Der Hochaltar in der Propsteikirche in Dortmund von Derick Baegert

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Derick Baegerts Dortmunder-Altarretabel, das in geöffnetem Zustand mit einer Spannweite von acht Metern aufwarten kann, ist das größte Flügelretabel der nordwestdeutschen Malerei seiner Zeit. Es zeigt auf der Alltagsseite Christus sowie monumentale Heilige, denen am linken Flügel der Stifter als kniender Dominikaner zugeordnet ist. Auf der Festtagsseite ist ein vielfiguriges Szenario aufgebaut, das sich von einer Darstellung der Heiligen Sippe am linken Flügel über die Kreuzigung auf der Mitteltafel bis hin zur Anbetung der Könige am rechten Flügel erstreckt. Die Mitteltafel, eine Zusammenschau der zentralen Szenen rund um die letzten Stunden Christi – vom Auszug aus Jerusalem im linken oberen Eck über die Kreuzigung bis hin zur Grablegung im rechten oberen Eck – enthält auch Baegerts bekanntestes Selbstporträt. Der Maler befindet sich vermutlich gemeinsam mit seiner Gattin am Rand der Veronikaszene im linken Bildbereich. Diese Selbstdarstellung sowie zwei weitere im Seitenflügel zur Anbetung der Könige vorgeschlagene Porträts sind in Katalogeinträgen aufgearbeitet.1

„Der offenbare Portraitausdruck des Gesichtes, in dem sogar eine Warze nicht vergessen ist, das Herausblicken aus dem Bilde, während alle übrigen Gestalten lebhaft mit der Handlung beschäftigt sind, sprechen dafür, dass wir hierin den einen der beiden Brüder zu erkennen haben.“2 Mit diesen Worten stellt Lübke bereits 1853 die Porträthaftigkeit des Mannes unter dem Kreuz fest, die seither unbestritten ist. Der Autor baut in seiner Argumentation auf der Zuweisung der Tafel an die Brüder Victor und Heinrich Duenwege auf, die von Passavant 1841 in die Forschung eingeführt worden war.3 Im Mann unter dem Kreuz sei Heinrich, der jüngere der beiden Brüder, als Dreißigjähriger zu erkennen. Der ältere Bruder, so Lübke weiter, stehe am linken Flügel in einer Gruppe von Männern und halte seinen Hut in der Hand.4 Die Ausführungen Lübkes gehen mit einer Händescheidung einher, der zufolge er die Mitteltafel des Altars dem jüngeren, die beiden Flügel dem älteren der Gebrüder Duenwege zuschreibt.5 Im Ausstellungskatalog des Landesmuseums der Provinz Westfalen (1937) ist der frühe Forschungsstand zum Dortmunder Kreuzigungsaltar erfasst. Lübkes Thesen zu den mutmaßlichen Selbstdarstellungen der Gebrüder Duenwege werden dabei ebenso thematisiert wie die darauf aufbauenden Positionen von Paul Clemen, der Lübkes These bestätigt,6 sowie jene von Eduard Firmenich-Richartz, der Lübkes Zuweisung umkehrt und damit auch die Selbstdarstellungen gegenteilig bewertet.7 1931 wurde der Altar schließlich von Fritz Witte Derick Baegert zugeschrieben.8

Verweise

  1. Aus der vielfältigen Literatur zum Altarretabel in Dortmund vgl. zuletzt Vlašić 2024; vgl. zudem u. a. Baxhenrich-Hartmann 1984; Marx 2006; Marx 2011, 66–72; Rinke 2004; Stange 1967, 118f (Nr. 382).↩︎

  2. Lübke 1853, 361.↩︎

  3. Vgl. Passavant 1841.↩︎

  4. Die Aussage Lübkes ist in sich unschlüssig, da ein solcher Mann nur am rechten Flügel in der Szene zur Anbetung der Könige ausgeführt ist.↩︎

  5. Passavant 1841, 360f.↩︎

  6. Clemen 1892, 363f.↩︎

  7. Der Verweis zu Firmenich-Richartz konnte nicht verifiziert werden.↩︎

  8. Witte 1931, 85; zitiert nach Landesmuseum der Provinz Westfalen 1937, o. S. (Kat. 9–13).↩︎

Zugehörige Objekte

Literatur

Baxhenrich-Hartmann, Elisabeth-Maria: Der Hochaltar des Derick Baegert in der Propsteikirche zu Dortmund. Studien zur Kunst- und Dominikanergeschichte Dortmunds in der 2. Hälfte des 15. Jh. (Monographien zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark, 8), Dortmund 1984.
Clemen, Paul: Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. Erster Band (Die Kunstdenkmäler des Kreises Moers, III), Düsseldorf 1892.
Landesmuseum der Provinz Westfalen (Hg.): Der Maler Derick Baegert und sein Kreis (Ausstellungskatalog Landesmuseum der Provinz Westfalen, Münster, 09.1937), Münster 1937.
Lübke, Wilhelm: Die mittelalterliche Kunst in Westfalen nach den vorhandenen Denkmälern dargestellt, Leipzig 1853.
Marx, Petra: Der Hochaltar des Derick Baegert in der Dortmunder Dominikanerkirche, in: Schilp, Thomas (Hg.): Die Dortmunder Dominikaner und die Propsteikirche als Erinnerungsort, Bielefeld 2006, 241–260.
Marx, Petra: Derick Baegert. Ein spätmittelalterlicher Maler in Wesel und sein Schaffen zwischen Niederrhein, Niederlande und Westfalen. Forschungsstand und offene Fragen, in: Becks, Jürgen/Roelen, Martin Wilhelm (Hg.): Derick Baegert und sein Werk (Ausstellungskatalog, Wesel, 27.11.2011–15.1.20212), Wesel 2011, 47–91.
Passavant, Johann David: Maler aus der ersten Hälfte des 16ten Jahrhunderts. Victor und Heinrich Dunwegge aus Dortmund. 1521, in: Morgenblatt für gebildete Stände. Kunstblatt 1841, H. 102, 421f.
Rinke, Wolfgang: Memoria im Bild. Das Altar-Retabel des Derick Baegert aus Wesel in der Propsteikirche zu Dortmund (Schriften der Heresbach-Stiftung Kalkar, 13), Bielefeld 2004.
Stange, Alfred: Köln, Niederrhein, Westfalen, Hamburg, Lübeck und Niedersachsen (Kritisches Verzeichnis der deutschen Tafelbilder vor Dürer, 1), München 1967.
Vlašić, Valentina: Derick Baegert. Hochaltar-Retabel. Katalog 1, in: Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. (Hg.): Schönheit und Verzückung. Jan Baegert und die Malerei des Mittelalters (Schriftenreihe Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung, 90; Ausstellungskatalog, Kleve, 24.3.–23.6.2024), Kleve 2024, 161–169.
Witte, Fritz: Revolutionäres zur rheinisch-westfälischen Kunstgeschichte. Die Lösung der Dunwege-Frage und ihre Beziehungen zum Meister von Liesborn und Kappenberg, in: Zeitschrift des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Heimatschutz, 24. Jg. 1931, H. 2, 85–91.

Zitiervorschlag:

Krabichler, Elisabeth: Der Hochaltar in der Propsteikirche in Dortmund von Derick Baegert, in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/ue-objekt/der-hochaltar-in-der-propsteikirche-in-dortmund-von-derick-baegert/ (05.12.2025).