Masaccio

Bildrechte
Weitere Namen:Tommaso di (Ser) Giovanni (di Mone); Tommaso di ser Giovanni Guidi; Tommaso di Giovanni di Simone Guidi; Tommaso di ser Giovanni di Simone da San Giovanni; Tommaso di Giovanni Cassai; Maso di Giovanni di Castello San Giovanni; Tommaso di Ser Giovanni Cassai; Tommaso di ser Giovanni di Mone Cassai
Geburt: 1401 in San Giovanni Valdarno
Tod: um 1428 in Rom
Lexika: AKL | GND
Anmerkungen:Während das Geburtsjahr Masaccios gesichert ist, bleibt das Todesjahr umstritten. Der Künstler dürfte im Alter von 26 oder 27 Jahren in Rom verstorben sein.

Vasari widmet Masaccio eine ausführliche Vita,1 in der er auf Anekdoten weitgehend verzichtet und den Maler als einen „der herausragenden Neuerer der Kunst des Quattrocento“2 einführt. Tatsächlich entwickelte Masaccios Werk große Wirkung auf die nachfolgenden Künstler, die etwa wie Michelangelo Zeichnungen nach der verlorenen Sagra oder nach den Fresken der Brancacci-Kapelle fertigten.3

Masaccios integrierte Selbstbildnisse werden immer wieder als bahnbrechend bezeichnet, wobei man nicht davon ausgeht, dass er als erster überhaupt sein Bildnis in Bildkompositionen einfügte, sondern hervorhebt, dass sich diese Praxis mit Masaccio endgültig etabliert und deutlich häufiger wird.4 Wenige Jahre nach Masaccios integriertem Selbstbildnis bei der Kathedra Petri, wo er sich möglicherweise in Gesellschaft von Leon Battista Alberti darstellte, hielt Alberti in De pictura sein Ansinnen fest, andere Künstler möchten sein Bildnis in ihre Bilder einfügen. Dieser Wunsch wird häufig in Zusammenhang mit den integrierten Selbstbildnissen der Zeit gesehen. Inwieweit eine hypothetische Verbindung zu Alberti für Masaccios malerische Praxis eine Rolle gespielt haben könnte, untersucht Nagel in einer Publikation von 2009 (siehe den Forschungsstand in Auferweckung des Theophilus-Sohnes und Petrus in Cathedra).5

Unter den zahlreichen Selbstbildnis-Vorschlägen für Masaccio ist dennoch keiner, der sich beweisen ließe, allerdings gibt es Vorschläge, die sehr plausibel sind und solche, die als widerlegt angesehen werden können. Im Rahmen der Datenbank werden folgende Selbstbildnisse behandelt: Masaccio könnte sich in dem nicht erhaltenen, die Kirchweihe von Santa Maria del Carmine 1422 darstellenden Wandbild Sagra porträtiert haben (zwei verschiedene Figuren kommen in Frage). Ein weiteres Selbstbildnis wird in der Anbetung der Könige, einer Predellentafel des Pisaner Altars, vermutet. In den Fresken der Brancacci-Kapelle, die sich wie die Sagra in der Florentiner Kirche Santa Maria del Carmine befindet, werden drei Figuren als Selbstbildnisse Masaccios ins Spiel gebracht: eine im Zinsgroschen, eine in der Schattenheilung und eine in der Auferweckung des Theophilus-Sohnes und Petrus in Cathedra. Des Weiteren könnte Masolino den jüngeren Masaccio laut Meller im Johannes in der Heilung des Lahmen und die Erweckung der Tabitha porträtiert haben.6 Dieser Vorschlag wurde nicht in die Datenbank aufgenommen, da es sich um kein Selbstbildnis handelt; er ist überdies wenig plausibel.

Darüber hinaus wurden in zwei autonomen Porträts Selbstbildnisse Masaccios vermutet und in einem Gruppenbildnis könnte sich eine Kopie nach einem integrierten Selbstbildnis Masaccios verstecken: Das heute Sandro Botticelli zugeschrieben Porträt eines jungen Mannes in der Londoner National Gallery wurde Mitte des 19. Jahrhunderts, als es vom Museum erworben wurde, für ein Selbstbildnis Masaccios gehalten, diese These wurde aber bald verworfen.7
In den Uffizien befindet sich ein Männerbildnis auf Ziegel,8 von dem eine Zeit lang angenommen wurde, es handle sich um ein Selbstbildnis Masaccios. Burckhardt möchte dies etwa noch glauben, Crowe und Cavalcaselle sind bereits der Ansicht, dass hier eher Filippino Lippi dargestellt ist (siehe auch Vorbemerkung zu Filippino Lippi).9 Cole und Middeldorf verfolgen in einem Aufsatz 1971 die Spuren des rätselhaften Bildnisses. Ihnen zufolge war im 18. Jahrhundert nicht genau bekannt, welchen Anteil Filippino Lippi und welchen Masaccio an den Fresken der Brancacci-Kapelle hatte. So konnte es dazu kommen, dass das Selbstbildnis Filippinos bei Petrus und Paulus vor Nero im Disput mit Simon Magus als Selbstbildnis Masaccios galt. Das autonome Bildnis in den Uffizien basiert ihrer Ansicht nach auf diesem Selbstbildnis Filippinos und wurde von Ignazio Hugford in den 1760er Jahren gefälscht.10 Diese These wurde jedoch wieder verworfen; Nelson geht davon aus, dass es sich um eine Kopie eines toskanischen Künstlers des 17. Jahrhunderts handelt.11

Immer wieder behandelt wird in der Forschung zu Masaccios Selbstbildnissen auch das Gruppenbildnis Fünf Meister der Florentiner Renaissance,12 über dessen Urheber ebenso Unklarheit herrscht wie über die Datierung.13 Vasari schrieb die Tafel in der ersten Ausgabe der Viten 1550 Masaccio zu,14 in der zweiten Ausgabe von 1568 schrieb er sie hingegen Paolo Uccello zu.15 Heute wird das Gruppenbildnis teils ins 15., teils ins 16. Jahrhundert datiert. Zwar benennt eine Inschrift alle fünf Dargestellten, sie wird jedoch für eine spätere Zutat gehalten. Seit Lanyis Aufsatz von 194416 gehen manche AutorInnen davon aus, dass die linke Figur nicht wie von der Inschrift bezeichnet Giotto, sondern Masaccio darstellen könnte.17 Argumentiert wird mit der Ähnlichkeit des Kopfes zum Selbstbildnis Masaccios bei der Kathedra Petri. Der unbekannte Künstler hat dieser These zufolge ein Selbstbildnis Masaccios, etwa aus der verlorenen Sagra, kopiert und mit anderen Porträtköpfen zu einem Gruppenbildnis zusammengefügt (siehe dazu Forschungsstand Auferweckung des Theophilus-Sohnes und Petrus in Cathedra und insbesondere Forschungsstand Sagra). Wie Horký anmerkt, muss diese These jedoch aufgrund fehlender Beweise „rein hypothetisch bleiben.“18

Verweise

  1. Zum Todesjahr des Malers vgl. Hoffmann 2009.↩︎

  2. Posselt 2011, 17.↩︎

  3. Zu Michelangelos Zeichnungen nach Masaccio siehe etwa Rinaldi 2022.↩︎

  4. In diesem Sinne äußern sich etwa Schmid 2002, 116; Vayer 1975, 6. Dieser Einschätzung widerspricht beispielsweise Stubblebine 1978, der insbesondere den Beginn der Praxis gut hundert Jahre früher in der Werkstatt Duccios sieht, dessen Beispiele aber nicht restlos überzeugen.↩︎

  5. Nagel 2009.↩︎

  6. Meller 1961, 300.↩︎

  7. Sandro Botticelli: Portrait of a Young Man, ca. 1480–85, Tempera und Öl auf Holz, 37,5 x 28,3 cm, The National Gallery, London, Inventarnummer NG626. Cavalcaselle/Crowe 1911, 270.↩︎

  8. Anonym: (Bildnis eines Mannes Filippino Lippi), abgenommenes(?) Fresko auf Ziegel, 50 x 31 cm, Uffizien, Florenz.↩︎

  9. Burckhardt 1898, 175–177; Cavalcaselle/Crowe 1911, 279.↩︎

  10. Cole/Middeldorf 1971.↩︎

  11. Nelson 2004, 232–234.↩︎

  12. Anonym, Fünf Meister der Florentiner Renaissance: Giotto, Uccello, Donatello, Manetti, Brunelleschi, erste Hälfte 16. Jh., Öl auf Holz, 66 x 210 cm, Paris, Louvre, INV 267.↩︎

  13. Ausführlicher zum Gruppenbildnis etwa Joannides 1993, 465f.↩︎

  14. Vasari (hg. von Bettarini/Barocchi 1971), 133f zit. n. Vasari/Lorini/Posselt 2011, 47.↩︎

  15. Vasari/Lorini/Gründler 2012, 34.↩︎

  16. Lányi 1944.↩︎

  17. Zustimmend äußern sich etwa Meller 1961, 181–182; Prinz 1966, 75.↩︎

  18. Horký 2003, 20.↩︎

Zugehörige Objekte

Literatur

Burckhardt, Jacob: Beiträge zur Kunstgeschichte von Italien. Das Altarbild – Das Portrait in der Malerei – Die Sammler, Basel 1898.
Cavalcaselle, Giovanni Battista/Crowe, Joseph Archer: Umbria, Florence and Siena from the Second to the Sixteenth Century. Florentine Masters of the Fifteenth Century (A History of Painting in Italy, IV), London 1911.
Cole, Bruce/Middeldorf, Ulrich: Masaccio, Lippi, or Hugford? in: The Burlington Magazine, 113. Jg. 1971, H. 822, 500–507.
Hoffmann, Sabine: Masaccio, in: Allgemeines Künstlerlexikon Online, 2009, https://www.degruyter.com/database/AKL/entry/_00185699/html (07.12.2021).
Horký, Mila: Der Künstler ist im Bild. Selbstdarstellungen in der italienischen Malerei des 14. und 15. Jahrhunderts, Berlin 2003.
Joannides, Paul: Masaccio and Masolino. A Complete Catalogue, London 1993.
Lányi, Jenö: The Louvre Portrait of Five Florentines, in: The Burlington Magazine for Connoisseurs, 84. Jg. 1944, H. 493, 87–95.
Meller, Peter: La cappella Brancacci. Problemi ritrattistici ed iconografici, in: Acropoli. Rivista d'arte 1961, 3, 4, 186–227, 273–312.
Nagel, Ivan: Gemälde und Drama. Giotto, Masaccio, Leonardo, Frankfurt am Main 2009.
Nelson, Jonathan Katz: Seventeenth-century Tuscan artist: "Self-Portrait" of Filippino Lippi. [cat. 38], in: Arasse, Daniel/De Vecchi, Pierluigi/Nelson, Jonathan Katz (Hg.): Botticelli and Filippino. Passion and Grace in Fifteenth-century Florentine Painting (Ausstellungskatalog, Paris, 01.10.2003–22.02.2004), Mailand 2004, 232–234.
Posselt, Christina (1568): Einleitung zum Leben des Masaccio, in: Posselt, Christina (Hg.): Das Leben des Masolino, des Masaccio, des Gentile da Fabriano und des Pisanello (Edition Giorgio Vasari, 33), Berlin 2011, 17–21.
Prinz, Wolfram: Vasaris Sammlung von Künstlerbildnissen. Mit einem kritischen Verzeichnis der 144 Vitenbildnisse in der zweiten Ausgabe der Lebensbeschreibungen von 1568, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz, 12. Jg. 1966, Beiheft, 1, 3–158.
Rinaldi, Furio: Looking at Masaccio: a rediscovered drawing by the young Michelangelo, in: The Burlington Magazine, 164. Jg. 2022, H. 1431, 536–545.
Schmid, J.: Et pro remedio animae et pro memoria. Bürgerliche repraesentatio in der Cappella Tornabuoni in S. Maria Novella (Italienische Forschungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz: I Mandorli, 2), München u. a. 2002.
Stubblebine, James H.: The Face in the Crowd. Some Early Sienese Self-Portraits, in: Apollo 1978, H. 108, 388–393.
Vasari, Giorgio/Lorini, Victoria/Gründler, Hana: Das Leben des Florentiner Malers Paolo Uccello. Vita di Paolo Uccello. Pittor Fiorentino (1568), in: Gründler, Hana/Wenderholm, Iris (Hg.): Das Leben des Paolo Uccello, Piero della Francesca, Antonello da Messina und Luca Signorelli. Neu übersetzt und kommentiert, Berlin 2012, 17–35, 99–116.
Vasari, Giorgio/Lorini, Victoria/Posselt, Christina (1568): Das Leben des Malers Masaccio aus San Giovanni di Valdarno. Vita di Masaccio da S. Giovanni di Valdarno. Pittore (1568), in: Posselt, Christina (Hg.): Das Leben des Masolino, des Masaccio, des Gentile da Fabriano und des Pisanello (Edition Giorgio Vasari, 33), Berlin 2011, 22–47, 81–100.
Vasari, Giorgio: Giorgio Vasari. Le vite de' più eccellenti pittori, scultori e archittetori nelle redazioni del 1550 e 1568. 3. Band, hg. von Rosanna Bettarini/Paola Barocchi, Florenz 1971.
Vayer, Lajos: Deux portraits du Felice Brancacci, in: Acta historiae artium Academiae Scientiarium Hungaricae, 21. Jg. 1975, 3–13.

Zitiervorschlag:

Gstir, Verena: Masaccio (Künstler), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/kuenstler/masaccio/ (05.12.2025).