Perugino, Pietro
Bildrechte
| Weitere Namen: | Perugino; Pietro di Cristoforo Vannucci Perugino; Pietro di Cristoforo Vannucci; Pietro Vannucci; Pietro di Cristoforo di Pietro Vannuccioli |
| Geburt: | 1448 in Castel della Pieve |
| Tod: | um 1523 bis 1524 in Perugia-Fontignano |
| Lexika: | AKL | GND |
„Wenn die Malkunst verloren war, hat er sie wiederhergestellt. Wenn sie noch nirgends erfunden war, hat er sie hervorgebracht.“
Am Ende des 15. Jahrhunderts schuf Pietro Perugino ein durch seine Signatur beglaubigtes Selbstporträt innerhalb der Freskenausstattung des Audienzsaals des Collegio del Cambio.1 Dieses Bildnis wurde von Vasari für das Vitenbild des Malers verwendet2 und in der Forschungsgeschichte zu Pietros Selbstdarstellungen vielfach zu Vergleichszwecken herangezogen. Es ist in zweierlei Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung: Zum einen handelt es sich um eines der seltenen Selbstbildnisse in der Wandmalerei des 15. Jahrhunderts, die dem Maler eindeutig zuordenbar sind: Auf der unter seinem Bildnis angeordneten Inschriftentafel gab Perugino ein selbstverherrlichendes Statement ab. Nach seinem Namen und seiner Berufsbezeichnung (PETRVS PERVSINVS EGREDIVS / PICTOR) ist die Widmung „Wenn die Malkunst verloren war, hat er sie wiederhergestellt. Wenn sie noch nirgends erfunden war, hat er sie hervorgebracht“,3 zu lesen. Zum anderen stellt es neben einem ähnlich gearteten Porträt von Peruginos Schüler Bernardino Pintoricchio4 ein Unikat innerhalb der Entwicklung des Sujets dar. Als eine Sonderform/Frühform von Selbstdarstellungen5 ist es trotz der Verankerung im malerischen Gesamtkonzept nicht als Selbstporträt in Assistenz zu werten. Ungeachtet der Bedeutsamkeit dieser Selbstinszenierung erhält die Darstellung folglich keinen Eintrag in der Datenbank.
Dies gilt ebenso für mehrere autonome Bildnisse, die als Selbstdarstellungen Peruginos diskutiert wurden. Unter anderem handelt es sich um das zwischenzeitlich als Bildnis des Francesco delle Opere identifizierte Porträt, das lange als Selbstporträt Peruginos galt und von Guidoni noch jüngst als „autoritratto ideale“ bezeichnet wurde.6 Weiters zählen zwei mittlerweile Raffael zugeschriebene Gemälde dazu: ein Porträt eines Mannes, das in der Galleria Borghese in Rom ausgestellt ist7 und ein als Porträt eines Mannes (Porträt von Perugino) bezeichnetes Bild, das sich im Bestand der Uffizien in Florenz befindet.8 Zudem führt Masciotta eine Zeichnung eines jungen Mannes mit Haube als ein Selbstporträt Peruginos.9
Perugino zählt zudem zu den Hauptmeistern der Freskenausstattung der Sixtinischen Kapelle (Anfang der 1480er), deren Ensemble zahlreiche Diskussionen zu Selbstdarstellungen, Künstlerbildnissen, Signaturen und Kryptonymen auslöste. Im Falle Peruginos handelt es sich um mögliche Selbstporträts in den Bildfeldern Schlüsselübergabe an Petrus, Reise des Moses nach Ägypten sowie Testament und Tod Mose. Zudem hinterließ Pietro als einziger der Maler eine Signatur im herkömmlichen Sinn in der Kapelle; diese wurde im Bildfeld der Taufe Christi erst im Rahmen der jüngsten Restaurierungsarbeiten gefunden.10 Daneben werden Bildnisse in zwei Tafelbildern als Selbstinszenierungen diskutiert. Ein sehr glaubhaftes und oft besprochenes findet sich in einem frühen Altarbild zur Anbetung der Könige aus den 1470ern, ein weiteres wird im Gemälde Madonna mit Kind fraglicher Zuschreibung aus dem Ende des 15. Jahrhunderts thematisiert.11 Der Frage nach der Identifizierung des Malers kann in diesem Kontext nicht nachgegangen werden, daher wird für dieses Gemälde lediglich ein fragmentarisch angelegter Beitrag zur Verfügung gestellt.
Ein weiteres mögliches Bildnis Peruginos findet indirekt Eingang in die Datenbank: Im Gemälde Auferstehung Christi12 sorgen zwei Figuren, die teils als mögliche Darstellungen von Perugino und Raffael gesehen werden, für Diskussionen. Weitere Details hierzu sind im Eintrag zu Raffael vermerkt. Zudem ist eine These zu einer Selbstdarstellung bei Fiorenzo di Lorenzo thematisiert, die möglicherweise eine Tafel betrifft, die heute Perugino und dem jungen Pintoricchio zugeschrieben ist. Die äußerst vagen Angaben zu dieser eventuellen Porträtfigur im Zyklus zum hl. Bernardino in Perugia (Der hl. Bernardino heilt einen Blinden)13 und die ebenso fragliche Möglichkeit, es könne sich dabei um Perugino oder Pintoricchio handeln, sind von Rupfle aufgearbeitet.14
Verweise
Pietro Perugino, Selbstbildnis, 1497–1500, Perugia, Collegio del Cambio. Die Angaben zur Datierung des Selbstporträts variieren, Hiller von Gaertringen geht etwa von einer Finalisierung im Jahr 1501 aus, vgl. Hiller von Gaertringen 2009; zum Datierungsproblem umfassend vgl. u. a. Roettgen 1997, 256f.↩︎
Prinz 1966, 106. Die Ausführungen von Prinz zu Vasari’s Sammlung von Künstlerbildnissen legen zudem nahe, dass Peruginos Porträt mehrfach zum Einsatz kam, vgl. hierzu Ausführungen zu den Vitenbildnissen von Pietro Laurati und Andrea Verrocchio in Prinz 1966, 55, 101f.↩︎
PERDITA SI FVERAT PINGENDI / HIC RETTVLIT ARTEM / SI NVSQVAM INVENTA EST / HACTENVS IPSE DEDIT, vgl. Garibaldi 1999, 12.↩︎
Pintoricchio, Selbstporträt, 1501, Spello, Santa Maria Maggiore. Vgl. weiterführend den Einführungstext zu Pintoricchio.↩︎
Das Porträt wird vielfach als Präfiguration des Sujets des autonomen Selbstporträts interpretiert. Vgl. u. a. Schweikhart 1999, 183; Woods-Marsden 1998, 105, 110–112. Rejaie deutet die beiden Bildnisse von Perugino und Pintoricchio in Spello als Experimente, die, abhängig von ihrem spezifischen Kontext, innerhalb der Praxis der Selbstporträts weder den autonomen noch den integrierten Beispielen zugeordnet werden können. Vgl. Rejaie 2006, 15f, zur detaillierten Ausführung der These bes. 186–224.↩︎
Guidoni 2004, 443. Pietro Perugino, Bildnis des Francesco delle Opere, 1494, Florenz, Galleria degli Uffizi. Vgl. weiterführend u. a. Baldini 2004, 250, samt Literaturhinweisen zur Selbstporträtdiskussion; Garibaldi 1999, 115.↩︎
Raffael, Porträt eines Mannes, ca. 1502–04, Rom, Galleria Borghese. Zu früheren Überlegungen zum Porträt als Selbstbildnis Peruginos vgl. u. a. Lange 1885, 97f; Marcelli 2004, 248.↩︎
Raffael, Porträt eines Mannes, evtl. Porträt von Perugino, 1504, Florenz, Galleria degli Uffizi. Das Bildnis erfuhr unterschiedliche Zuschreibungen (u. a. an Perugino, Raffael, Lorenzo di Credi, Hans Holbein d. J.) und auch der Porträtierte wurde verschieden identifiziert (u. a. als Perugino, Andrea del Verrocchio, Martin Luther). Vgl. dazu u. a. Campbell 1983; Campbell 1990, 232f; Chastel 1966, 332; Meller 1974, 269; National Gallery of Art Washington 1994, o. S. (Anm. 15); Rebmann 2011, 152. Eine partielle Zusammenschau von Peruginos Selbstbildnissen, in der auch dieses Porträt als Selbstdarstellung gesehen wird (bei den übrigen Bildnissen handelt es sich um: Anbetung der Könige, Perugia; Schlüsselübergabe, Sixtinische Kapelle; Selbstbildnis im Collegio del Cambio) bieten Castallaneta/Camesasca. Diesen Ausführungen ist eine Auflistung von Peruginos selbstbezeichnenden Inschriften angeschlossen. Vgl. Castellaneta/Camesasca 1969, 83f.↩︎
Perugino, Selbstbildnis, Florenz, Galleria degli Uffizi, Gabinetto delle Stampe. Vgl. Masciotta 1949, o. S. (Abb. 14).↩︎
Alle Beiträge hierzu wurden von Verena Gstir aufgearbeitet. Ein Überblick findet sich im Einleitungstext zur Sixtinischen Kapelle.↩︎
Das Gemälde wurde verschiedenen Malern zugeschrieben (Raffael, Perugino, diversen Werkstattmitarbeitern und Nachfolgern Peruginos), vgl. u. a. Castellaneta/Camesasca 1969, 122. In der aktuelleren Standardliteratur zu Perugino ist das Gemälde teils ohne Angabe eines Malers angegeben, vgl. u. a. Scarpellini 1991, 311; oder es wird nicht erwähnt, vgl. u. a. Garibaldi 1999; Garibaldi 2004a; Garibaldi 2004b; Garibaldi/Mancini 2004; Teza 2004.↩︎
Pietro Perugino, Auferstehung Christi, um 1499, Rom, Musei Vaticani.↩︎
Orsini 1784, 313 (Anm. b).↩︎
Perugino, Pintoricchio (?), Der hl. Bernardino heilt einen Blinden, 1473, Perugia, Galleria Nazionale dell’Umbria. Vgl. weiterführend den Einleitungstext zu Fiorenzo di Lorenzo.↩︎
Zugehörige Objekte
Anbetung der Könige
Perugino, Pietro
um 1470 bis 1473
Italien; Perugia; Gallerie Nazionale dell‘Umbria
Die Reise des Moses nach Ägypten
Perugino, Pietro
1481 bis 1482
Vatikan; Vatikanstadt; Cappella Sistina
Madonna mit Kind
Perugino, Pietro
Ende 15. Jahrhundert
Italien; Neapel; Galleria Nazionale di Capodimonte
Schlüsselübergabe an Petrus
Perugino, Pietro
1481 bis 1482
Vatikan; Vatikanstadt; Cappella Sistina
Literatur
Zitiervorschlag:
Krabichler, Elisabeth: Perugino, Pietro (Künstler), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/kuenstler/perugino-pietro/ (05.12.2025).