Pacher, Michael
| Weitere Namen: | Pacher, Michele |
| Geburt: | um 1430 bis 1435 in Neustift (Brixen)? |
| Tod: | 1498 in Salzburg |
| Lexika: | AKL | GND |
| Anmerkungen: | Weder Geburtsjahr noch -ort stehen exakt fest. Der Maler lebte in Bruneck. |
Michael Pacher – wie mag er wohl ausgesehen haben?
Pacher hatte „Freude an künstlerischer Selbstdarstellung, deren Gegenstand Gefühle und nicht Taten sind“,1 so Rasmo bereits 1969. Diese Feststellung lässt sich keiner tatsächlichen Selbstinszenierung im Sinne eines Selbstporträts zuordnen, vielmehr weist sie wohl auf eine offene und aktive Künstlerpersönlichkeit hin.
Trotz weniger und größtenteils in der Forschung nicht weiterverfolgter konkreter Hinweise auf mögliche Selbstporträts – insbesondere in der älteren Literatur – werden insgesamt sechs mögliche Selbstdarstellungen des Malers thematisiert. Das chronologisch früheste Beispiel findet sich in der Tafel der Verteilung des Kirchenschatzes (um 1465), ehemals Teil des Laurentius Altars; alle weiteren erscheinen in verschiedenen Bildfeldern des St. Wolfgang Altar (1475–81), in: Christus und die Ehebrecherin, Marientod, Hochzeit zu Kana und Beschneidung Christi. Für letztgenanntes Gemälde sind zwei mögliche Selbstdarstellungen vorgeschlagen.2
Die meisten AutorInnen argumentieren in Hinblick auf mutmaßliche Selbstbildnisse Pachers auf Grundlage physiognomischer Ähnlichkeiten, zudem fließen allgemeine Überlegungen zu zeitaktuellen Darstellungsmodi des Sujets ein. Keines der vorgeschlagenen Selbstporträts ist eindeutig belegbar, dennoch verdienen die Thesen weitere Beschäftigung – insbesondere da Pachers Wirken unmittelbar mit Andrea Mantegna verbunden ist, der seinerseits zahlreiche Selbstinszenierungen hinterlassen hat. Mit Pachers Aufenthalt in Padua in den 1460er-Jahren waren ihm intensive Studien der Werke Mantegnas (neben anderen namhaften Renaissance-Meistern), v. a. hinsichtlich der Auseinandersetzung mit den neuen Möglichkeiten der Perspektive und Bildkonzeptionen, möglich. Dies sollte Pachers Schaffen nachhaltig prägen – was sich nicht zuletzt im Altar von St. Wolfgang zeigt.3 Mantegnas Vorbildfunktion könnte durchaus auch Pachers Auseinandersetzung mit dem Selbstporträt angeregt haben – zumindest müssen Pacher Mantegnas Selbstbildnisse ebenso bekannt gewesen sein, wie auch die prinzipiellen Entwicklungen des Motivs in der Zeit.4 In Pachers Werk überlagern sich südliche und nördliche Einflüsse, u. a. sind Berührungen mit der Kunst Rogier van der Weydens gegeben.5 Dessen frühes integriertes Selbstporträt, das heute nur in Form einer Tapisseriekopie6 erhalten ist, wurde von Cusanus, der in Brixen in unmittelbarer Nähe zu Pachers Werkstatt wirkte, in seiner Schrift De visione dei thematisiert.7
Als weitere Form der Selbstnennung ist der Name Pachers in der Vollendungsinschrift am unteren Rahmen der Außenseiten der Vorderflügel des Altars von St. Wolfgang zu lesen: „Benedictus abbas in mansee hoc opus fieri fecit ac complevit per magistrum / Michaelem pacher de prawneck Anno dm. Mcccclxxxi”; eine weitere Datierung („1479”) findet sich am Podest der hl. Elisabeth auf der Rückseite des Schreins desselben Altars.8 Zudem sind Berichte zu einer nicht erhaltenen Signatur überliefert: Auf dem verschollenen Retabel des Johannes Lupi von 1465 habe sich die Inschrift „micha pacer“ befunden.9
Verweise
Rasmo 1969, 208.↩︎
In einer dieser Figuren (es handelt sich hierbei um die links vor dem Hohepriester knieende, die teils als Prophetin Hanna identifiziert wird) kombiniert Pacher männliche und weibliche Merkmale, was eine eindeutige Zuordnung erschwert und den Denkansatz, es könne sich um eine Selbstdarstellung handeln, prinzipiell unglaubwürdig erscheinen lässt. Zudem ist die zugrundeliegende These höchst undefiniert, weshalb auf eine Weiterverfolgung verzichtet wird und der entsprechende Eintrag zu dieser Figur fragmentarisch gehalten ist.↩︎
Zu Pachers Aufenthalt in Padua (Anschluss an die Werkstatt von Francesco Squarcione und an die künstlerischen Eliten der Zeit, darunter Andrea Mantegna) sowie zu Pachers Beschäftigung mit der Perspektive vgl. u. a. Madersbacher 2015, 55–63; Madersbacher 2021a; Madersbacher 2021b; Madersbacher 2021c, 34. Weiterführend vgl. den Einleitungstext zum Altar von St. Wolfgang.↩︎
Auch Madersbacher geht davon aus, dass Pacher italienische integrierte Selbstbildnisse gekannt hat und impliziert eine mögliche Vorbildwirksamkeit Mantegnas hinsichtlich Selbstthematisierungen. Vgl. Madersbacher 2015, 17.↩︎
Zu Pachers künstlerischer Herkunft vgl. u. a. Evans 1990; Madersbacher 2015, 25–80; Madersbacher 2021b; Madersbacher 2021c; Rosenauer 1997; Rosenauer 1998. Weiterführend zum Forschungsüberblick zu Pacher vgl. u. a. Plieger 1998; Spada-Pintarelli 1998.↩︎
Vgl. den Einleitungstext zu Rogier van der Weyden.↩︎
Vgl. Kues 1999, 75f, (Vom Sehen Gottes, Vorwort). Cusanus stand als Fürsterzbischof von Brixen in den Jahren 1452 bis 1465 mit Neustift, dem wahrscheinlichen Geburtsort Pachers, in Verbindung, zudem sind Kontakte von Pachers Familie mit dem Erzbischof möglich. Zu Pacher als denkendem Künstler prinzipiell vgl. Madersbacher 2015, zum intellektuellen Background des Malers bzw. zu einem möglichen Einfluss von Cusanus vgl. bes. Madersbacher 2015, 95–117; Thurmann 1987; Wegmann 2019.↩︎
Madersbacher 2015, 210.↩︎
Vgl. weiterführend ebd., 302, 329.↩︎
Zugehörige Objekte
Beschneidung
Pacher, Michael
um 1475 bis 1481
Österreich; St. Wolfgang im Salzkammergut; Pfarrkirche
Christus und die Ehebrecherin
Pacher, Michael
um 1475 bis 1481
Österreich; St. Wolfgang im Salzkammergut; Pfarrkirche
Hochzeit zu Kana
Pacher, Michael
um 1475 bis 1481
Österreich; St. Wolfgang im Salzkammergut; Pfarrkirche
Marientod
Pacher, Michael
um 1475 bis 1481
Österreich; St. Wolfgang im Salzkammergut; Pfarrkirche
Verteilung des Kirchenschatzes durch den hl. Laurentius
Pacher, Michael
um 1465
Deutschland; München; Alte Pinakothek
Literatur
Zitiervorschlag:
Krabichler, Elisabeth: Pacher, Michael (Künstler), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/kuenstler/pacher-michael/ (05.12.2025).