Rode, Hermen

Bildrechte
Schaffenszeit:Der Maler Hermen Rode wirkte von 1468 bis 1504 in Deutschland.
Lexika: AKL | GND

Signatur und Selbstbildnis – ein früher Fall

Hermen Rode prägte gemeinsam mit Bernt Notke den künstlerischen Aufschwung Lübecks in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.1 Seine Tätigkeit beschränkt sich auf Lübeck, wo er 1484 auch das Lukasretabel2 für die Malergilde schuf. Der Eintrag des Künstlers in der Datenbank ist diesem doppelflügeligen Altarretabel zu verdanken, das zu den Hauptwerken des Malers zählt.3

Entgegen der Meinung von Stange sind es nach Burg (2007) nur wenige Maler im deutschsprachigen Raum des ausgehenden 15. Jahrhunderts, die in ihre Gemälde ein Selbstporträt integrierten und das Werk zugleich signierten.4 Zu den Ausnahmen zählt Hermen Rode. Auf dem Lukatetabel in Lübeck befindet sich auf der Tafel der Beisetzung des hl. Lukas ein Apostel in rotem Gewand, der im Begriff ist, eine Decke vom Sarg des Heiligen zu ziehen. Auf den Kragen dieser Figur hat der Maler nicht nur seine Signatur gesetzt,5 sondern ihr zudem vermutlich seine Züge verliehen. Hermen Rode ist Teil der Lukasbruderschaft6 gewesen, folglich erscheint die These auch im biografischen Kontext plausibel.7 Das signierte Selbstporträt erfährt in einem eigenen Katalogeintrag nähere Behandlung. Teil dieses Retabels ist auch ein autonomes Lukasbild,8 eine Tafel, die durch die Abbildung des Heiligen als Patron der Maler starke autoreferenzielle Bezüge aufweist.

Nicht weiter nachgegangen wird vereinzelt vorgeschlagenen Selbstbildnissen Hermen Rodes, die aufgrund mangelnder Belege nur bedingt nachvollziehbar sind und in der weiteren Forschung keine Resonanz erfuhren. Es handelt sich dabei um Figuren in der Szene des Marientods des 1494 entstandenen, heute verlorenen Greveraden-Altars.9 Die Forschungsmeinungen werden im Folgenden in Kürze wiedergegeben:

Goldschmidt (1901)10 und Stange (1954)11 thematisieren ein mögliches Selbstporträt Rodes in der Figur eines Apostels mit Gebetbuch am linken Bildrand des Marientods. Beide Autoren konstatieren die physiognomische Ähnlichkeit zur Figur im Lukasretabel, wobei das spätere Selbstbildnis im Greveraden-Dyptichon, das den Maler gealtert darstelle, von der künstlerischen Entwicklung Hermen Rodes zeuge.12
Busch (1943) hält den Greveraden-Altar für „des Malers letztes [Werk]“13 und bespricht ebenfalls ein Selbstporträt im Marientod – allerdings in einer trauernd knienden Rückenfigur im Vordergrund. Es sei dieselbe Figur, in der sich Rode vermutlich schon im Lukasretabel dargestellt habe.14
Rasche (2013) erwähnt eine Gruppe von zwölf Jüngern im Marientod, die in einer Fensternische im linken Hintergrund zu sehen waren und den Sarg Mariens trugen. Die differenzierte Gestaltung ihrer Physiognomien ließe Porträts von Zeitgenossen oder Stiftern vermuten. Verschiedentlich sei darin auch ein Selbstporträt des Malers erkannt worden.15 Die Autorin äußert sich jedoch nicht tiefergehend dazu.

Durch den Verlust des Greveraden-Dyptichons sind die Thematisierungen schwerlich fassbar und werden daher im Rahmen der Datenbank nicht weiterverfolgt.

Verweise

  1. Ausführlich zu beiden Malern und zur kulturellen Blüte in der Zeit Hermen Rodes vgl. Stange 1954, 93–117; zum historischen Hintergrund des Malers bes. im Kontext der Hanse vgl. Rasche 2001; sowie das Kapitel Lübecks Kunst im Mittelalter von Max Hasse in Wittstock/Schadendorf/Hasse 1981, 20–39; am umfassendsten hat sich Rasche 2013 im Rahmen ihrer Dissertation mit Hermen Rode und seinem Werk beschäftigt.↩︎

  2. Altar der Lübecker Lukasbruderschaft, 1484, Lübeck, St. Annen-Museum, Inventarnummer: 1892/193.↩︎

  3. Rasche 2001, 129. Zum Stil des Malers vgl. Goldschmidt 1901; Bauch 1930; Stange 1954, 95–99.↩︎

  4. Burg 2007, 501f; zu frühen Signaturen von Malern im deutschen Raum vgl. Burg 2007, 448–514, bes. 448–453.↩︎

  5. Der Altar ist das einzige vom Künstler signierte Werk, vgl. Rasche 2001, 130; Suckale 2009, 396 legt dar, dass Künstler ihre Signaturen gerne an Gewandsäumen anbrachten. Diese Stellen eigneten sich aufgrund ihrer Unaufdringlichkeit, wobei der Autor betont, dass sie auch Platz für anderweitige Schriftzüge boten und daher keineswegs einen unbeachteten Bereich darstellten.↩︎

  6. Die Lukasbruderschaft in Lübeck wurde 1473 gegründet. Zur Kulturblüte Lübecks, die auch Hermen Rode in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts maßgeblich prägte, vgl. Stange 1954, 93.↩︎

  7. So auch Burg 2007, 501; Rasche 2001, 130; Schaller 2021, 19.↩︎

  8. Hermen Rode, Die Inspiration des hl. Lukas (linker Innenflügel des Lukasaltars), 1484, Lübeck, St.-Annen-Museum.↩︎

  9. Hermen Rode, Greveraden-Diptychon aus der Marienkirche in Lübeck, 1494, (1942 bei einem Luftangriff auf Lübeck verbrannt), Innenseite des Außenflügels mit Marientod; für Abbildungen siehe Rasche 2013, 181 (Abb. 159), 184 (Abb. 161). Bei dem Greveraden-Altar von Hermen Rode handelt es sich nicht um den gleichnamigen Altar von Hans Memling. Beide Werke wurden jedoch von Adolf und Heinrich Greverade gestiftet. Vgl. den Katalogbeitrag zum Greveraden-Altar von Hans Memling.↩︎

  10. Goldschmidt 1901, 35, 39.↩︎

  11. Stange 1954, 100.↩︎

  12. Ebd.. Goldschmidt beschäftigt sich mit der Zuschreibung verschiedener Werke nach 1494 an Hermen Rode und stellt in diesen späten Gemälden einen starken Stilwandel fest. Sollte es sich tatsächlich um Arbeiten Rodes handeln, sei die These des Selbstporträts im Greveraden-Altar hinfällig. Denn ob des hohen Alters der Figur erscheine es unwahrscheinlich, dass der Maler in den folgenden sieben Jahren seine Malerei stilistisch dermaßen weiterentwickelt hätte. Handele es sich hingegen um ein Selbstporträt, gehöre das Greveraden-Dyptichon also zu den letzten Werken des Malers. Goldschmidt 1901, 39.↩︎

  13. Busch 1943, 38.↩︎

  14. Ebd.↩︎

  15. Rasche 2013, 186; Rasche konkretisiert diese Thesen nicht näher und nennt keine Autoren.↩︎

Zugehörige Objekte

Literatur

Bauch, Kurt: Porträt von Hermen Rode, in: Pantheon, 4. Jg. 1930, 524–526.
Burg, Tobias: Die Signatur. Formen und Funktionen vom Mittelalter bis zum 17. Jahrhundert (Kunstgeschichte, 80), Berlin 2007.
Busch, Harald: Meister des Nordens. Die Altniederdeutsch Malerei 1450–1550, Hamburg (2. Aufl.) 1943.
Goldschmidt, Adolph: Rode und Notke. Zwei Lübecker Maler des 15. Jahrhunderts, in: Zeitschrift für bildende Kunst, 12. Jg. 1901, 31–39, 55–60.
Rasche, Anja: Studien zu Hermen Rode, Petersberg 2013.
Rasche, Anja: Werke des Lübecker Malers Hermen Rode im Ostseeraum, in: Nogossek, Hanna/Popp, Dietmar (Hg.): Beiträge zur Kunstgeschichte Ostmitteleuropas (Tagungen zur Ostmitteleuropa-Forschung, 13), Marburg 2001, 126–136.
Schaller, Catherine 2021: Hans Fries. Identität und Augsburger Quellen. (Manuskript) 12/2021.
Stange, Alfred: Nordwestdeutschland in der Zeit von 1450 bis 1515 (Deutsche Malerei der Gotik, 6), München u. a. 1954.
Suckale, Robert: Die Erneuerung der Malkunst vor Dürer. Band 1, Petersberg u. a. 2009.
Wittstock, Jürgen/Schadendorf, Wulf/Hasse, Max: Kirchliche Kunst des Mittelalters und der Reformationszeit. Die Sammlung im St.-Annen-Museum (Lübecker Museumskataloge, 1), Lübeck 1981.

Zitiervorschlag:

Fankhauser, Kari: Rode, Hermen (Künstler), in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/kuenstler/rode-hermen/ (05.12.2025).