Pintoricchio

Bildrechte
Weitere Namen:Pinturicchio; Bernardino Pinturicchio; Bernardino Pintoricchio; Bernardino di Betto; Bernardino di Betto-Benedetto di Biagio; Bernardino Betti; Bernardino Betti Pinturicchio; Bernardino
Geburt: um 1452 bis 1460 in Perugia
Tod: 1513 in Siena
Lexika: AKL | GND

Bernardino di Betto, genannt Pintoricchio

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts stellte sich Pintoricchio mit einem durch seine Signatur beglaubigten Selbstbildnis als Bild-im-Bild in der Cappella Baglioni in der Collegiata di Santa Maria Maggiore in Spello in die Nachfolge von Perugino.1 Dieser verewigte sich innerhalb der Freskenausstattung im Collegio del Cambio in einer frühen Form eines autonom erscheinenden Selbstbildnisses. Wie Perugino schuf auch Pintoricchio ein aus der Geschichte der Selbstdarstellungen herausragendes Porträt. Ausgeführt wie ein gerahmtes Tafelbild besitzt das Bildnis trotz seiner Einfügung in die Szene der Verkündigung einen autonomen Charakter.2 Diesem Umstand sowie der Datierung außerhalb des Quattrocento (1501) ist es geschuldet, dass das Bildnis nicht in den Katalog der Datenbank aufgenommen wurde.

Neben der Selbstdarstellung in Spello wurden für Pintoricchio Identifizierungen weiterer integrierter Selbstbildnisse vorgeschlagen. Für das 15. Jahrhundert betrifft dies ein weitgehend anerkanntes Selbstporträt im Bildfeld Disput der hl. Katharina im Appartamento Borgia, das Bernardino im Auftrag Papst Alexanders VI. freskierte.3 Letzteres wie auch eine Spiegelung im Fresko zur Auferstehung Christi derselben Ausstattung, die als Reflexion eines Werkstattmitglieds vorgeschlagen wurde, finden Eingang in die Datenbank. Weitere Beispiele sind in Bildwerken des 16. Jahrhunderts zu finden: etwa in einem Freskenfeld zur Heiligsprechung der Katharina von Siena durch Papst Pius II.4 im Librario Piccolomini in Siena sowie in einem Gemälde aus dem Spätwerk mit dem Sujet Mariä Himmelfahrt,5 das heute in Neapel verwahrt ist. Da diese Arbeiten Pintoricchios außerhalb des vom Forschungsprojekt abgedeckten Zeitrahmens entstanden sind, werden sie nicht näher behandelt. Ebenso verhält es sich mit sehr frühen und teils undefinierten Thematisierungen mutmaßlicher Selbstdarstellungen, die in der Forschungsliteratur nicht weiterverfolgt wurden. Hierzu zählen eine Selbstinszenierung in einer Miniatur6 sowie ein Bildnis in den Fresken der Kirche Sant‘Onofrio in Rom.7 Zudem ist eine These zu einer Selbstdarstellung bei Fiorenzo di Lorenzo thematisiert, die möglicherweise eine Tafel betrifft, die heute Perugino und dem jungen Pintoricchio zugeschrieben ist. Die äußerst vagen Angaben zu dieser potenziellen Porträtfigur im Zyklus zum hl. Bernardino in Perugia8 und die ebenso fragwürdige Möglichkeit, dass es sich dabei um Perugino oder Pintoricchio handeln könnte, sind von Rupfle aufgearbeitet.9

Abschließend sei auf ein mögliches Bildnis Pintoricchios hingewiesen, das sich im Fresko der Reise des Moses nach Ägypten befindet und im Rahmen der Aufarbeitungen der Selbstdarstellungen in der Sixtinischen Kapelle in der Datenbank vermerkt ist.

Verweise

  1. Pintoricchio, Selbstbildnis, 1501, Spello, Collegiata di Santa Maria Maggiore, Cappella Baglioni. Zum Bildnis im Gesamtzusammenhang im Bildfeld der Verkündigung vgl. Gesamtfresko. Bereits von Vasari wird von einer Meister-Schüler-Beziehung zwischen Perugino und Pintoricchio berichtet, vgl. Vasari (hg. von Hiller von Gaertringen 2011). In wenigen Ausnahmen in der Forschung zu Pintoricchio werden Zweifel an Bernardinos Ausbildung bei Perugino angemeldet, vgl. weiterführend Gigante 2010, 307 (Anm. 1).↩︎

  2. Zur schematischen Darstellung des Freskenprogramms der Kapelle samt Vermerk der Position des Selbstbildnisses vgl. Roettgen 1997, 286. Zum autonomen Charakter des Bildnisses vgl. u. a. Rejaie 2006, 193–194; Stoichiţă 1998, 234, 346 (Anm. 16); Woods-Marsden 1998, 105, 110–112.↩︎

  3. Pintoricchio, Heiligsprechung der Katharina von Siena durch Papst Pius II., 1502–08, Siena, Librario Piccolomini.↩︎

  4. Pintoricchio, Mariä Himmelfahrt, 1505–10, Neapel, Museo Capodimonte.↩︎

  5. Vermiglioli beschäftigt sich 1837 mit Miniaturen, deren Zuschreibung schon damals als ungewiss erschien, sowie mit einer älteren, nicht belegten Identifizierung einer möglichen Selbstdarstellung: „Prossimamente al moro in una figura in piedi, e con berretto, altri ha creduto di rávvisarvi il ritratto del Pinturicchio, e noi non ne abbiamo sicurezza bastante.“ Vgl. Vermiglioli 1837, 6–18, bes. 14f. Da es sich bei Miniaturen um ein Genre handelt, das in der vorliegenden Datenbank prinzipiell ausgeklammert bleibt, wurde dem Hinweis auf frühere Identifikationen nicht nachgegangen. Zu Pinturicchio als Miniaturisten vgl. u. a. Melograni 2012 (2013).↩︎

  6. Im Rahmen eines Exkurses zu Zuschreibungen der Fresken in der Apsis der Kirche Sant’Onofrio in Rom an Pintoricchio argumentiert Vermiglioli mit einem Vergleich mit Fresken in einer anderen Kapelle derselben Kirche, in der sich ein Selbstporträt befinden solle. Vgl. Vermiglioli 1837, 65. Vermiglioli beruft sich hierzu auf Peruzzi 1786, 182, der auf ein Bildnis Pintoricchios in der Marienkapelle verwiesen hatte.↩︎

  7. Orsini 1784, 313 (Anm. b).↩︎

  8. Perugino, Pintoricchio (?), Der hl. Bernardino heilt einen Blinden, 1473, Perugia, Galleria Nazionale dell’Umbria. Vgl. weiterführend den Einleitungstext zu Fiorenzo di Lorenzo.↩︎

Zugehörige Objekte

Literatur

Gigante, Elisabetta: Autoportraits en marge. Images de l'auteur dans la peinture de la Renaissance (Thèse de Doctorat, École des Hautes Études en Sciences Sociales), Paris 2010.
Melograni, Anna: Movità e precisazioni su Pinturicchio miniatore, in: Bollettino d'arte, 7/97 2012 (2013), H. 16, 33–52.
Orsini, Baldassarre: Guida al forestiere per l'augusta città di Perugia. Al quale si pongono in vista le piu eccellenti Pitture, Sculture ed Architeture. Con alcune asservazioni, Perugia 1784.
Peruzzi, Baldassarre: Notizie. A sua Eccellenza il Signor Principe D. Sigismondo Chigi, in: Della Valle, Guglielmo (Hg.): Lettere Sanesi. Minor Conventuale (Sopra le belle arti, 3), Rom 1786, 157–200.
Rejaie, Azar M.: Defining Artistic Identity in the Florentine Renaissance: Vasari, Embedded Self-Portraits, and the Patron's Role (Dissertation, University of Pittsburgh) 2006.
Roettgen, Steffi: Wandmalerei der Frührenaissance in Italien. Band 2. Die Blütezeit 1470–1510, München 1997.
Stoichiţă, Victor I.: Das selbstbewusste Bild. Vom Ursprung der Metamalerei (Bild und Text), München 1998.
Vasari, Giorgio (1568): Das Leben des Perugino und des Pinturicchio (Edition Giorgio Vasari, 32), hg. von Rudolf Hiller von Gaertringen, Berlin 2011.
Vermiglioli, Giovanni Battista: Memorie. Di Bernardino Pinturicchio. Pittore perugino de' secoli XV. XVI., Perugia 1837.
Woods-Marsden, Joanna: Renaissance Self-Portraiture. The Visual Construction of Identity and the Social Status of the Artist, New Haven u. a. 1998.

Zitiervorschlag:

Krabichler, Elisabeth: Pintoricchio (Künstler), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/kuenstler/pintoricchio/ (05.12.2025).