Meister von Großgmain

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Anmerkungen:Der Meister von Großgmain wirkte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Österreich.

Der Meister von Großgmain – Kontaktaufnahme mit dem Publikum

Der Meister von Großgmain, dessen Notname von vier Tafeln zum Marienleben in der Großgmainer Pfarrkirche nahe Salzburg abgeleitet wurde, ist von 1483 bis 1499 in der Region nachweisbar. Wie jüngst Jörg Blauensteiner ausführte, steht der Meister dem Umfeld Rueland Frueauf d. Ä. nahe, in dessen Werkstatt er vermutlich tätig war.1

Wie in den Gemälden des Frueauf-Kreises – etwa bei Frueauf d. Ä. und auch Frueauf d. J. – sind auch im Werk des Meisters von Großgmain zahlreiche Bildfiguren anzutreffen, die mit dem Bildpublikum in Kontakt treten, aus dem Bild herausschauen oder durch Blicke und Gesten zur BetrachterInnenanleitung beitragen und somit die Bilderzählung mitbestimmen.2 Derartige Figuren wurden bei den beiden Frueaufs als mögliche Selbstdarstellungen vorgeschlagen; die Überlegung liegt daher nahe, derartige Funktionen auch beim Meister von Großgmain zu vermuten. Auf ein Bildnis, das bislang noch nicht hinsichtlich der Möglichkeit einer Selbstdarstellung analysiert wurde, macht Krabichler aufmerksam.3 Dabei handelt es sich um einen Apostel in der hintersten Figurenreihe der Tafel zum Marientod4 des Pretschlaipfer-Triptychons, der direkt in den BetrachterInnenraum blickt und an der Handlung nicht Anteil zu nehmen scheint.5 Vergleichbare Bildnisse befinden sich im Hintergrund des Marientods und des Pfingstwunders aus dem ehemaligen Hochaltar der Pfarr- und Wallfahrtskirche zu Unserer Lieben Frau in Großgmain.6

Folgt man den Ausführungen von Robert West, so gestaltet der Meister vermehrt Bildnisse, die sich vom Geschehen abheben. So erinnere ein junger Mann vorne links im Pfingstwunder, der ganz in weiß gekleidet ist, an ein integriertes Selbstporträt.7 West gibt an, dass der Gedanke naheliege, dass sich der Meister aus Interesse an der eigenen Erscheinung häufig selbst darstellte. Eine Wiederholung des Porträtkopfes sei in einem Gemälde zum Hl. Wolfgang in München gegeben – auf dieses habe ihn Stiassny aufmerksam gemacht.8 Auch Stiassny bemerkt die Ähnlichkeit des autonom dargestellten Hl. Wolfgang zum jungen Mann im Pfingstwunder, allerdings ohne von einer Selbstdarstellung zu sprechen.9 Eine weitere vergleichbare Figur sei in der Tafel Jesus im Tempel10 des Retabels von Großgmain dargestellt.11

Da es sich bei den Überlegungen von West hinsichtlich der Möglichkeit von Selbstdarstellungen im Werk des Großgmainer Meisters um eine Einzelmeinung handelt, die zudem wenig konkret ist, in der Forschung keine Resonanz fand und auch nicht verifiziert werden kann, wird von einer Aufnahme der betreffenden Bildnisse als separate Katalogeinträge in der Datenbank abgesehen.

Verweise

  1. Blauensteiner 2017b, 23–27.↩︎

  2. Ebd., 24f, zu Detailabbildungen vgl. 26 (Abb. 29–36).↩︎

  3. Krabichler (voraussichtlich 2026).↩︎

  4. Meister von Großgmain, Marientod, um 1480, Wien, Österreichische Galerie Belvedere.↩︎

  5. Dieses Bildnis ist dem Meister als Symbolbild vorangestellt, obwohl es nicht als Selbstdarstellung bestätigt werden kann.↩︎

  6. Meister von Großgmain, Marientod und Pfingstwunder aus dem ehemaligen Hochaltar der Wallfahrtskirche von Großgmain, 1499, Großgmain, Pfarrkirche. Zu einer Farbabbildung des Marientods vgl. Blauensteiner 2017b, 24 (Abb. 17).↩︎

  7. Zu einer Abbildung des jungen Mannes nach der Restaurierung von 1999 vgl. Hannesschläger 1999, 46 (Abb. 3).↩︎

  8. Beim nicht signierten Heiligenbild handelt es sich um ein Gemälde, das möglicherweise den hl. Wolfgang zeigt und sich im Besitz der Galerie der Schlossanlage Schleißheimer befindet. 1917 war es in der Münchner Frauenkirche in der Georgskapelle zu sehen. Zur Zuweisung des Gemäldes an den Meister von Großgmain vgl. Vischer 1886, 471. Bei dem Gemälde dürfte es sich um ein autonomes Heiligenbild handeln, das im vorliegenden Zusammenhang wenig Relevanz hat, weshalb dem Hinweis nicht nachgegangen wird. In aktueller Literatur zum Meister, etwa in Blauensteiner 2017a; Salzburger Museumsverein/Referat Salzburger Volkskultur/Pfarre Großgmain 1999, ist kein entsprechendes Heiligenbild zu finden. Wohl aber ist bei Baldass ein Gemälde eines Hl. Abts angeführt, das entsprechend der Bildunterschrift der Werkstatt des Meisters von Großgmain zugewiesen ist und das sich in der Schleißheimer Galerie befindet. Die Physiognomie des Heiligen auf diesem Gemälde ist mit der des jungen Mannes im Pfingstwunder vergleichbar. Vgl. Baldass 1946, o. S. (Abb. 116).↩︎

  9. Stiassny 1903, 80.↩︎

  10. Meister von Großgmain, Jesus im Tempel, aus dem ehemaligen Hochaltar der Wallfahrtskirche von Großgmain, 1499, Großgmain, Pfarrkirche.↩︎

  11. West 1917, 253.↩︎

Literatur

Baldass, Ludwig: Conrad Laib und die beiden Rueland Frueauf (Sammlung Schroll), Wien 1946.
Blauensteiner, Björn: Kat. 9/1–3. Meister von Großgmein. Triptychon des Porpstes Ersamus Pretschlaipfer, vor 1486, in: Rollig, Stella/Blauensteiner, Björn (Hg.): Rueland Frueauf d. Ä. und sein Kreis (Ausstellungskatalog, Wien, 23.11.2017–11.03.2018), München u. a. 2017, 145–154.
Blauensteiner, Björn: Rueland Frueauf d. Ä. (um 1440/50–1507 Passau). Sein Leben, sein Werk und seine künstlerische Herkunft, in: Rollig, Stella/Blauensteiner, Björn (Hg.): Rueland Frueauf d. Ä. und sein Kreis (Ausstellungskatalog, Wien, 23.11.2017–11.03.2018), München u. a. 2017, 19–50.
Hannesschläger, Ingonda: Die Problematik um den Meister von Großgmain und die Tafeln des ehemaligen Flügelaltars aus dem Jahr 1499, in: Salzburger Museumsverein/Referat Salzburger Volkskultur/Pfarre Großgmain (Hg.): 500 Jahre Meister von Großgmain, 1499–1999 (Publikation zur Sonderschau, Großgmain, 31.7.–22.8.1999), Großgmain 1999, 11–67.
Krabichler, Elisabeth: Die verborgenen Selbstporträts des Rueland Frueauf d. J., in: Krabichler, Elisabeth/Madersbacher, Lukas (Hg.): An der Schwelle des Bildes. Funktionen des Selbstporträts in der Bilderzählung der Frühen Neuzeit (voraussichtlich 2026).
Salzburger Museumsverein/Referat Salzburger Volkskultur/Pfarre Großgmain (Hg.): 500 Jahre Meister von Großgmain, 1499–1999 (Publikation zur Sonderschau Pfarr- und Wallfahrtskirche, Großgmain, 31.7.–22.8.1999), Großgmain 1999.
Stiassny: Altsalzburger Tafelbilder, in: Jahrbuch des kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, 24. Jg. 1903, H. 6.
Vischer, Robert: Studien zur Kunstgeschichte, Stuttgart 1886.
West, Robert: Der Meister von Großgmain, in: Monatshefte für Kunstwissenschaft, 10. Jg. 1917, H. 6, 238–258.

Zitiervorschlag:

Krabichler, Elisabeth: Meister von Großgmain (Künstler), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/kuenstler/meister-von-grossgmain/ (05.12.2025).