Der Pacher-Altar
Bildrechte
Michael Pachers Altar von St. Wolfgang (um 1475–81) – der Pacher-Altar – zählt zu den größten1 und beeindruckendsten österreichischen Altarensembles des 15. Jahrhunderts und ist von hervorragendem Erhaltungszustand.2 In der Verbindung malerischer und skulpturaler Elemente perfektionierte Pacher Systeme der Formverflechtung, die das überlieferte Prinzip vom Skulpturenschrein (Schreinkasten mit eingestellten Figuren) zu einem narrativ-szenischen Konzept weiterentwickelte. Diese „formale Durchdringung“, so Madersbacher, „erfasst den Altarkörper als Ganzes und dient dem Anspruch, Inhalt über Formzusammenhänge zu erklären.“3 Die Flügelbilder, 16 Stück an der Zahl, von denen vier im Zusammenhang mit möglichen Selbstdarstellungen erörtert werden (Beschneidung Christi, Marientod, Hochzeit zu Kana, Christus und die Ehebrecherin), zeichnen sich unter anderem durch zentralperspektivisch konstruierte, dynamisch angelegte Bildräume aus, die den Figuren weitreichenden Handlungsspielraum öffnen – Aktionsräume, die Pacher nutzt, um u. a. die Blicke der BetrachterInnen zu leiten, sie interaktiv ins Bild zu holen.4 Nach Kemp wirkt der Bildraum als aktive Tiefe, das Vordringen der Blicke der RezipientInnen in den Tiefenraum kommt einer Öffnung der Bilder gleich.5 Für zwei dieser Tafeln (Beschneidung Christi, Marientod) wurde Michael Pachers Eigenhändigkeit festgestellt, bei den beiden anderen sind verschiedene Anteile der Werkstatt an der Fertigung möglich,6 wenngleich der Meister in jedem Fall als führender Geist Gestalterisches und Komposition festlegte.7 Werkstattanteile stellen daher keine Ausschlusskriterien für mögliche Selbstdarstellungen Pachers dar. Die Figuren, die als Selbstbildnisse diskutiert werden, sind allesamt Teil von Beziehungssystemen zwischen Bildraum und RezipientInnen. Pachers Mechanismen – darunter die Erschließung von Bildräumen durch Übertrittszonen (der Handlung vorgelagerte Architekturelemente wie Torbögen oder Rahmen)8 und in Drehbewegungen erfasste Figuren9 – sind auch wesentlich für die Interpretation der Handlungsspielräume möglicher Selbstbildnisse. Ebenso ist – wie schon bei der Beschreibung zu Pacher allgemein – auf nordische und südliche Inspirationen hinzuweisen (niederländische Raumerzählung, italienische Perspektiveentwicklungen), die vielleicht auch im Feld der Selbstinszenierungen zum Tragen kamen.
Verweise
Gesamthöhe: 1210 cm (ursprünglich wohl 1271 cm), Breite im geöffneten Zustand: 650 (660) cm (?). Vgl. Schultes 2010, 330; Warnke 1999, 198, weiterführend zum Altar auf 199f.↩︎
Vgl. weiterführend u. a. Kahsnitz 2005, 76–105; Koller 1998; Muck 1996; Reichenauer 1998. Zur detaillierten Erfassung des Altars samt der älteren Literatur vgl. Katalogeintrag Madersbacher 2015, 210–284. Zum Forschungsüberblick zu Pacher allgemein vgl. Plieger 1998; Spada-Pintarelli 1998. Zu Restaurierungen und Erhaltung vgl. Koller/Wibiral 1981.↩︎
Madersbacher 2021.↩︎
Madersbacher 2015, 263, 272. Vgl. weiterführend Pächt (hg. von Oberhaidacher 1986); Schlie 2004, 28f.↩︎
Kemp 1996, 96–99.↩︎
Madersbacher 2015, 234.↩︎
Ebd., 272.↩︎
Ebd., 104.↩︎
Vgl. Kecks 1989, bes. 258–266.↩︎
Zugehörige Objekte
Beschneidung
Pacher, Michael
um 1475 bis 1481
Österreich; St. Wolfgang im Salzkammergut; Pfarrkirche
Christus und die Ehebrecherin
Pacher, Michael
um 1475 bis 1481
Österreich; St. Wolfgang im Salzkammergut; Pfarrkirche
Hochzeit zu Kana
Pacher, Michael
um 1475 bis 1481
Österreich; St. Wolfgang im Salzkammergut; Pfarrkirche
Marientod
Pacher, Michael
um 1475 bis 1481
Österreich; St. Wolfgang im Salzkammergut; Pfarrkirche
Literatur
Zitiervorschlag:
Krabichler, Elisabeth: Der Pacher-Altar, in: Metapictor, http://explore-research.uibk.ac.at/arts/metapictor/ue-objekt/der-pacher-altar/ (05.12.2025).