Kölner Judenschreinsbuch
(HAStK, Best. 101, Schreinsbücher Nr. A 107)
Die Jüdische Gemeinde Kölns
Die jüdische Gemeinde Kölns ist eine der ältesten urkundlich erwähnten Judengemeinden im nördlichen Alpenraum. Ihre Geschichte reicht bis in die Römerzeit zurück, mit einer kontinuierlichen Präsenz im Mittelalter. Das jüdische Viertel befand sich im Herzen der Stadt, nahe der gotischen Kathedrale und dem Rathaus, und umfasste bedeutende Einrichtungen wie eine Synagoge und eine Mikweh (rituelles Bad). Diese Gemeinde war nicht nur ein religiöses, sondern auch ein wirtschaftliches und rechtliches Zentrum, das eng mit der christlichen Bevölkerung interagierte.
Das Kölner Judenschreinsbuch (Signatur 107) Das Judenschreinsbuch, erhalten unter der Signatur 107 im Historischen Archiv der Stadt Köln (HAStK), ist ein einzigartiges Dokument des jüdischen Gemeindelebens im Mittelalter. Es handelt sich um eine Sammlung von 27 Pergamentblättern mit insgesamt 390 lateinischen Eintragungen und etwa 100 hebräischen Urkunden, die zwischen 1235 und 1347 datiert sind. Die hebräischen Dokumente wurden ursprünglich an die lateinischen Texte angeheftet und waren ein integraler Bestandteil der Rechtsdokumentation. Das Judenschreinsbuch stellt somit in sachlicher und rechtlicher Hinsicht einen spezifischen, auf das jüdische Viertel im Südosten der Altstadtparochie St. Laurenz bezogenen Ausschnitt der Kölner Schreinsüberlieferung dar.
Inhalt und Bedeutung
Das Judenschreinsbuch dokumentiert eine Vielzahl von Rechtsgeschäften und sozialen Interaktionen innerhalb der Kölner Judengemeinde und zwischen Juden und Christen. Dazu gehören:
- Immobiliengeschäfte wie Kauf, Verkauf und Verpachtung von Häusern und Grundstücken
- Ehe- und Erbregelungen nach jüdischem Recht
- Pfandgeschäfte, Schenkungen und nachbarschaftliche Vereinbarungen
- Transaktionen zwischen jüdischen und christlichen Bürgern
Die hebräischen Urkunden zeigen die Bedeutung des Judengerichts und dessen Bemühung, jüdische Gesetze mit den christlichen Rechtsnormen in Einklang zu bringen. Die Akzeptanz und Archivierung dieser Dokumente durch die christlichen Behörden verdeutlicht die bemerkenswerte Kooperation zwischen der jüdischen Gemeinde und der christlichen Stadtgesellschaft.
Historische Relevanz
Das Kölner Judenschreinsbuch ist nicht nur eine bedeutende Quelle zur Geschichte der jüdischen Gemeinde, sondern auch das älteste bekannte nichtreligiöse hebräische Schriftzeugnis des Mittelalters. Es gewährt tiefgehende Einblicke in das Zusammenleben und die rechtlichen Strukturen einer der wichtigsten jüdischen Gemeinden des mittelalterlichen Europas. Trotz des Einsturzes des Kölner Stadtarchivs hat dieses bedeutende Dokument überlebt und bleibt ein unverzichtbares Zeugnis jüdischen Lebens in Köln.
Entstehung der Datenbank
Die Anfänge der Datenbank gehen auf mehrere Seminare zum Thema „Mittelalterliche hebräische und jüdische Texte aus Köln“ am Martin-Buber-Institut für Judaistik der Universität zu Köln zurück. Zu den Teilnehmern zählten Juhan Björn, Axel Berger, Alex Saj, Max Schemann und Eberhard Jürgen.
Dipl.-Ing. Axel Berger hat die lateinischen Einträge auf Grundlage der Originalhandschriften transkribiert und einen ersten Übersetzungsentwurf erstellt. Die hebräischen Urkunden wurden ebenfalls anhand der Originalquellen transkribiert, wodurch bestehende Fehler in der Transkription bei Hoeniger und Stern identifiziert und korrigiert werden konnten. Die editorische Weiterbearbeitung liegt in meiner Verantwortung. Die Übersetzung des hebräischen Textes wurde bewusst wörtlich gehalten, um Hebräischkundigen die Möglichkeit zu geben, den Ausgangstext unmittelbar nachzuvollziehen und mit der Übersetzung zu vergleichen. Ziel war eine weitgehende Zeilen- und Wortentsprechung zur hebräischen Vorlage. Die verschiedenen Übersetzungen der korrespondierenden lateinischen Texte sowie eine englische Übersetzung der hebräischen und lateinischen Passagen werden fortlaufend ergänzt und kritisch abgestimmt.
Die Datenbank und die zugehörige Webseite wurden ursprünglich von Emanuel Wenger (Wien) erstellt. Er war zudem für die technische Umsetzung der Datenbank verantwortlich. Die Webseite wurde von Ulrich Kastlunger, vom Information Technology Services (IT-Center) - ZID der Universität Innsbruck neu konzipiert. Die Nummerierung folgt den Einträgen aus dem Buch von Robert Hoeniger und Moritz Stern: Das Judenschreinsbuch der Laurenzpfarre zu Köln. Dieses Werk wurde 1888 im Auftrag der Historischen Kommission für die Geschichte der Juden in Deutschland herausgegeben.
Dank der Führung von Frau Mag. Monika Frank, Mitarbeiterin für historische Bildungsarbeit am Historischen Archiv der Stadt Köln, konnten wir einen unvergesslichen Einblick in den Archivbestand jüdischer Zeugnisse gewinnen – insbesondere in das Judenschreinsbuch Nr. 107. Dieser Band enthält die fortlaufenden lateinischen Einträge sowie die dazugehörigen, separat aufbewahrten hebräischen Urkunden.
Die Digitalisate stammen aus dem Historischen Archiv der Stadt Köln und werden mit Erlaubnis von Dr. Max Plassmann (Historisches Archiv mit Rheinischem Bildarchiv, E-Mail vom 22.09.2023) hier verwendet.
Link zu den Digitalisaten: Historisches Archiv Köln – MetsViewer
Access to the cc-Pictures in the Historisches Archiv der Stadt Köln (HAStK):
- Link to the Latin manuscript and click on Viewer: A 107/1 - Liber Judeorum [Judenschreinsbuch] - 1235-1347
- Link to the Hebrew manuscript and click on Viewer: A 107/1 - Liber Judeorum [Judenschreinsbuch] - 1235-1347
Links
1. Abkürzungen/Abbreviations
Hüttenmeister, Frowald Gil: Abkürzungsverzeichnis hebräischer Grabinschriften (AHebG)[Index of Abbreviations Used in Hebrew Tombstone-Inscriptions. 2nd expanded edition.], 2., erweiterte Auflage; 2010. XI, 384 Seiten.