Kreuzigung Christi (Sieben Sakramente)

Weyden, Rogier van der

1440 bis 1450

Belgien; Antwerpen; Koninklijk Museum voor Schone Kunsten

Objekt

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Bildrechte
Detailtitel:Kreuzigung Christi (Mitteltafel von: Altar der Sieben Sakramente)
Alternativtitel Deutsch:Chevrot-Altar
Titel in Originalsprache:Kruisiging van Christus
Titel in Englisch:Crucifixion of Christ; Seven Sacraments; Christ on the Cross and the Eucharist
Datierung: 1440 bis 1450
Ursprungsregion:altniederländischer Raum
Lokalisierung:Belgien; Antwerpen; Koninklijk Museum voor Schone Kunsten
Lokalisierung (Detail):Inventarnummer: 393–395
Medium:Altarbild
Material:Öl
Bildträger:Holz (Eiche)
Maße: Höhe: 200 cm; Breite: 97 cm
Maße Anmerkungen:Gesamtaltar: 200 x 223 cm
Ikonografische Bezeichnung:Kreuzigung Christi
Iconclass:73D6 – the crucifixion of Christ: Christ's death on the cross; Golgotha (Matthew 27:45–58; Mark 15:33–45; Luke 23:44–52; John 19:25–38)
Signatur Wortlaut:ohne
Datierung Wortlaut:ohne
Inschriften:

lateinische Paraphrasen kirchlicher Schriften; auf den Spruchbändern der Engel

Auftraggeber/Stifter:Jean Chevrot (Bischof von Doornik, Präsident des Großen Rates von Burgund unter Philipp dem Guten)
Provenienz:Vermutlich Chevrot-Kapelle der Kirche Saint-Hippolyte in Poligny; Sammlung Jean Perrault, Gouverneur von Burgund; Kapelle Hôtel Perraut, Paris (1684); Sammlung Guillaume Perrault, Paris; Sammlung Françoise de Mucie, Paris; Depot bei M. Micault, Paris; Sammlung Jean Pérard-Floriet, Chalon; Sammlung Jean Pérard, Dijon; 1826 von Ritter Florent van Ertborn, Antwerpen gekauft; 1841 von diesem als Legat an das Antwerpener Museum vermacht
Zugänglichkeit zum Entstehungszeitpunkt:unbekannt

Zur Provenienz.1

Verweise

  1. Vgl. u. a. De Vos 1999, 218.↩︎

Bildnis 1

Bildrechte
Lokalisierung im Objekt:Figur hinter der zweiten Säule von rechts, hinter der Rückenfigur der Kreuzigungsszene
Ausführung Körper:Kniestück stehend
Ausführung Kopf:im Profil
Ikonografischer Kontext:Assistenzfigur
Blick/Mimik:Blick nach links oben
Gesten:rechte Hand an eine Waffe gelegt, die linke hält einen Hut
Körperhaltung:aufrecht; rechter Arm angewinkelt
Interaktion/Raum-, Bildraumbeziehung/ Alleinstellungsmerkmal:Figur hinter der zweiten Säule von rechts, von dieser und der vorgelagerten Rückenfigur überschnitten; an einer Schwelle zwischen gemaltem Hauptschiff des Kirchenraums und rechtem Seitenschiff; eine von mehreren zeitgenössischen, im Raum verteilten Figuren
Formale Besonderheiten:nachträgliche Einfügung; auf einem separaten Bildträger gemalt
Attribute:Waffe

Forschungsergebnis: Weyden, Rogier van der

Künstler des Bildnisses:Weyden, Rogier van der
Status:Einzelmeinung
Status Anmerkungen:Die erstmalige Thematisierung der Figur als Selbstporträt im Jahr 2009 basiert auf einer überzeugend formulierten These. Dennoch handelt es sich hierbei um eine Einzelmeinung, die nach aktuellem Wissensstand in der Forschung keine Rezeption erfahren hat. Entsprechend ist der Katalogeintrag knapp gehalten; eine umfassende Erhebung des Forschungsstandes zum Gemälde wird derzeit nicht durchgeführt.
Typ Autor/in Jahr Referenz Seite Anmerkungen
Erstzuschreibung Salomon 2009 Salomon 2009 – Geertgen tot Sint Jans 49–55, bes. 53f -

Salomon (2009) stellt die Verankerung von Selbstdarstellungen in der Nähe von Säulen als eine ikonografische Konstante in nordischen Beispielen fest. Ein solches System sei bereits von Jan van Eyck in der Paele-Madonna angewandt worden, ebenso von Dieric Bouts im Abendmahlaltar und im Gerechtigkeitsbild mit der Darstellung der Feuerprobe sowie von Hans Memling im Donne-Altar und im Johannes-Altar. Nach Salomon lässt sich ein derartiges Beispiel auch bei Rogier van der Weyden feststellen, und zwar in der Gestalt des kleinen Mannes hinter einer Säule auf der Mitteltafel des Retabels zu den Sieben Sakramenten. Diese Figur identifiziert die Autorin, wie die zuvor genannten, als ein Selbstporträt.
Die formale Besonderheit des Bildnisses, das auf einen separaten Bildträger gemalt und nachträglich in das Gemälde eingefügt wurde – eine Technik, die Porträts vorbehalten war – interpretiert Salomon als ein Argument für ihre These. Sie folgert, dass an dieser Stelle nur ein Bildnis des Malers selbst Sinn ergebe. Mit diesem Bildnis folge dieser den Konventionen niederländischer Selbstdarstellungen, indem er sich klein und bescheiden, zugleich jedoch in einer kühnen und zentralen Position auf der Tafel präsentiere.1

Verweise

  1. Ebd., bes. 53f.↩︎

Der Mann an der Säule

Der Altar der Sieben Sakramente,1 ein vielschichtiges Werk Rogier van der Weydens, versammelt auf drei Tafeln eine Vielzahl von Bildfiguren. Diese sind in unterschiedlichen Größen dargestellt. Bedeutungsperspektivisch hervorgehoben ist das mythologische Personal der Kreuzigungsszene auf der Mitteltafel, während die Figuren der übrigen, synchron dargestellten Sakramente in einem verkleinerten Maßstab erscheinen. Innerhalb der Bildräume finden sich zudem Ansammlungen von Assistenzfiguren, die teils als Porträts interpretiert werden. Die Figur im rechten Bereich hinter der Säule auf der Mitteltafel nimmt eine auffällige Sonderposition ein. Als Einzelperson befindet sie sich relativ nah an der vorderen Bildhandlung und steht, bedingt durch ihre Position hinter der Säule, zugleich in mehreren Raumzonen des fingierten Kircheninnenraums – dem Mittel- und dem rechten Seitenschiff. Die Isolation des Mannes von den übrigen Figuren sowie die kompositorische Platzierung an einer Bildschwelle sind Kriterien, die als charakteristische Merkmale für integrierte Selbstdarstellungen gelten.

Salomon stützt ihre These eines möglichen Selbstporträts in der Figur auf zwei Beobachtungen: Zum einen verweist sie auf die Position hinter der Säule, die sie als ikonografische Konstante für Selbstdarstellungen angibt, wie sie vergleichsweise von Künstlern wie Dieric Bouts, Hans Memling und Jan van Eyck verwendet worden sei. Zum anderen hebt sie die formale Differenzierung des Bildnisses hervor, das – wie insgesamt zehn Porträts im Altar – auf separaten Bildträgern gemalt und nachträglich in das Gemälde eingefügt wurde.2 Wie Salomon darlegt, war der malerische Unterschied des Porträts zum Gesamtwerk bereits 1951 von Panofsky bemerkt worden. Dieser ging jedoch irrtümlich davon aus, dass das Gemälde nach 1475 übermalt worden sei und dass sich im Zuge dieser vermeintlichen Übermalung der verantwortliche Maler selbst eingefügt habe.3 Zwei der Porträtköpfe, die vermutlich von einem Mitarbeiter ausgeführt wurden, konnten identifiziert werden: So spendet Bischof Jean Chevrot das Sakrament der Firmung, während Philippe Courault neben ihm steht. Die Identitäten der übrigen Porträtierten, einschließlich des Mannes hinter der Säule, konnten jedoch nicht geklärt werden.4

Trotz der überzeugend und schlüssig dargelegten Argumentation Salomons sowie der formalen und kompositorischen Hinweise, die die These einer Selbstdarstellung stützen könnten, lässt sich eine solche im vorliegenden Fall jedoch mangels verifizierbarer Beweise nicht abschließend bestätigen.

Verweise

  1. Aus der Literatur zum Altar vgl. u. a. De Vos 1999, 217–225; Delenda 1988, 138–140; Kruse 1994, 188.↩︎

  2. Zur Einfügung der Porträts vgl. u. a. De Vos 1999, 217; Kruse 1994, 188.↩︎

  3. Salomon 2009, 49–55, bes. 53f; vgl. Panofsky 1951, 33.↩︎

  4. Vgl. u. a. Kruse 1994, 188.↩︎

Literatur

De Vos, Dirk: Rogier van der Weyden. Das Gesamtwerk, München 1999.
Delenda, Odile: Rogier van der Weyden. Das Gesamtwerk des Malers, Stuttgart u. a. 1988.
Kruse, Christiane: Dokumentation. Rogier van der Weyden, in: Belting, Hans/Kruse, Christiane (Hg.): Die Erfindung des Gemäldes. Das erste Jahrhundert der niederländischen Malerei, München 1994, 174–193.
Panofsky, Erwin: Two Roger Problems: The Donor of the Hague Lamentation and the Date of the Altarpiece of the Seven Sacraments, in: The Art Bulletin, 33. Jg. 1951, H. 1, 33–40.
Salomon, Nanette: Geertgen tot Sint Jans and the Paradigmatic Personal; or the Moment Before the Moment of Self-Portraiture, in: Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek, 59. Jg. 2009, 44–69.