Das letzte Abendmahl

Rosselli, Cosimo

1481 bis 1482

Vatikan; Vatikanstadt; Cappella Sistina

Objekt

Bildrechte
Detailtitel:Das letzte Abendmahl (Teil von Christuszyklus)
Alternativtitel Deutsch:Letztes Abendmahl und Passion
Titel in Originalsprache:Ultima Cena
Titel in Englisch:Last Supper
Datierung: 1481 bis 1482
Ursprungsregion:italienischer Raum
Lokalisierung:Vatikan; Vatikanstadt; Cappella Sistina
Lokalisierung (Detail):sechstes Bild an der Nordwand; Teil der malerischen Gesamtausstattung des 15. Jahrhunderts (vor Michelangelo) bestehend aus Deckenfresko den Sternenhimmel darstellend von Pietro Matteo d’Amelia (nicht erhalten); Papstbildnisse im Fenstergaden; ursprünglich 16 Wandbilder je von Altarwand (Westen) bis Ostwand: im Norden Christuszyklus, im Süden Moseszyklus, davon je die Bilder an der Ost- und Westwand nicht erhalten
Medium:Wandbild
Material:Fresko; Gold
Bildträger:Wand
Ikonografische Bezeichnung:Abendmahl
Iconclass:73D24 – Last Supper (in general) (Matthew 26:21-35; Mark 14:18-31; Luke 22:3, 22:15-23; John 13:21-38)
Signatur Wortlaut:ohne
Datierung Wortlaut:ohne
Inschriften:

REPLICATIO LEGIS EVANGELICAE A CHRISTO; Titulus in der architektonischen Rahmung oberhalb des Bildfeldes; Christi Wiederholung des evangelischen Gesetzes

Auftraggeber/Stifter:Francesco della Rovere (Papst Sixtus IV.)
Provenienz:in situ
Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt:teilöffentlich

Zur Gesamtausstattung der Kapelle1 und zur Inschrift.2 Zur speziellen Ikonografie dieses Freskos siehe etwa Verdon.3

Verweise

  1. Vgl. etwa die schematische Darstellung in Roettgen 1997, 100.↩︎

  2. Ebd., 457.↩︎

  3. Verdon 2018, 131–138.↩︎

Bildnis 1

Bildrechte
Lokalisierung im Objekt:erste Figur von rechts
Ausführung Körper:Ganzfigur stehend
Ausführung Kopf:annähernd im Profil
Ikonografischer Kontext:evtl. Gruppenporträt mit weiteren Malern; evtl. Rollenporträt als Küchenmeister
Blick/Mimik:Blick in Richtung Bildinneres bzw. zu den gegenüberliegenden Randfiguren
Gesten:rechte Hand auf das Handgelenk der Figur daneben bzw. auf deren Geldbörse gelegt, linke Hand vor dem Körper (in den Gürtel gehakt?); Haltung erinnert an Triumphellenbogen
Körperhaltung:aufrecht stehend, zum Bildinneren gewendet
Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal:Randfigur steht vor dem äußerst rechten Pfeiler in vorderster Ebene und damit deutlich abgesetzt vom biblischen Geschehen; Interaktion mit der Figur daneben (siehe „Gesten“); Figurenpaar korrespondiert mit dem Figurenpaar ganz links
Kleidung:schwarze Kopfbedeckung; gelbes Hemd mit geschlitzten Ärmeln; dunkler, knielanger Rock mit Pelzbesatz; rote Beinkleider, schwarze Schuhe
Zugeordnete Bildprotagonisten:eine von vier zeitgenössischen Figuren (je zwei links und rechts des Abendmahltisches); die Figuren werden teils als Küchenmeister angesprochen; die Figur links vom Selbstbildnis vorgeschlagen als Domenico Ghirlandaio von Schmarsow; eine mögliche (Selbst)Thematisierung der vier Hauptmaler (Botticelli, Ghirlandaio, Perugino, Rosselli) in den Randfiguren wird immer wieder diskutiert

Zur Deutung der vier zeitgenössischen Figuren als Küchenmeister,1 zur Figur links vom Selbstbildnis als Domenico Ghirlandaio,2 zur häufig diskutierten möglichen (Selbst)Thematisierung der vier Hauptmaler (Botticelli, Ghirlandaio, Perugino, Rosselli).3

Verweise

  1. Knapp 1899, 21.↩︎

  2. Schmarsow 1886, 225.↩︎

  3. Etwa Roettgen 1997, 97; Rohlmann 1999, 189.↩︎

Forschungsergebnis: Rosselli, Cosimo

Künstler des Bildnisses:Rosselli, Cosimo
Status:Einzelmeinung
Status Anmerkungen:Der Vorschlag von Schmarsow erfuhr keine Zustimmung.
Typ Autor/in Jahr Referenz Seite Anmerkungen
Erstzuschreibung Schmarsow 1886 Schmarsow 1886 – Melozzo da Forli 225 -
Skeptisch/verneinend Ulmann 1896 Ulmann 1896 – Piero di Cosimo 54 -
Skeptisch/verneinend Knapp 1899 Knapp 1899 – Piero di Cosimo 21
Details
indirekt: sieht hier überhaupt keine Künstlerbildnisse
Skeptisch/verneinend Roettgen 1997 Roettgen 1997 – Wandmalerei der Frührenaissance in Italien 97
Details
schlägt andere Figur vor, s. u.: Forschungsstand zu Selbstbildnis 2
Skeptisch/verneinend Rohlmann 1999 Rohlmann 1999 – Kontinuität und Künstlerwettstreit 189
Details
möglicherweise Künstlerbildnisse, bislang keine Identifizierung möglich, s. u.: Forschungsstand zu Selbstbildnis 2
Skeptisch/verneinend Marchand 2004 Marchand 2004 – Gebärden in der Florentiner Malerei 307–314
Details
s. u.: Forschungsstand zu Selbstbildnis 2

Die Möglichkeit, dass in den vier durch ihre Kleidung als Zeitgenossen ausgewiesenen Figuren die vier Hauptmaler der Sixtinischen Kapelle porträtiert sein könnten, erwägt erstmals Schmarsow (1886). Von links nach rechts erkennt er mit Vorbehalt Botticelli, Perugino, Ghirlandaio und ganz rechts außen Rosselli als Selbstbildnis.1

Ulmann (1896) bezeichnet die vier Figuren als „aufwartende Männer […], in denen man Bildnisse der mitbeschäftigten Künstler vermutet hat.“2 Die hohe Qualität dieser Porträts ist für ihn ausschlaggebend dafür, die Figuren Cosimo Rosselli ab- und Piero di Cosimo zuzuschreiben.3

In Auseinandersetzung mit Ulmann spricht Knapp (1899) den vier Figuren zwar „stark bildnisähnliche Züge“4 zu, hält sie aber für nicht sehr reizvoll. Ebensowenig kann er sich dafür erwärmen, in ihnen Porträts der Maler zu sehen; stattdessen bezeichnet er sie als „Küchenmeister“.5

Zu den Einlassungen von Roettgen, Rohlmann und Marchand siehe den Forschungsstand zu Selbstbildnis 2.

Verweise

  1. Schmarsow 1886, 225.↩︎

  2. Ulmann 1896, 54.↩︎

  3. Ebd.↩︎

  4. Knapp 1899, 21.↩︎

  5. Ebd.↩︎

Bildnis 2

Bildrechte
Lokalisierung im Objekt:erste Figur von links
Ausführung Körper:Ganzfigur stehend
Ausführung Kopf:Dreiviertelporträt
Ikonografischer Kontext:evtl. Gruppenporträt mit weiteren Malern; evtl. Rollenporträt als Küchenmeister
Blick/Mimik:Blick nach schräg rechts oben
Gesten:linke Hand vor der Brust die Serviette greifend, rechte Hand das Gewand im Hüftbereich raffend
Körperhaltung:aufrecht stehend; (unnatürliche) Drehung: Oberköper Richtung Bildmitte, Unterkörper vom Betrachter weg schreitend; äußerer Arm ähnlich einem Triumphellenbogen
Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal:Randfigur steht vor dem äußerst linken Pfeiler in vorderster Ebene und damit deutlich abgesetzt vom biblischen Geschehen; bildet durch räumliche Anordnung und gleiche Attribute (Serviette) ein Paar mit der Figur rechts daneben; Figurenpaar korrespondiert mit dem Figurenpaar ganz rechts
Attribute:große weiße Serviette; weißes Hündchen
Kleidung:langes, voluminöses, gelb-braunes Kleid mit Goldbordüren; dunkler Hut mit perlenbesetzter Brosche
Zugeordnete Bildprotagonisten:eine von vier zeitgenössischen Figuren (je zwei links und rechts des Abendmahltisches); die Figuren werden teils als Küchenmeister angesprochen; Figur direkt neben dem Selbstbildnis vorgeschlagen als Pietro Perugino oder Virginio Orsini; die beiden Figuren rechts vorgeschlagen als Domenico Ghirlandaio und Cosimo Rosselli von Schmarsow; eine mögliche (Selbst)Thematisierung der vier Hauptmaler (Botticelli, Ghirlandaio, Perugino, Rosselli) in den Randfiguren wird immer wieder diskutiert

Zur Deutung der vier zeitgenössischen Figuren als Küchenmeister,1 zur Figur links vom Selbstbildnis als Domenico Ghirlandaio,2 zur häufig diskutierten möglichen (Selbst)Thematisierung der vier Hauptmaler (Botticelli, Ghirlandaio, Perugino, Rosselli).3

Verweise

  1. Knapp 1899, 21.↩︎

  2. Schmarsow 1886, 225.↩︎

  3. Etwa Roettgen 1997, 97; Rohlmann 1999, 189.↩︎

Forschungsergebnis: Rosselli, Cosimo

Künstler des Bildnisses:Rosselli, Cosimo
Status:Einzelmeinung
Status Anmerkungen:Der Vorschlag wurde von Roettgen mit Vorbehalt vorgebracht und erfuhr keine Zustimmung.
Andere Identifikationsvorschläge:Sandro Botticelli
Typ Autor/in Jahr Referenz Seite Anmerkungen
Erstzuschreibung Roettgen 1997 Roettgen 1997 – Wandmalerei der Frührenaissance in Italien 97
Details
mit Vorbehalt
Skeptisch/verneinend Rohlmann 1999 Rohlmann 1999 – Kontinuität und Künstlerwettstreit 189
Details
möglicherweise Künstlerbildnisse, bislang keine Identifizierung möglich
Skeptisch/verneinend Marchand 2004 Marchand 2004 – Gebärden in der Florentiner Malerei 307–314 -

Roettgen (1997) beschäftigt sich zunächst mit der zweiten Figur von links, deren Ähnlichkeit zum möglichen Selbstbildnis Peruginos in der Schlüsselübergabe bereits zuvor aufgefallen war. Sie nimmt an, dass es sich hier tatsächlich um ein Porträt Peruginos handeln könnte, mit dem Rosselli seinen Malerkollegen würdigen wollte, der möglicherweise die Führungsrolle unter den Malern einnahm oder auch konkret an Rossellis Fresko beteiligt gewesen sein könnte. Roettgen erwägt auch eine rein praktisch-technische Variante: Rosselli könnte einfach einen vorhandenen Karton seitenverkehrt wiederverwendet haben. Ohne gänzlich vom Porträt Peruginos überzeugt zu sein, ist diese Möglichkeit für die Autorin doch attraktiv genug, um weitere Annahmen darauf fußen zu lassen: Sollte es sich um Perugino handeln, könnte die erste Figur von links Rosselli darstellen. Hier verweist Roettgen auf die erhaltene Vorzeichnung1 zur Figur, die in Anlehnung an die links der Mitte positionierte weibliche Rückenfigur in der Prüfung und Berufung des Moses2 von Botticelli entstanden sein dürfte. Die Blicke zwischen den vier Randfiguren sowie deren Gesten wertet sie als Hinweis auf eine Selbstthematisierung der Maler in diesen Figuren: „Der aus dem Bild herausblickende Mann mit der roten Kappe hat einen Geldbeutel am Handgelenk befestigt, das von seinem Nachbarn mit der Hand so berührt wird, als wolle er damit sagen, daß der Inhalt dieses Geldbeutels auch ihm gehöre. Gleichzeitig nimmt er den Blick des Mannes von gegenüber auf und gibt ihn zurück. Auch wenn sich uns die Einzelheiten dieses Dialogs zwischen den vier Männern nicht mehr genau erschließen, so ist doch eindeutig, daß hier etwas über die Maler ausgesagt wird, die an diesem Werk tätig waren.“3

Ein weiteres Argument dafür, dass am Rande des Abendmahls „ein angemessener Ort für ein Gruppenbildnis der Maler gewesen“4 wäre, bringt Rohlmann (1999) vor: Das Fresko thematisiere die malerische Ausstattung der Sixtinischen Kapelle, stellt es doch einen nach vorne hin offenen Innenraum dar, an dessen Decke das Papstwappen Sixtus IV. angebracht ist und der insbesondere an der Rückwand wie durch Fenster bzw. wie Bilder-im-Bild drei biblische Szenen zeigt.5

In seiner Auseinandersetzung mit den Porträtfiguren in den Wandfresken der Sixtinischen Kapelle geht Marchand (2004) davon aus, dass für einige von einer „Analogie zwischen der Rolle der Figuren im Bild und ihrer Position bei Hofe“6 auszugehen ist. Die Abendmahlsszene sei dazu benutzt worden, auf päpstliche Bankette zu verweisen – Marchand deutet die Randfiguren daher als Höflinge, die spezifische, mit dem Speiseritual verknüpfte, Ämter innehatten. Für die beiden Figuren links vermutet er den „magister sacri hospitii und den magister domus […], die den vornehmsten päpstlichen Banquetten vorstanden und das Zeremoniell überwachten“7. Die beiden Figuren rechts mit ihren Attributen Geldbörse und Schwert8 dürften laut Marchand ebenfalls eine feste Rolle in diesem Zeremoniell haben. Der Autor schließt daher aus, dass in diesen vier Figuren die Maler porträtiert sein könnten, denn es spreche sowohl die Rolle im Bildgeschehen als auch die Tatsache, dass am päpstlichen Hof Ämter eng mit bestimmten Personen verknüpft waren, dagegen. Ähnlich wie sich Mantegna in der Camera Picta in Mantua nicht unter die Höflinge stellen konnte, „dürfte auch die vom Zeremonienmeister verwaltete Hierarchie des päpstlichen Hofes nur wenig Raum für eine öffentliche Repräsentation der Künstler unter den adligen Portraitfiguren gehabt haben“,9 so Marchand.10

Verweise

  1. Cosimo Rosselli, Stehende Gewandfigur, um 1481–82, Grafik (Metallstift auf hellgrau grundiertem Papier, braun laviert, weiß gehöht), Paris, Musée du Louvre, Inv. Nr. RF 433 (vgl. Griswold 2001, 45f).↩︎

  2. Sandro Botticelli, Prüfung und Berufung des Moses, 1481/82, Rom, Sixtinische Kapelle, zweites Fresko an der Südwand. Für dieses Bildfeld sind keine Selbstbildnisse vorgeschlagen.↩︎

  3. Roettgen 1997, 97; Roettgen 1997, 96f.↩︎

  4. Rohlmann 1999, 189.↩︎

  5. Ebd., 177f, 189.↩︎

  6. Marchand 2004, 314.↩︎

  7. Ebd., 313.↩︎

  8. Ein Schwert oder eine andere Waffe konnte die Autorin hier nicht erkennen. Beide Figuren rechts haben ihre linke Hand in ihren Gürtel eingehakt.↩︎

  9. Marchand 2004, 309.↩︎

  10. Ebd., 307–314.↩︎

Die richtigen Männer am falschen Ort?

Mehrere von der Forschung bemerkte Aspekte (s. o.) verlocken, in den vier rahmenden Figuren des Abendmahls Porträts der oder wenigstens Hinweise auf die vertraglich gesicherten Maler (Sandro Botticelli, Domenico Ghirlandaio, Pietro Perugino und Cosimo Rosselli) der Wandfresken in der Sixtinischen Kapelle zu sehen: Es sind vier zeitgenössisch gekleidete, im Abgleich mit den biblischen Idealfiguren klar als Porträts erkenntliche Männer, die links und rechts die Bilderzählung flankieren. Diese wiederum findet in einem Innenraum statt, der – wie Rohlmann erkannte (s. o.) – auf die Sixtinische Kapelle verweist; das Wandfresko spiegelt somit seinen eigenen Ort: Die Wandfresken der Sixtina werden von gemalten Architekturelementen gerahmt, die im Abendmahl leicht abgeändert aufgenommen werden. Die vier hier diskutierten Figuren sind an innerbildlichen Schwellen vor den Randpfeilern des gemalten Innenraumes und gleich neben den fingierten Pilastern der Rahmung positioniert. Diese Verortung lässt an die Rolle des eine Szene dem Publikum vermittelnden festaiolo denken, die Künstler immer wieder für integrierte Selbstbildnisse wählten.1 Charakteristisch ist hier allerdings die klare Wendung zum Betrachter, die im Abendmahl lediglich in der sehr unbestimmt aus dem Bild blickenden zweiten Figur von rechts gegeben ist.

Auch ein Abgleich der Physiognomien mit anderen (Selbst-)Bildnissen der vier Maler bringt keine Klarheit, es lässt sich aber festhalten, dass sich keine Ähnlichkeiten oder gar Identifizierungen aufdrängen. Einzig die zweite Figur von links erinnert stark an die als Selbstbildnis Peruginos diskutierte Figur in der Schlüsselübergabe.2 Ob ein Selbstbildnis Rossellis in der äußerst linken oder äußerst rechten Figur wahrscheinlicher wäre, lasst sich im Vergleich etwa mit der Figur in der Bergpredigt auch kaum entscheiden, wobei tendenziell der linken Figur der Vorzug zu geben ist. Ob sich Rosselli gleich zweimal in der Sixtina hätte porträtieren dürfen, bleibt fraglich – und sollte er sich nur einmal dargestellt haben, so ist das Porträt in der Bergpredigt aufgrund seiner Ähnlichkeit zum vermuteten Selbstbildnis Rossellis in Sant’ Ambrogio deutlich wahrscheinlicher.

Noch ein weiterer Aspekt lässt das Pendel eher in Richtung der linken als der rechten Figur ausschlagen. Bereits Steinmann verwies auf den kleinen weißen Hund, der in den Fresken des Moseszyklus wiederholt auftaucht, und sieht in ihm den Atelierhund Rossellis;3 dem stimmt Rohlmann vorsichtig zu.4 Ein weißes Hündchen kommt zwar auch in Fresken der anderen Maler vor (beispielsweise in den Prüfungen des Moses von Botticelli), allerdings lehnt es sich in der Übergabe der Gesetzestafeln tromp-l’oeil-artig über die gemalte Brüstung – in unmittelbarer Nähe zur auf derselben Brüstung platzierten Schale mit roter Farbe und Pinsel, die als Selbstverweis Rossellis interpretiert wird (siehe dazu den Einleitungstext zur Sixtinischen Kapelle). Im Abendmahl steht dieser Hund auf seinen Hinterläufen und heischt die Aufmerksamkeit der beiden zeitgenössischen Porträtfiguren links.

Für die äußerst linke Figur hat sich außerdem eine Zeichnung erhalten, in der überwiegend eine autografe Vorstudie Rossellis gesehen wird.5

Dennoch bleiben beide Fragen – sowohl jene nach einem Selbstporträt Rossellis als auch jene nach einer Thematisierung der vier Maler in den vier zeitgenössischen Figuren – weiterhin offen.

Verweise

  1. Vgl. etwa Horký 2003, 131ff; Marchand 1998, 118.↩︎

  2. Für diese Figur, die möglicherweise dreimal in den Fresken auftaucht (Schlüsselübergabe, Abendmahl, Versuchungen Christi), wären gesondert die verschiedentlich in der Literatur vorgebrachten Thesen zu vergleichen bzw. wären u. a. folgende Fragen zu beantworten: Wie wahrscheinlich ist ein dreifaches Porträt derselben Person im Verhältnis zu einer simplen Wiederverwendung eines Kartons? Könnten der Maler Perugino oder der päpstliche General Virginio Orsini in drei durch Kleidung und Verortung unterschiedlich konnotierten Personen dargestellt sein? Wenn nein, welche andere Person käme dann in Frage? Oder sind die physiognomischen Unterschiede zwischen den drei Männern doch zu prägnant? Sind nur die Protagonisten Jesus und Moses stets gleich gekleidet oder gilt dies auch für andere mehrmals auftretende Figuren?↩︎

  3. Steinmann 1901, 417, 422 (Bildunterschrift).↩︎

  4. Rohlmann 1999, 188.↩︎

  5. Siehe oben und vgl. etwa Griswold 2001, 45f; Steinmann 1901, 418.↩︎

Literatur

Griswold, William M.: The Drawings of Cosimo Rosselli, in: Blumenthal, Arthur R. (Hg.): Cosimo Rosselli. Painter of the Sistine Chapel (Ausstellungskatalog, Winter Park, 02.09.2001–22.04.2001), Winter Park 2001, 45–59.
Horký, Mila: Der Künstler ist im Bild. Selbstdarstellungen in der italienischen Malerei des 14. und 15. Jahrhunderts, Berlin 2003.
Knapp, Fritz: Piero di Cosimo. Ein Übergangsmeister vom Florentiner Quattrocento zum Cinquecento, Halle a. S. 1899.
Marchand, Eckart: Gebärden in der Florentiner Malerei. Studien zur Charakterisierung von Heiligen, Uomini Famosi und Zeitgenossen im Quattrocento (Kunstgeschichte, 79), Münster 2004.
Marchand, Eckart: The Representation of Citizens in Religious Fresco Cycles in Tuscany, in: Marchand, Eckart (Hg.): With and Without the Medici. Studies in Tuscan Art and Patronage. 1434–1530, Aldershot, Brookfield 1998, 107–128.
Roettgen, Steffi: Wandmalerei der Frührenaissance in Italien. Band 2. Die Blütezeit 1470–1510, München 1997.
Rohlmann, Michael: Kontinuität und Künstlerwettstreit in den Bildern der Sixtinischen Kapelle, in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch, 60. Jg. 1999, 163–196.
Schmarsow, August: Melozzo da Forli. Ein Beitrag zur Kunst- und Kulturgeschichte Italiens im XV. Jahrhundert, Berlin u. a. 1886.
Steinmann, Ernst: Die Sixtinische Kapelle. 1: Bau und Schmuck der Kapelle unter Sixtus IV., München 1901.
Ulmann, Hermann: Piero di Cosimo, in: Jahrbuch der Königlich Preussischen Kunstsammlungen, 17. Jg. 1896, 42–64, 120–142.
Verdon, Timothy: L'Ultima Cena della Sistina. Appunti d'iconologia, in: Acidini, Cristina/Del Rosselli Turco, Niccolò (Hg.): Cosimo Rosselli. Tre Restauri. Nuova luce su un maestro del Rinascimento fiorentino (Tagungsband, Florenz, 08.11.2017), Florenz 2018, 129–138.

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