Piero della Francescas Kreuzzyklus in Arezzo

Bildrechte

Die Ausmalung der Chorkapelle der Basilica San Francesco in Arezzo gehört zu den bedeutendsten Werken des Künstlers und zu den wichtigsten der italienischen Malerei des 15. Jahrhunderts überhaupt. Auftraggeber war Franceso Bacci, der einer durch Gewürzhandel wohlhabend gewordenen Familie entstammte. Die Arbeiten wurden zunächst von Bicci di Lorenzo begonnen und nach dessen Tod von Piero della Francesca weitergeführt. Die Kapelle sollte mit Motiven aus der Kreuz-Legende ausgeschmückt sein. Die episodenreiche Geschichte um das Holz des Kreuzes Jesu ist in der Legenda Aurea des Jacobus de Voragine überliefert. Der komplexe Handlungsstrang erstreckt sich von alttestamentarischen Szenen wie dem Tod Adams bis hin zu spätantiken, wie dem Traum Kaiser Konstantins oder der Schlacht zwischen Heraklius und Chosroes.1

Die Kapelle ist 15 Meter hoch, 7,7 Meter breit und 7,5 Meter tief und durchgehend bemalt.2 Die Bildfelder sind in drei Registern übereinander angeordnet, die in einer Lünettenzone enden. Die Anordnung der einzelnen Szenen ist nicht streng chronologisch, dennoch ist eine gewisse Tendenz zu beobachten, die Episoden aus dem Alten Testament denen der Spätantike gegenüberzustellen.3 Auf mehreren der großen Bildfelder sind Synchrondarstellungen zu sehen. In den Katalogbeiträgen werden die einzelnen Szenen behandelt, in denen mögliche Selbstbildnisse vorhanden sind. 

Die Vielzahl der oft sehr realistisch dargestellten Figuren reizte die ForscherInnen früh dazu, sie als Porträts von Zeitgenossen zu interpretieren. Schon Vasari erwähnt in seinen Viten, dass die Szene der Enthauptung des Chosroes Porträts von Mitgliedern der Familie Bacci und anderer Gelehrter enthalten solle.4 Es wurden auch Selbstporträts in einigen Gestalten des Zyklus gefunden, deren Zuweisungen meist mit den Ähnlichkeiten zu den traditionellen Selbstporträts in Sansepolcro begründet wurden. So wird der Künstler dreimal in der Figur eines relativ jungen Mannes mit lockigem Haar gesehen (dem ersten „Piero-Typ“ entsprechend). Allerdings zeigen zwei der Darstellungen einen Mann mit blondem Haar, womit sie eine Unterkategorie des ersten Typs bilden. Zwei weitere vermutete Selbstporträts zeigen einen Mann mittleren Alters mit länglichem Gesicht, also den Typ zwei.5 Schließlich ist auch der dritte Typ des reiferen Mannes in Profildarstellung auf dem Fresko zu finden und wird als Selbstporträt gedeutet. Die verschiedenen Porträttypen werden im Vortext zum Künstler näher behandelt.

Verweise

  1. Etwa bei Angelini 1985, 21f.↩︎

  2. Grohn 1961, S. 9.↩︎

  3. Es gibt auch Versuche, die komplexe Anordnung der Bilder in ein logisches Narrativ zu bringen, etwa bei Marin und Sims 1993.↩︎

  4. Vasari et al. 2012, 52f.↩︎

  5. Auf das autonome Selbstporträt in Gestalt des Petrus Martyrus wird nicht näher eingegangen. (Vgl. dazu Vorbemerkung Piero della Francesca).↩︎

Zugehörige Objekte

Literatur

Angelini, Alessandro: Piero della Francesca, Firenze 1985.
Grohn, Hans Werner: Piero della Francesca. Die Fresken in San Francesco zu Arezzo, München 1961.
Marin, Louis/Sims, Greg: Narrative Theory and Piero as History Painter, in: October, 65. Jg. 1993, Summer, 106–132.
Vasari, Giorgio/Lorini, Victoria/Gründler, Hana/Wenderholm, Iris: Das Leben des Malers Piero della Francesca aus Borgo San Sepolcro. Vita di Piero della Francesca. Pittore del Borgo a San Sepolcro (1568), in: Gründler, Hana/Wenderholm, Iris (Hg.): Das Leben des Paolo Uccello, Piero della Francesca, Antonello da Messina und Luca Signorelli. Neu übersetzt und kommentiert, Berlin 2012, 43–57, 127–143.

Zitiervorschlag:

Rupfle, Harald: Piero della Francescas Kreuzzyklus in Arezzo, in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/ue-objekt/der-kreuzzyklus-in-arezzo-piero-della-francesca/ (05.12.2025).