Laib, Conrad

Bildrechte
Weitere Namen:Conrad Laibl; Conrad Leib; Konrad Leib
Geburt: um 1410 in Enslingen
Tod: nach 1460
Lexika: AKL | GND
Anmerkungen:Der Sterbeort des Malers ist nicht bekannt.

ALS ICH CHVN

Conrad Laib, ein aus dem Nördlinger Raum stammender, in Salzburg tätiger Maler, zählt zu den bedeutendsten Künstlern Österreichs in der Mitte des 15. Jahrhunderts.1 Laib, in dessen Oeuvre verschiedenste Einflüsse zum Tragen kommen, zeichnet sich durch eine besondere Synthesefähigkeit aus.2 Die vielfigurigen Kreuzigungsszenen in Wien, die sogenannte Salzburger Tafel 1449, und in Graz 1457 spiegeln in beeindruckender Vielfalt verschiedene Sinn- und Zeitebenen wider, die von sakraler, historischer, theologischer und gesellschafts- sowie zeitpolitischer Relevanz sind. Die beiden Gemälde sind im zeitlichen Abstand von acht Jahren entstanden und lassen ein Entwicklungspotenzial erkennen. Dieses zeigt sich unter anderem in der Erschließung der Massenszenen über prägnante Einzelfiguren (Salzburg) und einer späteren Hinwendung zu nebeneinander gereihten, geschlossenen Figurengruppen (Graz).3

In der Salzburger Kreuzigung befindet sich die Inschrift d / PFENNING / 1449 / ALSICHCHVN auf der Satteldecke eines in Rückenansicht ausgeführten Pferdes links unterhalb des Kreuzes Christi. Die Grazer Tafel weist zwei Nennungen des Künstlernamens auf: Einmal steht LAIB auf der Essigflasche von Stephaton, der in der linken Bildhälfte zur Rechten des Kreuzes Jesu steht, ein weiteres Mal in Kombination mit dem Namen MARIA auf der goldglänzenden Rüstung des Mannes in der linken unteren Bildecke, der mit einer deutlichen Geste auf das Geschehen weist. Die Diskussion um mögliche Selbstdarstellungen beschränkt sich weitestgehend auf die beiden beim Kreuz positionierten Figuren;4 für den Ritter in Gold wird eine Interpretation als kryptomorphes Bildnis vorgeschlagen.

Einen wesentlichen Beitrag zur Laib-Forschung leistet Köllermann.5 Ausgehend von der Salzburger Tafel beleuchtet die Autorin in ihrer Dissertation Laibs Leben und Oeuvre und stellt dabei auch das künstlerische Selbstverständnis des Malers in den Fokus. In einer ikonografisch weitreichenden Analyse beschäftigt sie sich unter anderem auch mit den Details der Inschriften und Signaturen, die sie als selbstbewusste Selbstthematisierungen des Malers einordnet, der überlieferte Bildtraditionen aufnahm und mit neuen Inhalten bereicherte, der ikonografisch versiert verschlüsselte Botschaften vermittelte und zeitaktuelle Entwicklungen weiterdachte.6 „[D]ie Salzburger und die Grazer Kreuzigung zeugen darüber hinaus von einer außerordentlichen ‚malerischen Intelligenz‘ und einem nicht minder ambitionierten künstlerischen Selbstbewußtsein“, so Köllermann.7 Wie auch Biedermann, der die beiden Tafeln vor dem Hintergrund der osmanischen und anderen Bedrohungen des Glaubens thematisiert,8 betont die Autorin, dass der Maler die Gemälde strikt durchdachte und exakt konzipierte;9 dieses Vorgehen lässt auch die Inschriften bedeutsam erscheinen. Obwohl diese, und dabei speziell der Schriftzug in der Salzburger Kreuzigung, in der Forschungslandschaft großes Interesse auslösten, wurden sie nur selten als direkte Hinweise auf Selbstdarstellungen eingestuft. Neben dem ALSICHCHVN, das als direkter Verweis auf Jan van Eycks Motto ALS ICH CAN, das in Zusammenhang mit Selbstdarstellungen des Altniederländers steht, gelesen werden muss, lassen weitere Indizien darauf schließen, dass Laib mit der Tradition integrierter Selbstdarstellungen vertraut gewesen sein könnte. Dieser Verdacht führt sowohl in den nördlichen als auch in den südlichen Kunstraum. Zeichnen sich die beiden Tafeln in Details und Aspekten der Hauptkomposition durch Motivübernahmen und Bezüge aus, so gilt diese Beobachtung auch für die beiden als mögliche Selbstporträts diskutierten Männer. Sie finden sich als Rückenfiguren in ähnlicher kompositioneller Verankerung unterhalb und zur Rechten des Kreuzes Christi und fordern im spezifischen Bildzusammenhang vergleichbar viel Raum ein. Sie sind durch teils übereinstimmende Mechanismen hervorgehoben, zudem verstärken die jeweils nach oben geführten rechten Arme sowie die physiognomisch ähnliche Profildarstellungen den Zusammenhang.

Verweise

  1. Zu Conrad Laib grundlegend u. a. Köllermann 2007; Saliger 1997a. Zum Forschungsstand zu Laib vgl. etwa Köllermann 2007, 16–18; Söding 1997, 22–24; Suckale 2000, 59 (Anm. 3).↩︎

  2. Im Werk wird die Beschäftigung mit verschiedenen Einflüssen deutlich, etwa mit Errungenschaften des älteren Schönen Stils vom Oberrhein, der Buchmalerei, der nord- und mittelitalienischen Kunst, Entwicklungen in Nürnberg, dem franko-flämischen Raum, der Schweiz und Österreich. Zur stilistischen Entwicklung und der künstlerischen Herkunft Laibs vgl. u. a. Frodl-Kraft 1999, bes. zum Farbkonzept Laibs 163–169; Höfler 2004; Köllermann 2007, 34–37, 75–98; Madersbacher 2003, 426–428; o. A. 1997a, 192–197, zur Salzburger Tafel; o. A. 1997b, 217–231, zur Grazer Tafel; Saliger 1997b; Suckale 2000.↩︎

  3. Madersbacher 2003, 427. Zu Differenzen zwischen den Tafeln vgl. weiterführend u. a. Köllermann 2007, 140–146.↩︎

  4. Zu Conrad Laibs Selbstdarstellungen in der Zusammenschau mit österreichischen Selbstporträts des 15. Jahrhunderts vgl. Krabichler 2024, 222–226.↩︎

  5. Köllermann 2007.↩︎

  6. Ebd., bes. 41.↩︎

  7. Ebd., 161.↩︎

  8. Biedermann 2010. Nach einer umfassenden Analyse hinsichtlich des zeit- und sozialpolitischen Potenzials der Tafeln resümiert Biedermann, Laibs Malerei komme einer Aufforderung zu einem „diskutiven Weg“ gleich und drücke den Wunsch nach Religionsfrieden im cusanschen Sinne aus. Vgl. weiterführend Biedermann 2010, bes. 279–281.↩︎

  9. Ebd., bes. 272. Köllermann widmet sich in eindrücklicher Tiefe dem Arbeitsprozess Laibs, der insbesondere durch exakte Bildanlagen besticht, und weist den Einsatz von proportional angepassten Schablonen nach. Diese ermöglichten Laib vorhandene Figuren variantenreich abzuwandeln, Motive teils künstlerisch, teils inhaltlich neu zu arrangieren. Ausgehend von diesen Beobachtungen deckt die Autorin innere Kompositionszusammenhänge auf, die werkübergreifend wirken. Vgl. Köllermann 2007, 150–160.↩︎

Zugehörige Objekte

Literatur

Biedermann, Gottfried: Bemerkungen zu Conrad Laibs „Kreuzigungstafeln“ in Wien und Graz – vor allem auch vor dem Hintergrund der osmanischen Bedrohung, in: Madersbacher, Lukas/Steppan, Thomas (Hg.): De re artificiosa. Festschrift für Paul von Naredi-Rainer zu seinem 60. Geburtstag, Regensburg 2010, 269–281.
Frodl-Kraft, Eva: Conrad Laib. Die Kreuzigungstafel von 1449 und das Grazer Dombild von 1457, in: Römische Historische Mitteilungen, 41. Jg. 1999, 157–169.
Höfler, Janez: Hat Conrad Laib Antonio Vivarini gekannt? Marginalie zu Laibs Verbindungen mit Italien, in: Zbornik za umetnostno zgodovino 2004, H. 40, 61–70.
Krabichler, Elisabeth: Vor aller Augen. Das integrierte Selbstporträt als Metabild in der Frühen Neuzeit (Dissertation, Universität Innsbruck), Innsbruck 2024.
Köllermann, Antje-Fee: Conrad Laib. Ein spätgotischer Maler aus Schwaben in Salzburg (Neue Forschungen zur deutschen Kunst, 8), Berlin 2007.
Madersbacher, Lukas: Salzburg, in: Rosenauer, Artur/Fillitz, Hermann (Hg.): Spätmittelalter und Renaissance (Geschichte der bildenden Kunst in Österreich, 3), München 2003, 426–431.
Saliger, Arthur (Hg.): Conrad Laib (Wechselausstellung der Österreichischen Galerie, 211; Ausstellungskatalog Österreichische Galerie Belvedere, Museum mittelalterliche Kunst – Unteres Belvedere, Orangerie, 19.9.–26.10.1997), Wien 1997.
Saliger, Arthur: Zur Probelmatik des Oeuvres von Conrad Laib in der Kunstgeschichte, in: Saliger, Arthur (Hg.): Conrad Laib (Wechselausstellung der Österreichischen Galerie, 211; Ausstellungskatalog, Museum mittelalterliche Kunst – Unteres Belvedere, Orangerie, 19.9.–26.10.1997), Wien 1997, 6–20.
Suckale, Robert: Ein Nürnberger Bild aus der Frühzeit des Konrad Laib, in: Germanisches Nationalmuseum (Hg.): Begegnungen mit alten Meistern. Altdeutsche Tafelmalerei auf dem Prüfstand (Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums. Wissenschaftliche Beibände, 17), Nürnberg 2000, 51–60.
Söding, Ulrich: Conrad Laib und sein Werk. Anmerkungen zur Chronologie, in: Saliger, Arthur (Hg.): Conrad Laib (Wechselausstellung der Österreichischen Galerie, 211; Ausstellungskatalog, Museum mittelalterliche Kunst – Unteres Belvedere, Orangerie, 19.9.–26.10.1997), Wien 1997, 22–39.
o. A.: 4. Conrad Laib. Kreuzigung Christi. 1449, in: Saliger, Arthur (Hg.): Conrad Laib (Wechselausstellung der Österreichischen Galerie, 211; Ausstellungskatalog, Museum mittelalterliche Kunst – Unteres Belvedere, Orangerie, 19.9.–26.10.1997), Wien 1997, 188–203.
o. A.: 7. Conrad Laib. Kreuzigung Christi. 1457 („Grazer Dombild“), in: Saliger, Arthur (Hg.): Conrad Laib (Wechselausstellung der Österreichischen Galerie, 211; Ausstellungskatalog, Museum mittelalterliche Kunst – Unteres Belvedere, Orangerie, 19.9.–26.10.1997), Wien 1997, 214–256.

Zitiervorschlag:

Krabichler, Elisabeth: Laib, Conrad (Künstler), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/kuenstler/laib-conrad/ (05.12.2025).