Cavazzola, Paolo

Bildrechte
Weitere Namen:il Cavazzola; Cavazzola; Paolo Moranda; Paolo Morando; Paolo Morando Cavazzola; Morando
Geburt: 1486 in Verona
Tod: 1522 in Verona
Schaffenszeit:Schaffenszeit im 16. Jahrhundert
Lexika: AKL | GND

Der Veroneser Künstler Paolo Morando, genannt Cavazzola, war ein Schüler des Francesco Morone und gilt als der begabteste der Maler der Veroneser Schule.1 Er wurde bereits von Giorgio Vasari so sehr geschätzt, dass er ihn in seine Vitensammlung aufnahm.2 Der erste Hinweis auf ein Selbstporträt auf dem Passionsaltar Cavazzolas3 findet sich dann auch bei Vasari. Er vermutet in der Figur des jungen Mannes mit dem roten Bart in der Szene der Beweinung der Mitteltafel eine Darstellung des Künstlers: "[…] più a basso nel primo ordine, cioè nel quadro principale, fece Cristo deposto di Croce, la Madonna, la Maddalena, San Giovanni, Nicodemo e Giuseppo; ed in uno di questi ritrasse sé stesso, tanto bene che par vivissimo, in una figura che è vicina al legno della Croce, giovane con barba rossa e con uno scuffiotto in capo, come allora si costumava di portare." Vasari argumentiert dabei mit der zeitgenössischen Kleidung, namentlich der Kopfbedeckung. Dass es sich bei dieser Figur um Nikodemus handelt, wird von den meisten späteren Autoren angenommen,4 bei Vasari wird dies aber nicht expliziert, die Reihenfolge der Protagonisten im Text entspricht zudem nicht ihrem Auftreten im Bild und kann somit keinen Hinweis geben.5 Diese Annahme ist allerdings deswegen plausibel, weil sich im 16. Jahrhundert häufiger Selbstbildnisse in Gestalt des Nikodemus finden.6 Neben Bildhauern wie Michelangelo und Bandinelli bedienen sich auch Maler dieser Figur als Träger von Porträts oder Selbstporträts, man denke an die Flamen des 15. Jahrhunderts wie Dierik Bouts, Rogier van der Weyden, Petrus Christus oder später in Italien Tizian und Tintoretto.7

Eine Differenzierung zwischen Nikodemus und Josef von Arimathäa, den beiden in den Evangelien im Zusammenhang mit der Kreuzabnahme erwähnten Christusträgern, erweist sich dabei als schwierig. Häufig wird Josef von Arimathäa als der Ältere und damit der Bärtige dargestellt.8 Bei der Kreuzabnahme, bei welcher beide Heilige anwesend sind, stützt üblicherweise Josef von Arimathäa auf der Leiter das Haupt Christi, während Nikodemus den Nagel aus den Füßen zieht, wie es in den Meditationes des Pseudo-Bonaventura detailliert beschrieben wird und auch in Mysterienspielen aufgeführt wurde.9 Josef von Arimathäa gilt als der sozial Höhergestellte und wird als der Ältere und oft als der Bärtige dargestellt, während Nikodemus als jüngerer, bartloser und einfacher gekleideter Mann den bescheideneren Part spielt. Diese Indizien überlagern und verschieben sich jedoch, es können beispielsweise beide Heilige einen Bart tragen und bei Grablegungsszenen und Beweinungen können sie ihre Rollen auch vertauschen.10 Einem Bescheidenheitstopos bei Künstlerdarstellungen zufolge wird gemeinhin davon ausgegangen, dass sich der Künstler in diesen Szenen eher in der Rolle des Nikodemus verewigt als in der des Josef von Arimathäa.11

Leider sind sämtliche Porträts Cavazzolas, welche zur Überprüfung der Authentizität dienen könnten, verschollen oder zerstört, auch jenes von Domenico Brusasorci im 16. Jahrhundert für einen Zyklus von uomini illustri der Stadt Verona geschaffene.12 Eine Wiederholung dieses Zyklus aus dem 19. Jahrhundert zeigt uns den Maler mit den Zügen des Nikodemus der Beweinung – was für die Richtigkeit der Zuweisung Vararis spricht. Ein weiteres Porträt aus der Hand Brusasorcis soll sich im Depot des Museo Civico in Verona befunden haben, ist aber nicht mehr auffindbar.13

Man kann wohl dennoch mit Vasari davon ausgehen, dass sich der Künstler in Gestalt des Mannes mit dem roten Bart selbst dargestellt hat. Es bleibt die Frage offen, ob er dies in der Rolle des Josef von Arimathäa oder der des Nikodemus getan hat. Für Josef sprechen die golddurchwirkte und pelzverbrämte Kleidung und der Bart, für Nikodemus das jugendlichere Alter und die Position an den Füßen Jesu. Gerade diese Diskrepanz spricht für ein Selbstporträt, der Künstler zeigt sich mit seiner ihm eigenen Barttracht und Kleidung in der Rolle des bescheidenen Nikodemus. Die Kreuzabnahme wird mit 1517 datiert, vor 1500 sind keine Selbstbildnisse des Künstlers überliefert. Es wird somit auf Katalogbeiträge zu Cavazzola in der Datenbank verzichtet.

Verweise

  1. Gamba 1905, 33.↩︎

  2. Vasari (hg. von Milanesi 1880), 314–317.↩︎

  3. Paolo Cavazzola, Kreuzabnahme und Beweinung, 1517, Verona, Museo di Castelvecchio.↩︎

  4. Hornig 1976, 49; Wittkower 1927, 214.↩︎

  5. Etwa Hornig 1976, 49.↩︎

  6. Ebd. (Anm. 138).↩︎

  7. Pope-Hennessy 1966, 289–300.↩︎

  8. Kaster 2015, 204.↩︎

  9. Pope-Hennessy 1966, 289; Stechow 1964, 290.↩︎

  10. Stechow 1964, 290.↩︎

  11. Pope-Hennessy 1966, 289.↩︎

  12. Hornig 1976, 49f (Anm. 138).↩︎

  13. Ebd. (Anm. 138).↩︎

Literatur

Gamba, Carlo: Paolo Morando detto il Cavazzola, in: Rassegna d'arte, 5. Jg. 1905, H. 3, 33–40.
Hornig, Christian: Cavazzola, München 1976.
Kaster, Gabriela: Josef von Arimathäa, in: Braunfels, Wolfgang (Hg.): Lexikon der christlichen Ikonografie. Siebter Band. Ikonografie der Heiligen. Innozenz bis Melchisedech, Wiesbaden 2015, 204–205.
Pope-Hennessy, John Wyndham: The Portrait in the Renaissance. The A. W. Mellon Lectures in the Fine Arts, 1963 (The A. W. Mellon Lectures in the Fine Arts, 12), London 1966.
Stechow, Wolfgang: Joseph of Arimathea or Nicodemus? in: Lotz, Wolfgang/Möller, Lise Lotte (Hg.): Studien zur toskanischen Kunst. Festschrift für Ludwig Heinrich Heydenreich zum 23. März 1963, München 1964, 289–302.
Vasari, Giorgio: Le vite de' più eccellenti pittori, scultori ed architettori. Tomo V (Le opere di Giorgio Vasari, 5), hg. von Gaetano Milanesi, Florenz 1880.
Wittkower, Rudolf: Studien zur Geschichte der Malerei in Verona. III. Die Schüler des Domenico Morone: Francesco Morone, Girolamo dai Libri, Paolo Morando gen. Cavazzola, in: Jahrbuch für Kunstwissenschaft 1927, 185–222.

Zitiervorschlag:

Rupfle, Harald: Cavazzola, Paolo (Künstler), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/kuenstler/cavazzola-paolo/ (05.12.2025).