Bellini, Gentile

Bildrechte
Weitere Namen:Bellinus, Gentilis; Bellinus, Gentile
Geburt: um 1429 bis 1430 in Venedig
Tod: 1507 in Venedig
Lexika: AKL | GND

Ein Künstler zwischen Politik und Bruderschaften

Gentile Bellini entstammt einer der bekanntesten und wichtigsten Künstlerfamilien Venedigs im Quattrocento, arbeitete im Familienverbund in der Werkstatt seines Vaters Jacopo mit, die er nach dessen Tod schließlich übernahm. Sein Vater war in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts tätig, in der zweiten Hälfte desselben Jahrhunderts traten seine beiden Söhne Gentile und Giovanni künstlerisch in seine Fußstapfen. Über ihre Schwester waren beide zudem mit Andrea Mantegna verschwägert.1

Entgegen der Behauptung Vasaris, Giovanni sei der ältere der Brüder, dürfte tatsächlich Gentile der ältere der beiden gewesen sein – so spricht immerhin der Zeitgenosse Pescennius Negro von Gentile als maior natu. Außerdem vererbt die Mutter in ihrem zweiten Testament Gentile alle Malmittel und den künstlerischen Nachlass des Vaters, was für ihn als den Erstgeborenen spricht. Das Geburtsdatum Gentile Bellinis ist strittig und nur annähernd zu bestimmen, Terminus post quem ist in jedem Fall der 6. Februar 1429 (Testamentsabfassung der Mutter während ihrer ersten Schwangerschaft). Alle Kinder dürften in relativ knappen Abständen zu Beginn der 1430er Jahre geboren worden sein. Ebenfalls in dieser Zeit (1433) wurde der Vater Jacopo Mitglied in der Scuola Grande di San Giovanni Evangelista und übernahm große Aufträge von den Scuolen San Giovanni Evangelista und San Marco.2

Für diese Scuolen war später auch Gentile tätig. Für erstere fertigte er mehrere Gemälde für einen Zyklus, zu dem die beiden Ölbilder Prozession auf dem Markusplatz und Bergung der Kreuzreliquie beim Ponte die San Lorenzo gehören, für die jeweils ein Selbstporträt vorgeschlagen ist. Zum Zyklus für die Scuola Grande di San Marco gehört das Ölbild Predigt des heiligen Markus in Alexandrien, das zwar ein vorgeschlagenes Selbstporträt aufweist, jedoch nicht mehr in den festgelegten Untersuchungszeitrum gehört. Als einzig gesichertes Bildnis von Gentile Bellini gilt eine Porträtmedaille von Vittore Gambello, genannt Camelio, die somit als wichtigster Bezugspunkt für Vergleiche dient.3

Gentile Bellini bekleidete über Jahre das offizielle Amt des Staatsmalers in Venedig. 1474 wurde ihm die Ausmalung des Großen Ratssaales im Dogenpalastes übertragen, worin Darstellungen zur venezianischen Diplomatie ausgeführt werden sollten. Darunter befand sich ein nicht mehr erhaltenes Selbstbildnis Bellinis, das von einer Beischrift begleitet wurde – einerseits mit einem Verweis auf das von ihm gemalte Sultansporträt (Bellini wurde 1479 als offizieller Porträtist Venedigs an den Hof Sultan Mehmets II geschickt), andererseits mit einer Widmung seines Werks der patria. Jedoch wurden diese Darstellungen etwa hundert Jahre nach ihrem Entstehen durch einen Brand (1577) zerstört.4

Laut Horký wurden Künstlerselbstporträts in Venedig nur im Zuge der Darstellung von Ämtern oder von religiösen Bruderschaften geduldet und sind in anderen Kontexten entsprechend nicht denkbar: „Eine Gesellschaft, die selbst ihren Dogen genauestens vorschrieb, zu welchem Anlaß und in welcher Form sie ihre Bildnisse ausführen lassen durften, duldete auch die öffentliche Selbstdarstellung der bildenden Künstler nur im Rahmen der Zurschaustellung politischer Ämter oder im Raum der religiösen Bruderschaften.“5 Dieser Befund passt zu den vorgeschlagenen integrierten Selbstbildnissen von Gentile Bellini, die sich allesamt in den genannten Kontexten finden.

Verweise

  1. Meyer zur Capellen 1985, 9f.↩︎

  2. Ebd.↩︎

  3. Suzuki 1996, 36f.↩︎

  4. Horký 2003, 75f.↩︎

  5. Horký 2003, 75.↩︎

Zugehörige Objekte

Literatur

Horký, Mila: Der Künstler ist im Bild. Selbstdarstellungen in der italienischen Malerei des 14. und 15. Jahrhunderts, Berlin 2003.
Meyer zur Capellen, Jürg: Gentile Bellini, Stuttgart 1985.
Suzuki, Yoko: Studien zu Künstlerporträts der Maler und Bildhauer in der venetischen und venezianischen Kunst der Renaissance. Von Andrea Mantegna bis Palma il Giovane (Kunstgeschichte, 53), Münster 1996.

Zitiervorschlag:

Mangard, Désirée: Bellini, Gentile (Künstler), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/kuenstler/bellini-gentile/ (05.12.2025).