Meister der Legende der hl. Magdalena
Bildrechte
| Weitere Namen: | Meister der Magdalenen-Legende; Meister der Romuald-Legende; Meester van de Magdalena-legende; Master of the Magdalen Legend; Maître de la légende de la Madeleine; Maître de la légende Marie Madeleine; Master of the Legend of Saint Mary Magdalene; Coninxloo, Pieter van (?); Stockt, Bernaert van der (?) |
| Schaffenszeit: | Wirkungsdaten: ca. Ende 15., Anfang 16. Jahrhundert |
| Lexika: | AKL | GND |
| Anmerkungen: | Vom niederländischen Maler sind keine exakten Lebensdaten oder -orte überliefert. |
Der Meister der Legende der hl. Magdalena und die Brüsseler Werkstatt
Für den Meister der Legende der hl. Magdalena1 liegt mit der Tafel Opfergaben und Verehrung der Reliquien des hl. Rumold,2 die um 1510 datiert wird, die Thematisierung eines möglichen Selbstporträts vor.3 Als Bildnis des 16. Jahrhunderts erfährt diese in der Datenbank aber keine separate Behandlung. Das Bild des Meisters ist der letzte Teil einer Serie von 25 erhaltenen Gemälden zum Leben des Heiligen.4 Das mögliche Bildnis des in den BetrachterInnenraum blickenden Malers findet sich in üblicher Verankerung im linken Bereich hinter der sakralen Handlung. Einem Hinweis Périer-D’Ieterens zufolge steht es einer, dem Meister von Frankfurt zugeschriebenen Tafel zum selben Themenkreis nahe, in der sich ebenfalls eine Selbstdarstellung befinden soll und die im Vortext zum Meister von Frankfurt Erwähnung findet.5
Zur Brüsseler Werkstatt
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde in Brüssel eine Reihe von Gemälden unterschiedlicher, in der Tradition Rogier van der Weydens arbeitender, teils mit Notnamen betitelter Meister gefertigt.6 Périer-D’Ieteren trieb die Forschung rund um den Hauptakteur der Gruppe, dem Meister der Legende der hl. Katharina, maßgeblich voran. Insbesondere über die Analysen des Triptychons zu den Wundern Christi in der National Gallery of Victoria konnte verdeutlicht werden, dass die sogenannte Brüsseler Werkstatt in der Nachfolge der Werkstatt von Rogier van der Weyden als Kooperation verschiedener Maler funktionierte.7 Der Einsatz von Assistenzporträts, der als eine Weiterführung Rogier van der Weydens Porträtpraxis gedeutet wird, gilt als Gemeinsamkeit zwischen dem Meister der Katharinenlegende und den ebenfalls beteiligten Meistern der Legende der hl. Barbara und der Fürstenporträts.8 Mit Ausnahme des Letztgenannten wurden die Maler ihrer Anonymität enthoben,9 der Meister der Katharinenlegende wird als Rogier van der Weydens Sohn und Erbe Pieter van der Weyden geführt,10 der Meister der Legende der hl. Barbara als Aert van den Bossche.11 Martens gelang es schließlich, durch überzeugende Argumentation für alle drei Maler Selbstbildnisse festzustellen, anhand derer sowohl ein innerer Zusammenhang des Altars in Melbourne als auch der Werkstatt allgemein festgestellt werden kann.12
Neben vielen anderen sind auch der Meister der Legende der hl. Magdalena, der Meister mit dem gestickten Laub und der Meister der hl. Gudula, der von Châtelet mit Jan van Coninxloo zusammengeführt wurde, demselben künstlerischen Milieu zuzuordnen.13 All diese Meister verbindet möglicherweise auch die Vorliebe, Selbstporträts in Altarwerke einzuarbeiten – ein Merkmal, das sich auch in einem weiteren kooperativen Zyklus zum hl. Augustinus zeigen könnte, dessen Einzelbilder in den Katalogeinträgen zu den Gemälden Predigt eines Heiligen und Der hl. Augustinus opfert einem Idol der Manichäer behandelt werden. Eine im Forschungsstand zur Predigt eines Heiligen thematisierte Selbstdarstellung des Meisters der hl. Gudula als hl. Lukas14 findet keine separate Bearbeitung. Auch wird die im Vortext zum Augustinus-Zyklus gemachte Andeutung, es könne sich auch beim dritten Gemälde der Reihe, in Zwei Szenen aus dem Leben eines Heiligen,15 um eine Arbeit mit integriertem Selbstporträt handeln, nicht weiter erörtert. Ein mögliches Selbstbildnis des Meisters der Legende der hl. Magdalena im Gemälde Opfergaben und Verehrung der Reliquien des hl. Rumold,16 das in die Zeit um 1510 datiert, fällt aus dem definierten Forschungsrahmen heraus.
Weiterführende Analysen zu Identifizierungsvorschlägen, zum Werkstattverband, zu stilistischen oder ikonografischen Übereinstimmungen und Ähnlichem mehr können im gegebenen Kontext nicht angestellt werden. In der vorliegenden Datenbank werden nur bereits thematisierte Selbstdarstellungen behandelt, weshalb eine Gesamtuntersuchung des Werkskomplexes der Brüsseler Werkstatt – auch hinsichtlich weiterer möglicher integrierter Selbstbildnisse – ein Desiderat bleibt.
Verweise
Zur möglichen Identifizierung des Meisters mit Bernaert van der Stockt vgl. Dubois 2013, 341.↩︎
Meister der Legende der hl. Magdalena, Opfergaben und Verehrung der Reliquien des hl. Rumold, um 1510, Mechelen, Sint-Romboutskathedraal. Abbildung: ©KIK-IRPA, Brussels. Das Gemälde ist Teil eines Zyklus von 25 erhaltenen Tafeln zum Leben des hl. Rumold.↩︎
Carlier weist 2007 auf das Männerbildnis im linken Bereich der Tafel der Opfergaben und Reliquien des Heiligen hin und identifiziert es als Selbstporträt. Diese Hypothese leitet die Autorin aus einer Vielzahl von Beobachtungen ab, die insbesondere auf die Physiognomie/den Blick und die Kleidung des Mannes fokussieren: Die vergleichsweise stark individualisierte Figur wendet sich als einzige der Dargestellten von der Haupthandlung ab und fixiert einen Punkt außerhalb des Bildes. Mittels Infrarotuntersuchungen konnte festgestellt werden, dass der Blick der Figur vormals auf die BetrachterIn ausgerichtet war und auch, dass kein Porträt eine derart wesentliche Überarbeitung erfuhr. Die im Vergleich mit der Gewandung der anderen Protagonisten schlicht gehaltene Kleidung erinnere durch die Ausführung (V-Ausschnitt und Untergewand) an die der anerkannten Selbstdarstellungen im Melbourne-Triptychon; durch die rote Farbe sei ein Verweis auf den hl. Lukas, den Patron der Maler, impliziert. Carlier datiert das Gemälde auf 1509 bis 1517, vgl. Carlier 2007, 91–93.↩︎
Die Serie besteht aus 25 Tafeln, die in zwei Themenkreise differenzierbar sind: in Tafeln mit Episoden aus dem Leben des Heiligen und Tafeln mit seinen Wundertaten. Die Bilder wurden von verschiedenen Künstlern angefertigt, darunter etwa Colyn de Coter mit seiner Werkstatt. Zu Colyn de Coters Anteil vgl. Périer-D’Ieteren 1985, 79–84; zu fünf Tafeln des Meisters der St. Georgs-Legende vgl. Périer-D’Ieteren 1975; zu zwei weiteren Tafeln der Serie vgl. Périer-D’Ieteren 1976a. Zu einer Analyse des Gesamtzyklus mit Fokus auf die wichtigsten historischen und legendären Daten, die Ikonografie, die materielle Geschichte, den Auftrag und die Maler vgl. Périer-D’Ieteren 1976b. Zu einer Zusammenschau der Bilder sowie kurzen Beschreibungen der Ikonografien vgl. Verriest 2000.↩︎
Meister von Frankfurt (?), Die Legende des hl. Romuald, 16. Jahrhundert, Moskau, Puschkin State Museum of Fine Arts.↩︎
Zur Brüsseler Schule zusammenfassend vgl. u. a. Périer-D'Ieteren 2009, 213–221. Zu den Meistern vgl. u. a. Hoogland 2010.↩︎
Vgl. u. a. Bücken 2013a; Bücken/Steyaert 2013; Conway/Ricci 1922; Périer-D'Ieteren 1990; Périer-D'Ieteren 1994.↩︎
Zum Einsatz von verschiedenen Porträtarten in den Gemälden der Brüsseler Schule vgl. Martens 1998, bes. 27–39; Périer-D'Ieteren 1989–1991, 171; Périer-D'Ieteren 1994.↩︎
Diverse Versuche der Identifizierung des Meisters der Tafeln mit seinen Wundertaten. Die Bilder wurden von verschiedenen Künstlern angefertigt, darunter etwa Colyn de Coter mit seiner Werkstatt. Zu Colyn de Coters Anteil vgl. Périer-D’Ieteren 1985, 79–84; zu fünf Tafeln des Meisters der St. Georgs-Legende vgl. Périer-D’Ieteren 1975; zu zwei weiteren Tafeln der Serie vgl. Périer-D’Ieteren 1976a. Zu einer Analyse des Gesamtzyklus mit Fokus auf die wichtigsten historischen und legendären Daten, die Ikonografie, die materielle Geschichte, den Auftrag und die Maler vgl. Périer-D’Ieteren 1976b. Zu einer Zusammenschau der Bilder sowie kurzen Beschreibungen der Ikonografien vgl. Verriest 2000.
Meister von Frankfurt (?), Die Legende des hl. Romuald, 16. Jahrhundert, Moskau, Puschkin State Museum of Fine Arts.
Zur Brüsseler Schule zusammenfassend vgl. u. a. Périer-D'Ieteren 2009, 213–221. Zu den Meistern vgl. u. a. Hoogland 2010
Vgl. u. a. Bücken 2013a; Bücken/Steyaert 2013; Conway/Ricci 1922; Périer-D'Ieteren 1990; Périer-D'Ieteren 1994
Zum Einsatz von verschiedenen Porträtarten in den Gemälden der Brüsseler Schule vgl. Martens 1998, bes. 27–39; Périer-D'Ieteren 1989–1991, 171; Périer-D'Ieteren 1994Fürstenporträts (etwa als Pieter van Coninxloo, Bernard van der Stockt, Lieven van Lathem oder Jan van Coninxloo) scheitern mangels verifizierender Quellen, vgl. Bücken 2013b, 227. Jüngst unternahm Deprouw-Augustin den Versuch, den Maler Jean Beugier mit dem Meister der Fürstenbildnisse gleichzusetzen, dem widerspricht Séguin allerdings vehement; vgl. Deprouw-Augustin 2020; Séguin 2021, bes. 45f.↩︎
Vgl. u. a. Friedländer 1926, 108; Friedländer 1969, 60; Hoogland 2010; Hudson 2013, 4; Périer-D'Ieteren 1994, bes. Anm. 10 [o. S.]. Zu einer neutralen Betrachtung der weitgehend anerkannten Zuweisung vgl. u. a. Bonefant-Feytmans 1991; Gombert 2005, 30f; Hoogland 2010, o. S.; Périer-D'Ieteren 1989–1991, 165; Steyaert 2013a; Steyaert 2013c, 197; Toussaint 2006a; zu einer kritischen Hinterfragung vgl. u. a. Patigny 2006.↩︎
Périer-D'Ieteren 1989–1991, 165.↩︎
Martens 1998, 31–39. Vgl. weiterführend: Die wundersame Brotvermehrung; Die Hochzeit zu Kana; Die Auferweckung des Lazarus.↩︎
Châtelet 1990, bes. 33f. Die Identifizierung wird in der Forschung vielfach unterstützt, wenngleich teils Zweifel angemeldet werden, vgl. u. a. Steyaert 2013b, 297; Toussaint 2006b. An der Stelle werden ausschließlich jene Meister thematisiert, die im Zusammenhang mit möglichen Selbstdarstellungen stehen.↩︎
Thematisiert ist ein Lukasbild unbestimmter Zuschreibung. Vgl. Unbekannter niederländischer Maler (Meister des Diptychons von Dijon?), École de Flandres (?), Der hl. Lukas zeichnet die Madonna, Ende des 15. Jahrhunderts, Dijon, Musée des Beaux-Arts.↩︎
Meister der hll. Crispin und Crispinian (Aert van den Bossche?), Zwei Szenen aus dem Leben eines Heiligen, um 1480, Dublin, National Gallery.↩︎
Meister der Legende der hl. Magdalena, Opfergaben und Verehrung der Reliquien des hl. Rumold, um 1510, Mechelen, Sint-Romboutskathedraal. Abbildung: ©KIK-IRPA, Brussels. Das Gemälde ist Teil eines Zyklus von 25 erhaltenen Tafeln zum Leben des hl. Rumold.↩︎
Literatur
Zitiervorschlag:
Krabichler, Elisabeth: Meister der Legende der hl. Magdalena (Künstler), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/kuenstler/meister-der-legende-der-hl-magdalena/ (05.12.2025).