehör für das Saiteninstrument, das sich auf dem Schoß der Frau zu seiner Linken befindet) |
| Körperhaltung: | aufrecht; leicht nach rechts gedreht |
| Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal: | innerhalb des dicht formulierten Figurenpersonals bildet der Mann mit seiner Begleiterin ein isoliert wirkendes Paar, in vertrauter Verbindung kommt ihre Hand auf seiner Schulter zu liegen, während er im Begriff scheint, das Instrument in ihrem Schoß zu spielen (Doppelporträt als Bild-im-Bild); über den horizontal verlaufenden Holzzaun im Vordergrund von diesem abgetrennt; vom Zaun, einer vorgelagerten Männerfigur und einer Blume überschnitten; vergleichsweise breite Leerfläche links der Figur, insbesondere wegen des leeren Weges, dessen spitze Kurve wie ein Pfeil auf den Meister weist; Porträt trotz der vielen Figuren auffällig hervortretend, betont u. a. über den hell-dunkel Kontrast, der sich aus seiner braun-schwarzen Kleidung und ihrem weißen Kleid ergibt, ein Kontrast, der sich so an keiner anderen Stelle wiederholt; Teil einer Reihe aufrechter Figuren im vertikalen Bildverlauf, die rechts des Weges einen deutlichen Tiefenzug vom Vordergrund bis hin zum zentralen Thron am Ende der Festwiese verursacht, ein Aufwärtszug, der weiterführend von der linken Schlossfassade aufgenommen wird, auf der sich die Inschrift befindet |
| Attribute: | Schlägel; Blumen |
| Kleidung: | brauner Mantel mit Pelzbesatz; Pelzhaube |
| Zugeordnete Bildprotagonisten: | Frau in Weiß mit Hund und Saiteninstrument zur Linken des Mannes, von Vandenbroeck interpretiert als südländischer Typ (abweichend vom restlichen weiblichen Figurenpersonal), bzw. als Roma oder Sinti |
Forschungsergebnis: Meister von Frankfurt
| Künstler des Bildnisses: | Meister von Frankfurt |
| Status: | weitgehend anerkannt |
| Typ | Autor/in | Jahr | Referenz | Seite | Anmerkungen |
|---|---|---|---|---|---|
| Erstzuschreibung | Friedländer (Georg Hulin de Loo) | 1917 | Friedländer 1917 – Der Meister von Frankfurt | 139 |
DetailsFriedländer bezieht sich auf Hulin de Loo 1913 – Ein authentisches Werk von Goossen, 68.
|
| Bejahend | Michel | 1934 | Michel 1934 – Le maître de Francfort | 240 | - |
| Bejahend | Hall | 1963 | Hall 1963 – Portretten van Nederlandse beeldende kunstenaars | 385f | - |
| Bejahend | Goddard | 1984 | Goddard 1984 – The Master of Frankfurt | 13, 17, 25, 35, 42, 46–51, 56, 127–129 | - |
| Bejahend | Vandenbroeck | 1985 | Vandenbroeck 1985 – Catalogus schilderijen 14e en 15e | 94, 101, 105 | - |
| Bejahend | Schweikhart | 1993 | Schweikhart 1993 – Das Selbstbildnis im 15 | 24 | - |
| Bejahend | Véronee-Verhaegen | 1994 | Véronee-Verhaegen 1994 – Le portrait | 228 | - |
| Bejahend | Goddard | 1994 | Goddard 1994 – Les petits maîtres | 568 | - |
| Bejahend | Birnfeld | 2009 | Birnfeld 2009 – Der Künstler und seine Frau | 176 | - |
| Bejahend | Bloom | 2009 | Bloom 2009 – The Role of Painters | bes. 71, 83, 85 | - |
| Bejahend | Gigante | 2010 | Gigante 2010 – Autoportraits en marge | 119f | - |
| Bejahend | Borchert | 2014 | Borchert 2014 – Meisterhaft | 316–321, bes. 317 | - |
Georg Hulin de Loo hatte Max Friedländer mündlich darauf hingewiesen, dass sich der im Doppelporträt mit Frau dargestellte Maler ebenso im Gemälde des Schützenfestes befinde. In Folge wurde das Bild von Friedländer 1917 dem Meister von Frankfurt zugeschrieben, was eine Identifizierung des Porträts mit diesem impliziert. In der Detailbetrachtung thematisierte Friedländer den direkten Blick der Porträtfigur und die Verbindung mit der beigestellten Frau und räumte ein, dass er dieses Bildnis ohne Hulins Hinweis nicht dem Meister von Frankfurt zugeordnet hätte: „Im Mittelgrunde steht ein jüngerer Mann mit dem Blick auf den Beschauer, mit Stäbchen in den Händen ein Brettinstrument spielend, das auf dem Schoße einer Frau liegt. Ich gestehe, daß ich vor diesem Bild an den Frankfurter Meister nicht gedacht hätte.“1 Hulin de Loo hatte im Vorfeld Heynrick van Cleve als Maler des Doppelporträts und folglich des Schützenfestes angenommen.2
Michel (1934) beschreibt das Selbstporträt als ein über lange Zeit wiederkehrendes Element in bedeutenden Werken des Meisters – etwa im Schützenfest – als eine unbestreitbare Signatur, „[…] une indiscutable signature.“3
Hall (1963) listet das Selbstporträt in seiner Sammlung von Portretten van Nederlandse beeldende kunstenaars neben der Selbstdarstellung im Annenaltar und der in einer freien Kopie nach dem Monforte-Altar.4
1984 beschäftigt sich Stephen H. Goddard in seiner Monografie zum Meister von Frankfurt und seiner Werkstatt5 intensiv mit dem Selbstporträt. Der Autor betont die Unsicherheit in den Forschungsergebnissen zum Meister und stellte fest, dass zu den wenigen gesicherten Fakten das Geburtsjahr und die Mitgliedschaft bei der Antwerpener Lukasgilde gehören; Erkenntnisse, die sich aus dem Doppelbildnis mit Frau ableiten lassen. Das Selbstporträt im Schützenfest,6 so Goddard, sei über jeden Zweifel erhaben.7 Selbstbildnisse zu malen gehört nach Goddard zu den besonderen Fähigkeiten des Meisters,8 die er sukzessive entwickelte. Im formalen Vergleich mit der Selbstdarstellung im Doppelporträt und der späteren im Annenaltar bezeichnet Goddard jenes im Schützenfest als eine „less rehearsed execution“; als eine Scharnierstellung zwischen der frühen Ausführung in selbstbewusster Gründlichkeit und der späteren, die wohl keine Herausforderung mehr bereithielt.9 Aus den Selbstporträts10 und den männlichen Porträts des Meisters allgemein lasse sich sein Charakter ableiten, der nach Goddard als streng, kraftvoll, selbstbewusst, ruhig, das eigene Leben akzeptierend und urteilsfrei zu interpretieren wäre. Auch wenn die Dargestellten ihre Züge behielten, wirkten sie wie Variationen eines Themas, was sich am deutlichsten in den Selbstporträts zeige. Diese dienen daher als Maßstab bei Zuweisungsfragen.11 Zudem stellt der Autor die Theorie auf, dass es sich beim Meister von Frankfurt um Hendrik van Wueluwe handeln könnte, dem prominentesten Mitglied der Lukasgilde im frühen 16. Jahrhundert.12 Wesentlich scheint auch Goddards Bezugnahme auf die „violets“, die sich nahe des Selbstporträts im Schützenfest finden und die als Zeichen der Lukasgilde und der Violieren galten, einer Rhetorikkammer in Antwerpen. Diese stand in enger Verbindung mit der Lukasgilde und wurde zum Organisieren von Festen herangezogen. Die Blumen13 könnten hypothetisch darauf hinweisen, dass der Meister von Frankfurt innerhalb der Zunft nicht nur als Maler fungierte, sondern sich vielmehr auch als Organisator des Festes inszenierte, bzw. dass er prinzipiell als Verantwortlicher von Veranstaltungen wie der von ihm dargestellten aufgetreten sein könnte.14 Weiters spekuliert Goddard über „Familienähnlichkeiten“, indem er das Porträt des Meisters von Frankfurt mit einem von Jan van Wueluwe vergleicht, bei dem es sich um einen Sohn des Hendrik van Wueluwe und einen späteren „Prinzen“ der Violieren handelt. Auch dieser ist mit Kreuzblütlern dargestellt.15 1994 nimmt der Autor die Diskussion wieder auf und verifiziert das Selbstporträt des Meisters im Annenaltar über den Vergleich mit den Selbstdarstellungen im Schützenfest und im Doppelporträt mit Gattin.16
Vandenbroeck (1985), der mehrfach auf die Übereinstimmungen bzw. gegenseitigen Bestätigungen der männlichen Porträts im Doppelporträt mit Frau und dem Schützenfest verweist,17 bestätigt das Selbstbildnis vorsichtig zustimmend: „Naar alle waarschijnlijkheid is het een zelfportret van de schilder.“18 In der Beschreibung des Bildnisses legt der Autor den Fokus auf die Kleidung des Malers und den direkten Blick Richtung BetrachterIn.19
Schweikhart (1993) identifiziert den Meister von Frankfurt im Zuge seiner Ausführungen zum Selbstbildnis im 15. Jahrhundert über eine Zusammenschau der Bildnisse im Doppelporträt mit Gattin und im Schützenfest.20
Nach allgemeinen Feststellungen zu Funktion (Signatur, Devotion, Künstlerstolz) und Erkennungsmerkmalen (zeitgenössische Kleidung, abwesender oder direkter Blick, im Hintergrund) und einem Hinweis auf die Schwierigkeit der Identifikation von Selbstdarstellungen listet Véronee-Verhaegen (1994) eine Reihe von Bildnissen auf. Der Frankfurter Meister habe nach der Autorin mindestens fünf Selbstporträts geschaffen, darunter eines in der Anbetung der Könige in Antwerpen und eines im Schützenfest.21
In Birnfelds Studien von Künstlerbildnissen mit Ehefrauen (2009) liegt der Fokus erneut auf dem Doppelbildnis. Dem Selbstbildnis im Schützenfest gibt die Autorin den Status eines Signaturbildnisses und betont, dass es sich bei der Frau neben dem Maler keinesfalls um die Gattin handelt.22
Bloom (2009) analysiert das Schützenfest als frühestes profanes Gemäldes von historischer Bedeutung im Kontext des kulturellen Status und der Funktionen der Malers. Es enthalte das früheste nachweisbare integrierte Selbstbildnis eines niederländischen Künstlers in Ausübung seines Handwerks – bemerkenswert sei dabei die Inszenierung nicht als Maler, sondern als Musiker und Zeremonienmeister, wodurch der Frankfurter Meister seine Autorität steigere. Somit sind gängige Vorstellungen von der kreativen und kulturellen Rolle des Malers (der Maler der Zeit) zu revidieren. In seiner Doppelrolle wirke der Meister als kultureller Mittler zwischen Gilde, Stadt und Hof. Das Gemälde trage durch den öffentlichen Charakter des dargestellten Festes zur Konstruktion höfischer, bürgerliche, gesellschaftlicher und individueller Identitäten bei. Es vereine ein Porträt Peter de Grammes (möglicherweise ein Ehebildnis), das Selbstporträt des Künstlers und ein Gruppenporträt der Antwerpener Bogenschützen, zugleich erfülle es profane, memoriale, historische und dekorative Funktionen und gewähre Einblick in die berufliche Selbstverortung des Meisters.23
Gigante (2010) listet eine Reihe von Selbstdarstellungen des Meisters auf und entwickelt die These, es könne sich bei den Bildnissen um Markenzeichen handeln.24 Im Falle des Selbstbildnisses im Schützenfest fokussiert sie wie Goddard (s. o.) auf eine mögliche Selbstinszenierung des Malers als Rhetor, die sich aus Assoziationen durch die Blumen in der Nähe der Figur ergebe. Hinsichtlich einer Identifizierung der Frau legt sich die Autorin nicht fest.25
2014 bestätigt Borchert die Selbstdarstellungen des Meisters von Frankfurt im Doppelporträt mit Gattin und im Schützenfest. Weiters verweist der Autor auf die mögliche Selbstporträtfigur in der Kreuzabnahme in Watervliet, deren Identifizierung er als problematisch erachtet.26
Verweise
Friedländer 1917, 139.↩︎
Hulin de Loo 1913, 68.↩︎
Michel 1934, 240.↩︎
Hall 1963, 385f.↩︎
Goddard 1984.↩︎
Ebd., 13.↩︎
Ebd., 35.↩︎
Ebd., 17.↩︎
Goddard 1984, 56.↩︎
Namentlich erwähnt sind an der Stelle nur die Selbstporträts im Doppelporträt mit Frau und im Annenaltar, dennoch liegt es nahe, die Erkenntnis auch auf das Schützenfest zu übertragen, das an anderer Stelle in direktem Zusammenhang mit dem Doppelporträt mit Frau genannt ist (s. o.).↩︎
Goddard 1984, 25.↩︎
Diese These leitet Goddard über Analysen des Doppelporträts mit Frau ab, das wegen der ausformulierten Zeichen der Lukasgilde wohl einem führenden Maler vorbehalten gewesen sein muss – dass van Wueluwe dies war, zeige sich alleine über seinen Grabstein, auf dem das Wappen ebenfalls ausgeführt ist, vgl. ebd., 42, 46, 129.↩︎
Es handelt sich bei den Blumen allerdings nicht wie Goddard angibt um Veilchen, sondern um Kreuzblütler, wie sie sich auch im Wappen der Violieren befinden.↩︎
Goddard 1984, 46f, 129.↩︎
Anonymer südniederländischer Meister, Porträt des Jan Van Wueluwe, 1556, Antwerpen, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten. Zu weiteren Überlegungen zur Identifizierung des Meisters von Frankfurt mit Hendrik van Wueluwe vgl. ebd., 46–51.↩︎
Goddard 1994, 568.↩︎
Vandenbroeck 1985, 101, 105. An anderer Stelle geht der Autor mehr ins Detail und bezieht auch mögliche Selbstporträts in der Anbetung der Könige in Antwerpen, in der Kreuzabnahme in Watervliet oder im Annenaltar in Frankfurt ein. Vgl. Vandenbroeck 1985, 94.↩︎
Vandenbroeck 1985, 101.↩︎
Ebd.↩︎
Schweikhart 1993, 24.↩︎
Véronee-Verhaegen 1994, 228.↩︎
Birnfeld 2009, 176.↩︎
Bloom 2009, bes. 71,83, 85.↩︎
Gigante 2010, 119f.↩︎
Borchert 2014, 316–321, bes. 317.↩︎
Zu Beginn ein Fest
Das Schützenfest wurde von Friedländer 1917 vorerst „hypothetisch“ als ein „Jugendwerk“ des Meisters von Frankfurt in die Forschungsdiskussion eingeführt.1 Unabhängig von der Frage der Identifizierung des Malers, der an dieser Stelle nicht nachgegangen wird, bietet das Schützenfest eindeutige Hinweise auf die lokale Verortung. Neben der von Daniele Papebrochius publizierten Inschrift auf dem ehemaligen Rahmen des Gemäldes, die die Tafel als eine Stiftung an die Stadt kennzeichnete,2 bieten lesbare Wappen (etwa im Fenster des Gebäudes mit dem Rundturm) konkrete Hinweise auf die Stadt Antwerpen bzw. die Antwerpener Schützengilden.3 Das Bild eines profanen Gartens – nach Goddard ist es das früheste Gemälde dieses Genres4 – dürfte auf ein Fest rekurrieren, das zu Ehren von Herzog Johann IV. von Brabant, einem Förderer der Antwerpener Armbrustschützen, 1422 gegeben wurde – auf eine Begebenheit, der traditionellerweise jährlich mit einer öffentlichen Feier gedacht wurde. Teils wird die zentral im Mittelgrund thronende Figur als Johann IV. gedeutet, wahrscheinlicher ist, dass es sich hierbei um den „Zunft-König“, der einen Schießwettbewerb leitet, handelt. Finanziert könnte das Bild von der Stadtverwaltung und vom örtlichen Adel worden sein, vielleicht fallen den aufgeführten Paaren Rollen als Stifter zu.5 Neben historischen Elementen koexistieren allegorische. So werden die Formulierung der zahlreichen Paare und des Gartens als Hortus conclusus als Sinnbilder für Verlöbnis, Liebe und Ehe verstanden.6 Aus dem historischen Festareal wird ein freudenreicher Liebesgarten.7
Im durch formale Mittel mehrfach freigestellten Bildnis (umgebende Freiflächen und Betonung durch den Weg, Farbkontraste) verschmelzen sowohl historische wie allegorische Ebenen: Weisen die beigestellten Blumen auf die etwa von Goddard ausformulierte Verbindung zu den Violieren und folglich zu der Lukasgilde (s. o.) hin, so sind die (sogar körperliche) Verbindung mit der Frau oder der Schoßhund als Hinweise auf einen Liebesgarten zu lesen. Die über die vertikale Verbindung durch den Weg geschaffene kompositorische Bezugnahme zum Thron der Festwiese und die durch den direkten Blick gegebenen BetrachterInnenansprache könnten Goddards These unterstützen, dass es sich im Mann um den Organisator des Festes handelt (s. o.) – um den Künstler, der in alle Richtungen agiert. Dass die Figur ein Selbstporträt des Meisters von Frankfurt ist, steht insbesondere durch den direkten Vergleich des Bildnisses mit jenem im Doppelporträt mit Gattin außer Zweifel – da sich die hier abgebildete Dame allerdings eindeutig nicht mit der Gemahlin gleichsetzen lässt, entsteht ein geheimnisvolles Flair.
In gewisser Weise erinnert das Gemälde – wenn auch nur kompositorisch – an die von Albrecht Dürer deutlich später ausgeführte Marter der zehntausend Christen.8 In beiden Fällen handelt es sich um hochformatige Gemälde, in denen sich die jeweils integrierten Selbstbildnisse in Begleitung einer weiteren Person, mit der sie isoliert wirkende Paare bilden, befinden. Diese stehen/sitzen im Mittelgrund, leicht aus dem Zentrum geschoben, von aufwärtsstrebenden Elementen betont, in einem wie ein Fluchtkanal anmutenden Leerraum inmitten eines Horror vacui an Figuren.
Verweise
Friedländer 1917, 140, 150.↩︎
Vgl. u. a. Goddard 1984, 53.↩︎
Büttner 2008, 58.↩︎
Goddard 1984, 54.↩︎
Zu inhaltlichen Ebenen sowie allegorischen und historischen Elementen des Gemäldes samt weiterführender Literatur vgl. ebd., 126–129, bes. 127.↩︎
Vgl. u. a. Büttner 2008, 58f; Goddard 1984, 126–129, bes. 128; Vandenbroeck 1983.↩︎
Zum Liebesgarten im 15. Jahrhundert und zum Schützenfest im Besonderen vgl. Smith Favis 1974, bes. 222f.↩︎
Albrecht Dürer, Marter der zehntausend Christen, 1508, Wien, Kunsthistorisches Museum.↩︎
Literatur
Zitiervorschlag:
Krabichler, Elisabeth: Schützenfest (Katalogeintrag), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/katalogeintrag/meister-von-frankfurt-schutzenfest-1493-antwerpen-koninklijk-museum-voor-schone-kunsten/ (05.12.2025).