Inhaltsverzeichnis
Objekt
Bildrechte
| Detailtitel: | Auferstehung Christi (Teil von: Appartamento Borgia, Sala dei Misteri) |
| Titel in Originalsprache: | Ressurrezione; Ressurrezione di Cristo |
| Titel in Englisch: | Resurrection of Christ |
| Datierung: | 1492 bis 1494 |
| Ursprungsregion: | italienischer Raum |
| Lokalisierung: | Vatikan; Vatikanstadt; Palazzi Pontifici |
| Lokalisierung (Detail): | Appartamento Borgia; Sala dei Misteri; Teil der malerischen Gesamtausstattung der privaten Gemächer von Papst Alexander VI. Darin befinden sich ein Zyklus zu Jesus Christus und der Jungfrau Maria: Verkündigung, Geburt Christi, Anbetung der Könige, Auferstehung Christi, Himmelfahrt Christi, Ausgießung des hl. Geistes, Himmelfahrt Mariä (Lünetten); ein Stier sowie Tondi mit den Propheten David, Jesaja, Salomon, Maleachi, Zefanja, Micha, Joel, Jeremia (Decke); gemalte Tapisserien (Wände). |
| Medium: | Wandbild |
| Material: | Fresko; Stuck; Gold; Mischtechnik |
| Bildträger: | Wand |
| Ikonografische Bezeichnung: | Auferstehung Christi |
| Iconclass: | 73E1 – Resurrection of Christ |
| Signatur Wortlaut: | ohne |
| Datierung Wortlaut: | ohne |
| Inschriften: | grafische, unleserliche Zeichen; auf einer mittig am Sarkophag zu sehenden antiken Tabula |
| Auftraggeber/Stifter: | Papst Alexander VI. |
| Provenienz: | in situ |
| Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt: | teilöffentlich |
Bildnis 1
Bildrechte
| Lokalisierung im Objekt: | Spiegelung in der Rüstung des vor dem leeren Sarg schlafenden Soldaten |
| Sonstiges: | Spiegelung |
Forschungsergebnis: Anonymer Mitarbeiter in der Werkstatt Pintoricchios
| Künstler des Bildnisses: | Anonymer Mitarbeiter in der Werkstatt Pintoricchios |
| Status: | Einzelmeinung |
| Status Anmerkungen: | Buranellis Hinweis auf die Spiegelung im schlafenden Soldaten vor dem offenen Grab Christi und die damit einhergehende These eines möglichen Selbstbildnisses lässt viele Fragen offen. Der Katalogeintrag, der daher fragmentarisch und knapp gehalten ist, wurde zur Vollständigkeit der behandelten Selbstdarstellungen im Appartamento Borgia in die Datenbank aufgenommen. |
| Andere Identifikationsvorschläge: | Jofrè, Sohn von Papst Alexander VI. |
| Typ | Autor/in | Jahr | Referenz | Seite | Anmerkungen |
|---|---|---|---|---|---|
| Skeptisch/verneinend | Ricci | 1912 | Ricci 1912 – Pintoricchio | 158f | - |
| Erstzuschreibung | Buranelli | 2008 | Buranelli 2008 – L'appartamento Borgia in Vaticano | 237 | - |
| Erstzuschreibung | Buranelli | 2008 | Buranelli 2008 – L'appartamento Borgia in Vaticano | 72 | - |
Ricci weist bereits 1912 auf die Spiegelung hin und interpretiert sie als eine Darstellung von Jofrè, einem Sohn von Papst Alexander VI.1
Buranelli (2008) identifiziert die Spiegelung im Brustpanzer des schlafenden Soldaten vor dem offenen Grab Christi in der Auferstehung Christi als ein anonymes Selbstbildnis eines Werkstattmitglieds: „Accanto a lui lavoravano giovani maestranze che addirittura si raffigurano in un inedito e purtroppo anonimo autoritratto·nel riflesso dell'armatura del soldato addormentato ai piedi del sepolcro.”2
Ein Blick nach Norden
Handelt es sich bei der Spiegelung im Harnisch des vor dem Sarkophag schlafenden Soldaten in der Auferstehung Christi entsprechend den Ausführungen Buranellis tatsächlich um ein Selbstporträt, so ist im Fresko ein vorrangig in den Niederlanden verbreitetes Motiv der Selbstinszenierung gegeben: ein in einem spiegelnden Gegenstand verstecktes Porträt. Das bekannteste Beispiel hierzu ist Jan van Eycks Selbstporträt als Spiegelung im Schild des hl. Georg in der Paele-Madonna. Buranelli schließt aus den Erkenntnissen, die konservatorische Maßnahmen ergeben haben, dass zumindest zwei (eventuell auch weitere) Mitarbeiter Pintoricchios an den Ausführungen in der Sala dei Misteri beteiligt waren.1 Eine ähnliche These vertritt Nesselrath, der ebenfalls davon ausgeht, dass ein Mitarbeiter Pintoricchios im Brustpanzer abgebildet ist.2
Im Vorfeld hat Ricci bereits 1912 auf die Spiegelung aufmerksam gemacht. Der Autor ging davon aus, dass die dargestellten Soldaten, die das Grab Christi bewachen, als Söhne Papst Alexanders VI. zu identifizieren seien: Giovanni (rechts außen im Bild), Cesare (im Vordergrund kniend) und Jofrè (vor dem Sarg schlafend). Die Spiegelung eines jungen Mannes im Harnisch des letztgenannten befindet sich nach Ricci in einem „squarcio, corrispondente al cuore“ und zeigt einen jungen Mann mit Mütze. Form und Farbe der Reflexion seien nicht mit den Figuren im Vordergrund in Zusammenhang zu bringen, folglich könne die Spiegelung nicht als Wiederholungen von einem dieser Männer gedeutet werde. Nach Ricci sei im Panzer des Jofrè – des sensibelsten der Brüder – Pier Luigi, ein weiterer, bereits verstorbener Sohn des Papsts gezeigt, der im Herzen weiterlebe.3
1992 analysierte Poeschel im Zusammenhang überzeugender Detailbetrachtungen aller thematisierten Porträts im Appartamento auch die als Familienmitglieder des Borgia-Papstes vorgeschlagenen Grabwächter. Sie führt Riccis These ad absurdum, indem sie Familienähnlichkeiten überprüft, Vergleichsbilder heranzieht, die kompositionelle Wertigkeit in Abstimmung mit dem als Porträt verifizierten Bildnis des Papstes untersucht und prinzipiell fehlende Porträtausführung sowie nicht vorhandene Identifikationsmöglichkeiten der negativ konnotierten Soldaten feststellt. Nach Poeschel handelt es sich bei den Soldaten um typisierte Figuren im narrativen Zusammenhang der sakralen Szene.4 Die Spiegelung ist ein Zeichen von Virtuosität und somit als Hinweis auf Pintoricchios Synthesefähigkeit zu werten. Genauso repräsentiert sie die Verarbeitung von Inspirationen, die Pintoricchio aus italienischen und flämischen Entwicklungen zog. Poeschel bespricht u. a. Analogien mit der Spiegelung van Eycks in der Paele-Madonna,5 ohne dabei zu thematisieren, dass gerade über diesen Vergleich die Möglichkeit eines versteckten Selbstporträts im Raum steht.
Keine der angeführten Thesen lässt sich über Quellen oder aussagekräftige Vergleiche eindeutig belegen, obwohl die Spiegelung deutlich zu erkennen ist.6 Als solche impliziert sie ein bewusstes Vorgehen des Malers und seine Absicht, eine versteckte, aber bedeutende Figur zu inszenieren. Zudem weist die Ausführung auf das gängige System von Selbstdarstellungen als Spiegelungen. Die Schlussfolgerung, dass ein Selbstporträt als bildhafte Signatur eines Werkstattmitarbeiters vorliegt, liegt nahe.
Verweise
Buranelli 2008b, 236f.↩︎
Nesselrath 2012, 35. Zur Händescheidung bei der Ausführung der Soldaten vgl. u. a. Acidini Luchinat 1999, 40. Scarpellini, der die Ausnahmemeinung vertritt, die Soldaten seien allesamt von Pintoricchio selbst skizziert und auch gemalt, erwähnt die Spiegelung nicht. Vgl. Scarpellini 2004, 167. Mit dieser Zuschreibung der Figuren ist die Möglichkeit einer versteckten Selbstdarstellung von Pintoricchio selbst gegeben, allerdings ist diese These wegen des jugendlichen Aussehens der gespiegelten Figur auszuschließen. Zum Forschungsstand zu den Zuschreibungen der Soldaten vgl. u. a. Acidini Luchinat 1999, 40, die die Porträthaftigkeit der Figuren ablehnt.↩︎
Ricci 1912, 158f.↩︎
Poeschel 1992, 52–59. Riccis These findet in der Forschungsliteratur wenig Zustimmung, vgl. u. a. Silvestrelli 2004, 121, die die wenig wahrscheinliche Möglichkeit einräumt, es könne sich im besten Fall um eine romantische Anspielung auf die Nachkommen handeln.↩︎
Poeschel 1992, 59.↩︎
Vgl. Detailabbildung in Buranelli 2008a, 73.↩︎
Literatur
Zitiervorschlag:
Krabichler, Elisabeth: Auferstehung Christi (Katalogeintrag), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/katalogeintrag/pintoricchio-auferstehung-christi-1492-bis-1494-vatikanstadt-palazzi-pontifici/ (05.12.2025).