Fra Angelico

Bildrechte
Weitere Namen:Frate Angelico; Beato Angelico; Giovanni Angelico da Fiesole; Giovanni da Firenze; Giovanni DaFiesole; Johannes von Fiesole; Johann von Fiesole; Giovanni di Mugello; Guido da Mugello; Guido DaMugello; Guido di Pietro; Guidolino DiPietro; Fra Angelico da Fiesole
Geburt: 1387 in Vicchio
Tod: 1455
Lexika: AKL | GND

Der „engelsgleiche Mönch“ Fra Angelico hinterließ nach fast vierzigjährigem Schaffen ein sehr umfangreiches und vielseitiges Werk.1 Schon von den Zeitgenossen wurde er für diese „erstaunliche Produktivität“2 ebenso wie für sein vorbildhaftes Leben gerühmt und Vasari stilisiert ihn zum moralisch vorbildlichen Maler religiöser Werke.3 Seine theologischen Kenntnisse und seine Spiritualität führten zu seiner Heiligsprechung im Jahre 1982, sie spiegeln sich auch in seinen Werken wider.4 Die Wertschätzung für den Künstler zeigt sich schon in der Tatsache, dass ihm ein Grabmal errichtet wurde. Die Grabplatte trägt ein Porträt, von dem Vasari behauptet, dass es nach der Natur geschaffen worden sei, „ritratto di naturale“.5

Vasari selbst ließ das Porträt seiner Viten-Ausgabe wahrscheinlich nach einem inzwischen nicht mehr vorhandenem Bildnis von der Hand Mariotto Albertinellis schaffen.6 Albertinelli vervollständigte nämlich das von Fra Bartolommeo begonnene Jüngste Gericht für San Marco in Florenz und soll laut Vasari in die Reihe der Erlösten auch ein Porträt des Fra Angelico eingefügt haben.7 Der schlechte Zustand dieses Porträts macht eine Überprüfung allerdings unmöglich.8 Knapp sieht auf demselben Gemälde in der Figur eines langbärtigen Apostels auf der rechten Seite ebenfalls ein Bildnis dieses Künstlers aus der Hand Fra Bartolomeos.9 Dies bleibt eine Einzelmeinung und wird von der späteren Forschung nicht aufgegriffen. Ein kahlköpfiger Apostel in Profildarstellung auf der linken Seite des Jüngsten Gerichtes wurde schon von Marchese als Bildnis des Fra Angelico gedeutet.10 Es wurden also insgesamt drei Bildnisse Fra Angelicos auf diesem Gemälde vermutet, eines in der schwer zerstörten unteren Zone, die von Albertinelli geschaffen wurde, und zwei in der Gestalt eines der Apostel der oberen Zone, die noch von Fra Bartolomeo vollendet wurde.

Von der Hand Fra Bartolomeos stammt auch eine Porträtzeichnung aus Rotterdam, die von Holst als Bildnis des Fra Angelico identifiziert und in der er die früheste Porträtzeichnung Fra Bartolomeos vermutet. Er nimmt an, dass sie nach einem Totenbildnis geschaffen wurde.11 Weitere Porträtstudien Fra Bartolomeos sollen gleichfalls Ähnlichkeiten untereinander aufweisen und womöglich seinen Künstlerkollegen und Ordensmitbruder Fra Angelico darstellen, jeweils eine in München und in den Uffizien sowie zwei weitere in Rotterdam.12 Die Ähnlichkeiten dieser Porträtstudien mit der Figur eines Dominikanermönchs auf der Pala della Signoria veranlassen Scapecchi, in diesem ein Bildnis Fra Angelicos zu erblicken. Nachdem die überwiegende Zahl der ForscherInnen jedoch in diesem Mönch ein Selbstbildnis des Fra Bartolomeo erkennt, stellt er die gewagte These auf, Fra Bartolomeo könne sich hier in Gestalt des Fra Angelico dargestellt haben.13

Eine Zeichnung aus der Hand seines Mitarbeiters Benozzo Gozzoli, die heute in Chantilly aufbewahrt wird, stellt ein weiteres Porträt Angelicos dar.14 Es diente vielleicht als Vorlage für eine Darstellung des Künstlers in der Szene Predigt und Taten des Antichristen im Zyklus zum Jüngsten Gericht in Orvieto von Luca Signorelli. Dieser vollendete das von Fra Angelico begonnene Werk nach fünfzig Jahren und stellte sich selbst zusammen mit dem Initiator des Gemäldes dar.15 Gilbert geht davon aus, dass schon Fra Angelico sich in seinen Vorzeichnungen zum Jüngsten Gericht selber darstellen wollte. Signorelli habe sich bei der Vollendung des Werkes an der „gavatone“ genannten Skizze seines Vorgängers orientiert und aus dieser neben der Komposition und der Idee des Selbstporträts auch gleich die Figur Angelicos übernommen.16 Folgt man Gilberts These, handelt es sich in Orvieto also um den speziellen Fall der späteren Ausführung eines integrierten Selbstporträts von fremder Hand.

Gilbert stellt Fra Angelicos verschollenes Porträt der Vorzeichnung in eine Reihe von Selbstbildnissen, die als Assistenzfiguren am Rande des Hauptgeschehens positioniert sind und zu denen er auch das berühmte Selbstbildnis Gozzolis in der Anbetung der Medici-Kapelle zählt. Er beginnt diese Reihe mit dem Selbstporträt des Bildhauers Lorenzo Maitani auf dem Jüngsten Gericht in Orvieto, welches Fra Angelico als Anregung für ein Selbstbildnis auf einem Gemälde gleichen Bildthemas genommen habe. Die verschollene Vorzeichnung dazu habe dann sowohl Signorelli als auch Gozzoli jeweils zu ihren eigenen Selbstdarstellungen angeregt.17 Gozzoli soll nicht nur sich selbst sondern auch seinen Lehrer Angelico auf der Anbetung der Könige in der Capella Medicea in Gestalt eines Hirten verewigt haben. Die bemerkenswerte Figur unter den Hirten auf der linken Apsiswand scheint mit ihrem Stab Umrisse zu zeichnen und verweist damit eindeutig auf eine Episode, die Ghiberti mit dem jungen Giotto in Zusammenhang bringt. Der junge Giotto habe sich schon als Kind beim Hüten von Schafen künstlerisch betätigt und ein Schaf sehr natürlich dargestellt. Cimabue habe daraufhin den Vater Giottos gebeten, diesen als Schüler aufnehmen zu können.18 Mit dem zeichnenden Hirten stilisiert Gozzoli seinen Meister somit als zweiten Giotto und bringt ihm in seinem Gemälde eine Hommage. Dass der Hirte in der Cappella Medicea Rinder hütet, kann als Verweis auf den Stier als Attribut des hl. Lukas als Patron der Maler gedeutet werden.19

Eine weitere Ehrung erfährt Angelico durch seine Präsenz auf der Disputa von Raffael, wo der Mönch auf dem linken Bildrand mit ihm identifiziert wird. Er steht in einer Gruppe mit Bramante und gehört zusammen mit dem Selbstporträt Raffaels in der Schule von Athen zu den drei päpstlichen Künstlern, die Raffael in den Stanzen-Fresken dargestellt hat.20 Diese Künstlerporträts fungieren als Verweise auf das übergeordnete Programm der Fresken, nämlich die Verbindung von Malerei und Theologie.21

Fra Angelico hat ein sehr umfangreiches Werk geschaffen und es sind einige Bildnisse des Künstlers überliefert. Trotz intensiver Recherche konnte aber nur ein einziges integriertes Selbstporträt gefunden werden, welches in der kunstgeschichtlichen Forschung thematisiert wurde. Es handelt sich dabei um die Figur eines knienden Dominikanermönchs auf einem Fresko des Dominikanerklosters S. Marco in Florenz, welches die Drei Marien am Grab und den Auferstandenen zeigt.22 Man darf abschließend darüber spekulieren, ob nicht das von Vasari geschaffene Bild des bescheidenen und frommen Künstlermönchs die ForscherInnen davon abhielt, weitere Selbstdarstellungen zu vermuten, die diesem Bescheidenheitsideal offensichtlich zu sehr entgegenlaufen würden.23

Verweise

  1. Damm 2011, 72.↩︎

  2. Ebd., 76.↩︎

  3. Ahl 2008, 8.↩︎

  4. Ebd., 11.↩︎

  5. Zitiert nach Prinz 1966, 81. Grabmal Fra Angelicos, Rom, S. Maria sopra Minerva.↩︎

  6. "Außerdem findet sich in jenem Werk auf der Seite der Erlösten das Porträt des Malers Fra Giovanni da Fiesole[…]", Vasari/Lemelsen/Lorini 2008, 48.↩︎

  7. Ebd., 114 (Anm. 27).↩︎

  8. Knapp 1903, 19. Fra Bartolomeo, Jüngstes Gericht, 1499–1501, Florenz, Museo di San Marco, Detail.↩︎

  9. Zitiert bei Holst 1974, 299 (Anm. 65).↩︎

  10. Ebd., 300. Fra Bartolomeo, Bildnis des Fra Angelico, Rotterdam, Boymans-van Beuningen, N 139, Abbildung 27, ebd., 298.↩︎

  11. Scapecchi 1996, 23.↩︎

  12. Scapecchi 1996, 23.↩︎

  13. Gilbert 2003, 52.↩︎

  14. Ebd.↩︎

  15. Die These Gilberts übernimmt auch Bader 2005, 25.↩︎

  16. Gilbert 2003, 170 (Anm. 73).↩︎

  17. Erwähnt bei Meller 1960, 3.↩︎

  18. Ebd., 8.↩︎

  19. Frommel 2017, 29.↩︎

  20. Falck-Ytter 1983, 19f.↩︎

  21. In der Populärwissenschaft, wie z.B. auf der Internet-Seite „travelingintuscany.com“, wurde auch vermutet, der Mann mit schwarzer Kapuze auf Angelicos Pala di Trinita könnte ein Selbstbildnis des Künstlers sein. Trotz intensiver Recherche konnte diese Zuweisung in der kunstgeschichtlichen Forschung nicht wieder aufgefunden werden. Die entsprechende Figur wird hingegen mehrmals als Porträt des Architekten Michelozzo Bartolomeo Michelozzi interpretiert: Cavalcaselle/Crowe 1911, 89; Morante/Baldini 1970, 100; Pope-Hennessy 1952, 176.↩︎

  22. Noch Beissel belegt die Frömmigkeit des Künstlers mit eine Anekdote Vasaris, der zufolge er das Fastengebot auch mit der Erlaubnis des Papstes nicht gebrochen habe, Beissel 2007, 12.↩︎

Zugehörige Objekte

Literatur

Ahl, Diane Cole: Fra Angelico, Berlin 2008.
Bader, Wolfgang: Fra Angelico. Einblicke in Leben und Werk, München u. a. 2005.
Beissel, Stephan: Fra Angelico, New York 2007.
Cavalcaselle, Giovanni Battista/Crowe, Joseph Archer: Umbria, Florence and Siena from the Second to the Sixteenth Century. Florentine Masters of the Fifteenth Century (A History of Painting in Italy, IV), London 1911.
Damm, Heiko (1568): Einleitung zum Leben des Fra Angelico, in: Graul, Jana/Damm, Heiko (Hg.): Das Leben des Filippo Lippi, des Pesello und Pesellino, des Andrea del Castagno und Domenico Veneziano und des Fra Angelico (Edition Giorgio Vasari), Berlin 2011, 70–77.
Falck-Ytter, Harald: Raphaels Christologie. Die Fresken „Disputa del Sacramento“ und „Schule von Athen“, Stuttgart 1983.
Frommel, Christoph Luitpold: Raffael. Die Stanzen im Vatikan (Monumenta Vaticana selecta), Stuttgart 2017.
Gilbert, Creighton E.: How Fra Angelico and Signorelli Saw the End of the World, University Park 2003.
Holst, Christian von: Fra Bartolomeo und Albertinelli. Beobachtungen zu ihrer Zusammenarbeit am Jüngsten Gericht aus Santa Maria Nuova und in der Werkstatt von San Marco, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz, 18. Jg. 1974, H. 3, 273–318.
Knapp, Fritz: Fra Bartolommeo della Porta und die Schule von San Marco, Halle a. S. 1903.
Meller, Peter: Ritratti „bucolici“ di artisti del Quattrocento, in: Emporium, 66. Jg. 1960, H. 132, 3–9.
Morante, Elsa/Baldini, Umberto: L'opera completa dell'Angelico (Classici dell'arte, 38), Mailand 1970.
Pope-Hennessy, John Wyndham: Fra Angelico 1952.
Prinz, Wolfram: Vasaris Sammlung von Künstlerbildnissen. Mit einem kritischen Verzeichnis der 144 Vitenbildnisse in der zweiten Ausgabe der Lebensbeschreibungen von 1568, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz, 12. Jg. 1966, Beiheft, 1, 3–158.
Scapecchi, Piero: Bartolomeo frate e pittore nella Congregazione di San Marco, in: Padovani, Serena/Scudieri, Magnolia/Damiani, Giovanna/Scapecchi, Piero (Hg.): L'età di Savonarola. Fra' Bartolomeo e la scuola di San Marco (Ausstellungskatalog, Florenz, 25.04.–28.07.1996), Venedig 1996, 19–29.
Vasari, Giorgio/Lemelsen, Katja/Lorini, Victoria: Giorgio Vasari. Das Leben des Florentiner Malers Fra Bartolomeo von San Marco. Vita di Fra' Bartolomeo di S. Marco. Pittor Fiorentino (1568), in: Nova, Alessandro (Hg.): Das Leben des Piero di Cosimo, Fra Bartolomeo und Mariotto Albertinelli. Neu übersetzt und kommentiert, Berlin 2008, 39–63, 109–129.

Zitiervorschlag:

Rupfle, Harald: Fra Angelico (Künstler), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/kuenstler/fra-angelico/ (05.12.2025).